Think Cross Change Media 2016: Mobil. Ethisch. Kollaborativ.
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Das Menschenrecht auf digitale Kommunikation war der Titel der Keynote vom Deutsche Welle Akademiedirektor Christian Gramsch.
Mobile Berichterstattung mit mobilen Endgeräten am Beispiel des Hörfunks.
Was es bedeutet, wenn die Masse spricht? Online-Petitionen als Tool für Journalisten, um sich mit genauen Daten ein Bild über die Meinung von Bevölkerungsgruppen zu relevanten Themen zu machen. Und wie kann man aus Online-Befragungen tatsächlich neue Erkenntnisse extrahieren – von der Datenerhebung bis zur Visualisierung der Ergebnisse.
Wie steht es sonst mit dem Zugang zu Daten? Juristen-Tipps für Journalisten als Bürger erhöhen die Chance auf legalen Zugang.
Bilddatenbanken leichter zugänglich zu machen, war das Ziel der HTW-Kollegen. Ihr visuelles Navigationskonzept überzeugte.
Unter dem Rahmenthema „Ethische Fragen der digitalen Kommunikation“ arbeiteten interdisziplinäre Teams an diversen wissenschaftlichen Fragestellungen wie der Risikowahrnehmung selbstlernender E-Mail-Management-Systeme, der Erkennung manipulierter Kundenrezensionen im Netz oder aber auch Fragestellungen aus dem Bereich Digital Personal Memories.
Nicht zuletzt stand die Think CROSS – Change MEDIA im Zeichen der Onlinekollaboration. Ein ganzer Track war Kreativprozessen in der Onlinekollaboration gewidmet. Basierend auf dem Erasmus+ Projekt OnCreate stellten Wissenschaftler aus acht Ländern ihre Forschungsergebnisse vor. OnCreate steht für die Konzeption und Evaluierung von kollaborativen Online-Kursen mit dem Fokus auf Kreativität und Innovation, sowie deren wissenschaftliche Begleitung. Schlagworte hier u.a. Slacktivism, Silent Game, Creating Reality TV...
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BEITRÄGE
Keynote von Christian Gramsch
Das Menschenrecht auf digitale Kommunikation
Noch bevor Sie heute Morgen das Haus verlassen haben, haben Sie alle schon längst den Medienalltag begonnen. Sie haben Nachrichten gehört, vielleicht in Ihrer Zeitung geblättert, Sie haben Ihre News Site überflogen, Ihre Mails gecheckt. Sie haben die posts auf Ihrer Facebookseite gesichtet, haben Ihre Twitter-Follower bedient, sind durch die Morgenmagazine im Fernsehen gezappt und haben Ihren Freunden ge –whats appt, dass Sie gerade leider keine Zeit haben, weil Sie heute hier sind.
Im besten Fall haben Sie sich aus vielen Quellen Ihr Bild von der Welt an diesem heutigen Tag zusammengestellt.
Und vielleicht haben einige von Ihnen dieses Bild von der Welt nicht nur betrachtet, sondern es mit anderen geteilt, es kommentiert oder durch neue Informationen bereichert. Vielleicht haben Sie getwittert, gebloggt, Ihre Facebook-Freunde angestubst, Kommentare gepostet oder schlicht nur ein paar Likes verteilt. Egal, was genau von alle dem Sie heute schon getan haben – Sie haben damit ganz selbstverständlich die Möglichkeiten und Ihr Recht genutzt, sich ungehindert Informationen zu besorgen und Ihre Meinung dazu frei zu äußern.
Keinem von uns hat das wehgetan. Diesem Mann dagegen schon. Es ist Raif Badawi aus Saudi-Arabien. Ein Mensch, der dasselbe Recht beansprucht hat, wie wir alle hier, aber dafür eingekerkert wurde und öffentlich ausgepeitscht.
Jeder der 50 Peitschenhiebe gegen den liberalen Blogger war ein Schlag gegen ein fundamentales Menschenrecht. Raif Badawi hat noch acht Jahre Gefängnis vor sich, und die ausstehenden 950 Peitschenhiebe können immer noch vollstreckt werden. Eine absurd brutale Strafe für den Mut, in Saudi-Arabien eine von dem Regime abweichende Meinung zu haben und zu äußern.
