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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 179: Im Land der Nordmänner
Seewölfe - Piraten der Weltmeere 179: Im Land der Nordmänner
Seewölfe - Piraten der Weltmeere 179: Im Land der Nordmänner
Ebook117 pages1 hour

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 179: Im Land der Nordmänner

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About this ebook

Der Anblick prägte sich allen Seewölfen unauslöschlich ein. Der Mann in dem Boot, das sie gesichtet hatten, hatte ein fast trauriges, ernstes Gesicht, wenn man seine erstarrten Züge so deuten wollte. Ein struppiger Bart bedeckte seine untere Gesichtspartie. Aber dieser Bart war aus Eis, Eiszapfen hatten sich in den Barthaaren gebildet und hingen weit über das Kinn hinunter. Seine Augen blickten die Seewölfe direkt an. Jeder fühlte diesen fast durchdringenden Blick der längst toten Augen. Die Hände des Mannes hielten noch die Riemen umkrampft. Sie waren an den Riemen festgefroren und die wiederum am Boot. Von den Knien abwärts saß der Mann in einem kompakten Block aus Eis...
LanguageDeutsch
PublisherPabel eBooks
Release dateFeb 19, 2016
ISBN9783954395156
Seewölfe - Piraten der Weltmeere 179: Im Land der Nordmänner

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    Seewölfe - Piraten der Weltmeere 179 - Fred McMason

    9

    1.

    Eine unendlich sanfte Dünung hob ihn auf und nieder, und lauwarmer Wind streichelte sein Gesicht. Wenn er sich umblickte, sah er den fast weißen Strand mit den hohen Palmen, die fast nackten, braunhäutigen und ausgelassenen Eingeborenen und das flaschengrüne Meer, auf dem er mit dem kleinen Beiboot schaukelte.

    Es war eine Lust, zu leben, fand Arie Vermeulen, der Kapitän der „Godewind", wie sein dreimastiges Schiff hieß.

    Doch immer wieder veränderte sich erschreckend schnell das Wetter.

    So war es auch diesmal.

    Die Dünung begann hart zu rollen, aus dem sanften Schaukeln wurden harte, knallende Schläge, und der lauwarme Wind blies jetzt eiskalt und wild über die See. Unter seiner Wucht bogen sich die schlanken Palmen, der weiße Strand wurde grau und schmutzig, und aus dem pechschwarzen Himmel schleuderte eine Riesenfaust zornige Blitze.

    Der Donner, der den Blitzen folgte, ließ alles erbeben, brachte die See zum Kochen und dröhnte in den Ohren.

    Der zweite, dritte und vierte Donnerschlag schien den Weltuntergang einzuleiten.

    Vermeulen spürte einen harten Schlag, und damit rissen seine Träume von südlichen Inseln jäh ab.

    Die rauhe Wirklichkeit sprang ihn erschreckend nüchtern an.

    Eine harte See hatte ihn, den erfahrenen Seemann, aus der Koje geschleudert und auf die harten Dielen geworfen.

    Das Krachen und Schmettern nahm kein Ende. Er hörte das hohle Brausen des Sturmes, das eigentümliche Schleifen und Schlurren und das überlaute Gebrüll seiner Männer.

    „Verdammt!" fluchte der Holländer laut und suchte nach einem Halt.

    Das, was da eben zum Teufel gegangen war, konnte nur der Besanmast gewesen sein, den der Satan persönlich geholt hatte.

    Vermeulen hatte, nachdem er mehr als zwanzig Stunden ununterbrochen am Ruder gestanden hatte, höchstens eine Stunde geschlafen. Und jedesmal träumte er diesen verdammten Traum von den Inseln der Südsee, von den Mädchen, von Sonne und Palmen, und jedesmal erlebte er das gleiche: Er erwachte in einem brüllenden Inferno, in Krachen und Donnern, Brausen und Heulen.

    Er brauchte sich nicht anzuziehen, er hatte in den Kleidern geschlafen, wie sie alle schliefen, seit der Sturm sie in seinen Klauen hatte und nicht mehr losließ.

    In der Finsternis griff er erneut nach einem Halt, denn das Schiff holte so stark über, daß er sich kaum auf den Beinen halten konnte.

    Fluchend suchte er sich seinen vertrauten Weg an Deck.

    Die „Godewind" bewegte sich in einem tobenden Inferno und schien in einen pechschwarzen Kohlensack hineinzusegeln.

    Knallharte Seen, pechschwarz mit kochenden weißen Kämmen, hämmerten von allen Seiten auf das Schiff ein. Sie türmten sich auf wie unüberwindbare Mauern, wichen zurück, gaben scheinbar den Weg frei und fielen dann brüllend und infernalisch kreischend über das Schiff her, um es systematisch zu zerschlagen.

    Vermeulen krallte sich am Geländer des Niedergangs fest, als die schwarzen Reiter hohnlachend über den Bug jagten, die Kuhl überfluteten und sich ihren Weg nach achtern suchten.

    Die Sturzsee riß ihm die Beine weg, zerrte an seinen verkrampften Fingern und peitschte seinen müden Körper.

    Eiskaltes Wasser drang durch seine Kleider, er schluckte, hustete und würgte und hielt sich mit aller Kraft fest, um nicht über Bord gewaschen zu werden.

    Auf dem Achterkastell brannte eine trübe blakende Lampe, die der Wind wild hin und her schwang. Sie hing so hoch, daß die kochende See sie nicht auslöschen konnte. Aber in ihrem schwachen, flackernden Schein sah alles nur noch schlimmer aus.

    Vermeulen war entsetzt über das, was er erblickte.

