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Betty und Barny: Ein Leben mit Frettchen
Betty und Barny: Ein Leben mit Frettchen
Betty und Barny: Ein Leben mit Frettchen
Ebook508 pages6 hours

Betty und Barny: Ein Leben mit Frettchen

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Betty und Barny - Ein Leben mit Frettchen (Erstes Buch)

In der regionalen Tageszeitung entdeckt Samantha Trimmdich eine Anzeige über den Verkauf von sechs Wochen alten Frettchen. Sie macht sich in einschlägiger Literatur über diese Tiere kundig und ist danach fest entschlossen ein Frettchen zu kaufen. Samantha hat buchstäblich das Frettchenfieber gepackt. Doch bei der Züchterin der Frettchen findet sie nur zwei verwahrloste und kranke Tiere vor. Aus Mitleid kauft Samantha beide Frettchen und päppelt sie mit Hilfe ihres Haustierarztes und der Tiergartenleiterin aus Wildesheim erfolgreich auf. Damit erhalten die vier Trimmdichs Familienzuwachs mit ungeahnter Kreativität. Betty und Barny heißen die beiden Racker und sie halten ihre Pfleger ganz schön in Atem. Das geht von Umräumungsversuchen des Haushaltes, gut gemeinter Gartengestaltung, Kontakten zu den zahlreichen Tieren des kleinen Heimtierzoos bis zu Besuchen bei den lieben Nachbarn und so weiter. Die Ereignisse werden abwechselnd von den beiden Frettchen und Samantha erzählt.
LanguageDeutsch
Release dateJun 28, 2016
ISBN9783741229916
Betty und Barny: Ein Leben mit Frettchen
Author

Silke Thate

Ich wurde am 13. Juni 1961 als Silke Junkert, Tochter einer Leh-rerin, in Herzberg/Elster geboren. Nach dem Besuch der Hans Beimler Oberschule und dem Ab-schluss der 10. Klasse erlernte ich den Beruf eines Zootechni-kers/Mechanisators für Milchproduktion, den ich fünf Jahre lang in der MVA-Kolochau ausübte. 1984 heiratete ich den Schlosser Manfred Thate aus Magdeburg, mit dem ich zwei Söhne, geboren 1984 und 1989, habe. Von 1985 bis 1988 wohnte ich mit meiner Familie in Magde-burg, bis es mich auf das Land zog. Heute lebe ich mit meinem Mann, zwei Hunden, einem Frett-chen und einigem anderen Getier in dem idyllischen Örtchen Uetz, in der Altmark. Erste Schreibversuche unternahm ich schon mit 14 Jahren, wel-che ich aber aufgrund einer schweren Erkrankung meiner Mutter wieder aufgab. Zum Schreiben kehrte ich erst 1996 zurück, als zwei Frettchen in mein Leben traten, und ich begann, meine Er-lebnisse mit den Tieren aufs Papier zu bannen.

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    Book preview

    Betty und Barny - Silke Thate

    Für Betty und Barny

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    Wer sind wir?

    Eine Anzeige in der Zeitung

    Verirren ist menschlich

    Kleine Frettchenkunde für jedermann

    Ein alles klärender Anruf

    Ein tierischer Albtraum

    Schon wieder verirrt?

    Die erste Begegnung

    Endlich ein Frettchen und noch eins

    Unsere unspektakuläre Namensgebung

    Die ersten Stunden im neuen Heim

    Erster Entwurf eines zünftigen Frettchenheimes

    Verzweiflung

    Angst um Betty und Barny

    Hilfe im richtigen Augenblick

    Neues Wissen für uns über Frettchen

    Endlich etwas Ordentliches zu futtern

    Patrick sein großer Tag - die Einschulung

    Patricks Einschulungsfeier - aber ohne Barny und mich

    Beginn einer wahren Freundschaft

    Alles hat sein Ende, auch die Einschulungsfeier

    Betty und Barny auf dem Weg der Besserung

    Nicht jeder ist ein Frettchenfreund

    Warten auf den ersten Ausflug

    Eine kleine Tanzeinlage

    Ein Wohnzimmer wird erstürmt

    Zwei appetitliche Häppchen

    Die GmbH „Das goldene Ei"

    Ein kleines blutiges Zwischenspiel

    Stippvisite bei Frau Schlichter

    Kontaktversuche zu einem Frettchenklub

    Ein neues Heim für Frettchen und Co

    Ein kurzer Besuch und vielseitige Talente

    Der unverhoffte Tod von Wilma und Charly

    Das Verschwinden von Zita und dessen Folgen

    Das leibhafte schlechte Gewissen

    Warten auf den Umzug

    Noch einen Tag warten

    Endlich im neuen Heim

    Ausflug in die Hirschberger Grundschule

    Eine klitzekleine Randbemerkung

    Eine angenommene Entschuldigung

    Barnys gut gemeinte Heldentat

    Brauchbare Abwechslung für Betty und Barny gesucht

    Barnys Ausflug in Nachbars Garten

    Alexa mischt sich ein

    Ein Geschirr für Betty und Barny

    Bettys erster Spaziergang im Frettchengeschirr

    Unser eigenes Auto

    Kein zusätzliches Heimtier

    Meine erste graue Hausmaus

    Kein Futter für Betty und Barny

    Der allererste Schnee

    Betty in unklarer Bedrängnis

    Ein müdes und depressives Frettchen

    Oh du fröhliche Weihnachtszeit

    Was ist denn das?

