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L.U.V. - falsch programmiert
L.U.V. - falsch programmiert
L.U.V. - falsch programmiert
Ebook328 pages4 hours

L.U.V. - falsch programmiert

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About this ebook

Als Abe Harper bei einem Einsatz seinen Kollegen und heimlichen Geliebten Jules verliert, bricht für ihn eine Welt zusammen. Nur widerwillig stimmt er zu, dass ihm als neuer Partner ein hochentwickelter L.U.V. Android an die Seite gestellt wird. Abe versucht, den Androiden in sein Leben einzubeziehen, bis ihm ein schwerwiegender Fehler unterläuft. Um diesen zu vertuschen, muss er in die Konfiguration des L.U.V. eingreifen. Und danach ist nichts mehr wie vorher …
LanguageDeutsch
Release dateDec 7, 2015
ISBN9783945934500
L.U.V. - falsch programmiert

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    L.U.V. - falsch programmiert - Justin C. Skylark

    Justin C. Skylark

    L.U.V. – Falsch programmiert

    Impressum

    © dead soft verlag, Mettingen 2015

    http://www.deadsoft.de

    © the author

    Cover: Irene Repp

    http://www.daylinart.webnode.com/

    Bildrechte:

    © sheelamohanachandran – fotolia.com

    © sarah5 – fotolia.com

    © stokkete – fotolia.com

    1. Auflage

    ISBN 978-3-945934-49-4

    ISBN 978-3-945934-50-0 (epub)

    Inhalt:

    Als Abe Harper bei einem Einsatz seinen Kollegen und heimlichen Geliebten Jules verliert, bricht für ihn eine Welt zusammen. Nur widerwillig stimmt er zu, dass ihm als neuer Partner ein hochentwickelter L.U.V. Android an die Seite gestellt wird.

    Abe versucht, den Androiden in sein Leben einzubeziehen, bis ihm ein schwerwiegender Fehler unterläuft. Um diesen zu vertuschen, muss er in die Konfiguration des L.U.V. eingreifen. Und danach ist nichts mehr wie vorher …

    I want to reconcile the violence in your heart

    I want to recognize your beauty’s not just a mask

    I want to exorcise the demons from your past

    I want to satisfy the undisclosed desires in your heart

    (Undisclosed desires – Muse)

    Der Anblick einer Leiche war immer eine Herausforderung. Jules war es oftmals an die Nieren gegangen. Ich konnte besser abschalten und einen Gang herunter fahren. Ein Toter war lediglich ein neuer Fall. Eine neue Mission, die uns tagtäglich beschäftigte. Verließen wir einen Tatort, sahen wir die Verstorbenen nie wieder. An den Beerdigungen beteiligten wir uns nicht.

    Nur durch Zufall stießen wir auf die letzten Worte der Zurückgebliebenen, die ihren Kummer in einer Traueranzeige verkündeten; während wir zur Pausenzeit in der Kantine saßen.

    Nun trug ich Jules zu Grabe. Unter der Last des Sarges wäre ich beinahe zusammengebrochen, obwohl ich trainiert war und regelmäßig an den Trainingseinheiten teilnahm.

    Sein Tod, der herbe Verlust, machte mir zu schaffen. Ein Leben ohne ihn, ein Job ohne ihn – kaum vorstellbar.

    Gemeinsam ließen wir den schwarzen Sarg hinab in die finstere Grube. Wir – seine Kollegen, die in all den Jahren auch seine Freunde geworden waren.

    Doch ich mag behaupten, dass ich Jules am nächsten stand, nicht nur, weil wir uns in der Wache ein Büro teilten, weil wir uns am Schreibtisch gegenüber saßen, sondern auch, weil wir uns heimlich liebten.

    Neben mir stand seine Ehefrau Cathy. Jules hatte ihr nie von seinem Doppelleben erzählt.

