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Das Haus Zamis 22 - Die Geliebte aus dem Totenreich
Das Haus Zamis 22 - Die Geliebte aus dem Totenreich
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Das Haus Zamis 22 - Die Geliebte aus dem Totenreich

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About this ebook

Gibt es einen "Maulwurf" innerhalb der Schwarzen Familie? Jemanden, der den Oppositionsdämonen Interna aus dem engsten Familienkreis verrät? Coco bleibt nicht mehr viel Zeit, um darüber zu spekulieren, denn plötzlich meldet sich ihre verschollene Mutter, Thekla, in Wien zurück. Doch die Tochter Asmodis, die sich stets im Hintergrund und im Schatten ihres Mannes hielt, hat sich auf seltsame Weise verändert ...

Der 22. Band von "Das Haus Zamis".

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
61: "Die Geliebte aus dem Totenreich"
62: "Das Tor zur Nacht"
LanguageDeutsch
Release dateJul 1, 2013
ISBN9783955722227
Das Haus Zamis 22 - Die Geliebte aus dem Totenreich

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    Das Haus Zamis 22 - Die Geliebte aus dem Totenreich - Uwe Voehl

    Die Geliebte aus dem Totenreich

    Band 22

    Die Geliebte aus dem Totenreich

    von Catalina Corvo und Logan Dee

    nach einer Story von Uwe Voehl

    © Zaubermond Verlag 2013

    © Das Haus Zamis – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Lektorat: Dario Vandis

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend versucht sie den Menschen, die in die Fänge der schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt. Auch von anderer Seite droht Asmodi Ungemach. Unzufrieden mit seiner Herrschaft, hat sich ein Geheimbund oppositioneller Dämonen gebildet, dessen Mitglieder maskiert in der Öffentlichkeit auftreten und Asmodi zum Rückzug auffordern. Da der Fürst dies strikt ablehnt, scheint ein offener Krieg unter den Dämonen unausweichlich.

    In dieser Situation tötet Cocos Mutter Thekla Zamis unter dem Einfluss Asmodis die Dämonin Traudel Medusa – die nicht nur Michael Zamis' Geliebte war, sondern auch ein hohes Mitglied der Oppositionsdämonen. Die Oppositionellen rufen zum Rachefeldzug ... aber mit Cocos Hilfe gelingt es Michael Zamis, seine Unschuld zu beweisen. Dennoch sind die Oppositionellen nicht länger an seiner Unterstützung interessiert. Stattdessen ist es plötzlich Coco, die von ihnen hofiert wird. Als sie dem maskierten Anführer der Oppositionsdämonen bei einem Treffen in Rumänien klarmacht, dass sie kein Interesse an den politischen Intrigen der Dämonen hat, verpasst er ihr ungefragt ein »Permit« – ein magisches Tattoo in Form eines zweiköpfigen Adlers. Einst, wenn die Oppositionellen die Macht in der Schwarzen Familie übernommen hätten, werde ihr dieses Permit Schutz gewähren ...

    Als hätten die Zamis nicht Probleme genug, beginnt sich plötzlich auch Georg merkwürdig zu benehmen. Er scheint in ein Mädchen verliebt, das nicht zur Schwarzen Familie gehört. Vor allem Michael Zamis befürchtet, Georg könnte in Cocos Fußstapfen treten. Georg, zur Rede gestellt, schweigt eisern. Michael Zamis ist sauer, denn eigentlich hat er ganz andere Sorgen: Über Cocos geheimnisvolles Permit wird ihm ein Ultimatum gestellt: Er bekommt eine letzte Chance, sich zu bewähren. Wenn er auch das nicht schaffe, so würde man ihm keine weitere Chance mehr geben. Sowohl Georgs Anwandlungen als auch Michael Zamis' Aufgabe hängen eng mit Georgs Vergangenheit zusammen.

