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Mama, ich war schon einmal erwachsen!: Kinder erinnern sich an frühere Leben
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Ebook533 pages9 hours

Mama, ich war schon einmal erwachsen!: Kinder erinnern sich an frühere Leben

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About this ebook

Klassiker der Reinkarnationslehre - übersetzt in sechzehn Sprachen!

Viele Kinder haben spontane Erinnerungen an frühere Leben. Oft beschreiben sie Details, die sie in diesem Leben noch gar nicht wissen können, über Lebensverhältnisse an anderen Orten und zu anderen Zeiten, manchmal auch über Familienmitglieder, die vor ihrer Geburt starben. Dabei können Ängste und Allergien der Kinder verschwinden, denn durch die Auflösung seelischer Konflikte aus früheren Leben werden sie innerlich geheilt und gestärkt - und das Selbstbewusstsein der Kinder wächst.

Das vorliegende Buch schildert erstmals einem breiten Publikum, woran alte Erinnerungen von Kindern sicher erkannt werden können. Die Wiedergeburt der Seele wird so eine praktische Realität in unserem Leben und in unseren Familien.

"Ein herausragendes und mutiges Buch, wahrhaft wichtig, denn Kinder erzählen von ihren früheren Leben, und wir dürfen dafür nicht taub sein." - Brian L. Weiss, Autor von 'Heilung durch Reinkarnationstherapie'
LanguageDeutsch
PublisherAMRA Verlag
Release dateAug 6, 2013
ISBN9783954470532
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    Book preview

    Mama, ich war schon einmal erwachsen! - Carol Bowman

    verändern.

    Teil eins

    Geschichten aus

    früheren Leben

    1

    Chase und Sarah

    »Sag mir, was du siehst ...«

    »Setz dich bei deiner Mutter auf den Schoß, schließ die Augen und sag mir, was du siehst, wenn die lauten Geräusche dir Angst machen«, forderte der Hypnotherapeut Norman Inge meinen fünfjährigen Sohn auf.

    Mein Herz klopfte vor Aufregung bei dem Gedanken, dass wir nun vielleicht eine Erklärung für die mysteriöse, hysterische Angst meines Sohnes vor lauten Geräuschen finden würden. Ich erinnerte mich an einen Monate zurückliegenden Vorfall – an den Vierten Juli, als Chases ungewöhnliches Verhalten begann.

    Der Vorfall am Unabhängigkeitstag

    Jedes Jahr feierten wir den Unabhängigkeitstag mit einer großen Party in unserem Haus, das nur wenige Schritte von jenem Ort entfernt lag, wo man in Asheville den besten Blick auf das Feuerwerk der Stadt hatte. Unsere Freunde und ihre kleinen Kinder versammelten sich zu einem Nachmittag des Picknickens und Feierns in unserem Garten. Der Höhepunkt der Party war jedes Mal ein gemeinsamer Spaziergang den Hügel hinunter zum gemeindeeigenen Golfplatz, um von dort das großartige Feuerwerk zu verfolgen.

    Als die Sonne hinter den Bäumen unterging, wussten wir, dass es an der Zeit war, die Kinder zusammenzurufen und uns auf den Marsch den Hügel hinunter vorzubereiten. Ich schnappte mir Chase, als er an mir vorbeirannte, wusch ihm Kuchen und Eiskrem aus dem Gesicht und zwang ein sauberes Hemd über seinen zappelnden Körper. Mit Decken und Taschenlampen ausgerüstet, schlossen wir uns dem Zug der Menschen an, die auf unserer Straße hinunter zum Golfplatz strömten.

    Chase zerrte hüpfend an meinem Arm. Die älteren Mädchen, darunter Sarah, meine neunjährige Tochter, bildeten ihre eigene kichernde Prozession. Wir erreichten unseren bevorzugten Aussichtspunkt gerade, als die Sonne in der Ferne hinter den Blue Ridge Mountains unterging, und breiteten auf einem strategisch günstigen Hang unsere Decken aus.

    Von dort beobachteten wir, wie die neun Fairways unterhalb sich mit Menschen füllten. Bald sah man überall Decken und Liegestühle. Als der Himmel dunkler wurde, zündeten die Jungen und Männer Kracher an und ließen Leuchtkugeln steigen, so dass das Tal sich mit Blitzen, Knallerei und Rauch füllte. Unsere Kinder winkten mit Wunderkerzen, zeichneten leuchtende Kreise und Zickzackspuren in die Dämmerung; Leuchtkäfer tanzten und signalisierten blinkend ihre Zustimmung.

    Chase, vollgepumpt mit Aufregung und Zucker, rannte mit seinen Freunden den Hügel hinauf und hinunter, bis ihm schließlich die Puste ausging und er sich erschöpft in meinen Schoß fallen ließ.

    Plötzlich hallten die kanonenartigen Donnerschläge, die den Beginn des Feuerwerks ankündigten, von den Hügeln wider. Der Himmel leuchtete auf und füllte sich mit krachend zerplatzenden Sternen. Die Menge begleitete die leuchtend bunten Farbkaskaden am schwarzen Himmel mit lauten Ooohs und Aaahs. In so großer Nähe die Schüsse und Detonationen zu hören, steigerte die aufregende Intensität der Show.

