Müdigkeitsgesellschaft Burnoutgesellschaft Hoch-Zeit
()
About this ebook
Read more from Byung Chul Han
Fröhliche Wissenschaft
Related to Müdigkeitsgesellschaft Burnoutgesellschaft Hoch-Zeit
Titles in the series (57)
Evidenzterror Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsBRD Noir Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Recht als Hort der Anarchie: Gesellschaften ohne Herrschaft und Staat Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Wirken in den Dingen: Vier Vorlesungen über das Zhuangzi Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie illusorische Gemeinschaft Rating: 5 out of 5 stars5/5Sokrates. Apologie der Pluralität Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPortrait des Managers als junger Autor: Zum Verhältnis von Wirtschaft und Literatur Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSubjekt und Wahrheit Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsInkonsistenzen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAlles und Nichts: Ein Pandämonium digitaler Weltvernichtung Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsEnlivenment. Eine Kultur des Lebens: Versuch einer Poetik für das Anthropozän Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Abenteuer. Der Freund Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFreiheit oder Tod Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDeutsche Philosophie. Ein Dialog Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAdolf Hitlers "Mein Kampf": Zur Poetik des Nationalsozialismus Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGefängnis des Alltäglichen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMüdigkeitsgesellschaft Burnoutgesellschaft Hoch-Zeit Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAbfall: Das alternative ABC der neuen Medien Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsManifeste des Futurismus Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSplitter Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPalliativgesellschaft: Schmerz heute Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsUnort der Sehnsucht: Vom Schreiben der Natur. Ein Bericht Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWas ist deutsch?: Adornos verratenes Vermächtnis Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsÜber das Poetische Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsGute Unterhaltung: Eine Dekonstruktion der abendländischen Passionsgeschichte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWissenschaft als Beruf: Eine Debatte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHegel, der Mensch und die Geschichte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSchönheit der Tiere: Evolution biologischer Ästhetik Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMRX Maschine Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Related ebooks
Transparenzgesellschaft Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsIm Schwarm: Ansichten des Digitalen Rating: 4 out of 5 stars4/5Gute Unterhaltung: Eine Dekonstruktion der abendländischen Passionsgeschichte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAgonie des Eros Rating: 4 out of 5 stars4/5Palliativgesellschaft: Schmerz heute Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHegel, der Mensch und die Geschichte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDeutsche Philosophie. Ein Dialog Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDuft der Zeit: Ein philosophischer Essay zur Kunst des Verweilens Rating: 5 out of 5 stars5/5Adolf Hitlers "Mein Kampf": Zur Poetik des Nationalsozialismus Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAdorno in 60 Minuten Rating: 4 out of 5 stars4/5Warum ist nicht alles schon verschwunden? Rating: 4 out of 5 stars4/5Wie weiter mit ... ?: Adorno, Arendt, Durkheim, Foucault, Freud, Luhmann, Marx, Weber Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Wirken in den Dingen: Vier Vorlesungen über das Zhuangzi Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWas Linke denken: Ideen von Marx über Gramsci zu Adorno, Habermas, Foucault & Co Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie illusorische Gemeinschaft Rating: 5 out of 5 stars5/5Ins Wasser geschrieben Rating: 5 out of 5 stars5/5Die Formen des Vergessens Rating: 3 out of 5 stars3/5Irrnisfuge Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Abenteuer. Der Freund Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSokrates. Apologie der Pluralität Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsUnverfügbarkeit Rating: 4 out of 5 stars4/5Alles und Nichts: Ein Pandämonium digitaler Weltvernichtung Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsKeine Macht der Moral!: Politik jenseits von Gut und Böse Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsMarx in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsÖkologie der Angst Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsHeidegger in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsFreiheit oder Tod Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsZwischen Gut und Böse: Philosophie der radikalen Mitte Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPilatus und Jesus Rating: 4 out of 5 stars4/5k-punk: Ausgewählte Schriften 2004-2016 Rating: 0 out of 5 stars0 ratings