Für uns in der Deutschen Welle ist Raif Badawi eine Symbolfigur. Und deshalb hat die DW ihm bereits vergangenen Sommer den Freedom-of-Speech-Award verliehen, der jedes Jahr an Menschen vergeben wird, die sich in besonders herausragender Weise für freie Informationen und freie Meinungsäußerung einsetzen.
Abb. 1: Raif Badawi ©Raif Badawi, private
Abb. 2: Solidaritätsaufruf ©Amnesty International
Abb. 3: Solidaritätsaktion der DW ©DW
Abb. 4: Ehefrau Ensaf Haidar ©dpa
Zum Glück waren wir mit dieser Anerkennung nicht allein. Das Europaparlament hat Raif Badawi geehrt, ‚Reporter ohne Grenzen‘ erinnern an sein Schicksal, und in vielen Ländern verlangen Menschenrechtsorganisationen hartnäckig und lautstark seine sofortige Freilassung. Auch seine Frau und seine Freunde sorgen weltweit dafür, dass Raif Badawi nicht vergessen wird.
Worüber ich heute mit Ihnen reden möchte, sind die vielen Menschen, deren Schicksal erst gar nicht bekannt wird. Ich möchte mit Ihnen sprechen über die Millionen Frauen und Männer, die vielleicht nicht mit Peitschenhieben bedroht werden, denen aber dennoch ihr Recht auf freie Rede genommen wird. Ich möchte mit Ihnen sprechen über Gesellschaften, deren Staatsapparate die Medien für Lügen und Propaganda missbrauchen, die Zugang zu unliebsamen Informationen blockieren und ihre Bürger für dumm verkaufen. Ich möchte Ihren Blick richten auf ganze Regionen in dieser Welt, in denen gesellschaftliche Minderheiten abgeschnitten bleiben vom Zugang zu Medien und Kommunikationsplattformen. Ich möchte Ihnen zeigen, wie wichtig ein freier, offener und vielfältiger Dialog ist für die Entwicklung von Gesellschaften. Ich bin hier, um Sie als ‚Medienmenschen‘ daran zu erinnern, dass wir alle nur ‚Medienmenschen‘ sind, weil wir ein Menschenrecht für uns in Anspruch nehmen können.
Damit sind wir auf der Welt eine glückliche Minderheit. Denn die meisten Menschen fühlen sich so wie diese Frau. Sie ist mittlerweile für meine Kollegen und mich zu einem täglichen Appell geworden, denn sie steht für einen Zustand, an den wir uns nicht gewöhnen dürfen:
Abb. 5, 6: Für Presse- und Informationsfreiheit kämpfen © DW/M. Müller
Sechs von sieben Menschen wird zurzeit ihr Recht auf ungehinderten Zugang zu Informationen und das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten oder verweigert. Sechs von Sieben dürfen nicht, was wir dürfen. Und das, obwohl alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sich offiziell zum Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bekannt haben, der die Freiheit der Rede und Information garantieren soll. Wenn wir es also wirklich ernst meinen mit der Idee einer Welt-Informationsgemeinschaft oder einer kommunikativ vernetzten Weltgesellschaft, dann haben wir noch viel zu tun, dass auch wirklich alle Menschen gleichberechtigt daran teilhaben können. Welchen Beitrag dazu die Deutsche Welle leistet, zusammen mit ihrer Deutsche Welle Akademie, das möchte ich Ihnen gerne etwas näherbringen:
Meinungsfreiheit fördern und unabhängige Informationen verbreiten
Meinungsfreiheit fördern und unabhängige Informationen verbreiten ist für die Deutsche Welle, den einzigen internationalen Sender im Verbund der öffentlich-rechtlichen Anstalten der ARD, ein Kernanliegen – seit mehr als 60 Jahren. Bei uns arbeiten Journalistinnen und Journalisten aus über 60 Nationen und Kulturen, um der Welt eine deutsche und europäische Sicht auf Politik, Kultur und Wirtschaft nahezubringen. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist: Die Deutsche Welle spricht die Muttersprachen ihrer Hörer, Zuschauer und User. Sie kann damit Ereignisse, Entscheidungen und Einschätzungen, die für uns hier selbstverständlich sind, in den verschiedenen Zielgebieten so kultursensibel erklären, dass sie überhaupt verstanden werden: Ein deutsches Gesundheitssystem, die Reisefreiheit in der Europäischen Union, die Verteidigung des Asylrechts oder die Trennung von Religion und Staat – alles das sind Themen, die für einen asiatischen Nutzer der Deutschen Welle anders aufbereitet werden müssen als für einen afrikanischen, die in Kolumbien anderes Interesse finden als in Pakistan.
