PEP4Teens: Das Positive ErziehungsProgramm für Eltern mit Kindern zwischen 12 und 17
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About this ebook
- Bejahen Sie Ihre Zuständigkeit als Eltern bzw. Erziehende.
- Fördern Sie positive Beziehungen in der Familie.
- Fördern Sie Verbindlichkeit und Konsequenz.
- Vermitteln Sie Werte durch Ihr Beispiel.
- Sorgen Sie als Eltern gut für sich selbst.
- Sorgen Sie für eine sichere Bewältigung des Alltags.
- Bleiben Sie in Ihren Erwartungen realistisch.
Mit PEP lernen Eltern, die Entwicklung ihrer Kinder ihrem Alter gemäß zu fördern und viel Stress aus den alltäglichen Spannungssituationen herauszunehmen. Durch eine veränderte Grundhaltung wird der Aufbau einer guten Beziehung möglich und Erziehung kann gelingen.
Wilfried Veeser
Pfarrer Wilfried Veeser, Trainer und Coach; verheiratet und Vater von vier erwachsenen Kindern. Er ist Fachlicher Leiter der Bildungsinitiative für Seelsorge und Lebensberatung (bildungsinitiative.net). Neben seiner Tätigkeit als Pfarrer in Dettingen unter Teck ist er Trainer für Führungspersönlichkeiten (inbus-institut.de) sowie Ehe- und Familienberater in eigener Praxis (veeser.net).
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Book preview
PEP4Teens - Wilfried Veeser
Teil I: Positive Erziehung – die Grundlagen
Was Sie in dieser Einheit erwartet
Positive Erziehung braucht gelingende Beziehung und klare Prinzipien, Ziele und Kenntnisse über die Ursachen von Verhaltensproblemen. Sie lernen diese Begriffe kennen, wählen sich Ziele aus und setzen diese für sich selbst um. Sie erfahren Grundlegendes über die Entwicklung Ihres Kindes. Im Einzelnen geht es um folgende Aspekte:
Sieben Grundlagen effektiver Elternschaft – die 7 Basics
Diese sieben „Basics geben Ihrem Erziehungsverhalten einen „roten Faden
:
•Verlässlich Eltern sein
•Positive Beziehung fördern
•Konsequenz
•Die eigenen Werte leben
•Auf sich achten
•Sicherheit im Alltag gewährleisten
•Realistisch bleiben
Es sind Grundbausteine, die Ihnen Orientierungshilfe bieten und es ermöglichen, auch in angespannten Stresssituationen planvoll zu handeln.
Fähigkeiten fürs Leben erwerben
Wer nicht weiß, wohin er will, muss sich nicht wundern, wenn er ganz woanders herauskommt – so lautet ein Sprichwort. Das gilt auch für die Erziehung von Teenagern. Gerade bei ihnen ist es wichtig, dass die Ziele zwischen allen Beteiligten klar abgesprochen sind. Die Eltern müssen für sich klären, was sie ihren Kindern vermitteln wollen. Dabei kann Ihnen die Frage helfen: „Welche allgemeinen Ziele für die Teenager sind wichtig?" Miteinander reden und auskommen, zu sich selbst stehen können, Selbstständigkeit, Mündigkeit, kritisches und kreatives Denken gewinnen, den Umgang mit den eigenen Gefühlen lernen, Probleme selber lösen können – diese Grundfertigkeiten braucht Ihr Kind für ein selbstständiges Leben.
Ursachen für Verhaltensprobleme
Wenn es Probleme mit Teenagern gibt, sind Eltern schnell bereit, die Ursachen in äußeren Einflüssen zu suchen: in der Schule, bei Lehrern, Freunden der Kinder, in der Faulheit der Kinder, in den Medien wie Fernsehen, Computer & Co.
Doch nicht selten gibt es auch Ursachen, die auf das Verhalten der Eltern zurückgehen. Eltern geben ineffektive Aufforderungen oder missachten erwünschtes Verhalten, sie übersehen wichtige Bedürfnisse des Kindes oder vermitteln nicht genügend Orientierung.
Ziele setzen und das Verhalten beobachten
Hier wird es sehr konkret. Auf welches Ziel wollen Sie als Eltern oder Erzieher hinarbeiten? Dazu ist es nötig, Probleme zu benennen und Ursachen zu erfassen. In welchen Situationen scheitern Sie oft? Was passiert vorher und was passiert danach? Sie lernen, solche Problemsituationen genau zu beobachten.
Herausforderung Pubertät: Teenager verstehen lernen
figure„Kleine Kinder, kleine Sorgen; große Kinder, große Sorgen." So lautet ein Sprichwort, das die Erfahrung vieler Eltern mit ihren Teenagern zusammenfasst. Zwar war die Zeit, als die Kinder klein waren, auch nicht einfach. Die Nächte waren kurz oder mehrfach unterbrochen, als das Baby schrie. Das Bezahlen an der Supermarktkasse konnte zur Tortur werden, wollten die Eltern den Wettkampf mit den vielen Lutschern, Kaugummis und anderen Süßigkeiten kurz vor dem Mittagessen gewinnen. Auch Verhaltensauffälligkeiten kosteten Nerven, wenn Hyperaktivität das Verhalten des Kindes prägte oder Teilleistungsschwächen die Hoffnung auf eine ideale Schulkarriere der Kinder zunichte machten. Insgesamt wird die Zeit bis zum Alter von zwölf Jahren jedoch von vielen Eltern als positiv erlebt. Nerviger Stress und Glück in der Begegnung mit den Kindern halten sich in der Regel die Waage.
