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Anleitung zur Kindererziehung
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Anleitung zur Kindererziehung

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Anleitung zur Kindererziehung

Praktische Wege zur Konfliktlösung für Lehrer, Eltern und Sozialpädagogen

von Karl Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 225 Taschenbuchseiten.

Prof. Dr. phil. Karl Bekker studierte Erziehungswissenschaft, Psychologie und Gesellschaftswissenschaft, war 15 Jahre lang in der Erziehungspraxis als Lehrer und Schulleiter tätig und von diesem Praxisfeld ausgehend in der Erziehungs- und Lebensberatung von Eltern und Kindern. Außerdem wirkte er etliche Jahre in der Lehrerausbildung. Er war Lehrstuhlinhaber für Erziehungswissenschaft im Fachbereich Sozialwesen der FHS Münster und vertrat dort außerdem das Fach Didaktik und Methodik der Sozialpädagogik.

Neben den bereits erwähnten Faktoren ist dem Autor für sein Verhalten und Erleben als Erzieher nicht unbedeutsam, dass seine Vorfahren (Vater, Großvater) Schulpädagogen waren, er innerhalb einer Geschwisterschar von 5 Kindern aufwuchs und selbst Familienvater ist.

LanguageDeutsch
Release dateMay 21, 2016
ISBN9781533715128
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    Anleitung zur Kindererziehung - Karl Bekker

    Anleitung zur Kindererziehung

    Praktische Wege zur Konfliktlösung für Lehrer, Eltern und Sozialpädagogen

    von Karl Bekker

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 225 Taschenbuchseiten.

    ––––––––

    Prof. Dr. phil. Karl Bekker studierte Erziehungswissenschaft, Psychologie und Gesellschaftswissenschaft, war 15 Jahre lang in der Erziehungspraxis als Lehrer und Schulleiter tätig und von diesem Praxisfeld ausgehend in der Erziehungs- und Lebensberatung von Eltern und Kindern. Außerdem wirkte er etliche Jahre in der Lehrerausbildung. Er war Lehrstuhlinhaber für Erziehungswissenschaft im Fachbereich Sozialwesen der FHS Münster und vertrat dort außerdem das Fach Didaktik und Methodik der Sozialpädagogik.

    Neben den bereits erwähnten Faktoren ist dem Autor für sein Verhalten und Erleben als Erzieher nicht unbedeutsam, dass seine Vorfahren (Vater, Großvater) Schulpädagogen waren, er innerhalb einer Geschwisterschar von 5 Kindern aufwuchs und selbst Familienvater von 5 Kindern ist.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author

    © dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Zur Krise der pädagogischen Beziehungen

    In vielen unserer Familien, Schulen und Heimen wird das Erzieherische in einem unglaublichen Maße mit Füßen getreten, und zwar durch Aktionen und Reaktionen der für die jeweiligen Lebenskreise verantwortlichen Pädagogen, mit denen sie das Erzieherische aussperren, statt es zu ermöglichen.

    An unseren öffentlichen Schulen ist ein allgemeines Abschieben üblich: von einer erziehungsträchtigen Führung im Ganzen zur Stoffvermittlung, zur Diktatur, zur Dressur; vom unbequemen Lernschüler zum Sitzenbleiber, vom unbequemen Gymnasiasten zum Realschüler, zum Hauptschüler, zum Sonderschüler, zum Heiminsassen. Die letzten Instanzen in dieser Kette gleichen Auffanglagern, die nicht weiterschieben können, es sei denn, von Heim zu Heim.

    Auch in etlichen Familien ist diese Tendenz zu beobachten. Man möchte am liebsten die eigentliche Verantwortung den Institutionen aufbürden; der Schule, der Kirche, der Erziehungsberatungsstelle, dem Heim.

    Insgesamt folgt ein derartiges Erzieherverhalten der Formel: Irgendetwas muss da wohl schuld sein; die Trotzphase, die Pubertät, die Dummheit, die Erbanlage, die Zeitverhältnisse oder anderes mehr; nur ich als Pädagoge bin es in keinem Falle, und grundsätzlich muss da wohl irgendein anderer zuständig sein; ich bin es nicht, ich darf es in keinem Falle sein, denn sonst finge ja meine pädagogische Verantwortung erst richtig an.

