Profi Farb-Kurs: So finde ich meinen Jahreszeitentypen
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Profi Farb-Kurs - Oliver Hickfang
stylecoach24
1 Einleitung: Das Basiswissen für Deinen perfekten Auftritt
Stelle Dir jetzt die Farbe BLAU vor.
Wie sieht Dein persönliches Blau aus? Ist es ein sattes Blau, ein helles Blau, eines das eher etwas ins Rote oder ins Grüne geht, ein warmes oder kaltes Blau, ein starkes oder schwaches Blau, ein leises oder lautes Blau, eher ein blasses oder starkes, ein edles oder kitschiges Blau…. ?
Nehmen wir an, es ist ein normales Blau. Was ist dann normal?
Und sieht dieses normale Blau genau so aus, wenn Du es Dir morgen oder in einer Woche vorstellst? Diese kleine und simple Frage zeigt bereits auf, wie vielschichtig das Thema Farben ist und wie unendlich viele Farben wir uns im Inneren vorstellen oder äußerlich sehen können.
In der Psychologie spricht man bei der Farbwahrnehmung auch von so genannten Gedächtnisfarben, wenn bestimmte Objekte mit einem weltweit typischen Farbton im Zusammenhang mit dem im Gedächtnis gespeicherten typischen Farbton wahrgenommen werden. Dazu gehören bspw. ein blauer Himmel der selbst bei schlechtem Wetter blauer wahrgenommen werden kann als er objektiv ist, gelbe Bananen, die in einem intensiveren Gelb wahrgenommen werden als sie tatsächlich sind (bspw. bei unreifen Früchten) oder eine grüne Wiese, die auch in der Dämmerung für einige Menschen noch grün aussehen kann.
Die individuelle Farbwahrnehmung spielt uns also oft einen Streich, wirkt psychologisch auf zwei unterschiedliche unbewusste Arten auf uns und beeinflusst uns dadurch enorm, ohne dass wir es merken. Zum einen rufen Farben Gefühle in uns hervor und können in diesem Zusammenhang vergangene Erfahrungen aktivieren, die wir irgendwann einmal in unserem Leben gemacht haben. Dabei drückt Rot am wahrscheinlichsten die Eigenschaft „Gefahr", Grün (wenn es sehr grell ist) die Eigenschaft Giftig und Gelb die Eigenschaft frisch aus. Zum anderen kann Farbe diese bestimmten Assoziationen – also wieder Erinnerungen an Dinge – hervorrufen wie bspw. Rot: Feuer, Gelb: Zitrone, Grün: Gras. Es ist ein hochkomplexer Prozess, sich auf ein und dieselbe Farbe zu einigen – sowohl mit sich selbst und natürlich noch komplexer im Austausch mit anderen Menschen.
Die Wahrnehmung von Farben geschieht in erster Linie durch das Sehen, obwohl es Geschichten von Blinden gibt, die ohne je zuvor eine Farbe wirklich mit Augen gesehen zu haben, gewisse Farben und Farbtöne wahrnehmen konnten. Aber im Allgemeinen sind Farben eine individuelle visuelle Wahrnehmung, die durch Licht im menschlichen Auge hervorgerufen wird. Also sehen wir ohne Licht keine Farben, daher auch das Sprichwort: „Im Dunkeln sind alle Katzen Grau". Unsere visuelle Aufnahme der Farben findet mit Hilfe von Rezeptoren statt, die sich auf unserer Netzhaut befinden. Dabei sind Stäbchen für den Hell-/Dunkel Kontrast zuständig und Zapfen für die Farbwahrnehmung. Vereinfacht lässt sich der Prozess in drei Schritte aufteilen:
- Ein Farbreiz entsteht mit einer Lichtquelle, ist also sichtbares Licht
- Die Farbrelevanz ist eine Form der Wahrnehmung im Auge
- Das Farbempfinden ist ein psychisches Erleben im Gehirn.
Die für uns Menschen physisch wahrnehmbaren Farbreize liegen zwischen 380 – 780 Nanometer des elektromagnetischen Spektrums, dabei ist – genau so wie die Interpretation der Farben – die Farbwahrnehmung durch die körperliche Beschaffenheit stets unterschiedlich. Wie viele Farben es insgesamt gibt, kann niemand wirklich beantworten. Fest steht nur, dass jede Wellenlänge zwischen den genannten Grenzen Farben produzieren kann, also nahezu unendlich viele.