Gleiches gilt für das Medium selbst, das die Informationen transportiert. Für einen Radio-Kontinent wie Afrika sind Rundfunksendungen das attraktivste Mittel, in der arabischen Welt steht das Fernsehen ganz vorne, und in Russland wiederum sind Internetplattformen oder soziale Medien der beste Verbreitungsweg. Wegen dieser sehr unterschiedlichen Mediennutzungen in den Regionen der Welt hat sich die Deutsche Welle schon sehr früh multimedial aufgestellt: Alle Redaktionen in allen 30 Angebotssprachen können grundsätzlich diesen Medienmix bedienen und sich für ihr jeweiliges Publikum die beste Kommunikationsform aussuchen.
Die Deutsche Welle bietet damit für mehr als 120 Millionen Menschen weltweit ein alternatives Medienangebot, ein Forum und einen medialen Rahmen, um auch kritische Gesellschaftsthemen anzusprechen. Wir wollen nicht bloß senden und verbreiten, wir wollen Dialog und Kommunikation zwischen und mit unseren Nutzern. Auch mit diesem Anspruch ist die DW in vielen Regionen eine einzigartige Medienmarke. Weil wir etwas anbieten, was die vorhandenen Medien nicht im Programm haben. Ein Beispiel: Eine der bekanntesten Sendungen ist ‚Shabab Talk‘ mit dem charismatischen Moderator Jaafar Abdul Karim.
Abb. 7, 8: „Shabab Talk" ©DW/M. Müller, ©DW
Shabab Talk ist eine Diskussionssendung in arabischer Sprache. Menschen aus arabischen Ländern sprechen hier über Tabuthemen wie Homosexualität, Sex vor der Ehe oder die Ursachen von Terrorismus und Extremismus. Alleine solche Themen aufzugreifen und dazu gegensätzliche Meinungen öffentlich zu äußern, ist im Zielgebiet leider schon eine Sensation. Uns geht es aber als Deutsche Welle nicht in erster Linie um den Tabubruch. Viel bedeutender ist, dass wir mit einem verlässlichen und vielfältigen Nachrichtenangebot überhaupt erst glaubwürdige Informationen zugänglich machen.
Wenn Sie sich anschauen, wie unverfroren die russischen Medien unter Vladimir Putin gegenüber den russischen Bürgern und der Weltöffentlichkeit Propaganda und Desinformation betreiben, dann verstehen Sie sofort den Wert einer vertrauenswürdigen Informationsquelle. Ob Sie nach China blicken oder in den Iran, nach Äthiopien oder Venezuela – überall dort ist die Deutsche Welle neben der BBC und wenigen weiteren Auslandssendern der einzige Anbieter, denen die Menschen vertrauen können und wollen. Über 120 Millionen Menschen nutzen regelmäßig die Angebote der DW!
Warum betone ich das so? Weil es sich lohnt, bei der Forderung nach ungehindertem Zugang zu Informationen ganz genau hinzusehen. Denn es gibt mehr und mehr Regimes, die ihren Bürgern einen ungehinderten Zugang zu Informationen einfach nur vorgaukeln, es aber mit perfiden Methoden schaffen, alle diese Informationen zu manipulieren und zu steuern. Chinesen beispielsweise können unter einer Vielzahl von Fernsehsendern wählen, bekommen aber auf allen Kanälen bei zentralen Themen immer dieselbe staatsgelenkte Propaganda.
Russland oder der Iran haben diese Methode ebenfalls perfektioniert – und gar nicht weit weg von uns ist die Türkei unter Präsident Erdogan auch auf diesen fatalen Kurs eingeschwenkt. Die Diktatoren von heute müssen keine Sender mehr schließen oder Druckereien versiegeln – die Manipulation des Informationsangebots und der Meinungsfreiheit fällt viel weniger auf, wenn man sie hinter einer vorgetäuschten Vielfalt versteckt.
