Büro mit Aussicht: Glauben leben im Berufsalltag
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Timo Plutschinski
Timo Plutschinski ist Geschäftsführer des christlichen Wirtschaftsberbandes CiW (Christen in der Wirtschaft e.V.). Mit seiner Frau und seiner Tochter lebt er in Düsseldorf.
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Book preview
Büro mit Aussicht - Timo Plutschinski
Zeitsprung
Bedächtig tastet sich die Morgendämmerung in die Dunkelheit vor. Ein neuer Tag bricht an: einmalig, noch nie da gewesen und voller Überraschungen. Werde ich diesen Tag mögen? Oder würde ich ihn viel lieber auslassen, überspringen, aus dem Kalender streichen?
Das Wochenende war schön. Endlich mal wieder Zeit, um zu Hause einige Dinge zu erledigen, die schon so lange liegen geblieben sind.
Und am Sonntag die Begegnungen in der Gemeinde. Anschließend noch ein gemeinsames Mittagessen mit einer befreundeten Familie.
Doch das Wochenende ist jetzt rum. Was kommt, ist Montag.
Ganz ehrlich: Sonntage liebe ich, aber Montage …
Zwischen Sonntag und Montag
Der Sonntag hat es gut, denn er ist ein Tag, den viele Menschen mögen.
Die einen lieben ihn, weil er nach Ausschlafen, Abenteuer und Ausflug klingt.
Die anderen freuen sich auf den Sonntag, weil es für sie der Tag der Gemeinde ist. Hier feiern sie Gottesdienste, hören Predigten und singen christliche Lieder. Sie freuen sich über die ermutigenden Zusagen aus der Bibel, die ihnen zugesprochen werden, und fassen neues Vertrauen zu Gott. Außerdem trifft man am Sonntag in der Gemeinde Menschen, die zum eigenen Glauben passen.
Meine Gemeinde am Sonntag – hier fühle ich mich verstanden; hier bin ich wie zu Hause – meistens zumindest.
Ganz anders an den übrigen Tagen der Woche. Der Rest ist Alltag, ist der tägliche Kampf mit den kleinen und großen Widrigkeiten des Lebens. Und Arbeit.
Das Leben im Betrieb oder Büro folgt seinen ganz eigenen Regeln und Jedes Büro ist ein »Büro
mit Aussicht« – ein Ort mit
Aussicht auf bessere Zeiten. Gesetzmäßigkeiten. Hier sind anscheinend völlig andere Qualitäten gefordert als in meiner sonntäglichen Glaubenswelt. Wen wundert es da noch, dass von der Frömmigkeit am Sonntag bereits am Montag nicht mehr viel zu sehen ist? Ein unangenehmes Telefonat, ein spannungsgeladenes Teammeeting, eine rote Zahl auf dem Zwischenbericht – es braucht nicht viel, und die guten Vorsätze des Sonntags schmelzen in der Hitze des Montagmorgens dahin.
Glaube und Arbeitswelt – anscheinend lassen sich diese beiden Dinge nicht oder nur äußerst schwer unter einen Hut bringen. Die Gegensätze könnten wohl kaum größer sein. So angenehm und auferbauend der Sonntag in der Gemeinde ist, so mühsam und belastend erleben viele Menschen ihren Alltag im Büro.
Prüfen Sie sich doch einmal selbst! Was sind die ersten Gedanken, die Ihnen bei dem Wort »Schreibtisch« in den Sinn kommen?
Vielleicht geht es Ihnen ja so wie vielen anderen:
• Stapelweise unbearbeitete Projekte und Aufgaben
• 80-Stunden-Woche, und das schon seit einiger Zeit
• Rückgang der Kundschaft und der Umsätze
• Versetzung in eine andere Abteilung
• Überforderung angesichts ständig steigender Anforderungen und Erwartungen
• Kündigung eines Kollegen
• Überraschender Besuch des Vorstandes
• Schwierige Verhandlungen
• Halbierung der Abteilung
• Respektloser Umgangsstil und zweideutige Bemerkungen
Aussicht auf Besserung
Doch ist dieser – zugegeben frustrierende – Einblick nicht die einzige Perspektive. Jedes Büro ist ein »Büro mit Aussicht« – ein Ort mit Aussicht auf bessere Zeiten, auf veränderte Beziehungen, auf einen gelasseneren Umgang mit den Aufgaben und Herausforderungen. Dafür braucht man manchmal eine neue Einsicht. Oft genügt es aber auch, wenn schon lange bewährte Einsichten neu ins Blickfeld gerückt werden. Eine ganz entscheidende Rolle wird dabei der Glaube des Einzelnen spielen, denn der Glaube gehört ebenso in den Berufsalltag wie in den Sonntag.
