Eine nachhaltige Wirtschaft als europäische Vision: Für eine Gründerkultur, in der Gründer und Künstler zusammenarbeiten
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About this ebook
Die politische Kernaufgabe ist es, Entrepreneurship als kreative Disziplin in allen Branchen zu etablieren. Das Buch formuliert Forderungen für einen anderen Umgang mit Kreativen und beschreibt die Aufgaben, für die sie selbst zuständig sind.
So liefert das Buch alle Zutaten zur Schaffung einer medialen Bühne für nachhaltige Ideen. Eine solche Bühne könnte der Anfang sein, die europäische Krise zu überwinden.
Michael Weiler
Der Autor, Jahrgang 1964 macht über zahlreiche Umwege den Weg vom Gleisbauer zum Designer. Nach dem Gleisbau folgt Zivildienst und der zweite Bildungsweg zum Kommunikationsdesigner (FH). Das Zeichnen und Malen begleiten ihn wie ein roter Faden. Nach dem Studium folgt eine intensive Reflexion über die Verwandtschaft von künstlerischen Kreativprozessen und der Entstehung von Innovationen. Der Autor studiert die Lebenslinien von Künstlern und Innovatoren, untersucht sowohl die Ähnlichkeiten als auch die Unterschiede. Die Ergebnisse dieser Reflexion fließen in das vorliegende Buch ein und münden in der Erkenntnis, dass eine Gründerkultur, in der Gründer und Künstler zusammen arbeiten, für alle Seiten von Nutzen ist.
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Book preview
Eine nachhaltige Wirtschaft als europäische Vision - Michael Weiler
»Wir möchten Baden-Württemberg unter den Bundesländern zum Modell ökologisch orientierten Wirtschaftens machen.« (¹)
Winfried Kretschmann Regierungserklärung 2011
Wie können wir eine Gründerkultur schaffen, in der Gründer und Künstler zusammenarbeiten?
Dieses Buch folgt einer Vision, in der eine Gründerkultur zugleich Keimzelle und Motor einer nachhaltigen Wirtschaft ist. Einer Wirtschaft, in deren Organisationen der Entrepreneur eine zentrale Rolle spielt. Die Rede ist von Organisationen, die nicht gegen den Wandel kämpfen, sondern ihn als normal betrachten. Innovation muss in dieser neuen Art von Organisationen ein normaler Vorgang sein.
Im Verhältnis zwischen Künstlern und Unternehmern stoßen wir auf zwei grundsätzliche Probleme: Zum Ersten sind sich die Künstler ihrer Schlüsselposition in Bezug auf eine nachhaltige Wirtschaft heute kaum bewusst und zum Zweiten werden sie von Unternehmern nicht genügend ernst genommen.
Dabei sind es die Künstler, die neue Aufgabengebiete zuerst für sich und dann für andere Branchen erschließen können. Keine andere Berufsgruppe ist so elementar auf ihren Instinkt für Veränderungen angewiesen, um erfolgreich zu sein. Zum einen will dieser Text interessierte Künstler auffordern, auf innovative Unternehmer und Unternehmensgründer zuzugehen und diese als Kooperationspartner zu betrachten. Zum anderen will dieser Text der Forderung nach einer Innovationspolitik in Deutschland Nachdruck verleihen: Einer Politik, die aufhört zu konservieren, was sich überlebt hat und anfängt, kleine innovative Unternehmen und Kleinunternehmer zu fördern. Für ein besseres Verhältnis zwischen Künstlern und Unternehmern sprechen zwei Argumente:
Erstens: Nirgends kommen sich Künstler und Gründer näher als im Bereich Innovation. Sowohl der Erfinder einer technischen Neuerung bzw. Verfahrensweise, als auch der Künstler sind schöpferisch tätig. Das heißt, beide bringen etwas in die Welt, das vorher in dieser Form noch nicht existiert hat. Bisher wurde jedoch zu wenig darüber nachgedacht, ob sich Künstler und Innovatoren in diesem Bereich nicht auch ergänzen können.
Zweitens: Innovative Unternehmer und Künstler sind beide auf ein Klima angewiesen, in dem sich neue Ideen gut umsetzen lassen. Beide Gruppen profitieren von einem innovationsfreundlichen Klima. Ebenso leiden beide Gruppen unter einem innovationsfeindlichen Klima, wie wir es heute in Deutschland vorfinden. Aus der Sicht der Künstler ergeben sich folgende Fragen, die auch die Unternehmer betreffen:
Wie muss eine Innovationspolitik im Sinne der Kreativen gestaltet sein?