    Doch statt sich zu freuen, fing Chase an zu weinen. »Was ist los?«, fragte ich. Er konnte nicht antworten; er wimmerte nur noch heftiger und lauter. In dem Glauben, er sei ganz einfach völlig übermüdet und von dem Lärm überrascht worden, drückte ich ihn an mich. Aber sein Weinen wurde stärker und verzweifelter. Auch nach Minuten beruhigte er sich nicht wieder, sondern seine Hysterie verschlimmerte sich immer mehr. Ich wusste, dass ich ihn nach Hause bringen musste, weg von dem Lärm und Trubel. Ich sagte Steve, meinem Mann, dass ich mit Chase vorausgehen würde.

    Die kurze Strecke nach Hause kam mir sehr lang vor. Chase schluchzte so heftig, dass er nicht laufen konnte; ich musste ihn den ganzen Weg den Hügel hinauftragen. Doch selbst als wir zu Hause eintrafen, weinte er immer noch. Ich hielt ihn in einem Schaukelstuhl auf der Veranda auf dem Schoß, in der Hoffnung, er würde sich wieder beruhigen. Als sein Weinen so weit nachgelassen hatte, dass ich ihn fragen konnte, ob er krank sei oder sich wehgetan habe, schluchzte er nur und schüttelte den Kopf. Als ich ihn fragte, ob der Lärm ihn erschreckt habe, weinte er sofort wieder heftiger.

    Ich konnte nichts weiter tun, als ihn in den Armen zu wiegen, während ich die lautlose Flugschau der Leuchtkäfer in unserem Garten beobachtete. Chase beruhigte sich allmählich wieder und kuschelte sich an mich. Schließlich, als meine Arme zu steif wurden, um ihn noch länger zu halten, schlief er ein, und ich brachte ihn ins Bett.

    Chases ungewöhnliches Verhalten erschien mir rätselhaft. Nie zuvor in seinem kurzen Leben hatte er so lange oder heftig geweint. Und nie zuvor hatte er sich vor einem Feuerwerk gefürchtet. Der ganze Vorfall schien ungewöhnlich zu sein, denn Chase war ansonsten alles andere als ängstlich. Ich machte mir damals jedoch keine weiteren Gedanken mehr, sondern sagte mir, dass er vermutlich lediglich von dem langen Tag erschöpft gewesen war oder vielleicht zu viele Süßigkeiten gegessen hatte – solche Dinge kommen bei Kindern schließlich hin und wieder vor.

    Doch einen Monat später geschah es erneut. An einem heißen Augusttag 1988 luden uns Freunde zu einem Kühlung verschaffenden Besuch im Hallenbad ihres Wohnortes ein. Chase liebt das Wasser und konnte es kaum erwarten, ins Becken zu springen. Als wir jedoch in den Badebereich kamen, wo Gejohle, Platschen und das Geräusch des Sprungbretts die große Halle erfüllten, fing er hysterisch zu weinen an. Heulend und kreischend klammerte er sich mit beiden Händen an meinen Arm und zerrte mich zur Tür. Beruhigend auf ihn einzureden war vergeblich; er zerrte nur noch fester. Ich gab auf und ging mit ihm nach draußen.

    Wir fanden einen Stuhl im Schatten. Ich hielt Chase im Arm und fragte ihn, was ihn so beunruhige. Er konnte es mir nicht sagen, aber er war ganz offensichtlich tief verstört. Etwas jagte ihm große Angst ein. Schließlich beruhigte er sich, aber selbst als er zu weinen aufgehört hatte, konnte ich ihn nicht dazu überreden, wieder in die Schwimmhalle zurückzugehen.

    Ich dachte an den Vorfall am Vierten Juli. Das von den Hügeln widerhallende Donnern des Feuerwerks hatte seinen ersten hysterischen Anfall ausgelöst. Mir wurde klar, dass der Lärm des Sprungbrettes, der von den kahlen Wänden der Schwimmhalle zurückgeworfen wurde, ähnlich klang. Ich fragte Chase, ob er Angst vor lauten Geräuschen habe. Er nickte schüchtern, mochte aber immer noch nicht in die Nähe des Schwimmbeckens gehen.

    Das war es also – donnernde, krachende Geräusche! Aber warum fürchtete sich Chase plötzlich so davor? Ich erinnerte mich nicht, dass ihm je irgendetwas zugestoßen war, das eine so heftige Reaktion auf derartige Geräusche hätte erklären können. Und nun war es innerhalb eines Monats schon zum zweiten Mal geschehen. Seine Furcht schien aus dem Nichts gekommen zu sein. Würde das in Zukunft öfter geschehen, jedes Mal wenn Chase ein lautes Geräusch hörte? Ich begann, mir Sorgen zu machen! Daraus konnte ein ernstes Problem entstehen, besonders wenn ich nicht in der Nähe war, um ihn zu trösten, wenn er das nächste Mal hysterisch wurde. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, außer abwarten und hoffen, dass seine mysteriöse Angst wieder verschwinden würde, wenn er größer wurde.

