Der neue Landdoktor 9 – Arztroman: Ines schwimmt sich frei
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"Zieht jemand um, Gerti?" Ines Voigt, die Kultur- und Tourismusbeauftrage der Gemeinde Bergmoosbach, hatte ein Rezept in der Praxis Seefeld abgeholt und wollte gerade wieder gehen, als der Lastwagen einer Spedition den Weg von der Straße heraufkam. Ich weiß von keinem Umzug." "Das kann ich eigentlöich nicht glauben." Die junge Frau in dem gelben Dirndl schaute Gerti Fechner, die langjährige Sprechstundenhilfe der Seefelds, verwundert an. Sie wusste doch sonst immer über alles Bescheid, was im Haus der Seefelds vor sich ging
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Der neue Landdoktor 9 – Arztroman - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor –9–
Ines schwimmt sich frei
Sie will ihre Ängste überwinden
Roman von Tessa Hofreiter
»Zieht jemand um, Gerti?« Ines Voigt, die Kultur- und Tourismusbeauftrage der Gemeinde Bergmoosbach, hatte ein Rezept in der Praxis Seefeld abgeholt und wollte gerade wieder gehen, als der Lastwagen einer Spedition den Weg von der Straße heraufkam.
»Ich weiß von keinem Umzug.«
»Das kann ich eigentlöich nicht glauben.« Die junge Frau in dem gelben Dirndl schaute Gerti Fechner, die langjährige Sprechstundenhilfe der Seefelds, verwundert an. Sie wusste doch sonst immer über alles Bescheid, was im Haus der Seefelds vor sich ging.
»Geh, wie kommst du denn überhaupt darauf, dass jemand umzieht?« Gerti zupfte den weißen Kittel zurecht, den sie über ihrem moosgrünen Faltenrock trug, schob die Lesebrille in ihre dunklen Locken zurück und kam hinter dem Tresen hervor.
»Wegen des Möbelwagens.« Ines schaute fasziniert zu, wie der Fahrer den LKW den Weg hinaufsteuerte und ihn neben der alten Ulme im Hof parkte, ohne die Bank zu berühren, die den dicken Stamm umschloss.
»Sie kommen mit einem Möbelwagen«, wunderte sich Gerti und schaute über Ines’ Schulter hinweg in den Hof.
»Wer kommt?«
»Du bist heut aber schon ein bissel neugierig, Madl«, sagte Gerti und zupfte Ines an dem Zopf, zu dem sie ihr brünettes Haar geflochten hatte.
»Ach, komm, Gerti, einen Möbelwagen sieht man in Bergmoosbach doch auch selten.«
»Stimmt, weil keiner fortziehen mag.«
»Das heißt, es zieht jemand her?«
»Jemand nicht, aber welche«, antwortete Gerti mit einem geheimnisvollen Lächeln.
»Welche? Was meinst du damit?«
»Ich muss wieder an die Arbeit«, sagte Gerti und huschte hinter den Tresen zurück.
»Welche«, murmelte Ines und schaute auf die beiden Männer, die aus dem Führerhaus stiegen und um den LKW herumgingen.
Beide trugen dunkle Westen und Baseballkappen mit dem Namenszug der Spedition.
»Guten Morgen, Traudel«, begrüßte Ines die Haushälterin der Seefelds, die aus dem Wohnhaus kam, einem weißen Gebäude mit hellgrünen Fensterläden und bunten Blumen in den Balkonkästen.
Traudel zog einen Schlüsselbund aus der Tasche ihres dunkelblauen Dirndls und lief zur Tür am Ende des flachen Anbaus, in dem auch die Praxis untergebracht war.
»Guten Morgen, Ines«, antwortete sie freundlich, während sie die Tür aufschloss. »Meine Herren, hier herein, bitte«, wandte sie sich an die beiden Männer, die vor der inzwischen geöffneten Ladeflächen standen. »Wie geht es deinem Großvater?«, wollte sie von Ines wissen.
»Schon besser, aber er meint, dass er hin und wieder noch eine Tablette braucht«, antwortete sie und steckte das Rezept in ihre Handtasche.
»Versucht es einmal mit Feldthymian.«
»Wie genau?« Traudel war dafür bekannt, dass sie sich mit den heimischen Heilkräutern auskannte, und Ines wollte ihren Rat gern annehmen.
»Wenn du ein paar Minuten wartest, dann erkläre ich es dir.«
»Das mache ich gern, ich habe heute frei und kann mir meine Zeit einteilen.« Sie trat zur Seite, als die beiden Männer etwas, das in Packpapier eingeschlagen war und die Form einer großen rechteckigen Tischplatte hatte, über den Hof trugen und in den Raum brachten, den Traudel für sie geöffnet hatte.
»In der Küche auf dem Tisch steht Kaffee, nimm dir eine Tasse, wenn du möchtest«, sagte Traudel.
»Sehr gern, danke.« Ines wartete, bis die Männer mit ihrer Last an ihr vorbei waren, und riskierte noch einen Blick auf die Ladefläche des Lastwagens. Das sind Gemälde, dachte sie, als sie die großen und kleinen Pakete sah, die gut gesichert in einer Gitterbox standen.
»Hier bin ich!«, hörte sie Traudel in diesem Moment rufen. Als sie sich zu ihr umschaute, sah sie, wie sie jemandem zuwinkte, den sie aber nicht sehen konnte, da ihr die Sicht durch die geöffnete Tür der Ladefläche versperrt wurde.
