Dr. Laurin 92 – Arztroman: Sie wollte ihn erpressen
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Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
Dr. Laurins Miene war düster, als er nach der Visite das Schwesternzimmer betrat. Marie, seine langjährige bewährte Helferin, ahnte gleich, was ihn bedrückte.
»Hat Frau Kayser wieder mal Theater gemacht?«, fragte sie. »Über wen beschwert sie sich denn diesmal?«
»Über den Kollegen Vanhoven. Weil er sie nicht besucht hat. Als ob ein geplagter Allgemeinmediziner nichts anderes zu tun hätte, als täglich auch noch die Patienten zu besuchen, die in Kliniken sowieso ärztlich betreut werden.«
Schwester Marie lächelte hintergründig. »Ich glaube eher, dass da von ihr aus ein sehr persönliches Interesse besteht«, meinte sie.
»Meine Güte, dann kann ich erst recht verstehen, dass er sie meidet. Er scheint bei den Damen einen Stein im Brett zu haben.«
»Was ihm wohl in erster Linie eine gut florierende Praxis beschert«, erwiderte Marie mit einem bedeutungsvollen Lächeln.
»Ob ihm das aber recht ist?«, meinte Leon Laurin sarkastisch. »Er ist ein guter Arzt. An seinen Diagnosen ist nichts zu auszusetzen. Frau Kayser hat ihm zu verdanken, dass sie wieder ganz gesund werden wird.« Er hielt inne und schaute zur Treppe. »Da kommt er ja, der Vielgeliebte«, raunte er Marie noch zu.
Dr. Fridolf Vanhoven kam mit beschwingten Schritten auf den Chefarzt der Prof.-Kayser-Klinik zu. Man konnte verstehen, dass ihm die Frauenherzen zuflogen. Er war kein Schönling, aber er hatte eine ganz besondere Ausstrahlung. Groß, schlank und breitschultrig, mit einem ausdrucksvollen Gesicht, dunklen Haaren, die zu den warmen grauen Augen einen interessanten Kontrast bildeten, einem gut geschnittenen Mund, der Humor und Lebensbejahung verriet, hatte er aber auch gleich die Sympathie der Ärzte der
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Dr. Laurin 92 – Arztroman - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin
– 92 –
Sie wollte ihn erpressen
Patricia Vandenberg
Dr. Laurins Miene war düster, als er nach der Visite das Schwesternzimmer betrat. Marie, seine langjährige bewährte Helferin, ahnte gleich, was ihn bedrückte.
»Hat Frau Kayser wieder mal Theater gemacht?«, fragte sie. »Über wen beschwert sie sich denn diesmal?«
»Über den Kollegen Vanhoven. Weil er sie nicht besucht hat. Als ob ein geplagter Allgemeinmediziner nichts anderes zu tun hätte, als täglich auch noch die Patienten zu besuchen, die in Kliniken sowieso ärztlich betreut werden.«
Schwester Marie lächelte hintergründig. »Ich glaube eher, dass da von ihr aus ein sehr persönliches Interesse besteht«, meinte sie.
»Meine Güte, dann kann ich erst recht verstehen, dass er sie meidet. Er scheint bei den Damen einen Stein im Brett zu haben.«
»Was ihm wohl in erster Linie eine gut florierende Praxis beschert«, erwiderte Marie mit einem bedeutungsvollen Lächeln.
»Ob ihm das aber recht ist?«, meinte Leon Laurin sarkastisch. »Er ist ein guter Arzt. An seinen Diagnosen ist nichts zu auszusetzen. Frau Kayser hat ihm zu verdanken, dass sie wieder ganz gesund werden wird.« Er hielt inne und schaute zur Treppe. »Da kommt er ja, der Vielgeliebte«, raunte er Marie noch zu.
Dr. Fridolf Vanhoven kam mit beschwingten Schritten auf den Chefarzt der Prof.-Kayser-Klinik zu. Man konnte verstehen, dass ihm die Frauenherzen zuflogen. Er war kein Schönling, aber er hatte eine ganz besondere Ausstrahlung. Groß, schlank und breitschultrig, mit einem ausdrucksvollen Gesicht, dunklen Haaren, die zu den warmen grauen Augen einen interessanten Kontrast bildeten, einem gut geschnittenen Mund, der Humor und Lebensbejahung verriet, hatte er aber auch gleich die Sympathie der Ärzte der Prof.-Kayser-Klinik gewonnen, als er nicht weit entfernt seine Praxis eröffnete.
