PHOTOKOLLEGIUM 2: Grundlagen der Optik in der Fotografie
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PHOTOKOLLEGIUM 2 - Jost J Marchesi
9
Abbildungsprinzip in der Fotografie
Fotografieren ohne Objektiv
Fotografieren (Zeichnen mit Licht) hat nicht zwingend etwas mit Fotokameras, Objektiven und Autofokus zu tun, selbst wenn wir Technik- und Apparategläubige dies nicht wahrhaben wollen. Wir haben ähnliches bereits in Lektion 25 (Band 1 PHOTOKOLLEGIUM) erfahren, als wir uns intensiv mit Fotogrammen befassten. Auch jetzt gehen wir den ursprünglichen Anfängen der Fotografie nach und beschäftigen uns mit der projektiven Variante des Fotogramms, mit Aufnahmen also, die ohne Objektiv entstehen.
Camera obscura
Licht, das durch ein in einer Wand eingerichtetes kleines Loch in den dunklen Raum trifft, wirft auf der gegenüberliegenden Wand das verkleinerte und kopfstehende Bild aller Objekte, die außerhalb des Raums vorhanden sind. Begründet wird dieses Phänomen durch die Tatsache der geradlinigen Ausbreitung des Lichts.
Strahlenbündel
Stellt man sich eine kleine, nahezu punktförmige Lichtquelle vor, so breiten sich die Lichtstrahlen allseitig radial und dreidimensional aus. Greift man aus dieser Gesamtheit einen Ausschnitt heraus, so spricht man von einem divergenten Strahlenbündel. Divergente Strahlenbündel unterscheiden sich voneinander geometrisch lediglich durch ihren Öffnungswinkel. Sie sind in der Natur, wenn keine weiteren Manipulationen vorgenommen werden, vorherrschend.
Prinzip der Camera obscura: Kupferstich aus dem 17. Jahrhundert
Divergentes Strahlenbündel
Parallelbündel
Konvergentes Strahlenbündel
Betrachtet man ein divergentes Bündel einer Lichtquelle, die sich unendlich weit weg befindet (zum Beispiel die Sonne), so wird das Bündel zum Spezialfall, zu einem Parallelbündel. Je weiter weg ein Ausschnitt der immer noch divergenten Strahlen beobachtet wird, umso paralleler erscheinen diese.
Durch künstliche (optische) Mittel können divergente und parallele Bündel beeinflusst werden, sodass sie in einen Punkt zusammenlaufen. In diesem Fall spricht man von einem konvergenten Bündel.
Solange das Licht sich im gleichen Medium ausbreitet, bleibt es geradlinig.
Durchstochene Alufolie als Belichtungsöffnung. Als Verschluss dient ein Alublech, das sich in einer Führung aus Wellpappe vor das Loch schieben lässt.
Belichtungsöffnung aus drei übereinandergelegten Rasierklingen, die mit Klebband an der Schachtelinnenwand befestigt sind.
Lochkamera
Ein ganz einfaches fotografisches Abbildungsprinzip, das auf den Grundlagen der geradlinigen Ausbreitung des Lichts beruht, ist die Lochkamera (Camera obscura).
Stellen wir uns eine kleine punktförmige Lichtquelle vor: Diese sendet allseitig ein divergentes Strahlenbündel aus. Installieren wir nun in einigem Abstand eine Lochblende, mag nur ein sehr kleiner Teil der Lichtstrahlen durch die Öffnung treten. Auf einem sich dahinter befindenden weißen Schirm bildet sich ein heller Fleck in Form der Blende. Ist die Öffnung der Blende sehr klein, kann der auf dem Schirm ersichtliche Lichtfleck als Abbildung der punktförmigen Lichtquelle angesehen werden.
Abbildung einer punktförmigen Lichtquelle
Derselbe Eindruck entsteht, wenn wir statt einer punktförmigen Lichtquelle einen «Gegenstand» – bestehend aus einem weißen Punkt auf schwarzer Fläche – betrachten. Allerdings muss dann dieses Objekt durch eine Lichtquelle beleuchtet sein. Der helle Punkt reflektiert das auffallende Licht divergent und kann einer selbstleuchtenden, punktförmigen Lichtquelle gleichgesetzt werden. Diese Überlegung bedeutet nichts anderes, als dass jeder Gegenstand aus unendlich vielen einzelnen Punkten besteht, von denen jeder bei Beleuchtung das auffallende Licht divergent reflektiert.