    Frettchenwahn

    Des Einen Freud, des Anderen Leid

    Katzenwäsche oder Frettchenwäsche?

    PROSIT NEUJAHR

    Nachruf

    Fotogalerie des kleinen Heimtierzoos

    Betty und Barny -ihre kleine Fotogalerie

    Vorwort

    Dieses Buch ist meinen ersten Frettchen Betty und Barny gewidmet, die für immer ihren festen Platz in meinem Herzen haben werden. Die beiden haben mir mit ihren lustigen Streichen sowie ihrer bedingungslosen und hingebungsvollen Liebe über so manche schwere Stunde, nicht nur im Alltag, hinweggeholfen. Leider musste ich schon im Juli 2001 Abschied von Betty nehmen, zwei Jahre später ging auch Barny von uns.

    Besonderen Dank möchte ich meinem Mann Manfred aussprechen, der mich mit sehr viel Geduld in das unbekannte Wesen Computer eingeweiht hat und der es mir dadurch erst ermöglichte mir meinen Kindheitstraum zu erfüllen, nämlich ein Buch zu schreiben.

    Auch meinen beiden Kindern Stefan und Philipp möchte ich für ihr Verständnis danken, wenn ich einmal schlechte Laune hatte, weil es eben nicht immer so glatt lief, wie man es sich vorgestellt hatte oder ich nicht immer die Zeit zum Zuhören für sie erübrigen konnte.

    Wer sind wir?

    Ich möchte uns erst einmal vorstellen. Ich bin die Betty, eine etwas zart gebaute Albinofähe. Wie ihr es sicherlich schon an meinem Namen hören könnt, bin ich von weiblicher Natur. Mein Fell ist beinahe schneeweiß und ich habe rubinrote Augen.

    Dann gibt es noch einen wirklich hübschen und lieben Mann an meiner Seite, den etwas dicklichen und verträumten Barny. Er ist ein Siamrüde mit tiefschwarzen Augen, was ich ganz besonders aufregend an ihm finde.

    Wir beide sind Frettchen und auch noch unheimlich stolz darauf! Die vier wichtigsten Personen in unserem bisherigen Leben sind Martin und Samantha. Die beiden sind nun schon seit fünfzehn Jahren ein Ehepaar, dies auch noch sehr glücklich. So behaupten sie jedenfalls! Sie haben zwei Kinder, den fünfzehn Jahre alten Steven und den zehn Jahre alten Patrick.

    Ich finde ja, dass unsere menschliche Familie nicht nur einen drolligen, sondern auch einen sportlichen Namen hat, sie heißen nämlich Trimmdich. Als ich ihn das erste Mal zu hören bekam, hätte ich mich so richtig herumkugeln können vor lauter Lachen.

    Aber lasst doch mein liebes Frauchen selbst erzählen, wie alles vor ungefähr drei Jahren in einem wirklich schönen Sommer begann.

    Eine Anzeige in der Zeitung

    Eines Morgens, irgendwann im Sommer, sitze ich, wie üblich, bei einer Tasse Kaffee und lese in der regionalen Tageszeitung. Natürlich bleibe ich auch heute wieder einmal bei dem langen Anzeigenteil für Tiere, von Hund bis Sonstige, hängen.

    Zuerst lese ich die dort immer überaus zahlreich aufgeführten Anzeigen nur sehr oberflächlich durch, bis mir eine davon ganz besonders ins Auge fällt.

    ›Frettchen‹, denke ich bei mir, ›das sind doch jene Tierchen, die mit dem Iltis verwandt sein sollen und von den Jägern hauptsächlich zur Hasenjagd eingesetzt werden.‹

    Die Neugier hat mich jetzt richtig gepackt und um ganz sicher zu gehen, lese ich in den Tierfachbüchern, die bei uns reichlich vorhanden sind nach, was darin über die Frettchen geschrieben steht. Ich finde all meine Überlegungen bestätigt und stelle die Bücher wieder zurück an ihren alten Platz.

    Ich lese in aller Ruhe, bei einer zweiten Tasse starken Kaffee, die Zeitung bis zum Ende durch und beginne dann mit der üblichen Arbeit, die täglich im Haushalt anfällt.

    So richtig bin ich diesmal aber nicht bei der Sache, denn diese Anzeige über die sechs Wochen alten Frettchen geht mir einfach nicht mehr aus dem Sinn. Ich schlage aus diesem Grunde zum wiederholten Mal die Zeitung auf und lese die wenigen Zeilen noch einmal gründlich durch.

    Schnell hole ich mir einen Zettel aus der großen Zettelbox, die immer griffbereit auf dem Schreibtisch im Wohnzimmer herumsteht, natürlich auch einen Stift, und ich schreibe mir die Telefonnummer, die bei der Anzeige über die Frettchen steht, sorgfältig auf. Vorsichtshalber lege ich den Zettel gleich neben unser Telefon, damit ich nicht lange suchen muss, falls ich ihn irgendwann doch einmal benötigen sollte.

    Ich ringe dann noch ein ganzes Weilchen mit mir, rufst du dort jetzt sofort an oder lässt du es lieber gleich ganz bleiben? Es ist nämlich so, dass im Laufe einiger Jahre schon viele andere, vor allen Dingen aber verschiedene Tiere ihr neues Zuhause bei uns, den Trimmdichs, gefunden haben.