Abb. 9: DW zur Flüchtlingswelle ©DW
Abb. 10, 11: Die DW hat 120 Mio. Nutzer weltweit ©DW Akademie/Florian Kroker, ©DW Akademie
Das Menschenrecht auf freien Zugang zu Information, so wie wir es verstehen, meint aber mehr als nur irgendeinen technischen Zugang, der offen steht. Wirken kann das Menschenrecht nur, wenn es dem Einzelnen eine echte Wahl lässt. Wenn die Menschen befähigt werden, Propaganda und Lügen zu entlarven, die Manipulation zu durchschauen und sich dagegen zu wehren. Zum Beispiel, indem sie sich bei ihrer Meinungsbildung nicht nur auf die Staatspropaganda stützen, sondern auch andere Sichtweisen zulassen und einbeziehen. Diese Erkenntnis - und erst recht ihre Umsetzung kommt in der Regel nicht von selbst. Wie bei den meisten gesellschaftlichen Veränderungen braucht es dafür einen Anstoß von außen, eine Begleitung auf dem Weg, eine Entwicklungs-Hilfe. Und an dieser Stelle kommt die Deutsche Welle Akademie ins Spiel.
Medienbildung und Weiterbildung von Journalisten
Ergänzend zu dem Programmangebot der Deutsche Wellen geht die Akademie seit einigen Jahren noch einen Schritt weiter. Es ist der Versuch, in einer Reihe von Ländern Mediensysteme vor Ort zu entwickeln. Zunächst begann dies mit der Fortbildung von Journalisten in Entwicklungs- und Schwellenländern. Aber das reichte uns nicht.
Wir haben gesehen, dass allein die Schulung von Journalisten – und es waren viele Tausende in den vergangenen Jahren – nicht ausreicht, wenn die Rahmenbedingungen sich nicht mit verändern.
Also sind wir nun auch in anderen Feldern aktiv:
Wir beraten Medienunternehmen bei ihrer Umstrukturierung – zum Beispiel in der Ukraine.
Wir stärken die Rahmenbedingungen für freie Medien, wir unterstützen Presseräte und helfen bei deren Aufbau – zum Beispiel in Myanmar.
Wir beraten Regierungen und entwickeln Modelle einer nachhaltigen, unabhängigen Finanzierung von Bürgerradios – zum Beispiel in Kenia.
Mit all diesen Maßnahmen unterstützen wir die gesellschaftliche Teilhabe und stärken die Wahrnehmung der Menschenrechte. Denn wie bereits gesagt: Wenn Menschen sich informieren und ihre Meinung kundtun, werden sie zu aktiven Bürgern. So gestalten sie ihre politische, wirtschaftliche, soziale Umwelt mit. So bekommen sie eine Stimme und können sich selbst für ihre Interessen einsetzen.
Einige dieser Menschen, mit denen - und für die wir in der Medienentwicklung arbeiten, möchte ich Ihnen beispielhaft vorstellen.
Ahmet lebt in den palästinensischen Gebieten in einem kleinen Dorf. Er ist 14 Jahre alt. Und mit Ahmet arbeitet die Deutsche Welle Akademie in einem ganz einfachen Projekt. Wir befähigen Ahmet und seine Mitschüler dazu, dass sie in ihrem Schulalltag Diskussionen selber organisieren.
Sich eine eigene Meinung bilden und diese Meinung vertreten und auf diese Weise überhaupt die Fähigkeit zur Kommunikation, der Bedienung von Medien, von der Wandzeitung bis zum kleinen Radio, erlernen. Ahmet, der 14jährige, ist einer der Organisatoren und macht täglich bei einem sogenannten Morgenradio an dieser Schule diese Veranstaltungen möglich. Ein Beispiel dafür, wie Menschen in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden, sich Meinungen zu erarbeiten und diese Meinungen zu äußern.
Abb. 12, 13: Ahmet – Schulfunk mit Unterstützung der DW in Palästina ©DW Akademie/Michael Lohse
Was hier geschieht, fällt bei uns unter die Überschrift „Media and Information Literacy". Unter Media and Information Literacy verstehen wir Kompetenzen, sich Zugang zu Medien und Informationsquellen zu verschaffen, dortige Informationen und Meinungen kritisch zu nutzen sowie sich kreativ in öffentliche Kommunikationsprozesse einzubringen. Dieser Punkt ist uns sehr, sehr wichtig. Denn wenn wir über Meinungsfreiheit und die digitale Entwicklung sprechen, dann geht es aus unserer Sicht genau darum: Dass Menschen mit Medien versiert und kritisch umgehen. Wenn Ahmet Informationen über Facebook konsumiert, dann weiß er, dass man nicht jedem Gerücht trauen darf. Seine Erfahrung zeigt ihm, dass er Informationen immer vorsichtig einordnet, dass er sich aber auch überlegt, welche Information er mit wem teilt, auch um sich selbst zu schützen und die eigene Privatsphäre zu wahren.