»Frau Kayser erwartet Sie schon sehnsüchtig«, sagte Dr. Laurin gleich nach der Begrüßung.
Fridolf Vanhoven runzelte die Stirn. »Ihretwegen bin ich aber nicht gekommen«, sagte er reserviert. »Ich weiß sie doch bestens versorgt.« Er sah Dr. Laurin forschend an. »Sie ist wohl sehr schwierig?«
»Sehr exzentrisch, und sie denkt, dass Sie nur für sie allein da sind.«
»Weil sie zufällig meine erste Patientin war«, sagte Fridolf unwillig. »Sie ist nie zufrieden. Sie hat zu viel Geld und zu viel Zeit.«
»Und Kinder wird sie nun bestimmt nicht mehr bekommen«, erklärte Dr. Laurin.
»Ich nehme an, dass sie schon ein paar Abtreibungen hinter sich gebracht hat. Sie leugnet es zwar, aber ich glaube nicht, dass ich mich täusche. Sie behauptet, dass ihr Mann keine Kinder haben wolle und es ja auch unverantwortlich sei, in der heutigen Zeit noch welche in die Welt zu setzen.«
»Ja, das Lied kenne ich auch schon«, nickte Dr. Laurin.
»Ich habe leider mehr solche Patientinnen. Ich bin jetzt nur gekommen, um mich abzumelden. Ich fahre in Urlaub. Meine Vertretung macht Dr. Werner, Sie kennen ihn ja. Aber ich möchte Ihnen doch sagen, dass eine Patientin, die im sechsten Monat schwanger ist, zu Ihnen kommt, falls es Komplikationen geben sollte. Sie ist zwar auch schwierig, aber nicht auf mich fixiert. Sie hat keine leichte Schwangerschaft, will aber das Kind bei Professor de Lucca in Luzern zur Welt bringen. Es handelt sich um Esther Herbrand.«
»Um die Frau des großartigen Pianisten?«
»Sie kennen ihn?«, fragte Dr. Vanhoven.
»Wir besuchen öfter Konzerte. Er macht schnell Karriere.«
»Und sie ist maßlos eifersüchtig, aber vielleicht hängt das auch mit der Schwangerschaft zusammen, weil sie ihn nicht mehr auf allen Reisen begleiten kann. Ich bleibe ja nur vierzehn Tage weg, und es kann durchaus sein, dass sie diese Zeit gut übersteht. Ich wollte Sie nur vorsichtshalber bitten, sie behutsam zu behandeln, sie ist übersensibel.«
»Ich werde mich danach richten«, erwiderte Dr. Laurin schmunzelnd. »Und Sie wollen Frau Kayser nicht mal kurz besuchen?«
»Doch, das werde ich«, erwiderte Fridolf mit einem schweren Seufzer. »Macht sie Fortschritte?«
»In jeder Beziehung, vor allem darin, Schwestern und Ärzte in Atem zu halten.«
Hella Kayser zeigte sich Dr. Vanhoven gegenüber von ihrer süßesten Seite, aber sie umklammerte seine Hände so kräftig, dass er Mühe hatte, sich aus diesem Griff zu befreien. Aber sie wurde zornig, als er sagte, dass er nun vierzehn Tage Urlaub machen wolle.
»Jetzt, wo ich gerade erst operiert bin?«, warf sie ihm vor.
»Liebe Frau Kayser, Sie sind hier in allerbesten Händen und in der Prof.-Kayser-Klinik gut aufgehoben. Wäre ich in der Praxis, hätte ich wahrhaftig keine Zeit, Sie zu besuchen, also gönnen Sie mir bitte auch einen Urlaub.«
»Fahren Sie allein?«, fragte sie neugierig.
»Ja, ich fahre allein«, gab er kühl zur Antwort. »Und jetzt darf ich Ihnen weiterhin gute Genesung wünschen und mich verabschieden.«
Bevor sie noch etwas sagen konnte, war er schon an der Tür. Ja, man musste sich seiner Haut zu wehren wissen. Dr. Laurin hatte Recht. Manchmal fragte sich Fridolf, ob er nicht lieber Kinderarzt hätte werden sollen.