Philosophy For You
Der Staat - Politeia Rating: 3 out of 5 stars3/5Meister Eckhart: Textauswahl und Kommentar von Gerhard Wehr Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsRomantische Lieder Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsWittgenstein in 60 Minuten Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAlso sprach Zarathustra Rating: 4 out of 5 stars4/5Epikur in 60 Minuten Rating: 5 out of 5 stars5/5Demian Rating: 4 out of 5 stars4/5Michael Endes Philosophie im Spiegel von "Momo" und "Die unendliche Geschichte" Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie 5 Level des Taijiquan: nach Großmeister Chen Xiaowang kommentiert von Jan Silberstorff Rating: 5 out of 5 stars5/5PLATON - Gesammelte Werke Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPsychologie der Massen (Grundlagenwerk der Sozialpsychologie) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsI GING: Das Buch der Wandlungen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsNietzsche in 60 Minuten Rating: 5 out of 5 stars5/5Die fröhliche Wissenschaft: la gaya scienza Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsTractatus logico-philosophicus (Logisch-philosophische Abhandlung) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDas Abenteuer. Der Freund Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsSokrates. Apologie der Pluralität Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsAdorno in 60 Minuten Rating: 4 out of 5 stars4/5Handbüchlein der Moral Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsDie Philosophie der Freiheit Rating: 5 out of 5 stars5/5Das Kapital: Band 1-3 (Mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen) Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsI Ging: klassisches chinesisches philosophisches Orakel – Das Buch der Wandlungen Rating: 0 out of 5 stars0 ratingsPsychologie der Massen Rating: 4 out of 5 stars4/5Die Kunst des Krieges: Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft Rating: 4 out of 5 stars4/5
Reviews for Müdigkeitsgesellschaft Burnoutgesellschaft Hoch-Zeit
0 ratings0 reviews
Book preview
Müdigkeitsgesellschaft Burnoutgesellschaft Hoch-Zeit - Byung-Chul Han
Byung-Chul Han
Müdigkeitsgesellschaft
Burnoutgesellschaft
Hoch-Zeit
Inhaltsverzeichnis
Müdigkeitsgesellschaft
Der müde Prometheus
Die neuronale Gewalt
Jenseits der Disziplinargesellschaft
Die tiefe Langeweile
Vita activa
Pädagogik des Sehens
Der Fall Bartleby
Müdigkeitsgesellschaft
Anhang
Burnoutgesellschaft
Hoch-Zeit
Anmerkungen
Impressum
Müdigkeitsgesellschaft
Der müde Prometheus
Vorwort
Der Mythos des Prometheus lässt sich zu einer Szene des psychischen Apparats des heutigen Leistungssubjekts umdeuten, das sich selbst Gewalt antut, das mit sich selbst Krieg führt. Das Leistungssubjekt, das sich in Freiheit wähnt, ist in Wirklichkeit gefesselt wie Prometheus. Der Adler, der an seiner ständig nachwachsenden Leber frisst, ist sein Alter Ego, mit dem es Krieg führt. So gesehen, ist das Verhältnis von Prometheus und Adler ein Selbstverhältnis, ein Verhältnis der Selbstausbeutung. Der Schmerz der an sich schmerzlosen Leber ist die Müdigkeit. So wird Prometheus als Subjekt der Selbstausbeutung von einer endlosen Müdigkeit erfasst sein. Er ist die Urfigur der Müdigkeitsgesellschaft.
In der sehr kryptischen Erzählung »Prometheus« unternimmt Kafka eine interessante Umdeutung des Mythos: »Die Götter wurden müde, die Adler wurden müde, die Wunde schloß sich müde.« Kafka schwebt hier eine heilende Müdigkeit vor, eine Müdigkeit, die nicht Wunden aufreißt, sondern sie schließt. Die Wunde schloss sich müde. Auch der vorliegende Essay mündet in die Betrachtung einer heilenden Müdigkeit. Sie ist jene Müdigkeit, die nicht von einer hemmungslosen Aufrüstung, sondern von einer freundlichen Abrüstung des Ich herrührt.
Die neuronale Gewalt
Jedes Zeitalter hat seine Leitkrankheiten. So gibt es ein bakterielles Zeitalter, das aber spätestens mit der Erfindung der Antibiotika zu Ende gegangen ist. Trotz unübersehbarer Angst vor grippaler Pandemie leben wir heute nicht im viralen Zeitalter. Wir haben es dank immunologischer Technik bereits hinter uns gelassen. Das beginnende 21. Jahrhundert ist, pathologisch gesehen, weder bakteriell noch viral, sondern neuronal bestimmt. Neuronale Erkrankungen wie Depression, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsyndrom (ADHS), Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) oder Burnout-Syndrom (BS) bestimmen die pathologische Landschaft des beginnenden 21. Jahrhunderts. Sie sind keine Infektionen, sondern Infarkte, die nicht durch die Negativität des immunologisch Anderen, sondern durch ein Übermaß an Positivität bedingt sind. So entziehen sie sich jeder immunologischen Technik, die darauf angelegt ist, die Negativität des Fremden abzuwehren.