    Ein paar Wochen später hatten wir das Glück, Norman Inge bei uns zu Gast zu haben, einen wundervollen Menschen und erfahrenen Hypnotherapeuten. Norman wohnte bei uns, während er in Asheville Workshops durchführte, die sich mit Rückführungen in frühere Leben befassten. Er gab Privatsitzungen für einige meiner Freundinnen. Wir begannen gerade damit, uns mit diesen Rückführungen zu beschäftigen, wobei Norman als unser Lehrer fungierte.

    Eines Nachmittags saßen Norman, Chase, Sarah und ich bei Tee und Gebäck um den Küchentisch herum und lachten über die Geschichten, die Norman uns erzählte. Dabei erinnerte ich mich an Chases irrationale Angst vor lauten Geräuschen und erkundigte mich nach Normans Meinung dazu. Er hörte sich meine Geschichte an und fragte dann, ob Chase und ich zu einem Experiment bereit wären. Obgleich ich nicht genau wusste, was Norman beabsichtigte, vertraute ich ihm und wusste, er würde einfühlsam genug sein, um meinen kleinen Sohn nicht zu überfordern. Und da Chase so begierig wie ich selbst darauf war, dieses Problem zu lösen, stimmten wir beide einem Versuch zu.

    Bis zu diesem Moment war ich nie auf den Gedanken gekommen, dass sich auch Kinder an frühere Leben erinnern könnten. Norman begann gleich, noch während wir am Küchentisch saßen – und dieser Augenblick wurde, wie ich erst später begriff, zu einem Wendepunkt in meinem Leben.

    Chase sieht Krieg

    »Setz dich bei deiner Mutter auf den Schoß, schließ die Augen und sag mir, was du siehst, wenn die lauten Geräusche dir Angst machen«, bat Norman Chase sanft.

    Ich blickte hinunter auf Chases sommersprossiges Gesicht. Nichts hätte mich auf das vorbereiten können, was ich nun zu hören bekommen sollte.

    Der kleine Chase begann sofort, sich selbst als Soldaten zu beschreiben – als Soldaten, der ein Gewehr trug. »Ich stehe hinter einem Felsen. Ich trage ein langes Gewehr mit einer Art Schwert an der Spitze.« Mein Herz schlug mir bis zum Hals, und die Haare auf meinen Armen richteten sich auf, während ich ihm zuhörte. Sarah und ich starrten uns mit vor Erstaunen aufgerissenen Augen an.

    »Was hast du an?«, fragte Norman.

    »Ich trage schmutzige, zerrissene Sachen, braune Stiefel, einen Gürtel. Ich verstecke mich hinter einem Felsen. Ich habe mich hingekniet und schieße auf den Feind. Ich bin am Rand eines Tals. Überall um mich herum ist die Schlacht im Gang.«

    Ich war überrascht, Chase vom Krieg sprechen zu hören. Er hatte sich nie für Kriegsspielzeug interessiert und besaß noch nicht einmal eine Spielzeugpistole. Stattdessen konnte er sich stundenlang glücklich mit Bauklötzen, Legosteinen und seinen Holzeisenbahnen beschäftigen. Sein Fernsehprogramm war strikt auf die Sesamstraße und Mr. Rogers beschränkt, und keiner der Disneyfilme, die er gesehen hatte, handelten vom Krieg.

    »Ich bin hinter einem Felsen«, sagte er wieder. »Ich will nicht hinsehen, aber das muss ich, wenn ich schieße. Rauch und Blitze sind überall. Und laute Geräusche: Rufe, Schreien, lautes Krachen. Ich bin nicht sicher, auf wen ich schieße – da ist so viel Rauch, so viel Hin und Her. Ich habe Angst. Ich schieße auf alles, was sich bewegt. Ich will eigentlich gar nicht hier sein und auf andere Leute schießen.«

    Obgleich Chase mit seiner Kleine-Jungen-Stimme sprach, klang er ernsthaft und reif – ganz untypisch für meinen fröhlichen Fünfjährigen. Er schien tatsächlich die Gefühle dieses Soldaten zu empfinden und dessen Gedanken zu denken – dass er nicht dort sein und auf andere Männer schießen wollte, war für ihn völlig real. Das war kein glorifiziertes Bild vom Krieg und dem Dasein eines Soldaten; Chase beschrieb die Empfindungen eines Mannes auf dem Höhepunkt einer Schlacht, der ernste Zweifel am Sinn seines Handelns hatte, sich fürchtete und nur daran dachte, am Leben zu bleiben. Die Gefühle und Bilder kamen ganz tief aus Chases Bewusstsein. Chase dachte sich diese Dinge nicht aus.

    Auch Chases Körper verriet, wie tief er diese Erfahrungen durchlebte. Als er beschrieb, wie er schießend hinter dem Felsen kniete, spürte ich, wie sein Körper sich auf meinem Schoß anspannte. Als er zugab, nicht dort sein und auf andere Menschen schießen zu wollen, beschleunigte sich seine Atmung und er rollte sich zu einer Kugel zusammen, als wollte er sich verstecken und vor dem schützen, was er sah. Ich konnte spüren, wie sehr er sich fürchtete.