    Mit etwa acht Jahren zeigte sich ihm sein wahrer Vater zum ersten Mal: Michael Zamis klärte ihn auf, dass er in Wahrheit ein Dämon ist. Michaels Gegner versuchten jedoch, diesen Sohn zu finden und zu töten. Daher verfiel Michael auf einen Trick. Seine Magie bewirkte, dass Georg äußerlich ein Achtjähriger blieb …

    Letztlich erweist sich die Frau, mit der sich Georg trifft, als todbringende Falle der Oppositionsdämonen. Nur mit vereinten Kräften können die Zamis sie vernichten.

    Das Ereignis bewirkt, dass sich Georg seiner Vergangenheit stellt. Zusammen mit Coco reist er nach Sylt, wo er jahrelang in einem dämonischen Waisenhaus ausgebildet wurde. Dieses ist inzwischen eine Art Ausbildungsstätte der Oppositionsdämonen. Beim traditionellen Biikebrennen kommt es zu Übergriffen auf die Verbündeten Asmodis. Überall auf der Insel lodern die Feuer und werden die Anhänger Asmodis auf Scheiterhaufen verbrannt. Coco und Georg entkommen nur in letzter Minute – dank des Dämons mit dem doppelten Adlerkopf, den Coco mithilfe des Permits anruft.

    Asmodi beordert seine Tochter Thekla Zamis nach Istanbul, wo sie den Oppositionsdämonen ein ganz bestimmtes Angebot unterbreiten soll. Thekla Zamis dringt bis zu dem Anführer der Oppositionsdämonen vor – doch sie muss erkennen, dass der schmerzvolle Weg bis dahin nur der Anfang war …

    Gleichzeitig glaubt Michael Zamis zu wissen, wer sich hinter dem »Dämon ohne Gesicht« verbirgt – dem Anführer der gegnerischen Seite. Er schickt Coco zum Brocken, damit diese dort nach einem Relikt der Vergangenheit forscht. Cocos Pech ist, dass dies ausgerechnet zur Walpurgisnacht geschieht. Traditionell versammeln sich in dieser Nacht hier nicht nur die Touristen, sondern auch echte Dämonen zum traditionellen Schwarzen Sabbat. Ehe sich Coco versieht, wird aus einem ganz normalen Ausflug eine Nacht auf Leben und Verderben …

    Erstes Buch: Die Geliebte aus dem Totenreich

    Die Geliebte aus dem Totenreich

    von Catalina Corvo

    nach einer Story von Uwe Voehl

    1.

    London, Gegenwart

    Der Mann röchelte.

    »Du musst mir helfen!«

    »Könntest du bitte im Flur verrecken? Der Flokati verträgt kein Blut. Den habe ich erst letzte Woche von Sotheby's …«

    »Lydia!«

    »Was denn? Der war teuer.«

    »Ich … brauche … Hilf…«

    »Zum Teufel ja, bevor du mir die Wohnung gänzlich ruinierst.«

    Mit demonstrativ geschürzten Lippen kniete sich Lydia Zamis zu ihrem Spielzeug. Sie korrigierte sich in Gedanken. Ex-Spielzeug. Jetzt war es beschädigt und nicht mehr brauchbar. Ihr schnell gemurmelter Heilzauber konnte zwar die Wunden nicht regenerieren, die der Blutstrahl ihm geschlagen hatte, aber zumindest hielt er die schleichende Verschlimmerung und die rasenden Schmerzen auf, die derartige Verletzungen mit sich brachten. Zumindest für den Augenblick. Wie Alfred die drei Hiebwunden gänzlich wieder loswurde, die jetzt seinen Oberkörper verunstalteten, war nicht Lydias Problem. Es war ja nicht so, dass sie ihn gezwungen hatte im Mollusca in den Ring zu steigen.

    Genau genommen doch, aber was konnte sie dafür, dass Alfred alles tat, was sie von ihm verlangte? Dieser Trottel glaubte wirklich, dass eine Zamis ihm loyal war, nur weil sie ihn für kurze Zeit als Gespielen erwählt hatte. Lydia kicherte verächtlich.

