Ein Einstellungsleitfaden für Kommunen in Baden-Württemberg: Hilfestellungen zu den gesetzlichen Vorgaben bei der Einstellung von Arbeitnehmern
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Die vorliegende Arbeit hat daher zum Ziel, den gesamten Einstellungsprozess vom Freiwerden einer Stelle bis zur Einstellung mittels Arbeitsvertrag näher zu beleuchten und die rechtlichen Vorgaben im Personalauswahlverfahren aufzuzeigen. Dazu werden der chronologische Ablauf eines Auswahlverfahrens nachgezeichnet, die rechtlichen Vorgaben in Bezug auf die Einstellung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst ausgeführt, die rechtlichen Konsequenzen bei Nichtbeachtung aufgezeigt und Empfehlungen für die rechtssichere Umsetzung in der Praxis gegeben.
Dorothee Seidl
Die Autorin Dorothee Seidl absolvierte an der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl ihren Bachelor-Abschluss "Public Management".
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Ein Einstellungsleitfaden für Kommunen in Baden-Württemberg - Dorothee Seidl
Geschlecht.
1 EINLEITUNG
Die Einstellung von Arbeitnehmern in der öffentlichen Verwaltung birgt Probleme, die in der Arbeitspraxis oft unterschätzt werden. Unterlaufen den zuständigen Stellen Fehler während des Einstellungsprozesses, kann es für die Kommunen zu teuren und langwierigen¹ Gerichtsprozessen kommen, die nicht nur an den finanziellen Mitteln der Kommunen zehren. Auch die mit den Prozessen beauftragten Mitarbeiter sind einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt.
Die vorliegende Arbeit hat daher zum Ziel, den gesamten Einstellungsprozess vom Freiwerden einer Stelle bis zur Einstellung mittels Arbeitsvertrag näher zu beleuchten und die rechtlichen Vorgaben im Personalauswahlverfahren aufzuzeigen. Dazu werden der chronologische Ablauf eines Auswahlverfahrens nachgezeichnet, die rechtlichen Vorgaben in Bezug auf die Einstellung von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst ausgeführt, die rechtlichen Konsequenzen bei Nichtbeachtung aufgezeigt und Empfehlungen für die rechtssichere Umsetzung in der Praxis gegeben.
Diese Arbeit berücksichtigt lediglich die Einstellung von Arbeitnehmern und geht auf die beamtenrechtlichen Vorgaben nicht ein. Auf Besonderheiten, die sich für die Beschäftigung Jugendlicher und Auszubildender ergeben, wird ebenfalls nicht eingegangen. Soweit Zuständigkeitsregelungen der Länder im Rahmen gesetzlicher Regelungen von Bedeutung sind, kommen die gesetzlichen Grundlagen von Baden-Württemberg zur Anwendung.
¹ Vgl. z.B. den Verfahrensgang zum Urt. des BAG (v. 21.07.2009 - 9 AZR 431/08, BAGE 131, 232 = NJW 2009, 3319).