    Schweigend umfasste ich ihre schmalen Schultern, als sie vor dem Grab in Tränen ausbrach. Tommy, ihr Sohn, war gerade erst 5 Jahre alt geworden. Seinen Geburtstag hatten wir auf der Intensivstation gefeiert, einen Tag, nachdem es passiert war. Ich musste annehmen, dass Jules nichts davon mitbekommen hatte. Wenige Stunden später erklärten ihn die Ärzte für hirntot.

    Während sich seine Familie ein letztes Mal an seinem Krankenbett versammelt hatte und Abschied nahm, die Mediziner die künstliche Beatmung abstellten, suchte ich das Weite.

    Nach der Beerdigung gab ich mir ein Wochenende zum Trauern. Dann ging das Leben weiter.

    Doch wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich Jules etwas schuldig war. Der letzte Fall war nicht abgeschlossen, unsere gemeinsame Mission nicht beendet.

    *

    Es war Montagmorgen. Wie gewohnt erschlug mich der Geräuschpegel.

    Wirre Stimmen pressten sich durch die hohen Räume, das Telefon läutete permanent, aufgebrachte Bürger meldeten Delikte aller Art.

    Am Wochenende passierte am meisten. Hatte eine neue Woche begonnen, mussten wir Ordnung in die Vorfälle bringen.

    Mein Schreibtisch war leer. Normalerweise empfingen mich mindestens zwei Akten mit unbearbeiteten Fällen. Nun sah ich lediglich auf eine leichte Staubschicht, die sich seit Freitag auf der schwarzen Schreibtischauflage gesammelt hatte.

    Flüchtig fiel mein Blick auf den gegenüberliegenden Tisch. Jules’ Sachen waren verschwunden. Sein Arbeitsplatz wirkte kläglicher als meiner. Ich atmete tief durch. Ich hatte mich vor dem Anblick des Tisches gefürchtet. Nun war der Augenblick vorbei, und er war erträglich gewesen. Nichts erinnerte an Jules. Ich nahm Platz und wählte die Nummer der Chefsekretärin Stacy.

    „Wieso habe ich keine Fälle bekommen?", fuhr ich sie an.

    „Abe? Stacy klang überrascht. „Ich dachte, du bist nicht im Dienst!

    „Wieso sollte ich es nicht sein?"

    „Na ja, wegen …"

    „Wo sind die Unterlagen im Maskenmörder-Fall?" Nervös trommelte ich mit den Fingern auf dem Schreibtisch herum. Ich war kurz davor, aufzustehen, um den Chef persönlich danach zu fragen.

    „Dale hat den Fall an die zweite Einheit abgegeben."

    Ich hatte es geahnt, dennoch platzte mir der Kragen. „Warum an die zweite Einheit? Er weiß doch genau …" Ich stoppte. Es war unklug, Stacy dafür verantwortlich zu machen.

    „Ich kümmere mich darum!" Sie legte auf.

    Keine fünf Minuten später stand Dale in meinem Zimmer. Ich blieb sitzen und nickte ihm zur Begrüßung lediglich zu. Normalerweise begegnete man dem Chef im Hause respektvoller, doch ich konnte mir ein lässigeres Benehmen erlauben.

    Dale war ein paar Jahre jünger als ich. Wie viele Jahre es genau waren, hatte ich bewusst vergessen. Vielleicht hätte es an meinem Ego gekratzt. Von jungen Kollegen ließ ich mir selten etwas sagen. Meine Berufserfahrung und die Auszeichnungen, die ich während meiner Laufbahn erhalten hatte, sprachen für sich.

    Auf den Posten des Chefs war ich nie scharf gewesen. Ohnehin hätte ich keinen guten Leitwolf abgegeben. Mein Revier war draußen. Auf der Straße, in den Kneipen, in den verwanzten Häusern, in denen sich die Gauner versteckten.

    Dale trat immer wie ein gut erzogener Dressman auf. Ohne Weiteres hätte er Werbung für Parfum oder Eigenheime machen können. Ich war eher der Einzelkämpfer. Zigaretten und Überlebenstraining. Das interessierte mich.

