Das Haus Zamis 37 – Der Racheengel
By Oliver Fröhlich and Logan Dee
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About this ebook
Der 37. Band von "Das Haus Zamis".
"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer
enthält die Romane:
90: "Der Racheengel"
91: "Das Schwarze Zimmer"
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Das Haus Zamis 37 – Der Racheengel - Oliver Fröhlich
Der Racheengel
Band 37
Der Racheengel
von Rüdiger Silber, Diana Dark und Oliver Fröhlich
nach einer Story von Uwe Voehl
© Zaubermond Verlag 2014
© Das Haus Zamis – Dämonenkiller
by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Lektorat: Reinhard Schmidt
Titelbild: Mark Freier
eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur
http://www.zaubermond.de
Alle Rechte vorbehalten
Was bisher geschah:
Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.
Nach jahrelangen Scharmützeln scheint endlich wieder Ruhe einzukehren: Michael Zamis und seine Familie festigen ihre Stellung als stärkste Familie in Wien, und auch Asmodi findet sich mit den Gegebenheiten ab. Coco Zamis indes hat sich von ihrer Familie offiziell emanzipiert. Das geheimnisvolle »Café Zamis«, dessen wahrer Ursprung in der Vergangenheit begründet liegt und innerhalb dessen Mauern allein Cocos Magie wirkt, ist zu einem neutralen Ort innerhalb Wiens geworden. Menschen wie Dämonen treffen sich dort – und manchmal auch Kreaturen, die alles andere als erwünscht sind …
Kaum hat sich Coco Zamis mit dem Café Zamis in Wien etabliert, kündigt sich neues Unheil an: Ihr verschwundener Bruder Volkart schwebt in Gefahr. Schon einmal befand er sich in der Gewalt eines Nekromanten, von dem er sich erhofft hatte, seinen vor Jahren ermordeten Zwillingsbruder Demian zum Leben zu erwecken.
Gleichzeitig macht ein Schwarm Raben die Metropole unsicher. In ihrem Gefolge erscheinen die geheimnisvollen Todesboten. Sie übergeben den drei mächtigsten Dämonen Wiens das Schwarze Siegel:
Eine Woche haben sie noch zu leben. Doch die drei hießen nicht Skarabäus Toth, Michael und Coco Zamis, wenn sie sich kampflos fügen würden. Sie schließen einen Pakt, denn nur gemeinsam haben sie eine Chance, das Todesurteil abzuwenden.
Keiner von den dreien traut dem anderen über den Weg, doch der Pakt, den sie eingegangen sind, ist stärker als ihr gegenseitiges Misstrauen. Mit vereinten Kräften gelingt es ihnen, die Todesboten zu vernichten.
Doch Coco Zamis hat die Rechnung ohne Asmodi gemacht. Der Fürst der Finsternis besitzt ihr noch ungeborenes Kind als Pfand. Während die junge Hexe bisher sicher war, dass sie es von dem Verräter Dorian Hunter empfangen hat, behauptet Asmodi, dass er es ist, der sie geschwängert hat.
Um ihr ungeborenes Kind wiederzuerlangen, begibt sie sich in Asmodis Hände.
Und der Fürst der Finsternis hat eine ganz besondere Aufgabe für sie:
Als sein Racheengel entsendet er sie nach Moskau.
Doch das Ultimatum läuft. Die Zeit wird knapp.
Erstes Buch: Das Schwarze Zimmer
Das Schwarze Zimmer
von Diana Dark (Vergangenheit)
und Rüdiger Silber (Gegenwart)
nach einer Story von Uwe Voehl
1.
Es waren die Worte Gottes, die an das Gehör der jungen Hexe drangen:
Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; unter Schmerzen sollst du Kinder gebären.
Eine große, schweißglänzende Wölbung aus gestraffter Bauchhaut versperrte ihr den Blick auf das, was zwischen ihren weit geöffneten Beinen vor sich ging.
Und dein Wille soll deinem Mann unterworfen sein, und er soll dein HERR sein!
Die zürnenden Worte Gottes waren es, mit denen er Eva aus dem Paradies vertreibt.