    Norman bemerkte Chases Not angesichts dieser Rolle als Soldat, der, um selbst in der Schlacht zu überleben, andere Menschen töten musste. Ruhig und langsam erklärte er Chase: »Wir leben auf der Erde viele verschiedene Leben. Wir übernehmen abwechselnd verschiedene Rollen, wie Schauspieler in einem Theaterstück. Wir lernen, was es bedeutet, menschlich zu sein, indem wir diese verschiedenen Rollen spielen. Manchmal sind wir Soldaten und töten andere in einer Schlacht, und manchmal werden wir selbst getötet. Wir spielen unsere Rollen, um zu lernen.« In einfachen Worten erklärte Norman, dass Chase sich wegen dieser Erfahrung als Soldat keine Vorwürfe machen müsse. Er versicherte ihm, Chase habe lediglich seine Aufgabe erfüllt, selbst wenn er im Krieg andere Soldaten getötet habe.

    Während mein Sohn Normans beruhigenden Worten zuhörte, spürte ich, dass sein Körper sich wieder entspannte und seine Atmung gleichmäßiger wurde. Der gequälte Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand. Chase begriff offenbar diese universellen Gedanken, die Norman ihm darlegte, und reagierte darauf.

    Als Norman sah, dass Chase sich beruhigt hatte, bat er ihn, mit der Beschreibung dessen fortzufahren, was er sah.

    »Ich knie hinter einem Felsen. Ich werde von einer Kugel, die jemand von oben in das Tal gefeuert hat, ins Handgelenk getroffen. Ich sinke hinter den Felsen und halte mein Handgelenk fest. Es blutet – ich fühle mich benommen.

    Jemand, den ich kenne, zieht mich mit sich fort und bringt mich zu einem Ort, wo man sich um verletzte Soldaten kümmert – kein richtiges Krankenhaus, nur große Pfähle, wie bei einem Zelt, die mit Stoff bedeckt sind. Es gibt Betten dort, aber sie sind wie Holzbänke – sie sind sehr hart und unbequem.«

    Chase sagte, dass er sich benommen fühlte und den Lärm des Gewehrfeuers hören konnte, während ihm das Handgelenk verbunden wurde. Er sagte, er sei erleichtert, aus dem Schlachtgetümmel heraus zu sein. Aber schon bald wurde er erneut abkommandiert und kehrte widerwillig ins Gefecht zurück.

    »Ich gehe in die Schlacht zurück. Da sind Hühner auf der Straße. Ich sehe einen Wagen mit einer Kanone. Die Kanone ist mit Stricken auf dem Wagen festgebunden. Der Wagen hat große Räder.«

    Chase sagte, er habe den Befehl erhalten, sich an einer Kanone auf einem Hügel über dem Hauptschlachtfeld zu postieren. Er war sichtlich beunruhigt wegen dieses Befehls und wiederholte, dass er nicht dort sein wollte. Er sagte, er vermisse seine Familie. Als er seine Familie erwähnte, schauten Norman und ich uns mit erhobenen Augenbrauen an.

    Chase wurde zappelig und sagte, die Bilder würden verblassen. Er öffnete die Augen, schaute sich in der Küche um und lächelte uns an. Das kindliche Leuchten in seinem Gesicht war zurückgekehrt. Norman fragte ihn, wie er sich fühle. Chase piepste vergnügt: »Prima!« Dann sprang er von meinem Schoß, griff sich noch ein Plätzchen und rannte hinüber ins andere Zimmer, um zu spielen.

    Als Chase aus der Küche flitzte, starrten Norman, Sarah und ich uns mit offenem Mund an. Ich schaute auf die Uhr über dem Herd: Nur zwanzig Minuten waren vergangen, seit Norman Chase gebeten hatte, die Augen zu schließen. Es kam mir wie Stunden vor.

    Norman durchbrach unser erstauntes Schweigen und bat um eine weitere Tasse Tee.

    Wir sprachen über das kleine Wunder, dessen Zeugen wir soeben geworden waren. Norman war sicher, dass sich Chase an ein früheres Leben erinnert hatte.

    Er erklärte uns, dass ein traumatisches Erlebnis in einem früheren Leben, etwa die Teilnahme an einem Krieg – und ganz besonders ein traumatischer Tod –, eine Phobie im gegenwärtigen Leben hervorrufen kann. Konnte dieses frühere Erlebnis als Soldat der Grund für Chases extreme Furcht vor lauten Geräuschen sein? Möglicherweise. Norman sagte, wir müssten abwarten und schauen, ob diese Furcht nun verschwand.

    Norman gestand, dass er nie zuvor mit einem so kleinen Kind gearbeitet hatte, und er war überrascht, wie leicht es Chase gefallen war, sich diese Reinkarnationserinnerung ins Gedächtnis zu rufen – es war keine hypnotische Einleitung nötig gewesen wie sonst bei älteren Klienten. Offenbar hatten Chases Erinnerungen dicht unter der Oberfläche geschlummert, und Normans sanfte Ermutigung hatte genügt, um sie wachzurufen.