    Da wären zum Beispiel, nur um ein paar wenige von ihnen an dieser Stelle zu nennen, der alte und schon etwas bedächtig wirkende Goldhamster mit dem Namen Wuschel. Der in den späten Stunden des Abends unbedingt ein kleines Nickerchen in seinem Laufrad halten muss und dann beim Schlafen hundertprozentig hinauspurzelt. Zum Glück aber immer, ohne irgendwelchen Schaden an seinem Leib und seiner Seele zu nehmen.

    Dann Trixi, ein aus dem fernen Japan stammendes und äußerst lebhaftes Streifenhörnchen, welches mich als seinen höchstpersönlichen Kletterbaum auserkoren hat und sich auf meiner Schulter sitzend durch das ganze Haus spazieren führen lässt.

    Der schneeweiße und immer sehr neugierige Chinchillabursche Idefix. Er nimmt bei seinem allabendlichen Auslauf in unserem Wohnzimmer von allem eine kleine Kostprobe, was ihm sozusagen in die Quere kommt. Außerdem pennt er am liebsten auf seinem hölzernen Schlafhäuschen, statt darin. Aber vielleicht kann Idefix uns so auch heimlich beobachten, ohne dass wir es überhaupt mitbekommen.

    Die unzertrennlichen Brüder und dsungarischen Zwerghamster Willi und Paulchen. Paulchen, der sich schon vor einigen Wochen an seinem rosafarbenen Laufrad den linken Hinterfuß abgerissen hat. Der aber trotzdem um vieles mehr beweglicher ist, als der wesentlich dickere Willi, der stets und ständig um sich herum fressen muss.

    Eine zweijährige, sehr gehorsame Schäferhündin, die auf den wirklich wunderschönen Namen Alexa vom Tangerwall hört. Sie schaut einen von Martin und mir geworfenen Ball lieber nur unbeteiligt hinterher, statt ihm hinterher zu rennen. ›Warum denn auch?‹, scheint sie sich zu fragen. ›Ich schaue doch lieber den frechen Spatzen zu, wie sie mir wieder mein Hundefutter stibitzen. Herrchen oder Frauchen werden sich den Ball schon holen, wenn sie ihn unbedingt durch die Gegend werfen wollen. Oder etwa nicht?‹

    Auch die drei Rosettenmeerschweinchen Momo, Mimi und Robby, die stets irgendwie fürchterlich zerzaust aussehen, gehören mit zu uns.

    Robby ist sozusagen der ›Hahn‹ im Korb und pausenlos darauf bedacht, dass sich seine beiden Frauenzimmer nicht gleich wegen irgendwelcher Nichtigkeiten buchstäblich an die Gurgel gehen. Wie zum Beispiel, wer von ihnen die größere Mohrrübe fressen oder wer zuerst von dem frischen Heu kosten darf. Überaus entschlossen greift Robby dann ein. Er nimmt ihnen einfach das Streitobjekt weg. ›Selber fressen, macht schließlich immer noch am besten fett‹, scheint dabei sein Motto zu sein.

    Natürlich möchte ich unser Zwergkaninchenpaar Blacky und Hoppel bei der kleinen Aufzählung nicht vergessen.

    Blacky holten wir uns aus einem Tierheim. Sie will ihre große Scheu vor uns einfach nicht aufgeben. Nur selten lässt sie sich von uns streicheln. Bloß die ganz zärtlichen Liebkosungen von Hoppel, die er stets für sie übrig hat, wie das Fell und die Ohren putzen, lässt sie sich gefallen und macht dabei einen zufriedenen Gesichtsausdruck.

    Hoppel, der ganz und gar ein liebenswerter verträglicher Bursche ist. Der uns sein besonderes Wohlwollen mit dem Ablecken unserer Hände bekundet. Bei Patrick müssen sogar dessen Wangen für seine Liebkosungen herhalten. Am liebsten lässt er sich aber seinen Bauch kraulen. Für mich sieht es beinahe so aus, als ob Hoppel dabei sogar ein wenig lächeln würde.

    Dann die vielen anderen ganz normalen Hauskaninchen, die alleine nur zum Zweck der Schlachtkaninchengewinnung gehalten werden. Sie haben deshalb von uns erst gar keinen Namen bekommen.

    »Dazu dann noch ein Tierchen, ein Frettchen?«, überlege ich laut.

    Jetzt will ich es aber ganz genau wissen und ich suche die Bücher noch einmal hervor, wo ich etwas über Frettchen gelesen habe. Wort für Wort wird wieder alles von mir sorgfältig durchgelesen. Danach versuche ich, mir all die Informationen in groben Stichpunkten aufzuschreiben, die ich persönlich für wichtig halte.

    Als es dann an unserer Haustür unverhofft und ausdauernd ›Sturm‹ läutet, zucke ich richtig doll zusammen, weil ich immer noch mit all meinen Gedanken bei den kleinen Frettchen bin. ›Das gibt doch garantiert wieder eine von diesen unangenehmen und sehr schmerzhaften Schreckblasen an meiner Lippe, die dann ewig nicht verheilen wollen. Na prima!‹, denke ich bei mir.

    Ich eile dann so schnell wie möglich zu unserer Haustür, um nachzusehen, wer hier so dringend Einlass begehrt. Ich stolpere dabei, und dies nicht zum allerersten Mal, prompt über das in sich völlig verdrehte Elektrokabel des Staubsaugers, welches noch immer in der Steckdose steckt. Kenne ich mich richtig, Grund genug für die Schreckblase Numero Zwei. »Das läuft ja heute wieder einmal ›bestens‹ für dich!«, bemerke ich laut und wütend zu mir selbst.