    Mein Chef atmete tief durch, bevor er das Wort ergriff.

    „Wir hatten abgemacht, dass du nach dem Vorfall eine kleine Auszeit nimmst."

    „Hatte das Wochenende. Ich zog den linken Mundwinkel nach oben. Ein Lächeln brachte ich nicht zustande. „Wieso hast du mir den Fall weggenommen?

    Dale kam näher. Die Tür hatte er hinter sich geschlossen. Wir waren unter uns. Allerdings konnte ich mir denken, dass die anderen Kollegen hinter den dünnen Wänden mit den Glasfenstern den einen oder anderen Blick durch die Jalousien warfen. Es war ein dämlicher Sichtschutz. Jules hatte mehrfach um mehr Diskretion am Arbeitsplatz gebeten. Irgendwie hatte er immer die Befürchtung, jemand könnte bemerken, dass etwas zwischen uns lief.

    „Hätte ich es nicht getan, hätte es die Staatsanwaltschaft gemacht. Du bist befangen in dem Fall."

    „Mir geht es bestens."

    „Du solltest dich an unsere Polizeipsychiaterin wenden."

    „Tut nicht not."

    Dale schüttelte den Kopf. „Du hast deinen Partner verloren und wärst beinahe selbst draufgegangen. Etwas Ruhe täte dir gut."

    „Wir standen kurz vor dem Durchbruch in dem Fall. Ihn jetzt an eine andere Truppe abzugeben, ist der falsche Weg. Wir müssen den Fall beenden."

    „Es gibt kein ‚wir‘ mehr, daran muss ich dich nicht erinnern."

    Seine Feststellung war wie der Schlag ins Gesicht. „Allein bekommst du den Fall nicht. Er ist weg. – Zwing mich nicht, andere Wege zu gehen."

    Ich verkniff mir einen Kommentar und presste die Lippen fest aufeinander. Andere Wege. Auf eine Suspendierung konnte ich gut verzichten. Die Arbeit allein auf mich nehmen? Das würde bedeuten, dass ich nur die leichten Fälle bekäme oder mich der zweiten Einheit anschließen müsste. Mit den anspruchsvollen Arbeiten wäre es dann vorbei, und ich dürfte mich mit Peanuts abgeben.

    „Wann bekomme ich einen neuen Partner?" Ich mochte die Frage kaum stellen. Sie schmerzte und schnürte mir die Luft ab.

    Dale zögerte die Antwort hinaus. „Ich muss mit der Personalabteilung reden."

    Ich sah ihn ungläubig an. „Es wird am falschen Ende gespart."

    „Absolut. Er kratzte sich am Hinterkopf. „Gib uns ein paar Tage, okay? Er zwinkerte mir zu und ich gab klein bei.

    Ich arbeitete für das Department for Crime, kurz DFC genannt, eine Einrichtung, die das komplette Aufgebot von Einsatzkräften für innere und öffentliche Sicherheit beschäftigte.

    Es gab den Bereich der Sicherheitspolizei, die die Straßen überwachte. Es gab bestimmte Einheiten für Brand-, Drogen- und Prostitutionsdelikte und es existierten Spezialeinheiten, die sich mit Körperverletzung, Mord und Totschlag auseinandersetzten. Je spezieller und komplizierter ein Fall war, desto besser die Einheit, die sich damit befasste.

    Jules und ich arbeiteten in der ersten Einheit. Wir waren die Elite im Morddezernat. Auf unserem Tisch landeten die schwersten Verbrechen.

    Mit Jules’ Tod wurde mein Arbeitseifer unterbrochen.

    Tage verstrichen, in denen ich leichten Tätigkeiten nachging. Ich machte Vernehmungen und gab ungeklärte Fälle ins Archiv. Obgleich mich meine Aufgaben langweilten, war ich der Letzte, der abends in den Büroräumen das Licht löschte.