    Sarah, die still alles in sich aufgenommen hatte, was geschehen war, hüpfte plötzlich auf ihrem Stuhl auf und ab, winkte mit den Armen und sagte aufgeregt: »Diese Stelle an Chases Handgelenk, wo er den Schuss abbekommen hat – genau da ist doch sein Exzem!«

    Sie hatte recht. Die Verwundung, die Chase beschrieben hatte, befand sich genau an der Stelle, wo er seit seiner Geburt an einem hartnäckigen Ausschlag litt. Immer wenn er aufgeregt oder müde war, kratzte er sich an diesem Handgelenk, bis es blutete. Sarah sagte, es hörte sich an, als würde Chase sich »das Fleisch aufreißen«, wenn er so unbarmherzig an dieser Stelle kratzte. Oft bandagierte ich ihm das Handgelenk, um ihn daran zu hindern, es sich blutig zu kratzen. Ohne Bandage wachte Chase mit Blutflecken auf seiner Bettdecke auf. Ich war wegen der Schwere dieses Hautausschlags mit ihm zu mehreren Ärzten gegangen, doch Allergietests, das versuchsweise Weglassen verschiedener Nahrungsmittel und die Behandlung mit diversen Salben blieben ohne Erfolg.

    Nun verschwand, zu unserer großen Verblüffung und Erleichterung, innerhalb weniger Tage nach seiner Erinnerung an das Leben als Soldat das Exzem an Chases rechtem Handgelenk völlig und ist seither nie wieder zurückgekehrt.

    Auch Chases Angst vor lauten Geräuschen trat nie wieder auf. Feuerwerkslärm, Explosionen oder andere krachende Geräusche jagten ihm keine Angst mehr ein. Tatsächlich entwickelte Chase kurz nach der Rückführung ein starkes Interesse daran, selbst auf der Trommel zu spielen. Zu seinem sechsten Geburtstag bekam er sein erstes Trommelset. Heute ist er ein sehr ernsthafter Trommler, der das Haus jeden Tag mit lauten, krachenden Geräuschen erfüllt.

    Puppen unter dem Bett

    Die neunjährige Sarah hatte aufmerksam allem zugehört, was Norman gesagt hatte. Während Chases Geschichte schien sie sich ebenfalls in Trance zu befinden. Als wir damit fertig waren, Chases Erfahrung auszuwerten, fragte sie Norman, ob er auch mit ihr dieses Experiment ausprobieren wolle. Sie gestand ihm, wie sehr ihre große Angst vor Feuer ihr zu schaffen machte.

    Wie Chases Angst vor lauten Geräuschen war auch Sarahs Angst vor Feuer unerklärlich. Obgleich sie später eingestand, dass sie sich ihr ganzes Leben vor Feuer gefürchtet hatte, war Steve und mir ihr Problem erst im Jahr zuvor bewusst geworden, als Sarah eine Nacht zu Hause bei ihrer Freundin Amy verbracht hatte. Die Mädchen waren lange aufgeblieben und hatten im Fernsehen einen Film gesehen, in dem Bilder von brennenden Gebäuden gezeigt wurden. Sarah war wegen dieser Szenen so entsetzt und verstört gewesen, dass Amys Mutter uns mitten in der Nacht aus dem Bett klingelte und sie zu uns brachte. Sie hatte schon oft bei Amy übernachtet, doch nie zuvor war etwas Derartiges geschehen.

    Als Sarah zu uns gebracht wurde, waren ihre Augen rot geweint. Sie erzählte uns schluchzend, sie habe laut weinen müssen, als in dem Film jemand in einem Feuer umkam. Wir waren wegen Sarahs Reaktion überrascht und fragten sie, ob so etwas schon einmal geschehen sei. Sie gestand unter Tränen ein, dass sie sich so sehr vor Feuer fürchtete – besonders davor, dass im Haus ein Feuer ausbrach –, dass sie unter ihrem Bett eine Tasche mit ihren LieblingsBarbiepuppen und etwas zum Anziehen aufbewahrte, um jederzeit rasch aus dem Haus entkommen zu können.

    Diese Enthüllungen überraschten uns noch mehr: Eine solche Vorsichtsmaßnahme passte gar nicht zu unserer selbstsicheren Sarah. Woher rührte diese Angst? Ich hielt sie in den Armen, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Von diesem sie so bewegenden Erlebnis erschöpft, schlief sie schließlich ein. Aber der Vorfall beunruhigte sie noch tagelang. Und ihre Ängste wurden immer stärker – trotz unserer wiederholten Versicherung, dass ihr nichts geschehen könne, und selbst nachdem wir gemeinsam Fluchtwege aus jedem Zimmer des Hauses abgegangen waren. Sogar wenn wir am Esstisch Kerzen anzündeten, regte Sarah sich auf und beharrte darauf, dass wir sie ausbliesen. Sie glaubte uns nicht, wenn wir beteuerten, dass wir sie beschützen würden, falls in unserem Haus je ein Feuer ausbrechen sollte.