    Soweit dies den Lehrer betrifft, beginnt die Misere schon mit der Ausbildung. Befragt man Lehramtsanwärter für Grund- und Hauptschulen, nach welchen Vorstellungen sie die einzelnen nun auf sie wartenden Aufgaben der Schulpraxis bewältigen wollen, werden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – fachgebundenes Wissen und didaktisch-methodische Einzelinformationen wiedergegeben.

    Anhand von Besprechungen erteilter Unterrichtslektionen und mit Hilfe von Referaten über Rechen-Methodik, Deutsch-Methodik, das Wesen der Kurzgeschichte und dergleichen nimmt die Ausbildung ihren weiteren Gang bis zur 2. Staatsprüfung, in deren praktischem Teil dann Unterrichtslektionen zu erteilen sind.

    Als Kriterium für einen guten oder schlechten Unterricht gelten die Einhaltung von vorgegebenen Zeitplänen, die Beachtung einer angemessenen stufenartigen Verlaufsform, die Berücksichtigung bestimmter Unterrichtsprinzipien sowie der jeweils auf Klasse und Fach bezogenen Leistungsnormen und Grundsätze, besonders, soweit diese Leitideen des Unterrichts in den verbindlichen Richtlinien enthalten sind.

    Erreicht ein Lehrer nicht, dass Kinder im gewünschten Sinne mitarbeiten und Fortschritte machen, wird man ihm Fehler in der Beachtung didaktisch-methodischer Grundsätze nachweisen. Alle Besprechungen laufen also mehr oder weniger darauf hinaus: noch mehr Anschauung, noch mehr Selbsttätigkeit, noch mehr Lebensnähe und dergleichen mehr. Wenn nun dennoch zu viel Gleichgültigkeit und ungesammeltes Verhalten, Lärm im Klassenzimmer und ähnliche Störungen offenbar werden, wird ihm vom Schulrat, Schulleiter oder Arbeitsgemeinschaftsleiter etwa gesagt: „Die gesamte Disziplin ist schlecht, das muss hier noch ganz anders werden!"

    Wie das konkret ins Werk zu setzen ist, darüber schweigt man sich von Seiten der Ausbildungs- und Fortbildungsleiter ebenso wie von Seiten der Schulaufsichtsbeamten – von seltenen Ausnahmen abgesehen – entweder aus, oder man gibt Ratschläge, wie das über den Unterricht zu schaffen sei, und hat damit selbst wieder etwas sicher Gelerntes oder Angelesenes in der Hand, auf dessen Basis man zu diskutieren versteht, wobei man im Grunde den hilfesuchenden Junglehrer immer mehr in die bange Frage hineintreibt: „Warum gelingt es bei mir nicht?"

    Aber es gibt da eine weitere Ebene in unserer Schulwelt, auf der die Disziplinfrage, um die es ja hier eigentlich geht, diskutiert wird, weil sie sich dort immer wieder als Gesamtaufgabe unausweichlich stellt, nämlich auf der kollegialen Ebene bei der Bewältigung praktischer Aufgaben im Schulalltag. Dort erhält der Junglehrer zu dieser Frage meistens eine weniger vornehme, aber dafür ehrlichere, wenn auch meistens nicht zeitgemäße Auskunft.

    „Verschaffen Sie sich Autorität!", sagte ein kollegialer Schulleiter einem Hochschulabsolventen und meinte damit nach genauerem Befragen, der Junglehrer solle sich so furchterregend verhalten, dass Zucht und Ordnung in der Klasse herrsche; dann würde auch von selbst etwas gelernt werden. Dies ist in der Tat eine weit verbreitete Ansicht.

    Ein kürzlich in den Ruhestand getretener Schulleiter begann zeit seines Berufslebens den Unterricht mit folgenden Kommandos: „Vordermann! Gerade sitzen! Rücken anlehnen! Hände falten! Augen nach vorne! Gut zuhören!" Und dann lief der Unterricht ab. Dabei wurden die Formalstufen und einige Unterrichtsprinzipien berücksichtigt, soweit das unter diesen Vorbedingungen noch möglich war.

    Der Schulleiter konnte gut erklären, darbieten, einüben, abfragen, prüfen und dergleichen. Einige Schülergenerationen von je 8 Jahren haben bei ihm viel Wissenswertes und Nützliches gelernt, und er stand in dem Ruf, ein tüchtiger Lehrer zu sein. Disziplinschwierigkeiten gab es bei ihm nicht.