    Alfred war nur ein Werwolf. Kein besonders beeindruckendes Material, aber wenigstens brachte er es im Bett einigermaßen. Allerdings war Lydia seiner Gesellschaft nach achtundvierzig Stunden überdrüssig. Darum hatte sie auch vor drei Stunden mit ihm Schluss gemacht. Natürlich war er vor ihr auf die Knie gefallen, hatte sie angefleht, ihm noch eine Chance zu geben und ihr geschworen, alles für sie zu tun. Weil er sie ja so sehr liebte. Das Übliche eben.

    Spaßeshalber hatte sie verlangt, dass er bei den tödlichen Dämonenkämpfen im Keller des Klubs Mollusca sein Leben aufs Spiel setzte. Zu Lydias Leidwesen hatte Alfred Glück gehabt und tatsächlich drei Minuten gegen den japanischen Oni mit dem Blutschwert durchgehalten. Wie viel Glück konnte jemand eigentlich haben?

    Alfreds Überleben hatte ihr die Laune verdorben. Lydia war gegangen. Keine Stunde später hatte er vor ihrer Tür gehockt und eine lautstarke Szene gemacht, bis sie ihn schließlich hereingelassen hatte. Aber mehr als die kleine Gefälligkeit eines Heilzaubers war nicht drin.

    »Verschwinde!«, zischte sie. »Ich habe noch Wichtigeres zu tun.«

    »Aber meine Herrin, ich habe nur für dich …«

    »Und du hast verloren.« Lydia erhob sich, ohne Alfreds zusammengekrümmte Gestalt noch eines Blickes zu würdigen. »Du bist erbärmlich. Verzieh dich endlich und leck deine Wunden, Wolfi. Ich komme auf dich zurück.«

    Lydia ließ sich wieder auf der bequemen Chaiselongue aus weißem Leder nieder.

    Alfred starrte sie eine Weile fassungslos an, schleppte sich dann aber gehorsam zur Tür. Braves Hundchen. Lydia verfolgte seinen Abgang mit einem herablassenden Lächeln, als das Telefon klingelte.

    Lydia hob ab. »Ja?«

    Einige Sekunden lang antwortete ihr Stille, dann sagte eine dunkle Männerstimme »Du weißt, wer hier ist.«

    Lydias Herz schlug schneller. Wie immer verursachte ihr seine tiefe Stimme eine Gänsehaut. Er rief tatsächlich an. Damit hatte sie nach dem Desaster bei ihrer letzten Verabredung nicht mehr gerechnet.

    »Was willst du?«, fragte sie betont gelangweilt, aber es gelang ihr nicht vollständig, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.

    »Komm doch heute vorbei.«

    Die vier Worte verdoppelten Lydias Pulsschlag noch einmal. »Wegen dieser Sache«, fuhr er fort. »Ich bespreche das nicht am Telefon. Aber du verstehst schon. Es ist ein Platz vakant. Du bist dabei, wenn du deine Sache heute gut machst.«

    »Oh.« Lydia fuhr sich durchs Haar. Das war das Angebot, auf das sie so lange gewartet hatte. Die Verbindung, die es ihr ermöglichte, endlich aus dem Schatten ihres Vaters und der allzu schlauen Schwester herauszutreten. »Wann soll ich da sein?«

    »Am besten vor einer halben Stunde«, erwiderte das andere Ende der Leitung trocken. »Und bring ein Gastgeschenk mit. Denk daran, gewöhnliches Blut reicht nicht.«

    Ein Klicken in der Leitung beendete den Kontakt. Lydia verblieb grübelnd. Ihre edel manikürten Fingernägel gruben sich in das Leder der Armlehne. Ihre Gedanken rasten. Mehr als gewöhnliches Blut. Schwarzes Blut. Das meinte er. Sie brauchte ein Opfer, und zwar in den nächsten Minuten. Es war viel verlangt, aber es gab auch so viel zu gewinnen.

    Das Klappen der Haustür riss Lydia aus ihren Gedanken. Hastig sprang sie auf.