    So wie ich es auch bei Chases Angst vor lauten Geräuschen gemacht hatte, sagte ich mir, dass Sarah mit der Zeit über diese Angst hinwegkommen würde. Schließlich haben viele kleine Kinder irrationale Ängste, die verschwinden, wenn sie älter werden und ihre Lebenserfahrung wächst. Außerdem wusste ich nicht, was ich sonst hätte unternehmen können. Doch jetzt, als sie beobachtet hatte, wie Norman mit Chase arbeitete, sah Sarah selbst eine Chance, Hilfe gegen ihre Angst vor dem Feuer zu erhalten. Norman war mit einem Versuch einverstanden. Während wir immer noch um den Küchentisch saßen, bat Norman Sarah: »Schließ deine Augen und spür die Angst vor dem Feuer. Sag mir jetzt, was du siehst.«

    Die Arme auf den Tisch gestützt, schloss Sarah die Augen, kniff sie tief konzentriert zusammen. Dann begann sie zu beschreiben, was sie sah. Ich hatte mich noch nicht recht von der Überraschung erholt, meinen kleinen Sohn wie einen Erwachsenen sprechen und den Krieg beschreiben zu hören, und wusste nicht, was wir nun von seiner älteren Schwester hören würden. Ich konnte nichts tun, außer aufmerksam zuzuhören und zu beobachten.

    Sarah beschrieb ein einfaches, zweistöckiges Holzhaus, das »wie eine Scheune« aussehe und von Wald und Farmland umgeben sei. Ein von Gras überwucherter Fahrweg führte vor dem Haus entlang. Sie sah sich selbst als Mädchen von elf oder zwölf Jahren (älter, als sie gegenwärtig war). Sie sagte, sie verbringe die meiste Zeit damit, ihrer Mutter bei der Hausarbeit zu helfen. Manchmal versorge sie mit ihrem Vater die Tiere. Sie ging nicht zur Schule, weil »sie nicht glauben, dass Mädchen eine Ausbildung brauchen«. Sie sah einen jüngeren Bruder, der nicht bei der Arbeit helfen konnte. Sie kniff ihre geschlossenen Augen zusammen, um mehr Einzelheiten erkennen zu können, und fügte hinzu, ihr Bruder sei offenbar behindert gewesen.

    Bis zu diesem Punkt erzählte Sarah ihre Geschichte aus der Perspektive einer objektiven Beobachterin, ohne jede emotionale Beteiligung. Dann schlug Norman ihr vor, »in der Zeit vorwärtszugehen bis zu dem Moment, als deine Angst vor dem Feuer anfing«. Sarahs Perspektive veränderte sich. Jetzt sprach sie als das Mädchen, in der Gegenwartsform, völlig gefangen von der schrecklichen Situation, in der es sich befand.

    »Ich wache plötzlich auf. Ich rieche Rauch. – Ich weiß, dass das Haus brennt. Ich habe Angst. Ich kann nicht denken. Ich springe aus dem Bett. Flammen und Rauch sind überall. Ich renne über den Flur und suche nach meinen Eltern. Große Flammen lodern auf der Treppe. Kleine Flammen schießen aus den Ritzen im Fußboden hoch. Der untere Teil meines Nachthemdes brennt! Ich renne in das Zimmer meiner Eltern. Sie sind nicht da! Ihre Betten sind gemacht. Wo sind sie? Ich weiche zurück, bis ich in der Ecke des Zimmers vom Feuer eingeschlossen bin. Warum retten sie mich nicht? Warum holen sie mich nicht hier heraus?«

    Sarah machte eine Pause, um Atem zu schöpfen. Mit geschlossenen Augen und verzerrtem, blassem Gesicht durchlebte sie diese schmerzvolle Erinnerung erneut, in Panik wie ein kleines Tier in der Falle, in die Ecke des Zimmers gedrängt, umgeben von Flammen und Hitze.

    Das Entsetzen in ihrer Stimme zog mich in die Geschichte hinein. Ich fühlte einen Adrenalinstoß, der mein Herz rascher schlagen und mir Angst in die Glieder fahren ließ. Eine Atmosphäre großer Gefahr erfüllte die Küche. Von meinem mütterlichen Instinkt getrieben, wollte ich mich zu ihr beugen und sie trösten. Doch ein anderer Instinkt riet mir, den dramatischen Fluss ihres Erlebnisses nicht zu stören. Ich schaute Norman unsicher an. Er spürte meine Frage und signalisierte mir mit einer Geste, dass ich Sarah nicht stören sollte und dass ihr nichts geschehen würde. Sarah fuhr fort, weinend vor Angst.

    »Ein brennender Balken stürzt genau vor mir herab und reißt ein Loch in den Fußboden. Überall ist Feuer. Es gibt keinen Weg hinaus. Oh, das Atmen tut so weh. Ich weiß, dass ich sterben werde!«

    Für eine Weile saß Sarah schweigend am Küchentisch, den Kopf in die Hände gestützt. Ihre Atmung wurde langsamer, ihr Gesicht entspannte sich. Ich merkte, dass ich den Atem angehalten hatte, und ließ ihn schnaufend heraus. In der Küche herrschte völlige Stille. Nur das Summen des Kühlschranks war zu hören.

    Norman wartete, dann fragte er Sarah leise: »Was erlebst du jetzt?«

    »Ich spüre, wie ich hoch über den Baumwipfeln schwebe. Ich fühle mich leicht wie eine Feder. Ich glaube, ich bin tot. Ich spüre keinen Schmerz. Ich bin erleichtert, dass es vorbei ist. Das war schrecklich.«

    Norman fragte, ob Sarah unten ihre Eltern sehen könne.