Aber zwei Stunden später saß er am Steuer seines flotten Cabrios, und die Fahrt gen Süden begann. Nun konnte er fröhlich vor sich hinpfeifen. Zuerst wollte er seine Eltern besuchen, die den Sommer in der Toskana verbrachten, seit sein Vater, der als Diplomat weit in der Welt herumgekommen war, seinen Abschied genommen hatte und nur noch seine Ruhe haben wollte.
Fridolf hatte einen guten Kontakt zu seinen Eltern, aber er hatte auch früh gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen – was von den Eltern auch gefördert worden war.
Fridolf hatte ein überaus glückliches und ausgeglichenes Naturell. Er schuf sich keine Probleme, ging Schwierigkeiten aber nicht aus dem Weg, sondern packte sie an, um sie zu bewältigen.
Er hatte als Kind nie das Gefühl gehabt, von den Eltern vernachlässigt worden zu sein, obgleich sie wenig Zeit für ihn hatten. Er hatte als Heranwachsender auch nicht mit ihnen gehadert, weil er ins Internat geschickt worden war. Dafür hatten sie ihm aber auch keine Schwierigkeiten gemacht, als er erklärte, dass er Allgemeinmediziner werden wolle, obgleich sie sich für ihn eine andere Karriere gewünscht hätten, wenn als Arzt, dann schon mit dem Ziel einer Professur. Aber sie waren klug und ließen ihm die Freiheit der Entscheidung.
Sie hatten ihm die Wege geebnet zu einer modernen Praxis. Er hatte nicht die Sorgen wie andere Kollegen mit einer Praxisgründung, weil es an Geld mangelte, und er konnte sich auch mehr leisten als andere, was ihn aber keineswegs überheblich machte.
Er hatte noch eine Schwester, die in England mit einem Lord verheiratet war, und sie hatte mindestens ebensoviel bekommen von den Eltern wie er, also brauchte er keine Gewissensbisse zu haben. Es wussten nur wenige von all diesen Vorteilen, denn Fridolf prahlte damit nicht. Er schätzte Publicity überhaupt nicht, aber ein Allgemeinmediziner hatte die auch nicht – und er hatte auch weder Zeit noch Lust, sich in den Kreisen zu bewegen, über die in Kolumnen getratscht wurde.
Er genoss jetzt die Fahrt bei strahlend schönem Wetter, und er legte auch eine ausgiebige Rast fern der Autobahn ein.
Am Abend erreichte er Castelfiorentino und das Haus seiner Eltern, das sich stilvoll in die malerische Landschaft einfügte. Er hatte seinen Besuch nicht auf Tag und Stunde genau angekündigt, sondern seine Eltern nur telefonisch verständigt, dass er auf der Durchreise vorbeikommen würde.
Sie freuten sich, als er nun vor der Tür stand. Die Begrüßung war herzlich, aber nicht überschwänglich, denn Getue liebten die Vanhovens nicht.
»Ihr seht blendend aus«, sagte er anerkennend, seine noch jugendlich wirkenden Eltern betrachtend. Man sah ihnen beiden nicht an, dass sie auf die Siebzig zugingen.
»Und du scheinst Urlaub nötig zu haben, Fridolf«, stellte Georgine Vanhoven fest.
»Ich bin ja dabei, Mama«, erwiderte er.
»Dann solltest du hierbleiben. In ein paar Tagen kommt Violet mit den Kindern.«
»Dann wäre es aber für mich kein Urlaub mehr. Ich kenne meine Schwester und ihre verwöhnten Kinder. Kommt Percy nicht mit?«
»Er hat noch in Rom zu tun, dort ist eine Kunstauktion.«
»Vielleicht treffe ich ihn. Ich will auch nach Rom. Ein Patient von mir gibt dort ein Konzert, und außerdem möchte ich Rom auch mal besser kennenlernen.«
»Das ist aber keine Entspannung, Fridolf«, warf Reginald Vanhoven ein.
»Ich fahre ja auch ans Meer, Papa.«
Er aß mit großem Appetit, was die alte Lucia auftischte, und er trank auch einige Gläser Wein.
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