    Obwohl er unter verschiedenen Gesellschaftsordnungen und Zeitverhältnissen diente, änderte er sein Konzept der Disziplinierung im Grundsätzlichen nicht. Nur teilte er früher mehr Schläge aus, wenn die anfangs gegebenen Kommandos nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurden. Später, als die körperliche Züchtigung mehr und mehr in Misskredit geriet, wurden statt der Schläge zunehmend Strafarbeiten und bedrohende Zurechtweisungen als Mittel zur Durchsetzung der geforderten Verhaltensformen eingesetzt.

    Den fragenden Junglehrern riet dieser Schulleiter, zur Behebung ihrer Schulschwierigkeiten ebenfalls seine Mittel anzuwenden. Aber die Lehranfänger hatten zumeist nicht das Mark, mit großer Selbstverständlichkeit – wie ihr älterer Kollege – in einer demokratischen Gesellschaftsordnung junge Menschen mit autokratischen Mitteln zu führen. In der üblen Lage, das eine nicht mehr zu wollen oder zu können, über zeitgemäße demokratische Führungsweisen in der Schule jedoch nicht zu verfügen und belehrt zu sein, gerieten manche junge Lehrpersonen in große Not bei der Bewältigung ihrer schulischen Alltagsaufgaben, besonders die Lehrerinnen, denen es noch viel schwerer fiel als ihren männlichen Kollegen, sich trotz veränderter Gesellschaftsordnung irgendwelche furchteinflößenden Manieren anzueignen, mit denen man „Herr im Hause" zu bleiben hoffte.

    Aber auch die, welche sich mit diesen Mitteln durchzusetzen verstanden – also in kritischen Lagen den störenden Schüler zusammenschrien oder ihm den Gedichtband um die Ohren schlugen, um dann in dem so freigekämpften Raum das ausgewählte Kunstwerk vorzutragen –, auch diese Lehrpersonen bekannten manchmal, dass sie mit ihrer pädagogischen Arbeit nicht ganz zufrieden seien. Kein Wunder! Waren sie doch offenbar nur Sieger in einem Verhältnis, das im Grunde ein dauerndes Kampfverhältnis war, während es doch ein erziehendes sein sollte, was etwas völlig anderes ist.

    Die Schulwirklichkeit zeigt also, dass vor, während und nach dem Unterricht noch andere Kriterien für eine erziehungsträchtige Führung von Kindern und Jugendlichen maßgebend sein können und müssen, die mit den Unterrichtsprinzipien nicht zu erfassen sind. Diese Kriterien werden besonders dann gefordert, wenn der glatte Unterrichtsablauf durch ein einmaliges oder dauerndes Fehlverhalten von Schülern gestört wird. Faulheit, Nachlässigkeit, Unordentlichkeit, Liederlichkeit, Schwatzhaftigkeit, unregelmäßiger Schulbesuch, mangelhafte Konzentration, Streitsüchtigkeit, Aufsässigkeit, Frechheit u.a.m. sind einige Bezeichnungen für die hier gemeinten Tatbestände des schulischen Alltags.

    Gewiss werden diese unerwünschten Seiten des Schülerverhaltens gehäuft auftreten, wenn die gesamten Schulveranstaltungen mehr oder weniger auf die Erteilung von Unterricht reduziert sind und außerunterrichtliche Veranstaltungen – wie Wanderungen, Feiern und dergleichen – von den Lehrern als lästige Zusatzpflichten und von den Schülern hauptsächlich als willkommene Unterbrechung des leidigen Unterrichts empfunden werden. Da stehen sich Lehrer und Schüler nicht selten wie zwei Blöcke gegenüben, die in manchen Zügen ihres Verhaltens den Anschein erwecken, als seien sie der irrigen Auffassung verfallen, man müsse sich gegenseitig das Leben schwer machen.

    Abgrenzung der Begriffe mittelbarer und unmittelbarer erziehender Umgang

    Das, was aus einer echten pädagogischen Verantwortung heraus der Erzieher mit dem Zögling zu tun hat, kann umfassend als erziehender Umgang bezeichnet werden. Dieser erziehende Umgang im Ganzen kann sich in Familie, Schule, Heim und anderen Lebenskreisen je verschiedener Formen gemeinsamen Tuns bedienen, die alle von der pädagogischen Absicht des hier und dort verantwortlichen Führers durchgestaltet sind. Solche Lebensformen in Familie, Schule, Heim und anderen Gemeinschaftskreisen sind mittelbare Teilbereiche des sie umfassenden erziehenden Umgangs, der zwischen Erzieher und Zögling waltet.