    Unbeirrt eile ich aber trotzdem weiter, dem im Wege stehenden Staubsauger einen ärgerlichen und kräftigen Tritt verpassend, um zu öffnen.

    Ach so, es ist nur unsere neue Postfrau, eine gewisse Frau Kunze. Sie stellt sich, beim Verteilen der heutigen Post, persönlich bei ihrer zukünftigen Kundschaft vor. Was ich eigentlich echt nett von ihr finde. Unsere gute alte Postfrau, die Frau Plienkel, geht nämlich ab morgen in ihre wohlverdiente Altersrente. Wie sie mir noch gestern verriet, freut sie sich ganz besonders darauf, endlich so richtig Zeit für ihren kleinen Garten und ihr Hobby, die Rosenzucht zu haben.

    In aller Ruhe sehe ich nun als Erstes die umfangreiche Post durch. Kann ja in der Tat mal sein, dass heute, außer dem sonst üblichen und täglichen Werbekram, etwas wirklich Wichtiges dabei ist. Ich muss dann auch prompt ein dringendes Telefongespräch führen.

    Dabei fällt mein Blick immer wieder auf den kleinen Notizzettel, den ich vorhin neben das Telefon gelegt habe. Dieses Mal gibt es keinen Halt mehr für mich. Auch kein längeres Überlegen bremst hier meinen eben gefassten Entschluss. Jetzt rufe ich sofort an!

    Mit kribbliger Ungeduld und ansteigender Erregung beende ich aber erst das dringende Telefongespräch, denn, was sein muss, muss sein!

    Aufgeregt wähle ich dann die von mir sorgfältig notierte Telefonnummer, betreffs der zwei kleinen Frettchen, und lausche voller innerer Spannung in den Hörer hinein. Schon beginnt sich bei mir eine riesengroße Enttäuschung so richtig schön breitzumachen, weil es am anderen Ende der Leitung mindestens zehnmal geklingelt haben muss, und einfach niemand herangeht. Ich will den Hörer gerade auflegen, als ich doch noch die leise, ein wenig piepsige und auffallend schüchterne Stimme eines Kindes im Hintergrund hören kann. »Würden Sie bitte einen kleinen Augenblick warten? Meine Mama ist gerade in den Garten gegangen und füttert dort nur schnell unsere kleinen Frettchen. Wir haben nämlich welche, wissen Sie. Aber meine Mutti ist bestimmt gleich wieder da!«

    Ich bekomme vor lauter Herzklopfen nur ein eher unsicher klingendes

    »Aber selbstverständlich« heraus und warte nun doch voller qualvoller Ungeduld sowie ansteigender Neugier weiter.

    Zuerst dringt nur ein anhaltendes Husten an mein Ohr. Irgendwie kommt mir das bekannt vor, denn dieses Husten kenne ich noch allzu gut von meiner lieben Frau Mama, welche eine starke Raucherin war. Aber endlich kann ich eine tiefere Frauenstimme hören, die mich fragt: »Um was geht es denn?«

    »Guten Tag. Mein Name ist Trimmdich und ich rufe aus Hirschberg an. Ich habe heute Morgen ihre Anzeige in der Zeitung, über den Verkauf der kleinen Frettchen, gelesen. Ich habe ein sehr starkes Interesse an solch einem Tier und möchte gern mehr darüber erfahren. Zum Beispiel, wie viele kleine Frettchen Sie gerade haben. Welche Farbe haben Ihre Tiere, und was sie so alles fressen dürfen. Über die Unterbringung, Ihrer großen und kleinen Frettchen, würde ich gerne auch noch etwas erfahren.« Nur zögerlich erkundige ich mich zum Schluss bei ihr: »Was ist denn der Verkaufspreis für ein einzelnes Tier?«

    »Genau fünfundsiebzig Mark. Nicht mehr und nicht weniger«, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

    Donnerwetter! Das haut mich nun wirklich um, glatte fünfundsiebzig Mäuse. ›Ein ziemlich stolzer Preis!‹, finde ich und das wiederum lässt sofort mein Interesse an den Tieren auf ein Minimum zusammenschrumpfen.

    Nachdem ich alle gewünschten Informationen von der Frau über die kleinen Frettchen erhalten habe, bedanke ich mich höflich bei ihr für die aufgebrachte Geduld, und für die viele Zeit, die sie sich genommen hat.

    »Haben Sie denn überhaupt ein ernsthaftes Interesse, an solch einem kleinen Frettchen?«, schließt sich gleich darauf ihre Frage an.

    Aber ich kann, beziehungsweise will, ihr weder eine bejahende noch eine verneinende Antwort geben.

    Mit der sehr fadenscheinigen Begründung: »Ich muss darüber zuallererst telefonisch Rücksprache mit meinem Mann halten, ehe ich dazu etwas sagen kann«, kneife ich in diesem Augenblick regelrecht davor, sofort den Kauf eines Tieres mit ihr zu vereinbaren.

    Ich versichere der Frau aber fest, dass ich noch am heutigen Tag zurückrufen werde, wenn ich mit meinem Mann gesprochen habe. Solch ein Kauf muss und sollte schließlich auch wirklich umfassend überlegt werden. Vor allen Dingen, ob bei uns zu Hause eine artgerechte Unterbringung sowie eine ordnungsgemäße Verpflegung eines Frettchens überhaupt möglich sind.