    »Warte, Wolfi. Ich hab's mir anders überlegt. Wir gehen heute noch aus, du und ich.«

    Wien, Gegenwart

    Immer deutlicher spürte ich die andere Präsenz. Sie durchdrang meinen unruhigen Schlaf und sickerte in meine Träume wie der enervierende Summton einer Mücke in einer drückenden Juninacht. Ich wälzte mich hin und her, taumelnd auf der Grenze zwischen Schlaf und Wirklichkeit.

    Schließlich sang das Summen ein Wort.

    »Coco.«

    »Mutter?«

    Ich schlug die Augen auf. Entsetzt starrte ich den Schatten an, der an meinem Bett verharrte wie eine verblasste Fotografie. War ich wirklich von einer kalten Berührung aus dem Schlaf geschreckt worden, oder lag ich noch reglungslos und träumte das alles nur? Der Schatten bewegte sich nicht. Draußen schlug eine Turmuhr zwei klagende Töne. Die Erscheinung war ohne Substanz, ein Schemen bloß, und doch vertraut.

    »Mutter?«

    »Ja, ich bin es, Kind.« Leer und hohl wehte der Laut zu mir wie ein Echo, das durch einen langen, dunklen Tunnel hallte, dennoch war es unverkennbar Mutters Stimme. »Sorge dich nicht«, flüsterte der Schatten. »Unternimm nichts. Die Zeit spielt für uns. Aber bis wir uns wiedersehen, beschütz deinen Vater und traue nie – er ist hier!«

    »Wer?«

    Der Schatten bebte, veränderte seine Konturen. Etwas drang daraus hervor. Kam auf mich zu. Ich saß wie gelähmt in meinem Bett. Konnte mich nicht rühren. Nicht einmal schreien. Meine Brust wurde schwer. Ein dunkler Ton summte in meinen Ohren. Wie das Brummen eines riesigen Insekts. Die Schwärze kam näher. Waren es Finger, die gierig nach mir tasteten? Ein kalter Hauch an meinem Hals. Entsetzen packte mich. Noch immer war ich zu keiner Regung fähig, konnte auch meine magischen Sinne nicht einsetzen.

    Plötzlich schlug etwas gegen das Fenster. Aus den Augenwinkeln sah ich eine huschende Bewegung. Als ich mich wieder auf den Schatten konzentrierte, war er verschwunden. Mein Zimmer war leer. Ich konnte freier atmen, mich rühren. Sofort sprang ich auf.

    Einige Sekunden lang schwebte eine magische Energie in der Luft, verflüchtigte sich aber, während ich noch versuchte, sie zu analysieren. Ich hatte keine Chance, den Zauber zu erkennen, der hier gewirkt hatte. Also folgte ich der zweiten Spur und lief zum Fenster. Draußen erkannte ich nur unseren Garten. Ruhig und schweigend erstreckte er sich vor mir. Keine Spur eines Eindringlings. Auch mit meinen magischen Sinnen konnte ich keine fremde Präsenz dort draußen spüren. Keine unserer Fallen hatte reagiert.

    Um ganz sicher zu sein, dass ich nichts übersah, öffnete ich vorsichtig das Fenster und spähte argwöhnisch hinaus. Dann lehnte ich mich vor und sah nach oben. Schließlich wollte ich keinen Angriff im Nacken über mich ergehen lassen. Da alles unverdächtig aussah, ließ ich meinen Blick ausführlicher über die Fassade schweifen. Doch auch dort war nichts Besonderes zu erkennen. Lediglich auf der Veranda erspähte ich einen kleinen, schwarzen Fleck.

    Als ich nur Minuten später auf die Veranda trat, begriff ich, dass es sich um eine tote Krähe handelte. Mit aufgerissenem Schnabel starrte sie mich aus leblosen Augen an. Sofort kehrte ich ins Haus zurück. Ich musste Vater von all dem berichten.

    2.