    »Dort ist mein Haus – es brennt lichterloh. Das Dach ist eingestürzt. Ich kann meine Familie im Hof stehen sehen. Mein Bruder sitzt auf dem Boden, mein Vater hält meine Mutter, die weint und verzweifelt die Arme dem Haus entgegenreckt.«

    Als Sarah ihre Familie beschrieb, fing sie heftig an zu weinen. Sie sagte, sie wüsste, dass sie versucht hätten, sie zu retten, aber von der Hitze und den Flammen zurückgedrängt worden seien. Sie seien völlig verzweifelt gewesen, weil sie ihre Tochter nicht hatten retten können. Sarah war vom Schmerz ihrer Familie ganz offensichtlich tief bewegt. Schluchzend, immer noch mit geschlossenen Augen, sagte sie, ihr sei klar geworden, dass ihre Familie sie wirklich geliebt habe. Sie begriff nun, dass sie nichts hätten tun können, um ihr Leben zu retten. Sie war sehr erleichtert, die Wahrheit zu erkennen. Sie sagte, sie habe in ihr gegenwärtiges Leben die falsche Überzeugung mitgebracht, dass ihre Eltern nicht versucht hätten, sie vor dem Feuertod zu retten.

    Sarahs Schluchzen ließ allmählich nach. Norman und ich warteten schweigend, während sie sich die Augen rieb und uns anschaute. Sie schniefte ein paar Mal und schenkte uns dann ein strahlendes Lächeln. Panik und Entsetzen waren verschwunden: Sie wirkte friedlich und gelöst.

    Sie sah die Besorgnis auf meinem Gesicht und versicherte mir, dass mit ihr alles in Ordnung sei. Dann berichtete sie sehr genau von den letzten Augenblicken vor ihrem Tod. Sie sagte, von dem Moment an, als der brennende Balken vor ihr herabfiel, sei alles sekundenschnell gegangen. Sie beschrieb uns, wie sie von Panik erfasst in die Ecke des elterlichen Schlafzimmers gerannt war. Es war keine Zeit mehr gewesen, an eine Flucht aus dem Haus auch nur zu denken. Sie hatte nur noch den Gedanken gehabt, ihre Eltern zu finden. Sie gestand uns ein, dass sie während der letzten Sekunden jenes Lebens von Wut auf ihre Eltern erfüllt gewesen war, in dem Glauben, sie würden sie nicht lieben, weil sie sie nicht aus dem brennenden Haus gerettet hatten. Erneut sagte sie, dass sie diese Wut – ihre letzten Gedanken während des Sterbens – in ihr gegenwärtiges Leben mitgebracht hätte, die damaligen Ereignisse missverstehend und verwirrt von den entsetzlichen Umständen ihres Todes. Dann erklärte sie uns zu unserer Überraschung, ihre Furcht hätte sie daran erinnern sollen, dass sie noch etwas Unerledigtes aus jenem Leben mit sich herumtrug.

    Norman und ich waren beide erstaunt, dass wir Sarah ihre Erinnerungen in keiner Weise erklären oder sie für sie deuten mussten. Sie begriff intuitiv, ohne Hinweise und Erläuterungen, welche Verbindung zwischen ihrer Furcht und Wut zum Zeitpunkt ihres traumatischen Todes und ihrer heutigen Angst vor dem Feuer bestand. Norman sagte, dass viele Erwachsene, die sich an frühere Leben erinnerten, deutlich mehr Mühe hätten, die Verbindungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu verarbeiten. Sarah bewältigte das sofort und ohne fremde Hilfe.

    Ein paar Tage später packte Sarah die Tasche mit ihren Puppen und den Anziehsachen darin aus, die sie unter dem Bett aufbewahrt hatte – die tägliche Erinnerung an ihre schmerzhafte Vergangenheit. Ihre »irrationale« Furcht vor dem Feuer verschwand an jenem Tag, obgleich sie immer noch sehr vorsichtig ist, wenn sie ein Streichholz anzündet.

    Neue Informationen tauchen auf

    Wenige Tage nachdem sich Chase und Sarah an ihre früheren Leben erinnert hatten, kam Chase in den Kindergarten, und Sarah begann ihr viertes Schuljahr an einer neuen Schule. Chase freute sich jeden Morgen auf den Kindergarten, eine alternativen Vorschule namens Rainbow Mountain, wo viel Wert auf Geschichtenerzählen, Musik und Kreativität gelegt wurde. Chase gedieh dort und entwickelte sich rasch.

    Sarah besuchte eine neue, experimentelle öffentliche Schule und erhielt einen Platz im Förderprogramm für Begabte. So verbrachte sie einige Zeit während des Unterrichts damit, an eigenständigen Projekten zu arbeiten, wodurch sie sich erwachsen und verantwortlich fühlte. Als sie anfing, einen Blick auf die Jungen zu werfen, wünschte sie sich natürlich, schneller wachsen zu können. Sie verbrachte immer mehr Zeit am Telefon, um mit den Freundinnen über die ständig wechselnden Sympathien und Antipathien in ihrer Klasse zu klatschen.