Halten wir nun eine kleine Lochblende in das Sammelsurium all dieser divergenten Strahlenbündel, kann von jedem Bündel nur ein ganz geringer Anteil die Öffnung passieren und sich auf einem dahinter befindenden Schirm als Punkt wieder abbilden. Die Summe all dieser abgebildeten Punkte erzeugt ein reelles Abbild des Gegenstandes auf dem Schirm. Nach diesem Prinzip arbeitet die einfachste fotografische Apparatur: die Lochkamera.
Abbildungsprinzip einer Lochkamera
Bau einer Lochkamera
Für den Bau einer Lochkamera eignet sich jede lichtundurchlässige Pappschachtel, eine Kraftnahrungsdose oder ein leerer Malerkessel oder ähnliches. Die Lochkamera muss mit einer kleinen Belichtungsöffnung versehen werden. Im Beispiel mit der Ovomaltinedose wurde zuerst ein quadratischer Ausschnitt aus der Dose geschnitten und dieser von innen mit einer Alufolie zugeklebt. Mit einer dünnen Nähnadel wurde das Loch in die Folie gestochen. Diese Lochkamera weist zudem einen raffinierten Schiebeverschluss aus einem dünnen Alublech auf, das in einer Führung aus Wellpappe bewegt werden kann.
Das Loch in der schwarzen Pappschachtel besteht aus drei übereinandergeklebten Rasierklingen, aus denen eine kleine, dreieckige Belichtungsöffnung entstanden ist. Als Verschluss dient eine schwarze Pappe an einem Scharnier aus Klebband.
Als Filmbühne klebt man am besten an die der Belichtungsöffnung gegenüberliegenden Seite Streifen aus Doppelklebeband, auf dem dann das lichtempfindliche Material haftet.
Neben der Größe ist die Qualität der Belichtungsöffnung von Bedeutung. Das kleine Loch sollte aus einem sehr dünnen Material und so scharf wie möglich gefertigt werden. Ist der Lochrand durch Materialverdrängung ausgefranst, werden die Lichtstrahlen abgelenkt und einer stärkeren Beugung unterworfen. Ist das Loch klein genug, so spielt seine geometrische Form eine untergeordnete Rolle. Ist die Lochform rund, so ist das entstehende Bild die Summe der sich gegenseitig überlappenden Abbildungen von Kreisen. Ist das Loch dreieckig, so ist die kleinste Bildeinheit ein Dreieck.
Anamorphotisch verzerrtes Bild durch schräge Bildebene.
Aufnahme mit der Ovomaltinedose. Der kurze Auszug und die gewölbte Bildebene erzeugen eine Art Weitwinkeleffekt.
Man kann jedoch auch mit mehreren Löchern an der Kamera experimentieren und so gewissermaßen mehrere Ansichten desselben Objekts gleichzeitig erfassen. Eine Belichtungsöffnung kann auch aus einem sehr schmalen Schlitz bestehen. Das entstehende Bild ist dann verfälscht. Je nachdem ob ein Belichtungsschlitz horizontal oder vertikal verläuft, wird ein Objekt schlanker oder dicker wiedergegeben.
Auch die Lage der Bildebene, auf die das lichtempfindliche Papier zu liegen kommt, kann für interessante Effekte variiert werden. Liegt die Projektionsfläche beispielsweise schräg zum einfallenden Licht, so entsteht ein anamorphotisch verzerrtes Bild. Auch das in der halbrunden Ebene liegende Bild bei der Variante mit der Ovomaltinedose sieht anders aus als eines, das in einer planen Ebene liegt.
Lichtstärke und Belichtungszeit
Um mit einer Lochkamera eine einigermaßen richtige Belichtung durchführen zu können, sollte man ihre Lichtstärke kennen.