    Der leere Tisch von Jules irritierte mich, und trotzdem hatte ich das Gefühl, dass ich dort sein musste. Bei ihm, an seiner Seite. Die Schuldgefühle kamen unausweichlich. Ich konnte mir nicht ausreden, dass ich für seinen Tod mitverantwortlich war.

    Aber ich wollte keine Hilfe annehmen. Ich war überzeugt, mit den Veränderungen allein klarzukommen. Nur der Form halber stellte ich mich bei der Polizeipsychologin Mia McLoughly vor. Allein ihr Name erheiterte mich. Doch mein Erscheinen, da war ich mir sicher, machte sich gut in meiner Akte.

    „Abraham Harper! Ihr Empfang war freundlich. Wahrscheinlich hatte sie mein Kommen erwartet. „Setzen Sie sich, bitte, was kann ich für Sie tun? Ihre von Natur aus dunklere Hautfarbe glich der eines cremigen Latte macchiatos. Sie hatte dichtes, krauses Haar. Ihr Lächeln riss mich nicht mit.

    „Fragen Sie den Chef!, erwiderte ich weniger enthusiastisch. „Der wollte, dass ich vorbeisehe.

    Das hatte ich nun getan. Flüchtig nahm ich die Umgebung um mich wahr. Das Büro glich einer Bibliothek. Die Regale waren vollgestopft mit Büchern.

    „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?"

    „Ich möchte nichts trinken. Schreiben Sie in meine Akte, dass ich hier war, und dann gehe ich wieder."

    Sie sah mich prüfend an. „Ihnen geht der Verlust Ihres Partners sehr nahe, nicht wahr?"

    Ich wich ihrem Blick aus. Stattdessen fixierte ich die Bilderrahmen auf ihrem Schreibtisch. Sie hatte Familie. Mann und Kinder zeigten auf den Fotos ihr schönstes Lachen. Neid keimte in mir auf, Neid auf das, was ich nicht besaß. Doch ich wollte ihn nicht zulassen. „Leicht ist es nicht, aber ich komme damit klar."

    „Sie haben den Angriff hautnah miterlebt. Ein Erlebnis dieser Art löst bei vielen ein Trauma aus."

    Nun schwirrte mein Blick zurück. „Mir geht es gut! Ich deutete auf die Unterlagen. „Ich benötige keinen Seelenklempner, schreiben Sie das in meine Akte!

    „Warum so gereizt, Mr. Harper? Aus Ihren Worten höre ich aufgestaute Wut. Machen Sie sich Vorwürfe?"

    „Nein!" Bei dieser Lüge bekam ich die Zähne kaum auseinander. Selbstverständlich sprach ich mir an Jules’ Tod eine Mitschuld zu. Ich hatte neben ihm gestanden, als der Schuss gefallen war. Vielleicht hätte ich ihn retten können? Doch nun war alles zu spät. Das konnte die Psychiaterin mit ihrem Gerede auch nicht wieder gutmachen. Ich stand auf.

    „Es war nett, Sie kennengelernt zu haben. Bitte halten Sie in meiner Akte fest, dass ich hier war."

    „Wir können gerne einen weiteren Termin ausmachen, bot sie mir an. „Zu einer anderen Zeit, wenn Sie sich besser fühlen.

    „Nicht nötig. Mir geht es gut."

    Starker Kaffee und Koffeinpillen hielten mich bei Laune. Nachts tat ich kaum ein Auge zu. Nach einer Woche war ich Dale dankbar dafür, dass er mir die leichten Büroarbeiten überließ. Die Buchstaben tanzten vor meinen Augen, der Monitor flimmerte, bis ich Kopfschmerzen bekam. Mehrfach verfiel ich in Tagträume. Ich starrte auf Jules’ Stuhl, der leer blieb.

