Toleranz: Drei Lesarten zu Lessings »Märchen vom Ring" im Jahre 2003
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Mit Gotthold Ephraim Lessings dramatischem Gedicht »Nathan der Weise" verbinden sich die aufklärerischen Ideen der Erziehung des Menschengeschlechts zur Toleranz und der Kampf gegen eine engstirnige Theologie und für die Emanzipation der Juden. Die Erzählung der Ringparabel ist einer der meistinterpretierten Texte, an dem sich der Begriff und das Verhalten praktizierter Toleranz zeigen und diskutieren lassen.
Die Frage der drei Kurzessays in diesem Band lautet: Läßt sich diese Lessingsche Formel der Toleranz, beispielhaft gehofft für die Toleranz der jüdischen, christlichen und islamischen Gläubigen gegeneinander und untereinander, auch heute noch verkünden? Läßt sie sich wirklich praktizieren - ist sie lebbar in unserer gegenwärtigen Welt? Oder hat die Erfahrung sie längst entwertet?
Drei Autoren: Angelika Overath, Navid Kermani und Robert Schindel, setzen sich mit Nathans Erzählung vom Ring aus ihrer Perspektive des Jahres 2003 auseinander - alle drei mit unterschiedlichen religiösen Hintergründen.
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Book preview
Toleranz - Angelika Overath
Schindel
Der Vierte bis Siebende Auftritt des Dritten Aufzugs von
»Nathan der Weise« sind abgedruckt nach der Erstausgabe
von 1779 nach Gotthold Ephraim Lessing:
»Werke«, herausgegeben von Herbert G. Göpfert,
Zweiter Band, München 1971
VIERTER AUFTRITT
(Szene: ein Audienzsaal in dem Palaste des Saladin)
Saladin und Sittah
SALADIN (im Hereintreten, gegen die Türe).
Hier bringt den Juden her, so bald er kömmt.
Er scheint sich eben nicht zu übereilen.
SITTAH Er war auch wohl nicht bei der Hand; nicht gleich
Zu finden.
SALADIN Schwester! Schwester!
SITTAH Tust du doch
Als stünde dir ein Treffen vor.
SALADIN Und das
Mit Waffen, die ich nicht gelernt zu führen.
Ich soll mich stellen; soll besorgen lassen;
Soll Fallen legen; soll auf Glatteis führen.
Wenn hätt’ ich das gekonnt? Wo hätt’ ich das
Gelernt? – Und soll das alles, ah, wozu?
Wozu? – Um Geld zu fischen; Geld! – Um Geld,
Geld einem Juden abzubangen; Geld!
Zu solchen kleinen Listen wär’ ich endlich
Gebracht, der Kleinigkeiten kleinste mir
Zu schaffen?
SITTAH Jede Kleinigkeit, zu sehr
Verschmäht, die rächt sich, Bruder.
SALADIN Leider wahr. –
Und wenn nun dieser Jude gar der gute,
Vernünftige Mann ist, wie der Derwisch dir
Ihn ehedem beschrieben?
SITTAH O nun dann!
Was hat es dann für Not! Die Schlinge liegt
Ja nur dem geizigen, besorglichen,
Furchtsamen Juden: nicht dem guten, nicht
Dem weisen Manne. Dieser ist ja so
Schon unser, ohne Schlinge. Das Vergnügen
Zu hören, wie ein solcher Mann sich ausredt;
Mit welcher dreisten Stärk’ entweder, er
Die Stricke kurz zerreißet; oder auch
Mit welcher schlauen Vorsicht er die Netze
Vorbei sich windet: dies Vergnügen hast
Du obendrein.
SALADIN Nun, das ist wahr. Gewiß;
Ich freue mich darauf.
SITTAH So kann dich ja
Auch weiter nichts verlegen machen. Denn
Ists einer aus der Menge bloß; ists bloß
Ein Jude, wie ein Jude: gegen den
Wirst du dich doch nicht schämen, so zu scheinen
Wie er die Menschen all sich denkt? Vielmehr;
Wer sich ihm besser zeigt, der zeigt sich ihm
Als Geck, als Narr.
SALADIN So muß ich ja wohl gar
Schlecht handeln, daß von mir der Schlechte nicht
Schlecht denke?
SITTAH Traun! wenn du schlecht handeln nennst,
Ein jedes Ding nach seiner Art zu brauchen.
SALADIN Was hätt’ ein Weiberkopf erdacht, das er
Nicht zu beschönen wüßte!
SITTAH Zu beschönen!
SALADIN Das feine, spitze Ding, besorg ich nur,
In meiner plumpen Hand zerbricht! – So was
Will ausgeführt sein, wies erfunden ist:
Mit aller Pfiffigkeit, Gewandtheit. – Doch,
Mags doch nur, mags! Ich tanze, wie ich kann;
Und könnt’ es freilich, lieber – schlechter noch
Als besser.
SITTAH Trau dir auch nur nicht zu wenig!
Ich stehe dir für dich! Wenn du nur willst. –
Daß uns die Männer deines gleichen doch
So gern bereden möchten, nur ihr Schwert,
Ihr Schwert nur habe sie so weit gebracht.
Der Löwe schämt sich freilich, wenn er mit
Dem Fuchse jagt: – des Fuchses, nicht der List.
SALADIN Und daß die Weiber doch so gern den Mann
Zu sich herunter hätten! – Geh nur, geh! –
Ich glaube meine Lektion zu können.
SITTAH Was? ich soll gehn?
SALADIN Du wolltest doch nicht bleiben?
SITTAH Wenn auch nicht bleiben … im Gesicht euch bleiben –
Doch hier im Nebenzimmer –
SALADIN Da zu horchen?
Auch das nicht, Schwester; wenn ich soll bestehn. –
Fort, fort! der Vorhang rauscht; er kömmt! – doch daß
Du ja nicht da verweilst! Ich sehe nach.
(Indem sie