Doch die Stimme, die die Worte in höhnischem Triumph sprach, gehörte Asmodi.
Asmodi … und Gott: Für die Hexe existierte zwischen dem Fürsten der Dämonen und dem Gebieter des Universums ohnehin kein Unterschied mehr.
Asmodi stand aufragend zwischen ihren gespreizten Schenkeln und beobachte mit garstigem Grinsen, was dem eigenen Blick der jungen Hexe aufgrund des geschwollenen Bauchs entzogen war. Die gewölbte Bauchdecke regte und beulte sich wie ein zugeschnürter Sack, in dem ein Wurf Welpen oder Ferkel zappelt. Die Schmerzen waren grauenvoll. Das waren keine normalen Geburtswehen, so viel war der Hexe klar. Vielmehr glichen sie der Folter, die sie einst durchlitten hatte, als Achthon, der dämonische Balg des furchtbaren Comte de Guedelon, ihrem Leib entschlüpft war.
Jetzt flauten die Bewegungen unter der blasenförmigen, zum Platzen gespannten Bauchdecke ab. Sie zeigte keine Ausstülpungen mehr. Doch die Schmerzen ließen nicht nach. Sie verlagerten nur ihr Zentrum … und steigerten sich noch!
Gequält spürte die Hexe, wie ein Schwall warmer Flüssigkeit zwischen ihren Beinen hervorschoss. Zugleich senkte sich die Wölbung der Bauchdecke ganz langsam. Fingerbreit um Fingerbreit gab sie der Hexe den Blick auf das frei, was aus ihrem Inneren ins Freie kroch.
Sie hätte ihr Grauen hinausgeschrien. Doch die junge Hexe schrie ja schon vor Schmerz, so laut Lunge und Stimmbänder konnten.
Wer der Vater der Ausgeburt war, ließ sich nicht ersehen … außer dass er ein Monster sein musste. Aber das war nicht das Schrecklichste. Viel schrecklicher war, dass man der Missgestalt auf den ersten Blick die Mutter ansah. Denn das nasse, blutverklebte Ungeheuer, das gerade mit spitzen Zähnen die Nabelschnur durchnagte, besaß eine groteske Mischung aus Pitbullschnauze und dem Gesicht der jungen Hexe.
Aus böse glimmenden Augenschlitzen belauerte es die Frau, die es zur Welt gebracht hatte. Sowie die Nabelschnur durchtrennt war, kroch es auf ihren geschrumpften Bauch und begann den Schweiß aufzulecken.
Asmodi beugte sich vor. In seiner Faust schimmerte eine Harpyienkralle. Er bohrte sie in den Bauch der Hexe und schlitze Haut, Fett- und Muskelgewebe fingerlang auf. »Nun atze dich, mein Sohn«, sprach er und kraulte den Bastard unter der unförmigen Kinnlade. »Auf dass du groß und stark und grausam wirst!«
Und wie ein Terrier, der in einen zu engen Kaninchenbau vordringt, wühlte der Bastard sich durch den blutigen Spalt in die Hexe hinein.
Gegenwart
Ich erwachte mit einem hellen, spitzen Schrei. Keuchend schnappte ich nach Luft.
Natürlich war es nur ein Traum gewesen. Dennoch war ich schweißgebadet. Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Dann blickte ich meinen Nebenmann zur Linken an, der in derselben Reihe, aber auf der anderen Seite des Mittelganges saß. Er hatte irgendetwas zu mir gesagt. Zwar auf Russisch, aber mit einem Zungenschlag oder in einem Dialekt, den ich nicht verstand. Offenbar war mein Schrei laut genug gewesen, um ihn von dem Bordfilm abzulenken, den er sich ansah. Ich versuchte ein Lächeln. »Spasibo! U menya vsyo horosho«, nickte ich. ›Danke! Mir geht's gut‹, hatte ich ihm auf Russisch zu verstehen gegeben.
Der Mann nickte zurück und setzte dem Kopfhörer wieder auf. Erneut richtete er den Blick auf den kleinen Bildschirm, der über einem Schwenkarm an der Seitenarmlehne des Nachbarsitzes befestigt war.