    Tatsächlich, seine schlimmste Befürchtung war eingetroffen. Den Besan hatte eine See erwischt und kurz und klein geschlagen.

    Vier Männer waren fluchend dabei, das laufende und stehende Gut zu kappen, damit der außenbords hängende zersplitterte Mast das Schiff nicht noch mehr beschädigte.

    Bei jeder See hob er sich träge aus dem Wasser und donnerte wie ein Rammbock gegen die Planken.

    „Cap! Bist du an Deck?" schrie eine Stimme.

    Cap – so nannten sie ihn, Cap, die Abkürzung für Captain.

    Am Kolderstock standen zwei Männer, durchnäßt bis auf die Knochen.

    „Ja, ich bin’s! schrie er zurück. „Warum habt ihr mich nicht früher geweckt, verdammt!

    „Du hättest auch nichts daran geändert, Cap!"

    Vermeulen griff nach einer Axt, drängte sich zwischen die Männer seiner Besatzung und begann wie ein Wilder auf Pardunen, Fallen und Holz herumzuhacken, bis ihm der Schweiß ins Gesicht lief.

    Aber dann waren sie den nachschleppenden Mast endlich los, und er verschwand achteraus in der kochenden See, über die der eisige Wind pfiff und orgelte.

    Anstelle des Besans stand jetzt nur noch ein zersplitterter, etwas mehr als yardhoher Stumpen an Deck, ein nutzloses Stück Holz, höchstens noch als Brennholz zu verwenden.

    Das letzte Sturmsegel an der Fock war schon vor Stunden in lange Streifen zerfetzt worden, die der Wind davongetragen hatte. Die „Godewind" lenzte wieder einmal vor Topp und Takel, ließ sich von der See knüppeln und schlagen und vom Sturm beuteln wie ein Sklave, der alle Schikanen demütig ertrug, aber bei dieser Behandlung allmählich vor die Hunde ging, bis er ganz kaputt war.

    „Cap, sagte der Bootsmann, ein breitschultriger blonder Holländer mit langen, klatschnassen Haaren. „Pit ist über Bord, niemand hat es gesehen, aber er ist nicht mehr auf dem Schiff. Wir haben alles abgesucht.

    Vermeulen zuckte zusammen und blickte traurig in die kochende See, die sich den Teufel darum scherte, was aus ihnen und dem Schiff wurde, die sich einen Mann nach dem anderen holte, ihn gierig verschlang und mit ihren nassen Tüchern zudeckte.

    Pit war der dritte Mann innerhalb von vierzehn Tagen, den die tobende See geholt hatte. Hilflos hatten sie jedesmal mitangesehen, wie der erste und zweite Mann verschwunden waren.

    Helfen – retten? No, Mijnheer, da blieben nur noch das hilflose Zuschauen und eine ohnmächtige Wut. Da gab es nichts zu helfen. Wer bei diesem Wetter über Bord ging oder achtern abkantete, der kehrte nie wieder, der war für alle Zeiten verloren. Der kehrte ein in das Reich der ewigen Ruhe, sein Dasein war ausgelöscht für immer.

    Vermeulen wandte sich mit hängenden Schultern ab und schluckte trocken.

    Pit war weg, dachte er immer wieder, Pit war weg. Das eisige Wasser hatte ihn geholt, umarmt und in die Tiefe gezogen, in diese endlose dunkle Tiefe unter ihnen, die so tief war, daß niemand sie ausloten konnte.

    Er murmelte ein kurzes Gebet und stemmte sich dabei an die Balustrade, als wieder ein schwarzer Brecher heranfegte, durch die Kuhl schäumte und gurgelte und wie ein hinterhältiges dunkles Gespenst das Achterkastell erklomm.

    Noch bevor das Wasser über ihnen zusammenschlug, lagen die Männer flach an Deck, krallten sich fest, hielten die Luft an und beteten.

    War der Brecher vorüber, dann fluchten sie. Sie fluchten auf Gott und die Welt, wenn ihre Gebete nicht erhört wurden, und sie hofften doch immer noch, daß es endlich mal vorbei sein möge.

    So lange konnte ein Orkan doch gar nicht dauern!

    Seit vierzehn Tagen ging das schon so. Seit vierzehn Tagen orgelten und brausten sie durch eine Hölle, die sie hohnlachend immer weiter herumschlug, die sie peinigte und trieb – wohin, das wußten nicht einmal die Götter.

    Ab und zu flaute der Orkan ein wenig ab, das war meist am Tage, aber dafür ging es nachts dann immer schlimmer los.

    Sie trieben nach Norden, oder jedenfalls in nördlicher Richtung, das wußten sie, obwohl sie keinen Kompaß mehr hatten, und nach Norden wollten sie auch, aber nicht auf diese Weise, und vor allem immer an der Küste entlang, nicht inmitten einer teuflisch brodelnden See, in der sie nicht den geringsten Anhaltspunkt fanden.

    Captain Arie Vermeulen hatte diesen Seeweg gesucht. Wenn sie ihn fanden, sparten sie Tausende von Meilen, denn der Weg „obenrum", wie sie ihn nannten, existierte mit größter Wahrscheinlichkeit. Es war der Weg über das sibirische Rußland, eine Strecke voller Eis und Kälte, aber sie war zu schaffen.

    Den Erzählungen nach hatten schon Spanier und Franzosen diese Ecke angeblich befahren.

    Vermeulen hatte errechnet, daß dieser Seeweg annähernd zwei Jahre Zeit einsparte, zumindest aber eineinhalb Jahre, und neue Erkenntnisse würde er vermutlich auch bringen.

    Eine dieser Erkenntnisse hatten sie bereits gewonnen, dachte er voller Bitterkeit und Wut.

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