Wie lässt sich eine Brücke zwischen Künstlern und kreativen Unternehmern bauen?
Was ist ein innovationsfreundliches Klima?
Den Ursachen der deutschen Innovationsfeindlichkeit weicht das Buch nicht aus. In einem Rückblick wird die Epoche der Innerlichkeit beleuchtet, die ein Verständnis für die heutigen Probleme ermöglicht.
Inhalt
Erster TeilKünstler und Erfinder
1. Nur eines ist sicher: Alles ändert sich!
2. Unternehmen Überleben
3. Die so genannten »Spinner«
Zweiter TeilRückblick
4. Warum brauchen wir eine effektive Innovationspolitik?
5. Die Innerlichkeit
6. Das Erbe der Innerlichkeit.
7. Ein zentraler Mangel
Dritter TeilAnnäherung an eine Gründerkultur
8. Organisationen des ständigen Wandels
9. Ein innovationsfreundliches Klima organisieren
10. Eine nachhaltige Wirtschaft als europäische Vision
Verwendete Literatur und andere Quellen
Erster Teil
Künstler und Erfinder
1. Nur eines ist sicher: Alles ändert sich!
Menschen sind Lebewesen und sie reagieren auf Veränderungen. Diese Reaktionen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Manche Reaktionen erweisen sich als richtig, andere als falsch. Kommen Veränderungen schnell und unerwartet, können sie für eine Spezies tödlich sein. Die Dinosaurier, die heute nur noch in Büchern und Filmen lebendig sind, haben die Veränderungen nicht überlebt.
Wir Menschen aber sind anders: Wir haben die Möglichkeit, uns auf anstehende Veränderungen vorzubereiten. Wir können Strategien entwickeln, um Veränderungen zu bewältigen. Es gibt zwei Berufsgruppen, die elementar mit Veränderungen zu tun haben. Beide Gruppen reagieren vollkommen unterschiedlich darauf. So unterschiedlich, dass sie bis heute wenig voneinander wissen: die Künstler und die Erfinder.
Die folgende Geschichte stellt eine Einführung ins Thema dar.
Die Insel der lieblichen Vögel
Es war einmal eine Insel mitten im Meer. Darauf lebten 99 Einheimische und ein König.
Allen ging es wunderbar, denn sie lebten sehr gut vom Tourismus.
Es gab ein einziges Unternehmen auf der Insel. Dieses versorgte die Touristen mit strandnahen Hütten, mit Speisen und Unterhaltung.
Eines Tages kam ein Schriftsteller auf die Insel. Er hielt einen Vortrag über den Klimawandel und behauptete, dass die Insel der lieblichen Vögel bald im Meer versinken würde. Diese Vorstellung bedrückte die Inselbewohner. Daraufhin lud der König den Autor in seine königliche Hütte ein und gab ihm einen Umschlag mit Geld für weitere Forschungsarbeiten. Der König stellte nur eine Bedingung: Der Autor durfte nie wieder einen Vortrag auf der Insel der lieblichen Vögel halten!
Solche Behauptungen, selbst wenn sie wahr seien, beunruhigen die Einwohner und am Ende auch die Touristen. Glücklicherweise verdrängten bald die Sorgen des Alltags die beschriebene Apokalypse.
Doch ein halbes Jahr später erregte eine Kunstmalerin Aufsehen. Sie stellte Bilder aus, die zeigten, wie die Insel vom Meer verschluckt wurde. Der König schenkte der Künstlerin eine Hütte. Diese befand sich auf dem Hügel der widerlichen Kröten. Dort, in dem alten Vulkan, lebten die Schwefelkröten, die so ekelerregend waren, dass sich niemals jemand in dieser Gegend aufhielt. Dort würde die Malerin vorerst niemanden mehr erschrecken können.