    Ein weiterer Teilbereich des erziehenden Umgangs ist der unmittelbare Umgang des Erziehers mit dem Zögling, unmittelbar deshalb, weil er sich unmittelbar von Person zu Person ereignet, ohne dass zwischen ihnen im Augenblick des Geschehens ein gemeinsames Tun zu stehen braucht, wie es der mittelbaren Beziehung zugrunde liegt.

    Es stehen aber unmittelbarer und mittelbarer Umgang als Teile des erziehenden Umgangs im Ganzen nicht beziehungslos nebeneinander. Wenn z.B. ein Fehlverhalten des Zöglings eintritt, das seine personale Reifung gefährden könnte oder die verschiedenen Formen und beteiligten Personen eines Gemeinschaftslebens stört, fängt für den einsichtigen Erzieher eine Führungsaufgabe eigener Art an. Die pädagogische Verantwortung wird nun herausgefordert zur Gestaltung einer unmittelbaren pädagogischen Situation, d.h., nicht in der Art einer Lehr- und Lernsituation, einer Feiersituation, Wander-, Arbeitssituation oder als eine andere mittelbare Umgangsbeziehung in Familie, Heim und Schule, sondern als Situation unmittelbar von Person zu Person.

    Erst bei einer erziehungsträchtigen Führung, die auch die unmittelbare Beziehung von Person zu Person zu gestalten vermag, können an Stelle zerfallener Formen mittelbaren Umgangs neue erwachsen, überlieferte Formen echt übernommen werden, deren es viele gibt in Familie, Schule und Heim, kurz, überall dort, wo Menschen in erzieherischer Absicht entsprechend durchgestaltete Lebensformen geschaffen haben.

    So müssen also von einem verantwortungsbewussten pädagogischen Führer eine sachgemäße Gestaltung des unmittelbaren erziehenden Umgangs sowie eine sachgemäße Gestaltung der zu seinem jeweiligen Verantwortungsbereich gehörenden Formen des mittelbaren erziehenden Umgangs gefordert werden. Im Überblick lässt sich dieser Zusammenhang so darstellen:

    Es gibt also für den Pädagogen grundsätzlich zwei Weisen des Zugangs zur Person des Zöglings, zwei Weisen des erziehenden Umgangs mit ihm, die unmittelbare und die mittelbare. Der unmittelbare erziehende Umgang ist den verschiedenen Formen mittelbaren erziehenden Umgangs in einer sie durchstimmenden Mächtigkeit beigeordnet. Wo dieser Zusammenhang nicht gesehen wird, nicht danach gehandelt wird, weil vielleicht die schöpferische Gestaltungskraft zur unmittelbaren pädagogischen Führung heranwachsender Menschen nicht ausreicht, und zwar besonders bei akutem oder schon eingeübtem Fehlverhalten, entstehen Kümmerformen pädagogischer Führung.

    Mittelbarer erziehender Umgang

    Unterricht als mittelbare Umgangsform

    Für die in pädagogischer Absicht durchgestalteten Schulveranstaltungen gilt, dass all ihre Formen nur Teile eines erziehenden Umgangs des jeweils verantwortlichen Lehrers mit den Schülern darstellen. So gesehen ist auch Unterricht nur ein Teil des umfassenden erziehenden Umgangs und zwar eine mittelbare Form. Allerdings nimmt er zeitlich den Hauptteil der sichtbaren Veranstaltungen ein, und sicherlich wäre die Schule nicht vorhanden, wenn nicht unterrichtet werden müsste.

    Aber aller Unterricht ist erst sinnvoll für die optimale Entfaltung der heranwachsenden Person, wenn die einzelnen Unterrichtsveranstaltungen in einen umfassenden erziehungsträchtigen Umgang eingebettet sind und gestützt werden von der unmittelbaren Umgangsbeziehung zwischen Erzieher und Zögling. Das Verhältnis von Unterricht als mittelbarer Form des erziehenden Umgangs zur unmittelbaren Umgangsweise mit dem Zögling lässt sich folgendermaßen veranschaulichen:

    Über das Unterrichten, besonders über den Schulunterricht, ist schon viel nachgedacht und geschrieben worden.