»Verzeihung, junge Frau.« Der erste der beiden Männer kam wieder zurück.
Ines wich zur Seite aus, damit er in den Lastwagen klettern konnte. »Oh!«, rief sie erschrocken, als sie in einen Mann hineinlief, der aus dem Haus gekommen sein musste. Sie geriet ins Stolpern und sah sich bereits auf dem Boden liegen.
Doch er war schneller und fing sie auf.
»Danke«, sagte sie, und als sie aufschaute, sah sie geradewegs in seine Augen. »Karibikblau«, flüsterte sie.
»Bitte?«, fragte der Mann, der sie mit einem verschmitzten Lächeln betrachtete.
»Sie dürfen mich wieder loslassen«, bat sie ihn und überging seine Frage, schließlich konnte sie diesem Fremden gegenüber doch nicht zugeben, dass sie von seinen Augen fasziniert war. Nicht nur von seinen Augen, dachte sie, als sie einen Schritt von ihm zurückwich.
Er war groß und schlank, hatte blondes stufig geschnittenes Haar, und dieses jungenhafte Lächeln, mit dem er sie noch immer anschaute, ließ ihr Herz schneller schlagen.
»Marc Durand«, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand.
»Ines Voigt«, sagte sie.
»Marc, ohne dich geht es nicht weiter!«, rief Traudel, die die Tür aufhielt, damit die beiden Männer das nächste offensichtlich ziemlich schwere Paket in den Raum hineintragen konnten.
»Sofort!«, antwortete er, ohne seinen Blick von Ines zu nehmen. »Sind Sie öfter hier?«, fragte er sie.
»Ich bin gerade auf dem Weg in die Küche.«
»Gut, wenn Sie hier arbeiten, dann sehen wir uns gleich wieder, bis dann«, sagte er und eilte zu Traudel, die ungeduldig auf ihn wartete.
Ich bin gerade auf dem Weg in die Küche? Das war doch keine Antwort auf seine Frage, was rede ich denn da?, dachte Ines und schüttelte über sich selbst den Kopf. »Hallo, Nolan, du bist ja schon wieder gewachsen«, begrüßte sie den Hund der Seefelds. Der Spross einer Berner Sennhündin und eines weißen Schäferhundes kam in die Diele gelaufen, begrüßte sie fröhlich und folgte ihr in die Küche.
Auf dem rustikalen Esstisch in der luftigen hellen Landhausküche stand eine weiße Porzellankanne auf einem Stövchen, und es duftete nach frisch gebrühtem Kaffee. Ines nahm eine Tasse aus dem Regal neben der Abzugshaube, setzte sich auf einen der braunen Lederstühle und schenkte sich Kaffee ein.
»Woher kennt deine Familie diesen Mann, Nolan?«, fragte sie den Hund, während sie durch die geöffnete Terrassentür auf den Steingarten und die Wiese schaute, die sich bis zur Straße hinunter über einen sanften Hügel erstreckte.
»Wuff«, machte der Hund, als Ines ihn abwartend anschaute.
»Alles klar, du meinst, ich muss es selbst herausfinden. Marc Durand, das klingt interessant, weißt du«, sagte sie und strich über das hellgrüne Schürzchen, das sie über ihrem Dirndl trug.
»Wuff, wuff«, machte Nolan und rannte in die Diele. »Wuff, wuff!«, bellte er aufgeregt, kam wieder in die Küche gesaust und stürmte gleich darauf wieder hinaus.
»Willst du mir etwas zeigen?«, fragte Ines und folgte ihm. »Das ist wohl sein Gepäck«, murmelte sie, als Nolan um den Koffer herumsprang, der neben der Treppe abgestellt war. »Er kommt aus Kanada, genauer gesagt, aus Montreal«, erzählte sie dem Hund, nachdem sie den Anhänger der Fluggesellschaft studiert hatte, der am Griff des Koffers befestigt war. Du liebe Güte, was mache ich denn?, dachte sie erschrocken. »Ich bin heute wirklich ausgesprochen neugierig, verrate mich nicht, Nolan«, sagte sie, streichelte dem Hund über das dicke flauschige Fell und lief zurück in die Küche. Was ist nur mit mir los?, dachte sie, als sie bald darauf Traudel und Marc ins Haus kommen hörte und ihr Herz sofort wieder schneller schlug. Um sich nicht anmerken zu lassen, in welche Aufregung der Fremde sie versetzte, nahm sie einen der kleinen Löffel, die in einem Körbchen auf dem Tisch lagen, und rührte ihren Kaffee um.
»Haben Sie nicht etwas vergessen?«
»Was denn vergessen?«, fragte sie und schaute Marc an, der sich auf den Stuhl ihr gegenüber setzte.
»Milch oder Zucker oder auch beides.«
»Ich sorge dafür, dass er schneller abkühlt«, antwortete sie, als ihr bewusst wurde, wie merkwürdig es auf ihn wirken musste, dass sie in dem schwarzen Kaffee herumrührte.
»Geh, Ines, so heiß kann er gar nicht sein«, wunderte sich Traudel, die noch die Post aus dem Briefkasten geholt hatte.
»Ich bin in dieser Beziehung ein bisschen empfindlich«, entgegnete Ines, legte den Löffel beiseite und pustete noch einmal vorsichtig in die Tasse, bevor sie sie anhob und einen Schluck daraus trank.
»Wenn es so ist, dann sei vorsichtig«, sagte Traudel, während sie rasch die Post durchschaute. Die Werbeprospekte wanderten in den