    Nachdem dieses lange Gespräch beendet ist, versuche ich Martin, mit einem wirklich unangenehmen Kribbeln in meiner Magengrube, über sein Handy zu erreichen. Da er aber auf Arbeit ist und das Handy deswegen garantiert auch in seinem Auto liegen haben wird, habe ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht viel Hoffnung tatsächlich an ihn heranzukommen. Doch das Glück scheint auf meiner Seite zu sein, denn nach dem dritten Klingeln geht er wahrhaftig heran.

    Mit überschwänglicher Begeisterung erzähle ich Martin von dieser, für mich besonderen Anzeige in der heutigen Tageszeitung und auch von dem langen Telefongespräch, welches ich inzwischen, betreffs ausführlicher Informationen über die kleinen Frettchen, mit der Frau geführt habe.

    Nachdem ich mit meiner kurzen Erzählung fertig bin, befällt mich plötzlich eine tiefe innere Nervosität. Ich warte mit flatterndem Herzen auf seine Reaktion, seine Antwort, denn im Stillen habe ich mich schon längst für die Anschaffung eines kleinen, erst sechs Wochen alten Frettchens entschieden.

    Was mache ich aber nur, wenn mein Martin jetzt einfach »Nein!« zu der ganzen Geschichte sagt?

    Doch, als ob er meine geheimsten Gedanken und Wünsche wieder einmal lesen kann, willigt mein geliebter Göttergatte sofort, ohne lange zu zögern und ehrlich begeistert ein. Zugleich das Allerschönste daran ist für mich, er ist genauso gespannt und neugierig auf so ein kleines Frettchen wie ich. Er drängt dann auch gleich darauf, die Frau wieder anzurufen und mit ihr den Kauf eines kleinen Frettchens zu vereinbaren. Selbstverständlich auch den Zeitpunkt, wann wir es bei ihr abholen können. Habe ich alles so weit klären können, dann wäre es nicht schlecht, wenn ich bei ihm auch noch einmal anrufen würde. Nur um ganz kurz zu berichten, was ich erreichen konnte, und wie wir uns geeinigt hätten. Falls ich ihn telefonisch nicht mehr erreichen sollte, wäre das nur halb so schlimm, denn spätestens am Abend, wenn er nach Hause kommt, erfährt er es ja auf alle Fälle. Martin schickt mir noch einen lieben dicken Kuss durch die Telefonleitung. Dann legt er auf.

    Es fällt mir ein wahrlich riesiger Fels von meinem Herzen. In mir jubelt und schreit alles laut: ›Hurra! Hurra! Hurra!‹

    Inzwischen ist es wirklich allerhöchste Zeit geworden, sich um das heutige Mittagessen für Steven, Patrick und mich zu kümmern. Nachdem die Kartoffeln vor sich hinköcheln und die gewünschte Gemüsebeilage der Kinder sachte schmort, auch die etwas klein ausgefallenen Schnitzel bratfertig auf einem Teller bereitliegen, nutze ich die sich nun bietende Gelegenheit zu einem weiteren Anruf bei der Frau mit den Frettchen. Ich hoffe ja nur stark, dass sich die Gute nicht gerade wieder in ihrem Garten oder sonst wo draußen herumtreibt.

    Erst jetzt fällt mir mit sichtlichem Schrecken auf, dass ich beim ersten Anruf völlig vergessen habe, mich nach ihrem Namen zu erkundigen. Das ist sehr ärgerlich. Aber, was soll und was kann ich da jetzt noch groß machen!

    Wie beliebte doch meine liebe Frau Mama, in solchen unangenehmen Situationen, immer zu sagen? »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!«

    Kurz entschlossen tippe ich die Telefonnummer ein und warte ganz einfach darauf, was geschehen wird.

    »Ja! Hier bei Familie Seitling«, meldet sich zum Glück die Frau, bevor ich sagen kann, wer sich am anderen Ende der Telefonleitung befindet.

    Aus unerfindlichen Gründen bin ich wieder fürchterlich aufgeregt und ich antworte daher leicht befangen: »Hier ist noch einmal die Frau Trimmdich. Ich hatte sie am Morgen wegen ihrer kleinen Frettchen angerufen.«

    Dann erzähle ich der Frau Seitling kurz von dem Gespräch mit meinem Mann, und dass wir uns nun fest entschlossen hätten, ein kleines Frettchen bei ihr zu kaufen.

    Nachdem wir uns abschließend darauf einigen können, gleich am kommenden Sonnabend, gegen elf Uhr mittags, bei ihr vorbeizuschauen, lasse ich mir von Frau Seitling noch schnell den Namen ihres Ortes nennen, in dem sie wohnt. Außerdem bitte ich sie um eine genaue Wegbeschreibung, damit wir sie innerhalb des Ortes ganz leicht finden können.

    Ich schreibe ihre vollständige Adresse sogleich unter die schon von mir vermerkte Telefonnummer hinzu. Den Zettel lege ich dann wieder griffbereit neben unser Telefon. Damit ist das Gespräch zur völligen Zufriedenheit aller Beteiligten, ganz besonders aber für mich, für heute beendet.

    Ich eile in banger Sorge um unser heutiges Mittagessen zurück in die Küche. Doch meine Kartoffeln sind noch nicht zerkocht, sondern gerade richtig und auch mein Gemüse schnüffelt kein bisschen angebrannt oder angesetzt. Jetzt aber flott die vorbereiteten Schnitzel in die große Pfanne getan.