In der politischen Debatte über die digitale Entwicklung geht es oftmals allein um den Zugang zur modernen Technik der Kommunikation. Ja, die ist wichtig, und in der Tat gibt es hier noch viel zu tun:
60 Prozent der Menschen auf dieser Welt haben noch keinen Internetzugang. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich dies ändert. Was wirklich entscheidend ist: Sobald Menschen digital kommunizieren können, eröffnen sich ihnen nicht nur ganz neue Möglichkeiten und Informationszugänge. Sondern gleichzeitig haben auch die staatlichen – und im Übrigen auch privaten – Akteure neue Möglichkeiten der Kontrolle und Freiheitsbeschränkung.
Und nur, wenn Menschen wissen, wie sie die neuen medialen Räume gestalten, wie sie sich in ihnen bewegen, können sie diese selbstbestimmt für sich nutzen. Deshalb – und damit komme ich zurück zu Ahmet – ist Media and Information Literacy für uns ein so entscheidendes Arbeitsfeld und wichtiges Thema, insbesondere für junge Menschen in den Ländern, in denen die DW Akademie tätig ist.
Wenn wir weiter reisen nach Burundi, lernen wir Isabelle Rusuku kennen. Sie ist Direktorin des Radiosenders „Stimme der Frau", einem Bürgerradio auf dem Land. In Burundi leben 90 Prozent der Menschen auf dem Land. Dort ist die gesamte Medienlandschaft, ist die mediale Diskussion in der Hauptstadt konzentriert.
Das heißt, die meisten der Menschen in Burundi haben eigentlich gar keinen Zugang, keine Chance mit ihren Themen in den Medien stattzufinden oder aus den Medien das herauszuziehen, was sie betrifft.
Mit Unterstützung und Beratung durch die Deutsche Welle Akademie wurde dort die Qualität der Beiträge auf dem Land in den Bürgerradios verbessert. Ein kleines Radio wie „Die Stimme der Frau" ist mittlerweile deutlich professioneller. Das Ziel bei all dem ist, den Frauen auf dem Land in Burundi eine Möglichkeit zu geben, gehört zu werden oder den Staatssendern der Hauptstadt eine Alternative entgegenzusetzen.
Abb. 14, 15: Isabelle Rusuku ©DW Akademie/C. Debrabandère
Abb. 16: Redaktion „Stimme der Frau" ©DW Akademie/C. Debrabandère
Auch dieses Projekt nutzt Instrumente der digitalen Entwicklung. Schon heute vernetzt sich „Stimme der Frau" über soziale Medien mit Sendern in Nachbarländern. Recherchen laufen zunehmend onlinebasiert. Und in nicht allzu ferner Zukunft wird der Sender auch über digitale Wege mit den Hörern kommunizieren.
Von Afrika reisen wir nach Asien. Ich möchte Ihnen Pe Myint vorstellen. Er lebt in Myanmar. Und er ist einer derjenigen, die im neuen Presserat in Myanmar zuständig sind für die Beschwerden der Bürger gegen falsche oder als falsch empfundene Medienberichterstattung. Auch das ist ein Projekt, das wir begleitet haben. Zum Beispiel durch eine Reise nach Deutschland, wo sich die Kollegen aus Myanmar außerordentlich fasziniert zeigten von dem Instrument der Bundespressekonferenz.
Abb. 17, 18: Pe Myint aus Myanmar mit Kollegen in der Bundespressekonferenz ©DW Akademie/Patrick Benning
Denn die Tatsache, dass Journalisten Politiker einladen, um ihnen Rede und Antwort zu stehen, ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was sie kennen. Wenn überhaupt, dann ist es oft anders herum gewesen. Wir haben die Hoffnung, dass solche und andere Eindrücke wirklich dazu beitragen, dass unabhängige Medien entstehen, und man sieht hier an der Interviewsituation, dass es offensichtlich funktioniert.
Weiterhin bauen wir als DW Akademie das ‚Myanmar Journalism Institute‘ auf. Nach jahrelanger Unterdrückung der Pressefreiheit durch die Militärdiktatur wollen wir dazu beitragen, dass sich das Land durch ein funktionierendes Mediensystem weiterentwickelt. Dass es weiter voran geht auf dem Weg zu Pluralität und gelebter Demokratie. Am ‚Myanmar Journalism Institute‘ setzen wir stark auf digitale Aspekte der journalistischen Ausbildung.