Pubertät = Dauerstress mit den Teenagern?
Doch was Eltern nun mit ihrem werdenden Teenager erleben, stellt erlebtes Glück und die bisherige Sicherheit in Erziehungsfragen oft genug in Frage. Die Balance kann sich immer mehr in Richtung Dauerstress mit den Teenagern verlagern. Sogar die Ehezufriedenheit nimmt ab, der Haussegen hängt schief und der gute Rat der Großeltern oder lieber Freunde versagt. Was ist passiert?
Früher sagte der Vater: „Hol’ bitte den Sprudel aus dem Keller!, und der Filius tat, worum der Vater ihn bat. Heute dagegen kommt als Reaktion auf dieselbe Bitte schon mal ein muffeliges: „Hol ihn doch selber!
Das ist wie ein Schlag in die Magengegend. Spätestens jetzt ahnt dieser Vater, dass sich etwas Grundlegendes verändert hat. Entweder er resigniert: „Dann mach doch, was du willst – mir egal! Oder er greift zu Deftigem: „Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, hast du zu tun, was ich dir sage! Ist das klar?
Teenager einfach laufen lassen?
Manche Teenager rebellieren und entziehen sich dem Einfluss der Eltern ganz; andere passen sich „gehorsam" an, entwickeln aber eine innere Gegenwelt. Ein Prozess, der für den Teenager oft nicht ohne Spätfolgen bleibt.
Umgekehrt gewähren manche Eltern ihren Teenagern scheinbar große Freiheit, lassen sie aber emotional nicht los. Bindungen an und Abhängigkeit von den Eltern bleiben so lange über die Volljährigkeit hinaus und bis ins mittlere Erwachsenenalter erhalten. Dann „regieren" die Eltern in der jungen Ehe ihres ehemaligen Teenagers mit, was sich für das Paar sehr belastend auswirken kann.
Und es gibt Eltern und Erzieher, die ihre Teenager laufen lassen. Sie fühlen sich überfordert und hilflos, planvoll mit den geballten Entladungen von anstrengenden Gefühlen, der Unberechenbarkeit oder den verletzenden Verhaltensweisen ihrer Kinder umzugehen. „Augen zu und durch" heißt dann die Devise. Irgendwie wird sich alles ändern. Doch eine Folge solcher Resignation ist, dass man sich entfremdet und die Trennung herbeisehnt.
PEP4Teens macht Mut, diese Beziehungsfallen zu erkennen und sie effektiv zu vermeiden.
Teenager hinterfragen ihre Eltern
Die relativ harmonische Zeit der Kindheitsjahre und die festen Strukturen in der Beziehungsgestaltung, etwa der klare und notwendige Vorrang des Elternwillens, kommen mit der Pubertät der Kinder zunehmend ins Wanken. Die Wünsche des Kindes verändern sich. Nun entwickelt es neue Bedürfnisse:
•nach mehr Selbstständigkeit,
•nach Akzeptanz im Sinne einer partnerschaftlichen Beziehung zu den Eltern,
•nach Respekt gegenüber eigenen Weltdeutungen und Ideen,
•nach mehr Gestaltungsfreiheit der persönlichen Lebensbereiche (Zimmer, Outfit, Schule, Freundeskreis etc.).
Fürsorgende und bestimmende Erziehungsmaßnahmen werden von Teenagern immer mehr abgelehnt und kritisch hinterfragt. Das Gefühl, den Eltern gehorchen zu müssen, nimmt stetig ab. Dafür wächst der Anspruch auf Selbstständigkeit unüberhörbar, auch wenn er in krassem Widerspruch zur wirtschaftlichen Realität steht. Die gewonnene gedankliche Kraft, das eigene Handeln und das der Eltern zu reflektieren, schafft neue Handlungs- und Reaktionsmöglichkeiten. Der Teenager grenzt sich zunehmend gegen die Eltern ab. Er setzt vermehrt auf seinen eigenen Willen und stellt vieles auch argumentativ in Frage.
„Wer hat Recht? Wer setzt sich durch? Wer bestimmt in diesem Haus? Nach welchen Regeln leben wir zusammen? Welche Freiräume gewähren wir einander?" Machtkämpfe um diese Fragen führen zu Verletzungen auf allen Seiten. In Eltern erwecken sie nicht selten die Angst, sie seien mit ihren Erziehungsbemühungen auf ganzer Linie gescheitert.