Der Glaube hat die Fähigkeit, den Berufsalltag zum Besseren zu verändern. Damit wird nicht gesagt, dass die Herausforderungen, die heute an Mitarbeiter und Führungskräfte in Büros und Betrieben gestellt werden, mit Leichtigkeit zu meistern sind. Es gibt innere und äußere Notwendigkeiten, denen wir uns nicht einfach so entziehen können. Doch muss deshalb alles so bleiben, wie es ist?
Sicher, der Druck ist enorm. Der Beruf nimmt einen voll in Anspruch. Er fordert Nachtsitzungen, die Zeit nach Feierabend, manches Wochenende. Er beansprucht Mobilität, die ständige Erreichbarkeit, die Bereitschaft, ins Ausland zu gehen, und permanente Weiterbildungen. Er nimmt die Gedanken gefangen, indem er ständig Problemlösungen einfordert, sodass man abends nicht mehr abschalten kann, und Machtkämpfe und Intrigen lanciert, die uns bis in die Träume begleiten.
Dieser Druck lastet mehr oder weniger auf jedem, und zwar unabhängig davon, ob er Christ ist oder nicht. Doch scheinen Menschen, für die der christliche Glaube eine wichtige Rolle spielt, bessere Voraussetzungen mitzubringen, um mit diesen Belastungen umzugehen.
Das Magazin »Capital«¹ untersuchte einmal, durch welche besonderen Qualitäten sich religiöse Menschen auszeichnen. Dabei kam heraus, dass der Glaube die beste – und vielleicht einzige – Antwort auf die belastenden und zerstörerischen Zustände in unserer Arbeits- und Lebenswirklichkeit ist. Wer sonst kann Missstände liebevoll entlarven und mit freundlicher Beharrlichkeit verändern, wenn nicht wir Christen?
Sie werden von Gott geliebt und binden sich an ihn als Autorität. Deshalb begegnen sie anderen Menschen mit Wertschätzung. Christen werden von Gott getragen, haben deshalb einen größeren Selbstwert und strahlen mehr Ruhe aus.
Christsein leben
Das wird allerdings nur dort geschehen, wo Menschen ihren Glauben und ihr Gottvertrauen vom Sonntag mit in die Woche nehmen. Die am Sonntag erkannten Wahrheiten müssen am Montag und an allen anderen Tagen ausgelebt werden.
Christsein zeigt sich durch Handeln, nicht durch Worte. Wer das beherzigt, wird merken, dass er etwas bewegen kann, eine Veränderung bewirkt. Den Unterschied macht letztlich nicht die gemeindliche Wochenendbeschäftigung (einschließlich der Hauskreis-Insel unter der Woche), sondern die daraus resultierenden großen und kleinen alltäglichen Taten.
Schon im 16. Jahrhundert formulierte Franz von Sales diese bedeutsame Erkenntnis: »Es ist […] eine Ketzerei, eine Trennlinie zu ziehen zwischen Frömmigkeit und Turnplatz, Frömmigkeit und Kaufladen, Frömmigkeit und Hof, Frömmigkeit und Haushaltung.«²
Beim Christsein geht es ja nicht darum, einen bestimmten Glaubenssatz zu »Es ist […] eine Ketzerei, eine Trennlinie
zu ziehen zwischen Frömmigkeit und
Turnplatz, Frömmigkeit und Kaufladen,
Frömmigkeit und Hof, Frömmigkeit
und Haushaltung.« (Franz von Sales) akzeptieren oder gewisse Wahrheiten zu mögen. Es ist vielmehr eine Haltung, eine Lebenseinstellung, eine Existenzweise. Christsein ist ein – verändertes – Sein. Das wird zwangsläufig im Alltag sichtbar und erlebbar sein. Gerade darin liegt die weltverändernde Kraft des Glaubens. Statt guter Lebensratschläge entsteht ein guter Lebensraum, in dem Gottes Wollen und Wirken spürbar und sichtbar ist. Auch im Betrieb, auch am Schreibtisch. Das merken Teamkollegen, Vorgesetzte, Kunden und die neue Auszubildende.