Kameraauszug: 20 cm
Kameraauszug: 40 cm
Kameraauszug: 60 cm
Die Lichtstärke ist definiert als das Verhältnis zwischen dem Durchmesser der Belichtungsöffnung und der Brennweite (siehe Seite 79). Bei einer Lochkamera entspricht die Brennweite der Baulänge.
Weist die Lochkamera eine Länge von 15cm auf und hat die Belichtungsöffnung einen Durchmesser von 0,5mm (=0,05 cm), ist die Lichtstärke der Kamera 0,05 :15 = 1:300. Die hintere Verhältniszahl des Lichtstärkeverhältnisses ist gleichbedeutend mit der Blendenzahl. Unsere Lochkamera arbeitet daher mit Blende 300.
Leider ist diese Blendenzahl wohl kaum auf dem Belichtungsmesser angegeben. Rechnen wir daher einen Verlängerungsfaktor (Vf) aus, der aussagt wievielmal länger zu belichten ist als beispielsweise bei Blende 11 (eine Blendenzahl, die wir auf unserem Belichtungsmesser vorfinden).
Die Rechnung lautet (300 :11)² = 743,8. Wir müssen also bei Blende 300 rund 750 mal länger belichten als bei Blende 11. Zeigt der Belichtungsmesser unter guten Lichtverhältnissen bei Blende 11 eine Belichtungszeit von ¹/250 Sekunde an, bedeutet dies: 750 mal ¹/250 = 3 Sekunden. Um den Langzeitfehler zu kompensieren, werden wir in diesem Fall etwa 5 bis 6 Sekunden belichten.
In Tat und Wahrheit ist die Bildentstehung durch die Lochkamera noch etwas komplizierter als hier erklärt. Eine wesentliche Rolle spielt nämlich die Beugung des Lichts, das heißt, ein Phänomen, welches Licht beim Durchgang durch eine enge Öffnung von seiner geradlinigen Ausbreitung teilweise etwas ablenkt (siehe Seite 60). Um die schädlichen Auswirkungen der Beugung so gering wie möglich zu halten, kann man aus Kamerabaulänge a', Aufnahmedistanz a und Wellenlänge λ des hauptsächlich verwendeten Aufnahmelichts, den optimalen Lochdurchmesser errechnen.
Für eine Aufnahmedistanz von 20 m, einer Kameralänge (Kameraauszug) von 15cm und einer Wellenlänge des Aufnahmelichts von 550nm (etwa die Mitte des sichtbaren Spektrums) ergibt sich daher ein optimaler Lochdurchmesser von:
Die erstaunlich hohe Abbildungsleistung einer Lochkamera erreicht man nur, wenn das Loch aus einem sehr dünnen Material hergestellt ist. Als geeignet haben sich drei montierte Rasierklingen oder ein Nähnadelloch in einer Alufolie erwiesen.
Das verzeichnungsfreie Bild der Lochkamera ist sehr lichtschwach. Zwar würde eine Vergrößerung der Belichtungsöffnung einen starken Lichtstärkegewinn erbringen, gleichzeitig entstünde jedoch keine punktförmige, sondern eine flächige Abbildung jedes einzelnen Gegenstandspunktes. Diese Unschärfekreise überlagern sich gegenseitig und bewirken ein unscharfes Bild.
Um trotz vergrößerter Belichtungsöffnung eine punktförmige Abbildung von jedem Gegenstandspunkt in der Bildebene zu erreichen, verwendet man in der Fotografie bekanntlich ein Medium, das die Lichtstrahlen gesetzmäßig von seiner Geradlinigkeit ablenkt und sie wieder zu einem Punkt sammelt, nämlich das Objektiv.
Lochkameraaufnahme im Park
Mehr Licht durch das Objektiv
Um die Abbildungsgesetze der Fotografie von Grund auf kennenzulernen, haben wir uns in der vorherigen Lektion auf das Fotografieren ohne Objektiv, nur mit der Lochkamera beschränkt. Jetzt sollten wir uns damit befassen, weshalb eigentlich Objektive eingesetzt werden und was letztlich die Aufgabe des Objektivs ist.