    Vielleicht hätte ich zu diesem Zeitpunkt aufgegeben und mich Dales Rat gefügt. Ich wäre nicht der erste Detective gewesen, der weit vor der Pensionierung die Dienstmarke abgab, der nach einem traumatischen Erlebnis das Handtuch warf.

    Ich tat jedoch nichts dergleichen und ließ die Sache laufen, bis mich eines Tages ein Anruf aus meiner Lethargie befreite.

    „Abraham? Hier ist Clark vom Service."

    Clark? Ich dachte nach. Dunkel konnte ich mich an ihn erinnern. Vor zwei Jahren war eine neue Waffe fällig gewesen. Ich hatte beim Service einen Antrag ausgefüllt und wir waren ins Gespräch gekommen.

    Clark arbeitete in der Abteilung für Waffen und die „modernen Hilfskräfte", wie wir die Freaks unter uns nannten. Warum rief er mich jetzt an? Meine Waffe funktionierte einwandfrei.

    Ich schloss die Augen. Mir schwante es.

    „Hör zu, meine Glock 36 wurde geprüft. Sie ist okay. Mir wurde versichert, dass ich sie weiterhin nutzen darf."

    Ungern erinnerte ich mich an den letzten Schusswechsel zurück. Nachdem es Jules in die Knie gezwungen hatte, feuerte ich nur ein einziges Mal auf den Täter – und verfehlte das Ziel. In meinen Armen verlor Jules das Bewusstsein. Die schusssichere Weste konnte ihn nicht retten. Die Patrone war quer durch seine Halsseite in das Stammhirn gelangt. Wie mir einer der Ärzte erklärte, war es zu einer Hirnblutung gekommen, die den schnellen Hirntod auslöste.

    Der Täter entkam. Meine Waffe setzte ich nicht noch einmal ein.

    „Es geht nicht um die Glock 36."

    „Ach, nein? Ich stutzte. „Sondern?

    „Am besten unterhalten wir uns persönlich darüber."

    „Bin gleich dort." Die Unterbrechung kam mir gelegen. Meine Lider waren schwer, der Kaffee kalt. Ich streckte die abgespannten Glieder und machte mich auf den Weg zum Service, der sich im Untergeschoss befand. Vorher machte ich einen Abstecher zu Dales Büro, doch der Chef war außer Haus. Am Kaffeeautomaten zog ich mir einen Cappuccino. Nichtsahnend begab ich mich in den Fahrstuhl. Dort betrachtete ich mich unfreiwillig in der verspiegelten Innenverkleidung. Ich war groß, etwas stämmig, denn ich legte Wert auf einen muskulösen Körper. Mein kantiges Gesicht verriet allerdings, dass schon viele Fälle und etliche Nachtschichten hinter mir lagen. Auch der Tod meines Partners hatte in meinem Gesicht Spuren hinterlassen. Meine blauen Augen wirkten müde. Sofort nahm ich einen weiteren Schluck des Cappuccinos.

    Der Fahrstuhl hielt und ich betrat die unteren Arbeitsräume. Puh, ich war lange nicht mehr dort gewesen.

    In den Gängen lagerten ausrangierte Möbel. Einige Zimmer standen leer. Offensichtlich wurde auch im Service der Geldhahn zugedreht. Aus einigen Räumen dröhnte das monotone Geräusch von Maschinen. Mir kamen zwei alte SRs entgegen, die Akten transportierten. Sie grüßten nicht wie die neuen Modelle. Sie waren einfache Roboter, die menschliche Arbeiten kostengünstig verrichteten.

