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Wenn Kinder krank werden: Eine kleine Psychosomatik von Husten, Schnupfen, Heiserkeit
Wenn Kinder krank werden: Eine kleine Psychosomatik von Husten, Schnupfen, Heiserkeit
Wenn Kinder krank werden: Eine kleine Psychosomatik von Husten, Schnupfen, Heiserkeit
Ebook189 pages2 hours

Wenn Kinder krank werden: Eine kleine Psychosomatik von Husten, Schnupfen, Heiserkeit

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About this ebook

Wenn Kinder an Fieber, Durchfall, einer Infektion oder an Schlafstörungen leiden, denken wir zunächst an alte Hausmittel, an wirksame Medikamente und erhoffen schnelle Hilfe durch einen Besuch beim Arzt. Manchmal ist eine Krankheit aber auch ein Hinweis auf Entwicklungsschwierigkeiten des Kindes oder Ausdruck von Konflikten im sozialen Umfeld.
Die Fallgeschichten des erfahrenen Kinderpsychoanalytikers Hans Hopf sensibilisieren Eltern und ErzieherInnen für solche Zusammenhänge, die aus unserem Erziehungsalltag oft ausgeklammert werden. Das Buch zeigt uns, wie wir lernen, genauer in das Kind hineinzuhorchen und seine Erkrankungen besser zu verstehen.
LanguageDeutsch
PublisherMabuse-Verlag
Release dateMar 3, 2016
ISBN9783863212551
Wenn Kinder krank werden: Eine kleine Psychosomatik von Husten, Schnupfen, Heiserkeit

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    Wenn Kinder krank werden - Hans Hopf

    Probleme.

    Konflikte als Krankheitshintergrund

    In meiner mittlerweile mehr als dreißigjährigen Arbeit als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut hat sich mir immer wieder die Erfahrung bestätigt, dass Krankheit nicht nur etwas mit Viren und Bakterien zu tun hat, sondern dass sie sehr häufig Ausdruck von Problemen und Konflikten ist, mit denen die Kinder (und das gilt auch für Erwachsene) anders nicht fertig werden können. Hier sind nicht Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Keuchhusten, Masern, Diphtherie und Scharlach oder auch noch Schlimmeres gemeint. Auch bei einigen dieser Krankheiten mag eine psychisch bedingte „schlechte Verfassung die Anfälligkeiten erhöhen oder eine gute Verfassung die Abwehrkräfte hochhalten und damit eine Art „Immunschutz darstellen.

    Hier ist die Rede von Krankheiten wie „Erkältungen, Angina, Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, Schlafstörungen usw. Sicher mögen bei ihnen Viren und Bakterien auch eine Rolle spielen, aber viele dieser Krankheiten haben etwas mit dem Wohlbefinden und dem Erleben zu tun, wovon einiges auch in unserer Sprache enthalten ist. So heißt es zum Beispiel, dass „einem etwas auf den Magen geschlagen oder eine Sache sauer aufgestoßen ist. Mancher Kummer bereitet einem „schlaflose Nächte. Etwas Unangenehmes findet man „zum Kotzen oder bei Angst bekommt man „Schiss. Von einem Dicken sagt man zuweilen, dass er sich einen „Kummerspeck zugelegt hat; und dass die beiden Wörter „Angina und „Angst eine verwandte sprachliche Wurzel haben, ist kein Zufall. Auch wenn der Volksmund sagt: „Der nimmt seine Grippe, sind darin nicht nur Böswilligkeit und Häme enthalten. Es ist zum Beispiel eine Tatsache, dass im Dezember, zu einer Zeit also, in der viele Menschen an „Grippe erkranken, Briefträger durchhalten, obwohl sie dem schlimmsten Arbeitsstress des ganzen Jahres ausgesetzt sind. Aber dies ist eben auch die Zeit, in der sie ihre Weihnachtsgroschen von den Leuten erhalten, denen sie das ganze Jahr die Post gebracht haben. Das mobilisiert vielleicht ihre letzten Reserven. Erschöpfung und Krankheit stellen sich dann im Januar/Februar ein. Und gerade an der „Grippe (nicht der echten, sondern den „Erkältungskrankheiten) ist auch sehr schön zu sehen, dass die Krankheit oft dem Atemholen und dem Neue-Kräfte-Sammeln dient, dass Krankheit also nicht nur immer als etwas Negatives betrachtet werden kann, sondern dass sie durchaus auch ihre positive Funktion im Leben hat – womit wir uns noch näher beschäftigen werden.