    Diese neuen Abenteuer in der Schule drängten ihre ein paar Wochen zuvor gemachten außergewöhnlichen Erfahrungen mit Norman etwas in den Hintergrund. Die Rückführungen wurden von den beiden rasch als etwas eingestuft, »was nun einmal geschehen war«.

    Einige Male sprachen Sarah, Chase, Steve und ich über ihre Erinnerungen mit einigen wenigen nahen Freunden, aber überwiegend redeten wir nur innerhalb der Familie darüber. Ich achtete sehr darauf, meine Kinder vor Leuten zu schützen, die sie deswegen vielleicht ausgelacht oder ihnen vorgeworfen hätten, sich diese Erlebnisse nur auszudenken. Ich fürchtete, Spott würde Sarah und Chase verstummen lassen, so dass die Tür zu ihren früheren Leben, die auf so wundervolle Weise geöffnet worden war, sich wieder geschlossen hätte. Ich schärfte ihnen ein, mit niemandem über ihre Erinnerungen zu sprechen, ohne mich vorher zu fragen. Ich versicherte ihnen, dass das, was sie gesehen hatten, real war, aber ich erklärte ihnen auch, dass die meisten Menschen das nicht verstehen und manche sich möglicherweise sogar lustig über sie machen würden. Bereitwillig verstanden und akzeptierten sie diesen Rat.

    Ich dachte oft über ihre erstaunlichen Reinkarnationserinnerungen nach und hatte viele Fragen: Erinnern sich auch andere Kinder an frühere Leben? Und wenn ja, sind diese Erinnerungen so nah an der Oberfläche und so leicht zugänglich wie bei Chase und Sarah? Wie viele Ängste und körperliche Probleme in der Kindheit resultieren aus früheren Leben? Immer wieder beschäftigten mich diese Fragen. Ich wollte Antworten darauf finden.

    Ein paar Wochen später nahm Steve eine neue Anstellung in Pennsylvania an, und drei Monate später, im Dezember, verkauften wir unser Haus und zogen um. Wegen dieser intensiven Veränderungen in unserem Leben besaß ich nicht die Zeit und Energie, nach den Antworten auf meine Fragen zu suchen – noch nicht.

    Wir zogen in einem Vorort von Philadelphia in ein hundert Jahre altes, aus Stein gebautes Farmhaus, umgeben von schönen alten Bäumen, in einer Wohnsiedlung mit Sackgassen und Straßen, auf denen Kinder gefahrlos Fahrrad und Skateboard fahren konnten. Chase und Sarah gingen in eine staatliche Schule, was für sie beide eine neue Erfahrung darstellte. Sarah war enttäuscht, dass die Tische dort in Reihen aufgestellt waren und die Kinder während des Unterrichts nicht miteinander sprechen durften, doch sie passte sich rasch an die Gegebenheiten an und machte das Beste daraus. Innerhalb weniger Wochen hatten sie beide neue Freunde gefunden.

    Seit unserem Einzug in das neue Haus hatte Chase seine Rückführung kein einziges Mal erwähnt. Ich glaubte schon, er hätte sie völlig vergessen. Doch eines Morgens, als der inzwischen Sechsjährige und ich gemeinsam frühstückten, verblüffte er mich mit weiteren Informationen aus seinem Leben als Soldat.

    Das Gespräch verlief folgendermaßen:

    »Mom, weißt du noch, wie ich mit Norman sah, dass ich ein Soldat war?«

    »Ja«, antwortete ich, überrascht, dass er dieses Thema nach so langer Zeit zur Sprache brachte. Ich spürte, wie ich eine Gänsehaut bekam. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen, während ich Chase in die Augen sah.

    »Also, wir haben komisch geredet«, sagte Chase und schaute dabei genau durch mich hindurch.

    »Was meinst du damit – hast du Englisch gesprochen, so wie wir heute?«

    »Ja«, antwortete er, rutschte hin und her und machte ein leicht verwirrtes Gesicht, »aber wir haben komisch geredet. Wir haben uns anders angehört.« Er zögerte, suchte nach den richtigen Worten und sagte dann: »Du weißt, wie Schwarze reden?« Ich nickte. »Also, ich war schwarz.«

    Nachdem ich mich von meinem Schock erholt hatte, gelang es mir, mehr oder weniger im Plauderton zu fragen: »Warst du mit anderen schwarzen Soldaten zusammen?«

    »Ja. Schwarze und weiße Soldaten haben gemeinsam gekämpft«, antwortete Chase. Ich beobachtete sein Gesicht. Seine Augen blickten seitwärts. Er schien innere Bilder zu betrachten und mir zu berichten, was er sah.

    Mich an Normans Fragen erinnernd, erkundigte ich mich: »Was siehst du noch?«

    »Das ist alles.«

    Und dabei blieb es. Chase hatte den Kontakt zu diesen inneren Bildern wieder verloren und fuhr fort, seine Frühstücksflocken zu löffeln.

    Dass Chase plötzlich diese Erinnerungen erwähnte, hatte mich ganz unvorbereitet getroffen. Später wünschte ich mir, geistesgegenwärtiger reagiert und ihm bessere Fragen gestellt oder auf andere Weise seinen Erzählfluss in Gang gehalten zu haben. Würde es weitere Enthüllungen über seine Erlebnisse

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