    Während ich schon den Küchentisch für die Kinder und mich decke, machen sich in mir irgendwie eine geheimnisvolle Vorfreude und Spannung breit. Eine erwartungsvolle Vorfreude, so wie es auch stets während der Weihnachtszeit ist, wenn man in aller Heimlichkeit die große Bescherung für den Heiligabend vorbereitet und niemand

    aus der Familie, ob nun die beiden Kinder oder der Mann, soll etwas davon erfahren. Eine Spannung deshalb, weil ich nicht weiß oder besser ahnen kann, wie meine beiden Jungen auf das neue Tier reagieren werden. Steven und Patrick möchte ich nämlich noch nichts von dem geplanten Kauf eines Frettchens erzählen. Das soll eine hoffentlich gelingende Überraschung, gewissermaßen direkt vor Ort, werden.

    Beim gemeinsamen Mittagessen erzähle ich den Kindern aus diesem Grunde nur etwas von der Fahrt, die uns am kommenden Sonnabend bevorstehen wird. Ich verschleiere oder besser ich tarne aber alles als einen gemütlichen Wochenendausflug zu der Frau Seitling.

    Meine beiden Söhne schmunzeln ein bisschen über meine übertriebene gute Laune. Und sie fragen mich, doch etwas neugieriger geworden, ob denn die Frau Seitling vielleicht eine gute Freundin oder auch nur eine alte Bekannte von früher wäre. Vielleicht aus meiner eigenen Schulzeit und ich würde mich deshalb schon jetzt über das Wiedersehen freuen. Ich lasse Steven und Patrick bei ihrer für mich drolligen Mutmaßung, denn so dringen die zwei nicht weiter in mich und ich verspreche mich zu guter Letzt nicht doch noch aus purem Versehen.

    Ab und zu helfen mir meine Jungen beim Abräumen des Küchentisches und auch bei dem darauffolgenden lästigen, aber notwendigen Abwasch. Heute brauchen sie das jedoch einmal nicht zu tun und ich schicke Steven und auch Patrick hinaus zum Spielen beziehungsweise zu dem, was sie eben gerade so vorhaben. Dankbar und mit einem lieben Kuss für die Mama verschwindet nun jeder schnellstens in den eigenen vier Wänden, sprich seinem Zimmer.

    Patrick kuschelt mit seinem acht Wochen alten Meerschweinchen Mimi herum, die sich von ihm noch relativ viel gefallen lässt.

    Steven hat sich ein sehr interessantes und auch spannendes Buch von dem Schriftsteller Jules Verne ›Die Reise zum Mittelpunkt der Erde‹ zur Hand genommen, welches er schon längst gelesen haben wollte.

    Nachdem ich meine dringendste Hausarbeit erledigt habe, und auch die Versorgung unserer Tiere endlich bewerkstelligt ist, versuche ich einen geeigneten Platz für unseren baldigen, neuen und tierischen Mitbewohner, das kleine Frettchen, zu finden. Ich spaziere zu diesem Zweck in unserem Haus von Zimmer zu Zimmer und versuche mir in jedem Raum bildlich vorzustellen, wo der neue Käfig eventuell stehen könnte. Danach schaue mich gleich noch auf unserem Grundstück überaus gewissenhaft um. Ich kann mich aber beim besten Willen für keinen zweckdienlichen Standort entscheiden. Deshalb beschließe ich mit Martin noch einmal, und in aller Ruhe, nach einem günstigen Platz für die artgerechte Unterbringung des kleinen Frettchens Ausschau zu halten.

    Wie es aber manchmal halt so geht im Leben, kommt mein geliebter Mann ausgerechnet heute später von der Arbeit nach Hause, als es sonst üblich ist. So muss ich mich noch bis zum frühen Abend, gegen zwanzig Uhr, gedulden. Erst dann kann ich Martin vom zweiten Gespräch mit der Frau Seitling erzählen und dass wir gleich für den kommenden Sonnabend ein Treffen bei ihr vereinbart haben.

    Gemeinsam beratschlagen wir nun, wo wir unser zukünftiges Haustier bei uns am Geeignetsten unterbringen könnten, ob im Haus oder doch lieber im Garten. Wir schauen uns also die konkreten Möglichkeiten, die sich so bei uns bieten, gewissenhaft an. Martin und ich können uns aber auch nach längerem Hin und Her irgendwie nicht einigen, was mich doch ein bisschen deprimiert dreinschauen lässt.

    »Ach, lassen wir das jetzt doch. Ja, Liebling? Warten wir doch einfach ab, wie das kleine Frettchen bei Familie Seitling untergebracht wurde?«, überlegt Martin dann laut. »Lass uns jetzt bitte wieder hineingehen, ja Schatz. Mein heutiger Arbeitstag war wirklich ziemlich lang und auch sehr anstrengend für mich. Außerdem werden wir schon die ganze Zeit von unseren beiden Lausbuben heimlich beobachtet.«

    Wie auf ein unauffällig gegebenes Zeichen kommen uns Steven und Patrick, völlig aufgelöst und beunruhigt, entgegengelaufen. Aus ihren Gesichtern scheint jedes bisschen an Farbe buchstäblich verschwunden zu sein, denn sie sehen richtig kreideweiß aus. Selbst aus den Stimmen unserer Kinder lässt sich die angsterfüllte Erwartung auf das nun Bevorstehende deutlich heraushören, dass sich bestimmt bald etwas Schlimmes ereignen wird, denn wir werden nur sehr zurückhaltend von den Jungen gefragt: »Mama? Papa? Stimmt es eigentlich, dass unser Haus und auch der Garten verkauft werden sollen?«

    Auf das Höchste verwundert schauen wir, Martin und ich, uns in die Augen: »Aber Kinder, wie kommt ihr nur auf solche eigenartigen Gedanken?«

    Ehrlich erstaunt betrachten wir die beiden und können uns einem kleinen, jedoch nur innerlichen Schmunzeln doch nicht ganz erwehren. Wir bleiben aber trotzdem erst einmal absolut ernst, weil Steven und Patrick ein für sie anscheinend schwieriges Problem zu lösen haben.

