J.B. Cool meets Jesus Christ: Und andere Stories vom bekifften Bremer Detektiv
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Seit Jahren schon geistert Jürgen Alberts stets bekiffte Hauptfigur durch die Hansestadt Bremen. Die Aufträge des J.B. Cool haben es in sich: Einmal soll er herausfinden, warum der einstige Tabellenführer Werder Bremen abgestiegen ist, ein anderes Mal hält ihn die vergrätzte Weser auf Trab, die aus Protest gegen Verschmutzung und miese PR-Tricks von der Bildfläche verschwunden ist. J.B. Cool, genußsüchtig aber glücklos, hat bislang noch keinen seiner Fälle gelöst.
Mit seinem Bändchen 'J.B. Cool meets Jesus Christ' legt Jürgen Alberts die erste Sammlung ausgewählter Heldentaten des 'größten Versagers im Detektivgewerbe' vor. Und daß dieser Krimi ausgerechnet in der Bremer Edition Temmen erscheint, kann angesichts des Lokalkolorits ganz und gar nicht verwundern.
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J.B. Cool meets Jesus Christ - Jürgen Alberts
Jürgen Alberts
J.B. Cool meets Jesus Christ
und andere Stories vom bekifften Bremer Detektiv
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
© Edition Temmen 2015
Hohenlohestraße 21
28209 Bremen
Tel. 0421-34843-0
Fax 0421-348094
info@edition-temmen.de
www.edition-temmen.de
Alle Rechte vorbehalten
Herstellung: Edition Temmen
E-Book ISBN 978-3-8378-8041-0
ISBN der Printausgabe 978-3-86108-140-1
J.B. Cool meets Jesus Christ
An Xmas-Story
Als ich an diesem dezemberlichen Morgen in das Innere meines Kopfes sah, wußte ich, daß die Zeit der Ruinen angebrochen war: überall gedankliches Gerümpel, verlassene winterliche Baulücken, Angefangenes, Halbfertiges, Unvollendetes. Dazwischen eine Lage Rauschmittel, die jeden Vorarbeiter vom Gerüst gestürzt hätte.
Mit schwankenden Gedankengängen fertig zu werden, gelingt ja nicht nur Meerschweinchen oder Staatssekretären, es ist zum Volkssport geworden, seit zum Frühstück jede Menge Happypillen gereicht werden. Dreimal täglich, zwingt Lachen rein, Entertaintaintainment total.
Ich verdutzte.
Mein Schreibtischstuhl, ein Fünfroller vom TÜV abgenommen, hatte die Farbe gewechselt. Und auch die Form. Überhaupt, er sah ziemlich barock aus. Oder war es doch Rokoko?
»Theo«, rief ich in die Kochkombüse, »hast du eine Anschaffung getätigt? Und wenn, von welchem Geld? Beantworte die zweite Frage zuerst!«
Das Schweigen konnte nicht lauter sein. Das schiere Nichts als Antwort auf die gestrige Streitfrage, einen bitteren Disput, Thema: Das Stockige im Alltag, wie Bloch es prinzipiell hoffnungsvoll formulierte, und wie es weggeht. Theo war ganz anderer Meinung. Ich hielt dagegen, daß die chemische Gehirnwäsche für mich auch eine Lösung sein könne. Natürlich nicht für Karl Marx, dessen Satz »Opium ist Opium für das Volk« weiterhin Bestand hat.
»Aua«, sagte der Schreibtischstuhl vernehmlich, als ich mich niedersetzte. Nun konnte er auch noch sprechen, der Rokokochair. Wer hat schon den singenden Särgen aus Toronto gelauscht?
Ich fuhr hoch.
Ganz bleich.
Drehte mich um.
Da stand mein altes Stück wieder an seinem Platz. Genug der Halluzinationen, dachte ich. Vielleicht war der letzte Pilz gestern nacht schlecht.
Das Telefon bärte.
Abnehmen oder nicht abnehmen, das ist die Frage. Wenn mal wieder der Kontohenker dran war, dessen Scharfbeil täglich über unsere Köpfe sauste ... dann langte ich doch zu.
»Pardon«, sagte das Telefon laut. Obwohl sich niemand in der Leitung meldete.
Vielleicht war dies der Tag der Höflichkeit, an dem sich jeder für alles und jedes entschuldigte. Nur ich wußte nicht mehr, warum Knigge einen Orden angeheftet bekommen hatte. Auch ein Bremer für alle Gelegenheiten.