    Wien, 1939 (Georg)

    Ich beobachtete den toten Vogel einige Minuten lang. Mit ausgebreiteten Schwingen hing das graue Ding in den Rosensträuchern. Langsam arbeiteten sich die Dornen durch sein Gefieder. Seit die Taube heute Morgen in dem Busch verendet war, schimmerten die Blüten intensiver. Zarte Knospen, gestern noch fest geschlossen, hatten sich geöffnet.

    »Georg«, erklang hinter mir die Stimme meines Vaters. »Folge mir.«

    Während ich in Vaters Kielwasser ins Wohnzimmer stiefelte, ging ich alle meine Sünden der letzten Tage durch. Wies er mich jetzt zurecht, weil ich am vergangenen Abend versucht hatte, die magischen Sicherungen an der Kellertür zu überwinden, während Vater und Thekla außer Haus waren? Oder hatte er herausgefunden, dass ich neulich einer Straßenkatze ein drittes Auge angehext hatte?

    Das Vieh hatte ohnehin nur wenige Minuten danach das letzte seiner neun Leben ausgehaucht.

    Oder war es die Sache mit der Ratte in der Zigarrenkiste?

    Vater nahm in seinem Lieblingssessel Platz. Mir erschien er wie ein Richterstuhl.

    »Nun bist du zur Ruhe gekommen und konntest über den Tod deiner Freundin noch einmal ausführlich nachdenken.« Vater sprach unbewegt, als diskutiere er das Wetter oder die aktuelle Wirtschaftslage. »Du hast hoffentlich einiges daraus gelernt.«

    Ich nickte. Das hatte ich. Ich hatte gelernt, dass es nicht nur von Nachteil war, an gewöhnlichen Sterblichen zu hängen, sondern auch unseresgleichen durfte man keine Sympathie entgegenbringen. Die Enttäuschung schmerzte immer gleich.

    »Dann ist dir sicherlich klar, dass dein Alleingang in die Kanalisation unreif und riskant war. Auch wenn es sich letztlich positiv ausgewirkt hat, dass du Lena retten wolltest, gefährdest du durch deine Alleingänge den Erfolg meiner Unternehmungen. Glück allein ist der Grund, dass du unserer Familie nicht geschadet hast. Du musst auch an Thekla denken. Wir drei sind jetzt eine Familie, Georg.«

    Vater machte eine erwartungsvolle Pause. Ich nickte noch einmal, da anscheinend Zustimmung gefordert war. Dennoch verstand ich Vaters Schwenk zum Familienglück nicht. Ich kannte Thekla kaum. Sie war ständig außer Haus. Beziehungen pflegen nannte Vaters das. Und wenn meine Stiefmutter anwesend war, dann hielt sie sich zurück. Meine Erziehung überließ sie Vater. In unseren vier Wänden war Vaters Frau sehr zurückhaltend, aber ich vermochte nicht zu sagen, ob das wirklich ihrem Charakter entsprach oder sie Vater die devote Ehefrau nur vorspielte.

    »Eine Dämonenfamilie hält stärker zusammen als Pech und Schwefel. Du hast das aber anscheinend noch immer nicht begriffen, Georg, da dir dieses Mädchen wichtiger war als unser Wohl.«

    Urplötzlich stand Vater auf. Sein finsterer Blick brannte sich in meine Seele und überzeugte mich, dass er alles wusste. Jeden Unsinn, den ich angestellt hatte, ja vielleicht sogar jeden rebellischen Gedanken, den ich jemals zu denken gewagt hatte.

    Vaters Lippen waren fest zusammengepresst, seine Augen verengten sich. Langsam ballte er die Hand zur Faust. Und da sah ich nicht mehr Michael Zamis vor mir, sondern einen anderen grimmigen Plagegeist, an den ich schon lange nicht mehr gedacht hatte. Noch einmal hörte und roch ich den schweren Bieratem, sah das fleckige Hemd, den Bierbauch, die ausgeleierten Hosenträger. Schwielige, fette Hände, die den Gürtel vom Hosenbund entfernten. Wütendes Knurren. Mein Name fiel. Ich war klein und hilflos. Kraftlos. Ausgeliefert. Gleich hoben die Pranken den Gürtel und …

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