Das vergangene Jahrhundert ist ein immunologisches Zeitalter. Es ist eine Epoche, in der eine klare Trennung von Innen und Außen, von Freund und Feind oder von Eigenem und Fremdem vorgenommen wurde. Auch der Kalte Krieg folgt diesem immunologischen Schema. Ja das immunologische Paradigma des vergangenen Jahrhunderts ist selbst durchgehend vom Vokabular des Kalten Krieges, von einem regelrecht militärischen Dispositiv beherrscht. Angriff und Abwehr bestimmen das immunologische Handeln. Diesem immunologischen Dispositiv, das über das Biologische hinaus auf das Soziale, auf die gesamtgesellschaftliche Ebene übergreift, ist eine Blindheit eingeschrieben: Abgewehrt wird alles, was fremd ist. Der Gegenstand der Immunabwehr ist die Fremdheit als solche. Selbst wenn der Fremde keine feindliche Absicht hat, selbst wenn von ihm keine Gefahr ausgeht, wird er aufgrund seiner Andersheit eliminiert.
In letzter Zeit erschienen diverse Gesellschaftsdiskurse, die sich ausdrücklich immunologischer Erklärungsmuster bedienen. Die Aktualität des immunologischen Diskurses lässt sich jedoch nicht als Zeichen dafür deuten, dass die Gesellschaft von heute mehr denn je immunologisch organisiert ist. Dass ein Paradigma eigens zum Gegenstand der Reflexion erhoben wird, ist oft ein Zeichen seines Unterganges. Unbemerkt vollzieht sich seit einiger Zeit ein Paradigmenwechsel. Das Ende des Kalten Krieges fand gerade im Zuge dieses Paradigmenwechsels statt.¹ Die Gesellschaft gerät heute zunehmend in eine Konstellation, die sich dem immunologischen Organisations- und Abwehrschema ganz entzieht. Sie zeichnet sich durch das Verschwinden der Andersheit und Fremdheit aus. Die Andersheit ist die Grundkategorie der Immunologie. Jede Immunreaktion ist eine Reaktion auf die Andersheit. Heutzutage aber tritt an die Stelle der Andersheit die Differenz, die keine Immunreaktion hervorruft. Die postimmunologische, ja postmoderne Differenz macht nicht mehr krank. Auf der immunologischen Ebene ist sie das Gleiche.² Der Differenz fehlt gleichsam der Stachel der Fremdheit, der eine heftige Immunreaktion auslösen würde. Auch die Fremdheit entschärft sich zu einer Konsumformel. Das Fremde weicht dem Exotischen. Der Tourist bereist es. Der Tourist oder der Konsument ist kein immunologisches Subjekt mehr.
So legt auch Roberto Esposito seiner Theorie der Immunitas eine falsche Annahme zugrunde, wenn er feststellt: »An jedem beliebigen Tag der letzten Jahre konnte es vorkommen, dass in den Zeitungen, vielleicht sogar auf ein und derselben Seite, über dem Anschein nach verschiedenartige Ereignisse berichtet wurde. Was haben Phänomene untereinander gemein, wie der Kampf gegen das Aufflammen einer neuen Epidemie, der Widerstand gegen das Gesuch auf Auslieferung eines fremden Staatsoberhaupts, das der Verletzung der Menschenrechte beschuldigt wird, die Verstärkung der Bollwerke gegen die illegale Einwanderung und die Strategien, die auf die Neutralisierung des neuesten Computervirus abzielen? Nichts, solange man sie innerhalb ihrer jeweiligen, voneinander getrennten Bereiche liest, der Medizin, dem Recht, der Gesellschaftspolitik und der Computertechnologie. Die Dinge ändern sich allerdings, wenn man sie auf eine Interpretationskategorie bezieht, deren ureigene Besonderheit gerade in der Fähigkeit liegt, jene Partikularsprachen transversal zu durchschneiden und auf ein und denselben Sinnhorizont zu beziehen. Wie aus dem Titel dieses Bandes ersichtlich, setze ich diese Kategorie als die der ›Immunisierung‹. (...) Die oben angesprochenen Ereignisse lassen sich, ungeachtet ihrer lexikalischen Dishomogenität, sämtlich auf eine Schutzreaktion gegenüber einem Risiko zurückführen.«³ Keines der Ereignisse, die Esposito erwähnt, deutet darauf hin, dass wir uns mitten im immunologischen Zeitalter befinden. Auch der sogenannte »Einwanderer« ist heute kein immunologisch Anderer, kein Fremder im emphatischen Sinne, von dem eine wirkliche Gefahr ausginge oder vor dem man Angst hätte. Einwanderer oder Flüchtlinge werden eher als Belastung denn Bedrohung empfunden. Auch dem Problem