    Niedergedrückt und äußerst schweigsam stehen die beiden Jungen vor uns. Man kann ihnen buchstäblich das große Angstgefühl vor unserer Antwort ansehen.

    Steven sein Blick ist wie angewurzelt auf seine Füße hinunter gerichtet und in seinen Augenwinkeln glitzern jetzt sogar ein paar dickere Tränen auf.

    Patrick zermurkelt nervös einen Grashalm nach dem anderen und auch er scheint nicht mehr weit davon entfernt zu sein, in Tränen auszubrechen. In seinen Augenwinkeln sammelt sich nämlich immer mehr Flüssigkeit an. Viel kann nicht mehr fehlen, dass sich ein paar dicke Kullertränen sich ihren Weg suchen werden.

    Dann, nach einem kurzen Zögern, bricht es fast gleichzeitig und ängstlich aus den Mündern unserer Kinder hervor. »Ihr habt euch doch aber alles ganz gründlich und lange angesehen. So, als ob ihr heute alles zum letzten Mal sehen würdet!«

    Jetzt müssen wir uns aber so schnell wie möglich eine einleuchtende und glaubwürdige Erklärung einfallen lassen, denn wir haben immer noch nicht vor, Steven und Patrick schon jetzt etwas von dem kleinen Frettchen zu erzählen.

    Besänftigend reden wir deshalb den beiden verstörten Knaben ein, dass wir uns nur einmal gründlich umgeschaut und uns dabei überlegt haben, wie wir später mal alles, um das neue Haus herum, gestalten wollen. Wie es bei uns in zwei, vielleicht auch erst in drei Jahren ausschauen soll.

    »Weiter war wirklich nichts, ihr habt unser beider supergroßes Ehrenwort!«, versprechen wir den Jungs.

    Die nun einsetzende riesengroße Erleichterung ist unseren Kindern förmlich anzusehen.

    Patrick fällt mir ganz plötzlich um den Hals, drückt mich so doll, wie er es mit seinen fast sieben Jährchen eben kann, um mir sogleich einen seiner berühmten, dicken und nassen Schmatzer auf die rechte Wange zu drücken. Dasselbe macht er dann auch mit Martin. Bloß nicht ganz so doll wie mit mir. Mutter ist und bleibt eben doch die Beste. Obendrein geniert sich Patrick neuerdings ein klein wenig bei seinem Papa. Ungefähr nach dem Motto ›Richtige Männer küssen sich nicht!‹ Erst recht nicht, wenn es jemand sehen könnte.

    Steven dagegen ist mit seinen knapp zwölf Jahren nicht mehr so häufig für solche freiwilligen Zärtlichkeiten, wie einen um den Hals fallen und ein Küsschen geben, zu haben. Doch heute bekommen Martin und ich, wieder einmal freiwillig und ohne Aufforderung, einen dicken Kuss von unserem Großen, ohne dass er gleich vor Scham puterrot anläuft. Dass auch Steven ein schwerer Stein von der Seele gekullert sein muss, sieht man an der plötzlich wiederkehrenden Gesichtsfarbe.

    Steven und Patrick werden nun von mir in ihre Betten zurückgeschickt, denn es ist währenddessen längst halb zehn durch. Also höchste Zeit für sie, die Augen zu schließen und etwas Schönes zu träumen. Ausnahmsweise, damit die Kinder von ihren angsterfüllten Gedanken etwas abgelenkt werden, lese ich ihnen eine kleine ›Gute Nacht Geschichte‹ vor, es darf natürlich nur eine mit gutem Ausgang sein. Wie immer bleibt das von mir erhoffte Resultat nicht aus, denn bald ist die ganze Aufregung von ihnen vergessen und es dauert gar nicht mehr lange, dass bei ihnen völlige Ruhe eingekehrt ist.

    Martin und ich nehmen noch einen spärlichen Imbiss, eine Scheibe Toastbrot mit Jagdwurst, zu uns und trinken genüsslich ein Gläschen Rosentaler Kardarka dazu. Nebenbei schauen wir uns noch den allerersten Film von dem Blödelbarden Otto Waalkes ›Otto - Der Film‹ an und dann verschwinden auch wir beide todmüde in unsere Betten.

    Verirren ist menschlich

    Die folgenden Tage schleppen sich für mich unwahrscheinlich endlos und träge dahin. Die alltäglich erforderliche Hausarbeit will mir nicht, wie sonst üblich, so richtig von meinen Fingern gehen. Auch in unserem Garten bleibt die allermeiste Arbeit unerledigt liegen. Nur unsere vielen tierischen Mitbewohner werden wie immer ordentlich von mir versorgt. Natürlich auch meine drei Männer, das ist wohl logisch und erübrigt jede Frage!