Auch weitere Flugreisende, die sich nach mir umgewandt hatten, sowie die herzueilende Stewardess beruhigte ich mit dem gezwungenen Lächeln.
Ich befand mich an Bord des Direktfluges von Wien-Schwechat nach Moskau-Domodedowo.
Leider reiste ich in Gesellschaft.
»Ich habe Sie betrachtet, Fräulein Coco«, tönte es rechts von mir. »Sie sahen so unschuldig aus im Schlaf! Aber der kleine, entzückte Schrei, mit dem Sie eben aufgewacht sind, dieses erregende Keuchen, das zwischen ihren Lippen hervordrang – das klang überhaupt nicht mehr unschuldig! Und Sie sind ja ganz verschwitzt! Wovon haben Sie bloß geträumt?«
Ich schloss wieder die Augen und schwieg. Ich ahnte bereits, was als Nächstes kommen würde.
»Handelte der Traum etwa von mir?«
Bingo!
»Ihr Erröten beweist es: Sie haben von mir geträumt.«
Als ich auch darauf nichts erwiderte, fuhr er fort: »Woher ich das wusste? Weil auch ich keuche und schwitze, wenn ich von Ihnen träume!«
Mein Reisebegleiter hieß Helmut von Bergen – Fürst Helmut von Bergen. Er gehörte zur Schwarzen Familie. Asmodi hatte uns zusammengespannt. Noch so eine Schurkerei, die ich Asmodi niemals vergessen wollte.
Aus meiner Sicht war von Bergen der Fürst der Kotzbrocken. Sein tatsächliches Alter kannte ich nicht, weil er ein Dämon war. Aber er wirkte wie Anfang sechzig. Vom Aussehen her hätte er ein passables Double des Schauspielers Peter Simonischek abgegeben. Als Filmregisseur und Dandy mit einer Vorliebe für um den Hals geschlungene Seidenfoulards, eierschalfarbene Anzüge und schiefergraue Maßhemden war er eine beliebte Persönlichkeit für die Klatschpresse – gewesen. Sein Stern war verblasst. Asmodi schätzte es nicht, wenn es Mitglieder der Schwarzen Familie allzu sehr in die Öffentlichkeit drängte.
Einen Spitzenplatz jedoch belegte er unangefochten: auf der Messlatte für Ekelpakete.
Zu Beginn hatte er noch den Grand Seigneur gegeben. Seine Komplimente waren zwar ermüdend, aber immerhin kavaliersgerecht gewesen. Leider hatte es nicht lange gedauert, bis er in das ihm offenbar gemäßere Rollenfach gewechselt war – das des ungenierten, ordinären Lüstlings. Ich konnte nur hoffen, dass er nicht irgendwann anfing, mich zu begrapschen …
Asmodi hatte sich spendabel gezeigt. Wir flogen Business Class. Aber in dem Airbus A320 der Aeroflot gewährten selbst die teuren Sitze nur beschränkte Beinfreiheit. Daher hatte ich von Bergen den Fensterplatz, den er begehrte, obwohl diese Sitznummer auf meinem Flugticket eingetragen war, bereitwillig abgetreten. Denn ich wollte nicht über seine Knie hinwegsteigen müssen, wenn ich meinen Platz verließ.
Die Stewardess kam mit Getränken vorbei. Ich hörte, wie von Bergen murrte: »Wussten Sie schon, Fräulein Coco, dass die russischen Fluglinien den Wodka-Ausschank verboten haben? Zu viele Besoffene, die über die Stewardessen hergefallen sind! Ich wäre wirklich lieber mit Austrian Airlines geflogen.«
Ich erhob mich und trat auf den Mittelgang hinaus. Aus dem Gepäckfach über den Sitzen fischte ich den Rucksack hervor, der mein Handgepäck darstellte. Dann begab ich mich auf den Weg zu den Toiletten.
Die Toiletten befanden sich ganz hinten am Heck des Fliegers, sodass ich den Passagiertrakt in voller Länge durchmessen musste.