Natürlich spielen auch Bildung und kultureller Hintergrund eine große Rolle, wenn es um Farben geht. So hat sich die Begriffsvielfalt von Farben bei kleinen Kindern zwischen 4 und 8 Jahren innerhalb der letzten 100 Jahre verdoppelt. Auch persönliche Einstellungen und Erfahrungen spielen eine bedeutende Rolle. Ein knalliges Rosa kann selbst einem Haudegen noch in späteren Jahren extrem sympathisch sein, wenn in der Kindheit glückliche Ferien bei der Oma verbracht wurden, die eine entsprechend gestrichene Wohnung hatte. Und je nachdem in welcher Kultur man aufwächst, werden auch unterschiedliche Eigenschaften mit Farben verbunden.
Sicher kennst Du den Spruch aus der Reihe der Blondinenwitze, der gerne im Zusammenhang mit jemandem genutzt wird, der etwas nicht sofort versteht: „Sorry, kannst Du das noch einmal erklären, dafür bin ich zu blond…". Dieser Spruch ist ein typisch deutscher Spruch, selbst im restlichen Europa wirst Du ihn nie hören. In Asien wird hingegen eine blonde Haarfarbe – übrigens genauso wie eine sehr helle weiße Haut – als Schönheitsideal empfunden und absolut nie im Zusammenhang mit Witzen über ein Verständnisproblem genannt.
Was allerdings überall auf der Welt gilt, unabhängig vom jeweiligen Kulturkreis, sind diese bestimmten Gefühle zu Farben, die jeder Mensch aufgrund der ererbten Triebe und seinem Dasein einfach unbewusst mit sich bringt und die von wenigen Universalobjekten bzw. Universalsituationen abhängen. Zu den Universalobjekten gehören insbesondere ein blauer Himmel, klares oder blaues Wasser, grüne Vegetation, gelbe Sonne, rotes Blut und rotes Feuer, braune bis graue Fäkalien, grauer Felsen oder grauer Himmel bei Regenwetter, schwarze Reste eines Brandes zusammen mit Asche und Verkohltem. Zu den Universalsituationen gehören insbesondere die schwarze bzw. dunkle Nacht und der weiße bzw. helle Tag, also diese Situationen, in denen Menschen sich täglich befinden.
Wohl auch universell sind die folgenden Fakten, dass Rot mit Blut, Sex, Lebenskraft oder einer Warnung (rote Ampel) verbunden wird, Grün mit Unreife (unreife Früchte) oder Entwarnung (grüne Ampel). Die Farbe Gelb gilt hierzulande bspw. als Synonym für Sonne, Licht oder das Göttliche. In Asien, insbesondere in China, ist Gelb die Farbe des Herrschers. Die Bezeichnung „Giftgelb wie wir sie in Deutschland hin und wieder bspw. für eine knallige Handtasche gebrauchen, ist in Asien nicht denkbar, ebenso wenig wie die Bezeichnung „Giftgrün
.
Napoleon Bonaparte und Friedrich Schiller starben – so sagt es die Legendenbildung – aufgrund einer Vergiftung durch das so genannte „Schweinfurter Grün": eine Mischung aus Kupfer, Arsen und Essigsäure, kurz Kupferarsenitacetat. Diese giftige Mischung wurde ab ca. 1814 in Schweinfurt produziert. Da sie stark leuchtete und nur langsam verblasste, avancierte sie sehr schnell zur Modefarbe für Teppiche und Tapeten, Kleidung, Blumen und sogar Kinderspielzeug. Kamen Menschen mit diesen grünen Dingen in Kontakt, klagten sie über Benommenheit, Kopfschmerzen und Reizung der Schleimhäute.
Ob nun Napoleon oder Schiller von ihren grünen Tapeten hinterlistig gemeuchelt wurden bleibt unbewiesen, nicht jedoch der Tod vieler Maler – bedingt durch die Aufnahme der Farbe bei der Verarbeitung – an der so genannten Malerkrankheit. Du siehst, Farben können einfach alles: wegen ihnen wurde schon getötet (im 19. Jahrhundert löste in Australien ein Konflikt um die damals sehr wertvolle Farbe Ocker einen Krieg aus), oder ganze Spezies gerettet (bspw. kann das Chamäleon die Farbe seiner Umgebung annehmen, um von Feinden nicht gesehen zu werden), oder Fußballspiele gewonnen zumindest war Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann von Rot als Gewinnerfarbe überzeugt) oder Milliarden verdient (seit der Gründung von chemischen Farbstofffabriken um 1870 herum) oder Krankheiten geheilt (Farbstoffe in der Medizin brachten die Forschung zu Chemotherapie und Immunologie entscheidend voran).