    „Ein Lehrer, der eine Schulklasse unterrichtet, beabsichtigt dabei immer, dass seine Schüler zu einem ‚Gegenstand‘, zu bestimmten ‚Gehalten‘ oder ‚Inhalten‘ in Beziehung treten. Sie sollen zu Fertigkeiten gelangen, Kenntnisse und Einsichten gewinnen. Diese bildende Bewegung findet unter der Führung und mit Hilfe des Lehrers statt, sie wird von ihm beabsichtigt und geplant, aber sie muss tatsächlich vor sich gehen, wenn der Unterricht nicht tot oder leer sein soll [1]. Wie das ins Werk zu setzen sei, darüber gibt die recht umfängliche didaktisch-methodische Literatur vielseitige und gründliche, wenn auch nicht immer übereinstimmende Auskünfte.

    „Die Unterrichtslehre ist Theorie des Unterrichts; als solche kann sie reine Theorie sein, d.h., sie kümmert sich bei der Darstellung nicht um die Angelegenheiten der Praxis und die Anliegen des Praktikers; sie kann praxisbezogene Theorie sein und dies in einem mehrfachen Sinn: a) sie entwickelt ihre Gedanken im Anschluss an die Praxis, b) im Hinblick auf die Praxis, c) aus der Praxis und auch für die Praxis[2]. Sie will „die vielschichtige Wirklichkeit des Unterrichts und das vielgestaltige Gefüge des Unterrichtens mit seinen mannigfaltigen Faktoren[3] aufhellen, damit in den anfallenden Situationen sichere Entscheidungen für den Lehr- und Lernprozess getroffen werden können.

    Abgesehen von Untersuchungsergebnissen über das Lernen an sich, über den Unterrichtsstoff, über die Ordnung des Lehr- und Zeitplans sowie über die Organisationsformen der Lehr- und Lerngemeinschaft, sind bei der Bewältigung praktischer Unterrichtsaufgaben und ihrer Beurteilung in Vergangenheit und Gegenwart vor allem immer wieder zwei Gesichtspunkte herangezogen worden: die Stufen oder Phasen einer Unterrichtseinheit und die Unterrichtsgrundsätze.

    Verlaufsform von Unterricht

    Das Unterrichtsgeschehen gliedert sich in einzelne Phasen. Diese Abschnitte können bei jedem natürlichen Lernen beobachtet werden. In Entsprechung zu den unterschiedlichen Unterrichtseinheiten und Organisationsformen und den damit verbundenen Akzentverschiebungen lassen sich die einzelnen Phasen des jeweiligen Lehr- und Lernprozesses ziemlich genau erkennen und benennen.

    Jedoch sind Anzahl und Bezeichnungen der im Unterrichtsverlauf zu beobachtenden Phasen bei den einzelnen Autoren der vielen didaktisch-methodischen Bücher keineswegs übereinstimmend angegeben. Das macht auf den ersten Blick stutzig. Die verschiedenen Bezeichnungen für Anfangs-, Mittel- und Endphasen ergeben sich, wenn man verschiedene Stoffgebiete, Stoffeinheiten und Organisationsformen des Unterrichts zugrunde legt oder auch psychologische Annahmen, wie z.B. Herbart es tat. Aber „in einem gewissen, tieferen Sinne stimmen sie doch weitgehend überein"[4]; das zeigt besonders augenfällig eine Übersichtstafel von Josef Dolch[5]:

    Lehr- und Unterrichtsstufen

    Durch die Vielfalt der Stufenbezeichnungen werden dem Praktiker zahlreiche Gesichtspunkte angeboten, die Verlaufsgestalt eines bestimmten Unterrichts zu gliedern und die einzelnen Abschnitte möglichst treffend zu bezeichnen. „‘Einstimmung‘ passt z.B. oft, wo ‚Problemstellung‘ fehl am Platze wäre, ebenso ist einmal ‚Ausdruck‘ besser als Anwendung‘"[6].

    Unterrichtsgrundsätze

    Neben der Betrachtungsweise des Unterrichts als einer Verlaufsform mit unterscheidbaren Phasen zwischen Ausgangslage und Ziel des Geschehens hat sich als Mittel zur klärenden Besinnung über den Lehr- und Lernprozess den Frage nach den Unterrichtsgrundsätzen erwiesen.

    Wie die beschriebenen Unterrichtsphasen weichen auch die von den einzelnen Autoren herausgestellten Grundsätze zur Durchführung des Unterrichts zum Teil voneinander ab. Das wird schon äußerlich sichtbar durch

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