Ich passierte die Abtrennung zur Touristenklasse. Hier bot jede Sitzreihe zweimal drei Plätze, getrennt durch den Mittelgang, und es gab noch weniger Fußraum zwischen den Reihen. Die Touristenklasse war nicht ausgebucht. Ich erblickte etwa ein Dutzend leerer Sitze.
Als auffallende Frau den engen Mittelgang eines Passagierflugzeugs mit gelangweilten Fluggästen abzuschreiten, hat etwas von einem Spießrutenlauf.
Kurz vor den WCs merkte ich, dass ein Mann, der in Reihe 22 oder 23 saß, mir entgegenstarrte. Er machte seine beiden Sitznachbarn aufmerksam, die mich nun ebenfalls anglotzten. Diese Art unverschämter Aufmerksamkeit hatte ich seit meinem Zusammensein mit dem Fürsten zur Genüge genossen. Nur die drei Gaffer sahen den Mittelfinger, den ich im Vorbeigehen in Hüfthöhe für sie ausstreckte. Sofort stupsten sie einander an, und alle drei senkten rasch den Blick, als würde sich plötzlich etwas ungemein Spannendes auf den Sitzlehnen ihrer Vordermänner abzeichnen. Wenige Schritte später schloss ich mich in einer der beiden Klokabinen ein.
Das Übelkeitsgefühl im Bauch war bereits abgeflaut. Ich blickte in den Spiegel. Ein klammer Film überzog meine Stirn, was ihr einen porzellanartigen Glanz verlieh, und Schweißperlen standen auf der Oberlippe. Ich wischte sie mit der Zungenspitze fort.
Die Träume kamen immer wieder, als eine beständige Mahnung, was meine derzeitige Lage verschuldet hatte. Als ob es einer solchen Mahnung überhaupt bedurft hätte.
Ich hatte mein ungeborenes Kind an Asmodi verpfändet, und er hatte mich übertölpelt. Der Fötus war nun in seiner Gewalt. Wahrscheinlich schwamm er in irgendeiner höllischen Nährlösung, die das Böse in ihm fütterte. Ich hatte mir noch nicht einmal einen Namen für mein Kind überlegen können. Es gab eine Zeit, da hätte es Dorian geheißen. Falls es ein Junge war. Aber die Zeit war vorbei. Außerdem wusste ich selbst das nicht: ob es ein Junge war oder ein Mädchen! Schlimmer noch: Sogar des Vaters meines Kindes konnte ich jetzt nicht mehr sicher sein. Denn um das Maß vollzumachen, behauptete Asmodi, meine Erinnerung an die Zeugungsnacht sei eine von ihm bewirkte Illusion gewesen. Nicht Dorian Hunter sei der Vater – sondern er selbst, Asmodi, der Fürst der Dämonen, habe mir beigewohnt und mir seinen Samen eingepflanzt. Dorian Hunter bedeutete mir nichts mehr. Er war tot. Zumindest hatte Asmodi es behauptet. Seine Worte klangen mir noch im Ohr: »Ach ja, ich musste auf dem Weg durch den Garten euren Hüter des Hauses töten. Er hat den Frevel begangen, mich anzugreifen. Ich werde davon absehen, den Herrn des Hauses dafür zu bestrafen.«
Asmodi selbst … nun ja, was ich für ihn empfand, war noch nicht einmal das Gegenteil von Liebe. Denn das Gegenteil von Liebe wäre ja bloß Hass. Wahrhaftig: die Empfindungen, die ich für – oder besser: gegen – Asmodi hegte, mit Hass zu verwechseln, wäre so angemessen gewesen wie das Tosen einer stürmischen Brandung mit dem Geplätscher von Strandwellen gleichzusetzen.
Aber egal, wer der Vater war – ich war die Mutter. Deshalb hatte Asmodi mich in der Hand. Deshalb saß ich neben dem widerlichen Fürsten im Flugzeug nach Moskau, auf Geheiß Asmodis, in unbekannter Mission, deren Ziel er uns beizeiten enthüllen würde.