Farben können demnach in unterschiedliche Richtungen gedeutet werden, je nachdem aus welchem Kulturkreis man stammt, welcher Erfahrungen man mitbringt, aus welchem Blickwinkel man Farbe betrachtet oder welche Theorien man verwendet. Um sich weltweit auf einen Standard zu einigen und eindeutige Farben zu erhalten, wurden bestimmte Farbräume standardisiert und einheitlich verständlich gemacht, was sowohl für die Herstellung in der Industrie aber auch für Graphiker oder selbst bei der Farbmischung im Baumarkt für das eigene Wohnzimmer extrem wichtig ist.
Dennoch ist die weltweite Standardisierung hoch komplex und es gibt diverse Farbkataloge, die nicht auf der ganze Welt angewendet werden. So gibt es bspw. in Deutschland (aber in sehr vielen anderen Ländern völlig unbekannt) die Kategorisierung in HKS (benannt nach den Kürzeln der Erfinder), die 88 Volltonfarben mit weiteren 3520 Farbtönen für Kunstdruck und Papierdruck genau festlegen. Eine weitere Farbkategorisierung, die 1963 in den USA entwickelt wurde, ist Pantone, die insbesondere für die Branchen Design und Textil die Standards festlegen. Darüber hinaus gibt es die universellen mathematisch festgelegten Farbräume, die Farben mit Hilfe von Zahlen definieren. Die beiden wichtigsten sind RGB, die Rot, Grün und Blau in ihren Anteilen definieren sowie CMYK mit den Komponenten Cyan, Magenta, Gelb (Yellow) und Schwarz (Key).
Bei aller Verschiedenheit in der Wahrnehmung und Interpretation von Farben geht die Farbpsychologie dennoch davon aus, dass das Farbempfinden bei den allermeisten Menschen gleich ist und es – wie bei den weiter oben beschriebenen Universalementen auch – eine gewisse Universalprägung gibt, die in unserer Genetik verankert ist. So stuft jeder Mensch unabhängig von der persönlichen Erfahrung beispielsweise Orange als eine warme Farbe ein. Du findest eine Auflistung von warmen und kalten Farben sowie eine übersichtliche Checkliste und Hinweise zu weiterführenden Infos in Teil 4.1 Warme und kalte Farben.
Dazu eingeprägt hat sich folgender Satz des russischen Malers und Philosophen Wassily Kandinsky: „Das Hören der Farben ist so präzis, dass man wohl keinen Menschen findet, der ein Dunkelrot als eine Sopranstimme bezeichnen oder den Eindruck eines Hellgelb auf den Basstasten des Klaviers wiedergeben würde". Kandinsky besaß ein ganz außerordentliches bildnerisches Wahrnehmungsvermögen für Farben und Formen. Er stellte bspw. unterschiedliche gegensätzliche Farbpaare zusammen und verknüpfte sie mit Assoziationen wie:
BLAU: kühl, Himmel, Wasser, Übersinnliches, Unendlichkeit, Ruhe
GELB: warm, irdisch, aufdringlich, aggressiv, exzentrisch
SCHWARZ: dunkel, traurig, mysteriös, Tod
WEISS: hell, leicht, unbefleckt, neues junges Leben
Nun die Frage an Dich: was meinst Du, schmeckt Wodka rot oder grün?
Kannst Du Töne als farbige Formen wahrnehmen?
Falls ja, dann bist Du mit großer Sicherheit ein Synästhetiker. Das bei einigen wenigen Menschen bekannte Phänomen, Farben zu hören oder ihnen Formen zuordnen zu können, Gerüche nicht nur zu riechen, sondern auch sehen, hören oder fühlen zu können oder Töne farbig zu sehen, stellt eine mehrschichtige Verknüpfung unterschiedlicher Sinne dar und nennt sich in der Fachsprache Synästhesie.
Dabei ist die häufigste Erscheinung das Farbenhören und wurde bereits vor über 300 Jahren durch den Philosophen John Locke bekannt, der von einem Blinden berichtet, der beim Klang einer Trompete die Farbe Rot wahrnahm bzw. Rot „hörte". Ein Synästhetiker sieht also beim Hören von Tönen oder Musik direkt vor seinem Auge oder in seiner Vorstellung