Kurse im Digital Storytelling, Mobile Reporting, Techniken der Onlinerecherche – all dies ist für die jungen Menschen, die dort lernen, fast schon selbstverständlich. Als angehende Journalisten erlernen sie noch vor dem Berufseintritt das Einmaleins des zeitgemäßen, in vielerlei Hinsicht überwiegend digitalen Journalismus.
Abb. 19, 20: Myanmar Journalism Institute ©DW Akademie/Patrick Benning
Ähnlich ist es in der Ukraine. Das letzte Beispiel, das ich Ihnen vorstellen möchte. Dascha Tewpitsch ist Bürgerjournalistin und Dokumentarfilmerin. Wir alle sehen es jeden Tag, dass eine andere Form, eine glaubwürdigere Form des Journalismus in der Ukraine nachgefragt wird. Bürgerjournalisten bekommen mehr Bedeutung, weil die großen Staatsmedien immer weiter polarisieren, teilweise nur noch propagandistische Angebote machen.
Abb. 21, 22: Bürgerjournalistin Dascha Tewpitsch ©DW Akademie/Emily Sherwin
Die Menschen rufen nach glaubwürdigen, professionellen Quellen, nach einer unabhängigen Berichterstattung. Wir unterstützen dies, indem wir Bürgerjournalisten qualifizieren. Vergangenes Jahr (2015 d. Red.) konnte mit Hilfe der Deutsche Welle Akademie in der Ukraine die erste Media E-School eröffnet werden. Ein Angebot für Journalisten, nicht nur in den Hauptstädten, sondern in der Region, sich weiter zu professionalisieren. Und zwar nicht über Seminare, wo man wie in der Schule am Tisch sitzt, sondern durch die Kombination von Präsenzkursen und Angeboten im Internet.
Es ist der Start eines neuen Projektes und ein Grundstein für viele Folgeprojekte dieser Art. Gerade erst haben wir ein vergleichbares Projekt in Weißrussland gestartet. In einem Land, in dem das autokratische Regime eine Ausbildung von Medienschaffenden nach aktuellen Standards und Kriterien kaum zulässt. Wir nutzen hier also neue Chancen der digitalen Entwicklung, um Hürden der ganz realen (früher hätten wir vielleicht gesagt: der analogen) Welt zu überwinden. Schon jetzt übertragen wir die digitalen Möglichkeiten des Lernens in unseren Medienbereich. Die Qualifizierung von Journalisten führt letztendlich auch zu besserem Journalismus.
All diese Beispiele zeigen, was uns wichtig ist, wie wir in der DW Akademie Theorie und Praxis verbinden. Wie wir mit Mitteln der Medienentwicklung gesellschaftliche Teilhabe stärken wollen.
Einfacher gesagt: Alle Menschen sollen mit entscheiden können, wie sie ihre Gesellschaft gestalten und weiterentwickeln. Und dazu braucht es a) Information und b) Möglichkeiten sich zu artikulieren. So einfach ist das. Und gleichzeitig doch so schwer umzusetzen. Oftmals sind wir in der Medienentwicklung geradezu gezwungen, technische Neuerungen in all ihren Facetten so früh wie möglich einzusetzen.
Nur so können wir unsere gesteckten Ziele erreichen. Anders herum gesagt: Die digitale Entwicklung versetzt uns in die Lage, in Ländern und Regionen und zu gewissen Themen zu arbeiten, auf die wir früher verzichten mussten. So erlaubt es die erwähnte E-School in der Ukraine, Zielgruppen anzusprechen, zu denen wir sonst keinen Zugang hätten. Auch in Weißrussland bauen wir nach diesem Modell nun eine E-School auf.
Demokratisierung der Berichterstattung durch Mobile Reporting
Früher waren professionelle Kameraausrüstungen schlicht zu teuer für viele Journalisten und Medienunternehmen in Entwicklungsländern. Und so wurde kaum Bewegtbild produziert bzw. nur von sehr finanzstarken, marktbeherrschenden Medienunternehmen bzw. von Staatssendern mit dem Ergebnis einer wenig ausgewogenen Berichterstattung.
Mittlerweile gibt es