»Theo«, ich wagte einen zweiten Versuch, »hier wird Etikette gewahrt. Komm mal her, kannst was lernen!«
Wir sind höflich, aber nicht döflich, hatte ich in China formuliert, als Chinesen uns frech ins Gesicht logen, es sei kein Mao-Tai mehr da. Der weltweit einzige Schnaps, den man am Morgen danach unter den Achseln riechen kann. Igitt.
Kein Stuhl, kein Telefon.
Keine Unterhosen haben die nebenan, wir haben hier keine Socken - die alte DDR-Weisheit. Mein Gott, wenn doch wenigstens Erich da wäre, um mir alles zu erklären.
Ich öffnete das Fenster und sah die Menschen mit grimmigen Gesichtern nach Geschenken jagen. Auch keine Alternative.
Hätte ich in mich gehen müssen als Ruinenbaumeister, als Polier der Erinnerungen, als Hilfswilliger, der keinen Sack Zement heben kann? Oder als Vermauerter, Gemörtelter, Verfugter?
»Entschuldigung, nicht anfassen«, sagte die Stehlampe, als ich sie anknipsen wollte. Damit ein wenig Helligkeit meinen Tag verschönte. Melancholeriker brauchen Licht und Schokolade, Sonne, Sand und Wellen und manches mehr, von dem ich freitags nachts so gerne träumte.
Ich schaute meine Stehlampe an. Wer hatte ihr das Sprechen beigebracht? Und mit welcher Absicht?
Wenn die Gegenstände zu reden beginnen, müssen die Redner verstummen, sagt ein albanisches Sprichwort.
Wahrscheinlich waren das Theos Scherze, der um Gutwetter bittelte, damit ich ihm nicht das Taschengeld kürzte. Immerhin stand sein Renommee als Chefkoch auf dem Spiel. Ich mußte ihm vor drei Tagen Herdverbot erteilen, weil die Nudeln sich geweigert hatten, in den völlig mißratenen Sugo aus Mischbenzin und Nähmaschinenöl zu hüpfen. Aufstand der Teigwaren. Geriet denn alles aus den Fugen? Und nur, weil wieder der eilige Abend vor der Tür stand?
Time is flying, fleeing, time is on my side, sangen die Stones, als sie nicht mehr wußten, wohin.
»Ich bin Jesus Christus«, sagte die Blumenvase, »mußt du mich denn dauernd antatschen?«
»Entschuldigung«, erwiderte ich meinerseits verdattert. Die sprechende Blumenvase mußte einen Sprung in der Schüssel haben. »Entschuldigung vielmals, gnädige Wasserträgerin.«
Umgeben von Rätseln, sich gegenseitig um Verzeihung bittend, war dies das Vorspiel zu einer wunderlichen Freundschaft. Der nächste Gegenstand, der zu mir sprach, würde aus dem Fenster fliegen. Das Polizeirevier gegenüber brauchte dringend neue Scheiben. Wenigstens sollten sie mal geputzt werden.
Die Tür ging auf.
Theo. In Höchstselbiger Person. Mein Assistent und Chefkoch. Ausgeschlafen wie ein Waldesel.
»Was grämst du dich so, mein Bruder? Willst du getröstet sein?« Er hob die Arme, die vom portugiesischen Tejo bis zum Zuckerhut in Rio reichten. Und zurück.
»Theo, vergiß gestern. Du kriegst heute was auf die Kralle, damit du beim Bäcker ein paar Wecken holen kannst.«
Der verklärte Blick meines Gegenübers ließ nichts Gutes erwarten.
»Ich bin Jesus Christus«, sagte Theo. Von dem ich genau wußte, daß er Zenker hieß.
»Ich dachte, die Blumenvase sei Jesus Christus!«
»Das war ich vorhin. - Nun bin ich hier drin.«
»Wo drin?«
»Hier drin!«
»Da drin?«
»Ja, doch.«
»Nit möööglich.«
»Hier drin. Im Theo!«
»Und das tut gar nicht weh?«
Theo Christus schüttelte sich, wie nasse Pudel, wenn sie von den Baptisten zu lange unter Wasser getauft werden.
»Theo, das ist Blasphemie, Größenwahn, religiöses Fieber, nimm dein Feldbett und streck dich lang.«
Ich wollte meinen Assistenten an der Schulter packen, aber der wich geschickt aus. Wir starteten ein kleines Räuber-und-Gendarm-Spiel, das ich