Bald waren wieder alle glücklich. Nur der König blieb nachdenklich, weil er nicht wusste, ob die Künstlerin dort bliebe. Bald darauf kam dem König zu Ohren, dass ein Schreiner seine Strandhütte auf hohe Pfähle gestellt hatte. Wieder wurden die Einheimischen an den Vortrag erinnert, den sie lieber vergessen wollten. Nun wusste der König, dass er gründlicher nachdenken musste. Das konnte er am Besten, wenn er sich in seiner Sänfte herumtragen ließ und ab und zu seinen Fuß ins Meer tauchte. Alle hielten das für eine Marotte, aber die Wahrheit war, dass ihm auf diese Art die besten Einfälle kamen. Wenn die Probleme groß waren, ließ er sich einmal um die ganze Insel tragen. Der Wind und das Meer, so besagt es ein alter Brauch, würden dem König zuflüstern, was zu tun sei. Doch auch nach der dritten Runde um die Insel sagten weder der Wind noch das Meer irgendetwas zum König. Trotzdem ließ sich der König nicht beunruhigen. Bei großen Veränderungen, hatte ihn sein Vater gelehrt, liegt in der Ruhe die eigentliche Kraft.
Eines Nachts jedoch erwachte der König in Schweiß gebadet. Ein schrecklicher Albtraum hatte ihn heimgesucht. In diesem Traum lebten nur noch die Schwefelkröten auf der Insel der lieblichen Vögel.
Am Tag darauf rief er den erfinderischen Schreiner und die Malerin in die königliche Hütte.
Er sagte zu ihnen: »Du, Malerin, wirst mit dem Schreiner zusammen eine königliche Hütte entwerfen, die auf hohen Pfählen steht, jedoch nicht hässlich, sondern prächtig ist.«
Als die Malerin und der erfinderische Schreiner an die Arbeit gingen, bemerkten sie, dass sie sich gut ergänzten. So war es der Schreiner, der der Malerin vorschlug, die Pfähle mit Vogelmotiven zu verzieren. Als die Hütte des Königs fertig war, schüttelten alle Bewohner den Kopf. Doch einige Wochen später bekamen der erfinderische Schreiner und die Malerin neue Aufträge.
Wenn es jetzt angesagt war, dass man Hütten auf Pfählen baut, sagten sich einige Bewohner, dann wollen sie es dem König gleichtun.
Außerdem waren die Vögel auf den Pfählen schön anzusehen und bei den Touristen beliebt. Die Nachfrage nach den hübschen und sicheren Hütten wuchs. Da der Schreiner und die Malerin die Arbeit nicht mehr alleine bewältigen konnten, mussten weitere Schreiner und Kunsthandwerker eingestellt werden.
Auch der König beauftragte weitere Unternehmer. Kaum ein Jahr später gab es überall auf der Insel Hütten, die auf Pfählen standen.
Der König aber erinnerte sich an seinen Traum und ließ sich hinauf zum Hügel der widerlichen Kröten tragen. Dort hielt er eine Dankesrede an die Schwefelkröten: »Durch euch ist mir klar geworden, dass die Anpassung auch an widerliche Umstände zum Überleben einer Spezies beiträgt. Nur durch euch erkannte ich, dass ihr und die Natur auch ganz ohne uns Menschen auskommt. Nicht die Natur wird sich an uns anpassen, sondern wir müssen uns an die Natur anpassen. So wie ihr Kröten gelernt habt, euch an den Vulkan anzupassen, müssen wir Menschen, wenn wir überleben wollen, anfangen, uns zu verändern!«
Kaum eine Woche später kam ein großer Sturm. Fast die ganze Insel wurde überflutet. Glücklicherweise überlebten die meisten Einwohner und Touristen, weil die Pfahlhütten, die jetzt überall auf der Insel viele Nachahmer gefunden hatten, ausreichenden Schutz boten. Von nun an rief der König in jedem Jahr eine Versammlung ein. Er lud Schriftsteller, Erfinder und Künstler ein, um sich über Fragen der Zukunft auszutauschen. Die besten Ideen wurden immer mit einer goldenen Kröte belohnt.
Ende
Konservative und verändernde Kräfte. Eine Insel und eine Organisation haben etwas gemeinsam: Sie bilden eine Welt für sich, die von Außenstehenden nicht leicht verstanden wird.
Während eine Insel vom Meer begrenzt ist, werden Organisationen von Ideen zusammengehalten. Organisationen sind Verkörperungen von Ideen.
Eine Partei verkörpert zum Beispiel eine politische Idee. Ebenso eine Gewerkschaft: Sie ist geprägt von der Idee, Schutz vor unternehmerischer Ausbeutung zu bieten. Der Lebensnerv einer Hilfsorganisation ist die Idee, den Schaden einer Katastrophe zu mildern oder durch entsprechende Vorbereitung zu vermindern. Wo immer heute Veränderungen umgesetzt werden sollen, wird immer eine Organisation im Spiel sein. Entweder geht es