    Irgendwann betrat ich Clarks Arbeitsräume, die einer Werkstatt glichen. Vorne am Tresen stellte ich meinen Cappuccino ab. Auf der Arbeitsfläche befanden sich große Monitore. Es surrte lauter als in den anderen Räumen. Aus einem Drucker quälte sich eine lange Schlange Papier. Irgendwo dudelte ein Radio. Neben dem geräumigen Schreibtisch gab es Arbeitstische, auf denen sich allerhand Hardware befand: Festplatten, Tower, Gerätschaften, deren Namen mir nicht geläufig waren, und Metallteile, die ich nirgends einordnen konnte. Dicht an der Wand befanden sich Roboter in verschiedenen Ausführungen. Waren sie defekt? Sie standen wie Zinnsoldaten in Reih und Glied, waren mit Etiketten versehen. Warteten sie auf eine Abholung? Sie regten sich nicht. Lahm gelegt glichen sie überdimensionalen Puppen.

    Ich hob anerkennend die Augenbrauen. Clarks Job brachte mehr Arbeit mit sich als meiner. Zumindest körperlich.

    „Bin da! Es war schwer, die Geräusche zu übertönen. Aus dem Nebenzimmer lugte ein Mann um die Ecke. Es war Clark. Er hatte das braune Haar kurz geschnitten, dazu trug er eine Brille, die er abnahm, als er lächelnd auf mich zukam. „Abraham! Lange nicht gesehen!

    Ich nickte und erwähnte nicht, dass mich eigentlich nur meine Mutter mit vollem Namen ansprach. „Was gibt es so Wichtiges? Ich deutete um mich. „Hast du nicht genug Arbeit?

    „Doch, doch! Clark säuberte seine ölverschmierten Hände mit einem Tuch. Er trug einen blauen Overall. Auch der war mit Ölklecksen besprenkelt. „Dale bat mich, etwas zu bestellen. Für Rückfragen hat er deinen Namen angegeben.

    Ich lächelte müde. „Will er mir ein Geschenk machen?" Mein 37. Geburtstag war in wenigen Monaten. Ich zog in Erwägung, ihn dieses Jahr ausfallen zu lassen.

    „Du hast deinen Partner verloren. Clark klopfte mir auf den Oberarm. „Schlimme Sache, das tut mir leid.

    Ich nickte. Die Beileidsbekundung kam unvorbereitet. Hatte sich das Ereignis also herumgesprochen.

    „Worum geht es?" Dezent wollte ich vom Thema ablenken. Mir war nicht klar, dass Jules’ Tod der Grund war, warum ich hier stand.

    Clark begab sich hinter den Tresen. Wortlos legte er einen Katalog auf die Ablage. Es war ein dickes Verzeichnis. Andro Tech R+A Modelle lautete der Titel des Covers, auf dem ein SR-Roboter abgebildet war. Ungläubig starrte ich ihn an.

    „Dale möchte, dass du dir einen aussuchst."

    Ich schluckte trocken. „Du machst Witze?"

    „Nein."

    Mir verschlug es die Sprache. Clark zuckte mit den Schultern. Er tat nur das, wozu er beauftragt wurde. „Einen Moment, bitte." Ich drehte mich weg. Mein Handy war schnell gezückt. Ich wählte Dales Nummer. Er war nicht nur mein Chef, sondern auch ein entfernter Cousin. Ein Grund für unser vertrautes Verhältnis. Da kam es auch schon mal vor, dass ich mich im Ton vergriff.

    „Abe? Sorry, ich bin unterwegs."

    „Das weiß ich! Meine Stimme bebte. „Ich bin gerade bei Clark, im Service. Wieso, konnte Dale sich wohl denken. „Das ist nicht dein Ernst, oder?"

    „Anders geht es nicht, Abe. Das DFC stellt dieses Jahr keine neuen Kräfte mehr ein."

    „Aber für eine dämliche Maschine reicht das Geld noch, ja?"

    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Clark den Kopf senkte. Mir war egal, was er dachte.

    „Das klingt für dich im Moment nicht logisch. Die CP-Modelle sind kostspielig, ja, aber im Unterhalt billiger als jede Arbeitskraft."

    „Du möchtest Jules durch einen Roboter ersetzen?" Ich konnte es nicht glauben.