Gegenseitiger Austausch ist wichtig
Nicht immer verstehen beide Elternteile gleichzeitig, dass jetzt ein grundsätzliches Umdenken im Erziehungsverhalten notwendig ist. Vielleicht entdeckt der Elternteil, der mit dem Teenager die meiste Zeit verbringt, zuerst, dass das inzwischen vielfach rebellische 13-jährige „Kind viel zugänglicher ist, wenn die Erwachsenen Verständnis zeigen, sich in die Lage des Kindes einfühlen und mit dem Teenager einen Plan zur Lösung von Konflikten aushandeln. Teenager wollen kritisch fragen können. Sie wollen den Sinn etwa ihrer Mitarbeit im Haushalt grundsätzlich klären oder offen halten („Ob ich da mithelfe, muss ich mir zuerst überlegen.
) oder wissen, warum sie wann zu Hause sein sollen.
Eltern machen dabei auch die Entdeckung, in welche Bereiche sie sich lieber nicht mehr direkt einmischen: das „Outfit", die Frisur, der Ordnungsgrad im Jugendzimmer, der Freundeskreis – um ein paar Beispiele zu nennen. Wollen Eltern und Erzieher hier etwas erreichen, müssen sie indirekter vorgehen als zu der Zeit, in der die Kinder noch klein waren. Sie müssen diskutieren und verhandeln.
Grenzen miteinander aushandeln
Teenagern eine größere Mündigkeit zuzubilligen und bei der Erziehung indirekter vorzugehen heißt nicht, dass die Eltern ihren Einfluss aufgeben, keine Stellung mehr beziehen oder keine Grenzen mehr setzen sollen. Fürsorge und leichte Formen einer bestimmenden Einflussnahme bleiben manchmal auch gegenüber erwachsenen Kindern erhalten. Beispiele dafür sind: Eltern helfen dem jungen Paar bei der Finanzierung des ersten Autos oder der Eigentumswohnung; die Mutter springt als Babysitter ein, wenn ihre Tochter aufgrund von Weiterbildungsveranstaltungen das eigene Kind für einige Wochen nicht ausreichend versorgen kann; die Eltern bestimmen, wer was erbt.
Für die Entwicklung des Kindes ist es notwendig, dass es die Meinung, die Normen und Wertvorstellungen seiner Eltern kennt, selbst wenn es diese im Moment ablehnt. Doch bricht spätestens jetzt die Zeit an, in der die Eltern mit ihren Teenagern – wie mit anderen erwachsenen Menschen – Kompromisse aushandeln und vereinbaren müssen. Subjektiv werden solche „weicheren und indirekten Erziehungswege von Eltern oft als zeitraubend, lästig, unnötig und als unerhörte Zumutung wahrgenommen. Selbstverständliche Dinge plötzlich auch noch aushandeln zu sollen, für eine logische Lebenseinsicht auch noch werben zu müssen, dem Kind „Flügel
zu schenken, damit es in seinem Bemühen um Selbstständigkeit und Freiheit allmählich unabhängig fliegen kann – „das darf doch wohl nicht wahr sein!" Solch ein Gedanke liegt nahe.
Und doch ist es wahr. So schwer es fällt – Eltern, die diese Veränderung verdrängen oder ignorieren, stehen in der Gefahr, in einer fast ausschließlich fürsorgenden und direkt bestimmenden Erziehung stecken zu bleiben. Sie verhängen wieder drakonische Maßnahmen, bauen Druck auf, drohen – doch all das löst den Konflikt mit den heranwachsenden Kindern nicht. Im Gegenteil, jetzt kommt es zur Eskalation, weil Eltern ihr Kind immer mehr „zum Widerspruch herausfordern und Konflikte provozieren. Schon in der Bibel warnt der Apostel Paulus Eltern davor, ihre Kinder „zum Zorn zu reizen
(Brief an die Epheser, Kapitel 6, Vers 1-4). Oder sie geben ihre Position als Eltern völlig auf und nehmen dem Teenager damit die Möglichkeit, durch Auseinandersetzung und Abgrenzung einen eigenen ethischen und weltanschaulichen Standpunkt zu finden.
Wer rebelliert mehr?
Provokativ könnte man sagen: In dieser Umstellungsphase rebellieren äußerlich zwar die Teenager. Aber auch die Eltern können rebellieren, indem sie gegen die unvermeidliche Veränderung, Lebensgesetze und Ordnungen aufbegehren und sich nur mühsam an die neue Situation anpassen.
Damit soll das oft genug widersprüchliche und unberechenbare Verhalten von Teenagern nicht verharmlost oder entschuldigt werden. Aber der Weg, wie man sie für alternative Sicht- und Verhaltensweisen gewinnen kann, muss sich verändern. Eltern und Erzieher müssen jetzt vor allem beim Teenager für eine andere Sicht werben und den notwendigen Kompromiss auf der Erwachsenenebene aushandeln. Selbstverständlich gibt es Hausregeln, die die Eltern festlegen. Selbstverständlich besitzen Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind bis zum 18. Lebensjahr. Selbstverständlich haben die Eltern das Recht und die Pflicht, zumindest die gesetzlichen Ausgehzeiten bei ihren Teenagern einzufordern (vgl. Seite 157f.). Die Frage ist, wie sie diese Rechte wahrnehmen und