Mangelnde Lichtstärke
Trotz der Faszination, welche fotografische Aufnahmen mit der Lochkamera ausstrahlen, ist uns während den Aufnahmeübungen klar geworden, dass wir innerhalb der Fotografie kaum mit solch geringen Lichtstärken auskommen werden.
Was jedoch tun? Wir könnten in einem ersten Schritt die Belichtungsöffnung entsprechend vergrößern. Doch entsteht dadurch statt einer punktförmigen Abbildung eines Gegenstandspunktes eine kreisförmige. Das Bild würde aus vielen solchen kreisförmigen «Unschärfekreisen» aufgebaut, die sich gegenseitig überlagern und sähe dann etwa so aus wie der Dom in Pisa in der Abbildung oben rechts. Das kann natürlich nicht die Lösung sein.
Durch die größere Belichtungsöffnung wird die Kamera lichtstärker.
Um trotz vergrößerter Belichtungsöffnung einen scharfen Abbildungspunkt zu erhalten, müsste man die Lichtstrahlen beim Passieren der Belichtungsöffnung wieder auf einen Punkt konvergieren können. Dazu benötigt man ein brechendes Medium z. B. aus Glas in Form einer Linse. Tritt ein Lichtstrahl schräg in ein optisch dichteres Medium ein, wird es von seiner geradlinigen Ausbreitungsrichtung abgelenkt, weil sich die Lichtgeschwindigkeit entsprechend der Mediumsdichte verringert (siehe Lichtbrechung Seite 37). Stellt man sich einen Glaskörper vor, der aus mehreren übereinandergelegten Glasprismen besteht, kann dies als Linsenform interpretiert werden. Ein auf dieses Gebilde fallendes Parallelbündel wird durch die unterschiedlichen Prismenwinkel der Einzelprismen entsprechend unterschiedlich gebrochen. Jeder einzelne Strahl aber verhält sich gesetzmäßig. Sind die Formen der Einzelprismen aufeinander abgestimmt, treffen sich alle Strahlen eines Parallelbündels in einem Punkt, dem Brennpunkt F'. Stellen wir uns weiter vor, wir würden die geraden Flächen der Prismen anschleifen, bis ein kontinuierlicher Übergang geschaffen ist, so entsteht ein neues, jeden Strahl entsprechend kontinuierlich brechendes Gebilde, eine Sammellinse. Wie aus der Darstellung rechts ersichtlich, hat eine solche Konvexlinse abbildende Eigenschaften. Das auf die Linse fallende Parallelbündel ist ja nichts anderes als die Fortsetzung eines divergenten (auseinanderlaufenden) Bündels eines sich im Unendlichen befindenden Gegenstandspunktes. Die Linse bildet im Punkt F', dem Brennpunkt, diesen unendlich weit entfernten Gegenstandspunkt als scharfen Bildpunkt ab.
Lochkameraaufnahme mit vergrößerter Belichtungsöffnung
Punktförmige Abbildung trotz vergrößerter Belichtungsöffnung
Brechung durch Linsen
Ähnliches geschieht, wenn wir einen Gegenstandspunkt betrachten, der sich näher bei der Linse befindet. Das von diesem Punkt ausgehende divergente Strahlenbündel wird von der Linse ebenfalls in einem Punkt (Bildpunkt P’) gesammelt, der sich jedoch weiter entfernt befindet als derjenige, der sich aus einem Parallelbündel gebildet hat. Das Bild y’ liegt dann außerhalb des Brennpunkts F'. Je nach Entfernung eines Gegenstandes von der Linse (Aufnahmedistanz oder Gegenstandsentfernung a) entsteht das Bild auf dem Brennpunkt (Aufnahmedistanz unendlich) oder weiter vom Brennpunkt entfernt. Oder anders gesagt: Die Bildentfernung a’ (Distanz zwischen Linse und Bild und damit der Kameraauszug) ist abhängig von der Brennweite der Linse und der Aufnahmedistanz.