    Schwierigkeiten von Kindern, die solchen Hintergrund von Krankheit abgeben, zeichnen sich dadurch aus, dass die Kinder anders nicht mit ihnen fertig werden können: Erwartungen, denen sie nicht genügen können, „böse" Gefühle, die auszusprechen das Familienklima nicht erlaubt.

    Um deutlich zu machen, wie solche Konflikte „funktionieren", sei hier eine Geschichte aus meiner Praxis angeführt, die das besonders drastisch zeigt: Der zwölfjährige Kai war wegen seines aggressiven Verhaltens und wegen Stehlens zu mir in die psychotherapeutische Behandlung gebracht worden. Es dauerte nicht lange und es war scheinbar alles in Ordnung. Die Eltern waren überglücklich. Da verfiel die Mutter in tiefe Depression, wurde plötzlich von Selbstmordgedanken gequält, Knall auf Fall verließ sie die Familie, zog in eine andere Stadt und ließ den Ehemann mit zwei schulpflichtigen Kindern zurück.

    Kai kam noch immer zu mir. Aber ich spürte nun, dass der Junge nicht mehr so gerne wie vorher zu den Therapiestunden kam. Ich fand das nur zu verständlich: Er hatte keine Hoffnung mehr, dass die Mutter wieder zurückkehren würde, sah keine Zukunft. Wofür sollte er noch lernen? Die Leistungen in der Schule ließen rapide nach, der Junge wirkte fahrig und geistesabwesend. Eines Tages wartete ich vergeblich auf Kai, was mich deshalb überraschte, weil der Junge sonst immer sehr pünktlich gewesen war. Zwei Stunden später rief mich der Vater an. Als Kai mit dem Fahrrad zu mir unterwegs gewesen sei, habe er plötzlich einen sehr schweren Anfall von Atemnot gehabt. Er sei vom Fahrrad gestürzt, habe sich mit letzter Kraft in eine Telefonzelle geschleppt und den Vater angerufen. Ein Krankenwagen habe den Jungen nach Hause gebracht und der Hausarzt habe ihn sehr gründlich untersucht, jedoch nichts gefunden.

    Ich sprach mit dem Vater. Dieser war verzweifelt und wirkte genauso hoffnungslos wie Kai. „Jetzt werden auch noch die Kinder krank, meinte er. „Wenn meine Frau wüsste, was sie den Kindern alles antut.

    Wenige Wochen später kam Kai wieder nicht zur Therapiestunde. Diesmal war es besonders schlimm gewesen. Er war wieder vom Fahrrad gestürzt, konnte sich aber diesmal nicht mehr bemerkbar machen und lag bewusstlos neben seinem Fahrrad. So wurde er gefunden und mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht. Die tiefe Bewusstlosigkeit hielt dort weiter an. Im Krankenhaus wurde er nach allen Regeln ärztlicher Kunst untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass er Reflexe zeigte, welche bei einer solchen Bewusstlosigkeit normalerweise nicht ansprachen. Während einer Punktion erwachte der Junge. Er erinnerte sich nur noch daran, dass es ihm plötzlich sehr stark schwindelig und schlecht und dann schwarz vor den Augen geworden war. Weil man einen epileptischen Anfall nicht ausschließen konnte, blieb der Junge für eine Woche im Krankenhaus zur Beobachtung. Doch auch nach der Schlussuntersuchung waren die Ärzte so ratlos wie zuvor. Mit seiner seltsamen Krankheit hatte Kai aber nicht nur die Ärzte hilflos gemacht. Denn so wie diese keine organische Ursache dafür fanden, blieben mir die psychischen Motive verborgen, welche möglicherweise bei Kais Ohnmachtsanfällen eine Rolle gespielt hatten. Es ist ja bekannt, dass Kinder, deren Eltern sich getrennt haben oder sich scheiden ließen, häufig erkranken. Solche Erkrankungen kann man als Hilferufe an den verlorenen Elternteil verstehen, wieder zurückzukommen. Warum jedoch traten diese merkwürdigen Ohnmachtsanfälle immer dann auf, wenn der Junge zu mir unterwegs war? Die Erklärung ließ nicht lange auf sich

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