    „Anders kann ich dir keinen neuen Partner zusichern …"

    Ich legte auf und steckte das Handy zurück in meine Hosentasche. Schnell überdachte ich meine Situation. Entweder blieb ich bei den leichten Fällen, allein, oder ich ließ mich auf einen mechanischen Partner ein und durfte endlich wieder das tun, was ich am besten konnte: Verbrecher jagen und dingfest machen.

    Die Arbeit auf der Straße war nur im Team erlaubt. Mir blieb keine andere Wahl.

    Gemächlich kam ich zum Tresen zurück, wo ich einen letzten Schluck des abgestandenen Cappuccinos zu mir nahm.

    „Also, schieß los!, forderte ich Clark auf. „Was haben die Modelle zu bieten?

    Er fing von vorne an. Ich wusste nur unzulänglich über die verschiedenen Formen der maschinellen Hilfskräfte Bescheid. Erst in den letzten Jahren erfreuten sich Roboter auch in unserer Stadt zunehmender Beliebtheit. Einfache SP-Modelle wurden vermehrt von wohlhabenden Leuten gekauft. Nicht selten ersetzten diese Modelle den Butler oder anderes Dienstpersonal.

    In vielen Betrieben wurde die menschliche Arbeit durch Roboter ersetzt. Meist ging es um simple Tätigkeiten, die im Akkord durchgeführt werden mussten. Stattdessen gab man den menschlichen Mitarbeitern anspruchsvollere Aufgaben. Arbeiter bekamen ihren eigenen Roboter, den sie schulen und kontrollieren mussten.

    Beim DFC wurden vereinzelt CPAs eingesetzt. Mich hatte diese Tatsache bislang nicht sonderlich interessiert. Ich war kein Technik-Freak und kam gut allein mit meiner Arbeit zurecht.

    Jetzt hörte ich allerdings genau zu, als Clark mir Details über die neuen Hilfskräfte lieferte.

    „Es gibt die einfachen Service & Run Roboter. Sie sind eine Mischung aus Hilfs- und Laufroboter." Clark hatte die ersten Seiten des Katalogs aufgeschlagen. Die zweibeinigen Metall-Konstrukte, die der menschlichen Gestalt ähnelten, kamen mir bekannt vor.

    „Mir sind welche im Flur begegnet."

    Clark nickte. „Ja, sie können dem Menschen lästige Arbeiten abnehmen. Dinge transportieren, stapeln, sortieren, vernichten … Meine Nachbarn haben einen. Er grinste. „Der mäht für sie den Rasen und hakt die Beete. Die SRs sind robust, wasserabweisend, sie rosten nicht und sind kälte- und hitzebeständig. Er schüttelte den Kopf. „Aber so einer kommt für dich nicht infrage. Im Außeneinsatz sollte man nicht gleich bemerken, dass man es mit einer Maschine zu tun hat."

    Er blätterte einige Seiten weiter. Zusammen sahen wir auf die Specialized Versionen, die SVs. Sie glichen großen Wachsfiguren. Ihr mechanisches Innenleben war mit einer hautähnlichen Hülle überspannt.

    Lediglich ihre blasse Hautfarbe und die gradlinigen Gesichtszüge ließen erahnen, dass sie keine Menschen waren.

    Ich runzelte die Stirn. „Sie erinnern mich an Schaufensterpuppen. Gezwungenermaßen nahm ich eine ablehnende Haltung ein. „Mein Partner sollte sich unauffällig bewegen und natürlich aussehen.

    Clark nickte. Er blätterte weiter. „Das DFC fordert vornehmlich die Civilized Personal Roboter an. Ihre Hülle ist aus Silikon. Sie verfügen über eine Ausstattung, die nahezu jeden Bewegungsablauf des Menschen nachahmen kann. Aufgrund einer exzellenten Software können sie Aufgaben eigenständig lösen und Arbeiten selbstständig verrichten. Dazu gehört logisches Denken ebenso wie richtig kombinierte Handlungsabläufe."

    Das gefiel mir besser. Neugierig betrachtete ich die Abbildungen.