Ich drehte kaltes Wasser auf und schöpfte mir eine Handvoll ins Gesicht. Dann zog ich ein Tuch aus dem Spender. Ich wischte mir über Stirn, Nase, Wangen und Kinn. Dennoch hätte ich eine Quaste voll Puder gebraucht, um den schweißigen Schimmer auf der Haut abzudecken. Aber ich habe nie zu den weiblichen Wesen gehört, die stets ein ganzes Schminkset mit sich führen. Ich bin auch keine Handtaschenschwingerin.
Immerhin hatte ich diesmal eine Art Handtaschenersatz dabei – den Rucksack. Aus dem Außenschlitz zauberte ich etwas Ungewohntes hervor, einen Eyeliner und einen Lippenstift.
Ich erneuerte den schwarzen Lidstrich und zog das dunkle, fast schwarze Rot auf meinen Lippen nach. Es war eine andere, unvertraute Coco Zamis, die mir da aus dem Spiegel entgegensah.
Nachdem Asmodi mich in seine Dienste gezwungen hatte, war ich fast so weit gewesen, wieder die Vollglatze zu tragen, die Meister Hans, der Wiener Scharfrichter aus dem 15. Jahrhundert, mir geschoren hatte. Aber einen Kahlschädel hätte Asmodi bei seiner neuen Agentin nicht geduldet – zu auffällig, und auch zu unweiblich. Er wollte, dass ich attraktiv aussah. Ich wollte vor allem, dass ich anders aussah, solange ich nach seiner Pfeife tanzte.
Mich in Asmodis Handlangerin zu verwandeln, sollte einer Verpuppung/Entpuppung gleichkommen. So wollte ich selbst es. Durch die Transformation würde sich mein Handeln in Asmodis Sold weniger beschmutzend auf mein altes, mein wahres Ich auswirken.
Hoffte ich zumindest.
Also hatte ich darauf verzichtet, meine schwarze Rabenmähne mithilfe eines kleinen Schönheitszaubers schnell auf die alte Länge wachsen zu lassen. Ich trug das Haar jetzt kurz á la Halle Berry. Als dunkler Rahmen hatte das frühere lange Haar zwar die Form meines Gesichtes mit den hohen Wangenknochen und das Grün meiner Augen betont. Aber die Kurzhaarfrisur wirkte unkonventioneller. Unweiblicher.
Der Umwandlung entsprach mein Outfit. Back in Black. Ich trug schwarze Lederleggings, ein schwarzes Shirt mit rotem Aufdruck (Sonnenuntergang hinter Wolkenkratzer-Skyline, garniert mit Fledermäusen) und einen taillierten Kurzblazer, ebenfalls aus Leder.
Ich schmiss das Papiertuch in den Abfall, fuhr mir mit der Hand durchs kurze, widerspenstig gewordene Haar und verließ die Toilettenkabine.
Jemand beobachtete mich heimlich. Ich bemerkte es nur, weil mein Blick zufällig auf den Schminkspiegel fiel, den eine weibliche Hand über die Sitzlehne nach oben hielt, als würde sie ihr Make-up überprüfen. Doch sie hielt ihn im falschen Winkel, um sich selbst darin betrachten zu können. Der Spiegel war auf mich gerichtet.
Dann erkannte ich, dass die Frau in derselben Sitzreihe saß wie die drei Stielaugen, die mich auf dem Weg zur Toilette angegafft hatten. Nur saß sie auf der anderen Seite des Mittelgangs. Neben ihr, zum Fenster hin, dösten zwei weitere Frauen. Zumindest taten sie so. Dabei hatte ich das Gefühl, dass sie mich ebenfalls beobachteten.
Das war schon sonderbar: drei Männer auf der einen Seite der Sitzreihe – drei Frauen auf der anderen. Und alle schienen sich für mich zu interessieren.
Als ich an ihnen vorbeiging, ignorierten sie mich geflissentlich. Ich aber tat, als entglitte mir der Rucksack. Beim Aufheben ließ ich mir genug Zeit, um überdeutlich eine dämonische Aura zu erspüren. Nur meine Übelkeit, meine Wut und meine Hast hatten mich daran gehindert, es bereits auf dem Herweg wahrzunehmen.
»Außer uns beiden sind weitere sechs Dämonen an Bord«, sagte ich leise, als ich wieder neben dem unausstehlichen Fürsten