Dieses Zusammenspiel von Glauben und Arbeitswelt wird nicht von allen Menschen begrüßt. Aus unterschiedlichen Beweggründen soll die Religion draußen bleiben aus dem Geschäft. Der Glaube wird in die Kirche verbannt, weil im Betrieb ja nur das »wirkliche« Leben zählt. Wer so denkt – und entsprechend handelt –, hat das Leben und das Christsein nicht verstanden. Die Philosophie »Sonntags-Christ und Alltags-Heide« ist Lebensunsinn. Sie macht Christen krank und beraubt alle um ihre Chancen auf Besserung.
Die Einheit von Sonntagsglaube und Alltagsarbeit wird erst begreifbar, wenn sie greifbar wird. Wenn Christen ihren Glauben in ihren Betrieben und Büros ausleben. Das, was Christen in ihrem Alltag leben, wird in jedem Fall die Meinung und das Denken der Nichtchristen über den Gott der Bibel und den Glauben an ihn prägen.
Zum Glück bietet der Berufsalltag unzählige Möglichkeiten, Gottes liebendes Wesen, seine Weisheit und seine Wahrheit zu präsentieren – davon handelt dieses Buch. Deshalb gibt es auch für Ihren Betrieb und Ihr Büro Hoffnung, dass der kommende Tag ein guter Tag wird.
Aussichten
Was »wissen« meine Kolleginnen und Kollegen im Büro über mein Christsein? Welche Überzeugungen und Werte lassen sich an dem ablesen, was Sie tun, was Sie lassen oder was Sie sagen?
Was würde Jesus tun, wenn er in meinem Büro arbeiten würde? Vielleicht ist es hilfreich, dazu eine Tabelle anzulegen. Beschreiben Sie auf der einen Seite die Situation in Ihrem Büro: Aktivitäten, Beziehungen, Personen, Ärgernisse … Anschließend können Sie überlegen, wie Jesus vielleicht auf die jeweilige Situation reagieren würde.
Worauf können Sie sich freuen, wenn es für Sie in den Montag und ins Büro geht? Versuchen Sie, Ihre Antworten ruhig schriftlich zu fixieren. Sie werden erstaunt sein, welche Auswirkungen es hat.
Image157Halbschlaf
Viel zu bald und ganz entschieden zu penetrant klingelt er, mein Wecker neben dem Bett. Sollte die Nacht etwa schon rum sein? Ich habe doch kaum geschlafen. Und jetzt ist schon wieder Morgen. Montagmorgen. Und es ist der Auftakt einer anstrengenden Woche.
Noch im Halbschlaf drängt sich bereits mein Büroalltag ins Bewusstsein. Heute ist wieder Team-Meeting und die Quartalszahlen müssen diskutiert werden. Dazu gesellt sich eine wenig angenehme Erinnerung: Die Auseinandersetzung mit dem Abteilungsleiter am Freitag steht mir schon wieder vor Augen. Das kann ja heiter werden heute.
Irgendwie ist in den letzten Wochen alles immer mehr geworden. Warum fühle ich mich schon vor dem Aufstehen gestresst? Woher kommt es, dass ich schon beim Aufwachen das Gefühl habe, dass ich ein von Sachzwängen Getriebener bin, dass ich mein Leben nicht im Griff habe? Ist das vielleicht normal? Muss ich mich einfach nur daran gewöhnen?
Mir kommt eine Liedzeile in den Sinn: »Guten Morgen, liebe Sorgen, seid ihr auch schon alle da?« Doch halt: Nein, ich will mich nicht an das morgendliche Sorgen gewöhnen. Die ersten Gedanken des Tages sollen nicht den Umständen und Herausforderungen gehören, die mir Kopfzerbrechen bereiten. Ich will nicht sorgenvoll in diese neue Woche starten! Und so liege ich auf dem Rücken im Bett und lenke meine Gedanken bewusst in eine ganz andere Richtung. Ich denke darüber nach, dass es mir im Grunde doch recht gut geht. Eigentlich habe ich viel Grund zur Dankbarkeit: Ich lebe in einem sicheren Land, habe eine nette Familie, bin gesund, meine Arbeit sichert unser Auskommen, … Was will ich eigentlich mehr?
Wieso fange ich dann trotzdem immer wieder an, mir Sorgen zu machen? Warum nur haben die Gedanken der Sorge so einen Einfluss?
Am liebsten würde ich mich gerade noch einmal rumdrehen und ins Land der Träume zurückkehren. Was könnte mich jetzt wohl auf die Beine bringen?
Dankeschön
Lieben Sie gutes Essen und gemütliche Stunden