2 PERSONALAUSWAHLVERFAHREN IN KOMMUNEN
2.1 Das Anforderungsprofil
Die Erstellung des Anforderungsprofils ist eine Maßnahme der Personalauswahl im öffentlichen Dienst, um den geeignetsten Bewerber für eine zu besetzende Stelle zu finden.² Denn gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche³ nach seiner Eignung⁴, Befähigung⁵ und fachlichen Leistung⁶ gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt⁷. Folglich muss nach diesem sogenannten Prinzip der Bestenauslese derjenige Bewerber eingestellt werden, der für die zu besetzende Stelle am besten geeignet ist.⁸ Art. 33 Abs. 2 GG dient damit dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stelle des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen.⁹ Außerdem begründet er ein grundrechtsgleiches Recht der Bewerber auf eine rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl, den sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch.¹⁰
Die öffentlichen Arbeitgeber müssen nach Art. 33 Abs. 2 GG vor der Auswahlentscheidung ein Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle festlegen.¹¹ Mithilfe des Anforderungsprofils sollen im Auswahlverfahren die geeigneten Bewerber für die zu besetzende Stelle gefunden und die ungeeigneten „schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden."¹²
Für die Erstellung des Anforderungsprofils gilt: Der Arbeitgeber ist an die gesetzlichen Vorgaben, also an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG, gebunden. ¹³ Das Anforderungsprofil wird aus der Stellenbeschreibung und analytischen Stellenbewertungen entwickelt. ¹⁴ Es beinhaltet die notwendigen formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die außerfachlichen Kompetenzen für die zu besetzende Stelle.¹⁵ Damit legt das Anforderungsprofil den Maßstab fest, mit dem der geeignetste Bewerber gefunden werden soll.¹⁶
Die Erstellung hat ausschließlich nach objektiven Kriterien zu erfolgen.¹⁷ Dem öffentlichen Arbeitgeber ist es daher nicht erlaubt, unnötige Anforderungen aufzunehmen, die nach sachlichen Erwägungen nicht benötigt werden.¹⁸ Damit soll die Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber verhindert werden.¹⁹ Die Anforderungen, die der Arbeitgeber an die Bewerber stellt, müssen sachlich gerechtfertigt und nachvollziehbar sein.²⁰ Ihm ist es zwar möglich, sachgerechte Zusatzanforderungen zusätzlich zu den Mindestanforderungen festzulegen, er darf jedoch keine überzogenen Anforderungen an die Körperfunktion oder seelische Gesundheit stellen, weil er behinderten²¹ Menschen damit den Zugang zu der Stelle verwehrt.²² Außerdem muss sich der Arbeitgeber bewusst machen, ob die Qualifikationen, die er im Anforderungsprofil benennt, zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung sind oder lediglich für die zu besetzende Stelle wünschenswert wären.²³ Von einer zwingenden Voraussetzung ist nur dann auszugehen, wenn alle Bewerber, die diese Anforderung nicht erfüllen, für die zu vergebende Stelle tatsächlich als nicht geeignet behandelt werden.²⁴ Hat der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle festgelegt, ist er während des gesamten Auswahlverfahrens daran gebunden.²⁵ Er kann später bspw. keine Qualifikationen präzisieren und anstatt eines bloßen Abschlusses ein bestimmtes Examensergebnis fordern.²⁶ Dies ist im Hinblick auf die offensichtliche Nichteignung schwerbehinderter oder ihnen gleichgestellten²⁷ Bewerber nach § 82 Satz 3 SGB IX zu beachten.²⁸ § 81 Abs. 2 Satz 1 bestimmt nämlich, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte²⁹ nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen³⁰ dürfen und verweist in Satz 2 auf das AGG. § 7 Abs. 1 AGG verbietet jegliche Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG³¹ genannten Grundes. Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX dann nicht nach, obwohl der Bewerber nicht offensichtlich ungeeignet ist, verstößt er damit gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und der Schwerbehinderte hat ggf. einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung i.S.d. § 15 Abs. 2 AGG.³² Hierfür muss jedoch ein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem Merkmal des § 1 AGG, in diesem Fall der Behinderung, vorliegen.³³ Dieser ist bereits gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist.³⁴ Im Fall der unterlassenen Einladung ist dieser Zusammenhang gegeben, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft bekannt gewesen ist oder er sich die Kenntnis aufgrund der Bewerbungsunterlagen hätte verschaffen können.³⁵ Für Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nach § 15 AGG gilt die Beweislastregelung des § 22 AGG.³⁶ Ist es dem Arbeitgeber daher nicht möglich, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen, ist er entschädigungspflichtig.³⁷ Die Entschädigung darf drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG). Wäre der Unterlegene bei benachteiligungsfreier Auswahl eingestellt worden und kann er dies beweisen³⁸, kann nicht nur eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG fällig werden, sondern auch Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG.³⁹ Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründet jedoch keinen Einstellungsanspruch (vgl. § 15 Abs. 6 AGG).
Für den Arbeitgeber ist es aus Beweissicherungsgründen und zur Gewährleistung eines hinreichenden Rechtsschutzes des unterlegenen Bewerbers nach Art. 19 Abs. 4 GG wichtig, das Anforderungsprofil schriftlich so zu dokumentieren, dass die Gründe für seine Entscheidungen im weiteren Verlauf des Auswahlverfahrens transparent sind und die Entscheidungen nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden können.⁴⁰ Die Festlegung und damit auch