    Trotzdem habe ich den Eindruck, dass es einfach nicht Sonnabend werden will. Die Stunden dehnen sich für mich zu ellenlangen Tagen aus, die Minuten werden zu endlosen Stunden und die Sekunden zu Minuten und ...

    Doch schließlich ist der von mir so heißersehnte Sonnabendmorgen da. Der große Familienwecker der Trimmdichs reißt mich erbarmungslos aus dem Tiefschlaf. Obwohl ich die letzte Nacht in einem nur halb schlafenden und halb wachenden Zustand verbracht habe, erst am frühen Morgen in einen tiefen Schlaf fiel, bin ich sogleich wieder voll da. Ich fließe regelrecht über vor lauter Energie und nicht zu bremsender Unternehmungslust.

    Selbst Steven und Patrick, beide sind ansonsten ausgeprägte Morgenmuffel, stehen heute ohne zu murren auf. Sie freuen sich schon mächtig darauf, endlich einmal aus unserem verhältnismäßig kleinen Dörfchen Hirschberg herauszukommen.

    Martin strahlt wieder eine fast schon unheimliche Ruhe aus. Er ist eben, wie immer, mit nichts klein zu bekommen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass er wegen der langen Autofahrt, die uns vieren nun bevorsteht, doch ein wenig kribbelig sein wird. Natürlich auch wegen des Zweckes unserer Reise.

    Nach einem wirklich nur klitzekleinen Frühstück, einem mit Wurst belegten Brötchen für jeden von uns, geht es dann schließlich los.

    Die Fahrt mit unserem Auto geht durch eine uns noch völlig fremde, aber doch sehr liebreizende Landschaft, die ringsherum stetig hügeliger wird je länger wir unterwegs sind. Selbst das Wetter scheint es heute besonders gut mit uns Trimmdichs zu meinen, denn es ist herrlichster Sonnenschein. Weit und breit sind keine Wolken am Himmel zu erspähen.

    Wir bestaunen immer wieder die zauberhafte Gegend, die nun durchfahren werden muss, und freuen uns über die ausgesprochene gute Sicht.

    Nach etwa einer guten Stunde Fahrzeit fangen beide Kinder plötzlich an, laut herumzunörgeln. »Können wir nicht mal eine kleine Pause machen, Papa? Wir haben schrecklichen Hunger und zu trinken wollen wir auch etwas. Außerdem gehört doch bei einem richtigen Ausflug ein kleines Picknick am Wegesrand einfach mit dazu. Sonst ist es doch gar kein richtiger Ausflug! Stimmt's, Mama? Sag doch auch mal was!« Dabei schauen sie uns mit großen, beschwörenden Augen an.

    Martin gibt dem flehenden Drängen von Steven und Patrick sofort nach. Das ist ja wieder einmal echt typisch für meine drei Männlichkeiten! Werde ich hier überhaupt nicht mehr nach meiner Meinung gefragt? Würde es nach meinen eigenen Herzenswünschen gehen, dann wäre ich am liebsten durchgefahren, ohne eine Pause zu machen, bis wir bei dieser Familie Seitling und dem Frettchen, unserem eigentlichen Reiseziel, angelangt sind.

    Doch da meldet sich auch mein Magen mit laut hörbaren und knurrenden Tönen zu Wort. Was nun den Appetit auf einen Kaffee angeht, den habe ich schließlich zu jeder Tageszeit.

    So fahren wir bei einem kleineren Wanderweg, der tief in den Wald hineinführt, rechts heran und picknicken dort ausgiebig.

    Dass ich aber, wegen der erwartungsvollen und inneren Anspannung, bald kein ruhiges Sitzfleisch mehr habe, lässt sich wohl an allen zehn Fingern ausrechnen. Ich möchte nur noch so schnell wie möglich ein kleines und süßes Frettchen zu Gesicht bekommen, es dann erwerben und endlich auch meins nennen dürfen, meins ganz alleine. Mehr will ich doch, an und für sich, schon gar nicht. Deshalb dränge ich immer öfter und ungeduldiger meine Männer zum alsbaldigen Aufbruch.

    Außerdem können wir bei der Familie Seitling nicht gerade während des Mittagessens hereinplatzen. Das würde mir als Hausfrau und dann noch an einem Wochenende auch nicht sonderlich gut gefallen. Aber immer dann, wenn man es oder besser, wenn ich es besonders eilig habe, kommen meine Männer wieder nicht aus dem Knick.

    Steven muss plötzlich überaus dringend in die nahe gelegenen Büsche und er kommt eine kleine Ewigkeit nicht wieder zum Vorschein, so dass ich schon anfange mir ernsthafte Sorgen, um ihn zu machen.

    Patrick hat inzwischen irgendwelche, für ihn sehr geheimnisvolle, tiefe Tierspuren auf dem kleinen Waldweg entdeckt, auf dem wir zurzeit noch rasten. Ihnen möchte er nur allzu gerne in den Wald hineinfolgen. Von seinem Standpunkt aus können es selbstverständlich nur die Abdrücke eines wahrhaft gigantischen Wolfes sein.

    Ich halte den kleinen Knirps nur mit sehr viel Mühe von seinem hartnäckigen Vorhaben ab. Erst nachdem ich ihn davon überzeugen konnte, dass es sich hierbei sicherlich nur um die Spuren eines wahrhaft großen Hundes handeln würde, ist sein kleiner Dickkopf gewillt endlich nachzugeben.

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