    „Vornehmlich beim Drogendezernat werden welche eingesetzt, fügte Clark hinzu. „Auch in den Spezialeinheiten gibt es welche.

    „Was? Tatsächlich?" Ich staunte. War mir jemals aufgefallen, dass einer der Kollegen, mit denen ich eng zusammen arbeitete, irgendwie nicht echt war? „Das habe ich noch nie bemerkt."

    „Siehst du! Clark zwinkerte mir zu. „Wenn man nicht damit rechnet, fällt es noch weniger auf.

    Wir lachten gemeinsam. Gebannt hörte ich Clarks Erzählung zu.

    „Ein breitgefächertes Basiswissen ist die Grundlage der künstlichen Menschen. Ihnen stehen verschiedene Wege offen, um das Wissen logisch einzusetzen. Sie sind darauf programmiert, korrekt zu handeln. Sie sind überaus loyal, sie vergessen nichts und bekommen keinen Burn-out."

    „Dann werden sie uns ja bald den Rang ablaufen."

    Die Vorstellung daran bereitete mir Magenschmerzen. Würde mein Posten bald überflüssig sein? Ich stellte mir vor, dass das DFC bald nur noch Roboter einstellte, um Geld zu sparen, doch Clark verbesserte mich.

    „Ziel ist es, die Zusammenarbeit von Mensch und Robotern zu forcieren und die Vorurteile zu beseitigen. Je besser diese Arbeit läuft, desto schneller werden die Menschen die modernen Helfer akzeptieren und gleichwertig behandeln."

    „Aber ich werde weiterhin das Sagen haben? Mir wird nichts aus der Hand genommen?"

    Clark schüttelte den Kopf. „Mit deinen Ansagen wirst du deinen neuen Partner steuern können. Es liegt an dir, wie er sich entwickelt."

    „Okay, damit kann ich leben."

    „Dann kommen wir der Sache schon näher. Clark machte sich Notizen. „Wie soll dein neuer Partner programmiert sein? Was muss er können?

    Ich musste nicht lange überlegen: „Er muss wachsam und schnell sein, das heißt, ich benötige ein sportliches Model. Er muss auch nachts einsetzbar sein. Er muss mit der Waffe umgehen können und er sollte …" Ich zeigte auf meinen Kopf und machte mit der Hand eine drehende Bewegung.

    „… sich viele Dinge merken und richtig schlussfolgern können."

    Clark tippte alles in seinen Computer ein.

    „Er muss auch bei den härtesten Fällen einen klaren Kopf bewahren. Zartbesaitete Typen sind ungeeignet."

    Clark unterbrach. „Die CPAs sind emotionslos, da kann ich dich beruhigen."

    Ich hielt einen Moment inne. „Sie fühlen nichts?"

    Clark verneinte. „Sie sollen Arbeit zufriedenstellend erledigen, mehr nicht. Er zuckte mit den Schultern. „Wie ein Instrument, das dir zur Seite steht.

    Ich stöhnte genervt. Irgendwo musste ja ein Haken sein. „Also wird es mir doch so vorkommen, als würde ich einen Clown durch die Gegend fahren."

    „Du kannst es dir nicht vorstellen? Clark winkte mich zu sich hinter den Tresen. „Komm her, ich zeige dir etwas.

    Ich folgte ihm in das angrenzende Arbeitszimmer. Dort, an der Wand, reihten sich viele Werkzeuge aneinander. In der Mitte des Raumes stand ein Arbeitstisch, auf dem ein CPA-Modell lag. Allerdings fehlten ihm die Beine. Die lehnten neben einem Sideboard. Sie bestanden nur noch aus dem mechanischen Innenleben und waren schwarz angelaufen.

    „Gütiger, wie ist das passiert?"

    „Er ist durch eine brennende Öllache gelaufen und hat dadurch drei Menschen das Leben gerettet. Leider konnte die Haut der starken

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