Aufgabe des Objektivs
Mit Hilfe eines zusätzlichen optischen Mittels, einer sammelnden Linse, können wir also die Forderung erfüllen, trotz vergrößerter Belichtungsöffnung eine punktförmige Abbildung zu erreichen. Der auf den ersten Blick einzige Nachteil gegenüber der Belichtungsöffnung durch ein kleines Loch: Das Bild erscheint nur noch in einer einzigen korrekt eingestellten Bildentfernung scharf. Bei der Lochkamera mussten wir darauf keine Rücksicht nehmen. Wählten wir einen langen Kameraauszug, entstand ein enger Bildausschnitt, bei kurzem Kameraauszug dagegen ein entsprechend weitwinkligeres Bild. Wird die Lochkamera durch den Einsatz einer Linse in ihrer Lichtstärke verbessert, geht dieser Komfort verloren; es gibt nur noch einen einzigen korrekten Kameraauszug, der von der Brennweite der Linse und von der Aufnahmedistanz abhängig ist. Im Gegensatz zur Lochkamera sind Linsen mit einer Reihe von Abbildungsfehlern behaftet.
Brennweite
Je nach Brechkraft der Linsen hat ein Objektiv eine kürzere oder längere Brennweite und benötigt daher in der Kamera einen kürzeren oder längeren Auszug.
Um den Begriff der Brennweite zu klären, erinnern wir uns an (unbewusste) Brennweitenbestimmungen, die wir als Kinder gemacht haben. Sicher waren auch Sie Besitzer eines «Brennglases» oder einer Briefmarkenlupe, was nichts anderes als eine einfache Sammellinse war. Damit haben wir die parallel einfallenden Strahlen der Sonne durch Abstandsänderung auf einen Punkt gebündelt und mit dem entstandenen Brennpunkt ein Papier oder ein Stück Holz angebrannt. Betrachten Sie dazu noch einmal die Abbildung unten rechts auf vorangehender Seite, die das Brechungsprinzip der Sammellinse zeigt. Dort sind links der Linse parallel einfallende Lichtstrahlen gezeigt. Parallele Strahlen symbolisieren das Strahlenbündel, das von einem Gegenstandspunkt herkommt, der sich in unendlicher Entfernung befindet. Durch die brechenden Eigenschaften der Linse werden diese parallel einfallenden Strahlen zu einem einzigen Punkt gesammelt, dem Brennpunkt, der zudem das Bild des Gegenstands darstellt. Als Brennweite bezeichnet man die Distanz zwischen der Linse und diesem Brennpunkt.
Brennweite, Kameraauszug und Bildgröße
Die Brennweite ist abhängig von Glasart, Krümmung und Linsendicke. Je nach Brennweite erzeugt ein Objektiv die bilderzeugenden einzelnen Konvergenzpunkte in kleinerer oder größerer Distanz und lässt dadurch unterschiedlich große Bilder entstehen. Da wir jedoch normalerweise immer ein gleichbleibendes Aufnahmeformat verwenden, entstehen auf dem Negativ unterschiedliche Ausschnitte der Gegenstandsebene.
Perspektive
Mit Hilfe unseres doppeläugigen Sehens erkennen wir die Tiefe eines dreidimensionalen Raums, wir sehen räumlich. Schließen wir hingegen ein Auge, haben wir bekanntlich recht große Mühe, diese dritte Dimension, die Tiefe des Raums, genau abzuschätzen. Sie kennen das unsichere Gefühl beim Autofahren, wenn Ihnen aus irgendeinem Grund ein Auge tränt und Sie gezwungen sind, ein kleines Stück einäugig zu fahren. Wir sind in solchen Fällen kaum mehr fähig, Distanzen richtig abzuschätzen. Bei den üblichen Abbildungsverfahren entfällt – mit Ausnahme der Stereofotografie – das doppeläugige Sehen. Normale Kameras haben ein einzelnes Objektiv, die Darstellung entspricht der einäugigen Betrachtung. Dadurch werden die drei Dimensionen eines Gegenstands auf deren zwei reduziert, nämlich auf Höhe und Seite des flächigen Bildes. Die dritte Dimension muss mit Hilfe der Perspektive vorgetäuscht werden. Das geschieht in der Fotografie, die nach den Gesetzen der Zentralperspektive arbeitet, automatisch. Wir haben jedoch verschiedene Möglichkeiten, diese natürliche Tiefenprojektion zu beeinflussen.