Plastik - Der todbringende Götze: Themenzusammenfassung
By Thom Delißen and Peaceway/wiki
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Wasserflaschen, Einwegrasierern, CD-Hüllen, Eimern, Kabeltrommeln,
Zahnbürsten, Feuerzeugen und anderen Gegenständen: Die Kunststoffe werden
durch Gezeiten und die Wirkung der Wellen teilweise in immer kleinere
Stücke zerteilt⁶ ⁴⁷
Im Lebensraum der Wattwürmer an der Nordsee macht beispielsweise der
Kunststoff Polyvinylchlorid mehr als ein Viertel der Mikroplastikpartikel
aus; dieser wird u A für Fensterrahmen, Rohre, Fußbodenbeläge,
Kabelummantelungen, verschiedene Foliensorten und Kreditkarten verwendet⁴⁸
Einige Kunststoffe werden durch die Lichteinwirkung und Freisetzung der
enthaltenen Weichmacher spröde und brechen auseinander; so entstehen unter
anderem – mm große so genannte Pellets, die von Meerestieren mit Plankton
verwechselt und aufgenommen werden Noch kleinere Bruchstücke und
freigesetzte Chemikalien werden auch von Planktonorganismen selbst
aufgenommen und besiedelt
Thom Delißen
Thom Delißen Alter Holzgarten 1 85435 Erding Tel. 08122 18553 Mail: TDTextdesign@aol.com Jahrgang 63, geboren in Münster, aufgewachsen in Oberbayern. Der Autor verbrachte Jahre in Frankreich, Spanien, Italien, Portugal, Brasilien, Indien. Seine Kurzgeschichten und Lyrik versuchen das Rätsel nach dem Sinn und Sein zu hinterfragen, wollen auf die letzten Ziele – die Liebe und die Heiterkeit hinweisen. Verleger und Chefredakteur der Literaturzeitschrift „Schrieb“. Veröffentlichungen in Tageszeitungen, Literaturzeitschriften (Wienzeile, Maskenball, Bohnenstange, Brücke, Federwelt, Kult u.v.m.) Krimi-Magazinen, Anthologien. Mitautor Chronik Erding, Ex-Chefredakteur der regionalen Literaturzeitschrift „GedankenSprung“. Organisator der Initiative „Worte und Taten“. Mitglied der internationalen Autorengruppe „ProLyKu“. “Question Authority“ Kurzgeschichtensammlung von Thom Delißen/ Lyrik und Prosa erschienen im FV-Verlag/Lübeck Hörspiel „Rhéethron“ Die Sätze. (u.v.m) „The Vanderbilt Berlin Wall Project“ Brockmann „Mordsapfel“ Sieben-Verlag „Criminalis“ Pushmann „Wir bei C&C“ (Hrsg. Metro 2008) „Der Teddybär“ 2008 TD Textdesign „Plattform Carpe Diem“ (Burger) „Spurenwelt“ (Website Verlag) „100 % Worte für Brot“ (FV-Verlag) CD „Gedankengischt“ (TD Textdesign) CD „Do sei“ Bayerische Texte CD Textsammlung „Fetzen“ (TD Textdesign) „Die ganze Welt gesehen“ (FV-Verlag) „10 X 10“ Lyrikprojekt (Edition Thaleia) „Jeder Friedensgedanke ein Gedicht“ Edition Octopus, Geest-Verlag Literamus (Trier) “Ene Mene Mu (Spendenedition TD Textdesign) und andere. Zahlreiche Veröffentlichungen im Internet Streitschriften, Kurzgeschichten, Lyrik. „Das oberste Ziel eines jeden freiheits- und verantwortungsbewussten Menschen kann immer nur sein, Manipulation zu unterlaufen, Informationen zu beschaffen und zu veröffentlichen ...“ Pages: www.t delissen.de www.tdtextdesign.org www.schrieb.com
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Plastik - Der todbringende Götze - Thom Delißen
Plastik
Der todbringende Götze
Themenzusammenfassung
Peaceway/Wiki
1. Auflage 06/2016
Verlag TD Textdesign
Inhalt
1. Plastikmüll in den Ozeanen
2. Kunststoff
3. Mikroplastik
3. Nanoteilchen
4. Ölverschmutzung
5. Biokonzentration
6. Biokorrosion
7. Anaerobe Biokorrosion
8. Marine Fauna und Flora
9. Meereskunde
10.Meeresschutz
11.Naturschutz
11.Ökologie
12.Ökosystem See
13.Gewässerverschmutzung
14.Versauerung der Meere
15.Plankton-Paradoxon
16.Eutrophierung
17.Chemie
18.Zersetzung (Chemie)
19.Dichteanomalie
20.Golfstrom
21.Driftstrom
23.Beachrock
24.Umweltprogramm der Vereinten Nationen
25.Plankton
26.Charles Curtis Ebbesmeyer
22.Hawaii
27.Sargassosee
28.Nordatlantik
29.Barentssee
30.Framstraße
31.Grönland
32.Spitzbergen (Inselgruppe)
33.PET-Flasche
34.Mehrwegpfand
35.Pfandschlupf
36.Normbrunnenflasche
37.Deponie
37.Grundwasser
38.Wilde Müllkippe
39.Müllverbrennung
40.Ödland
41.Friendly Floatees
42.Fischernetz
43.Geisternetz
44.Plastiktüte
45.Erdöl
46.Deponiegas
47.Sickerwasser
48.Polychlorierte Biphenyle
49.Thermohaline Zirkulation
50.Konfidenzintervall
51.Dichlordiphenyltrichlorethan
52.Polyvinylchlorid
53.Polyethylen
54.Polymer
55.Polyamide
56.Tenside
57.Phthalsäure
57.Schwermetalle
57.Asbest
58.Feinstaub
58.Persistente organische Schadstoffe
59.Verwertung von Kunststoffabfällen
60.Additiv
61.Füllstoff
62.Folie
63.Alge
64.Algenblüte
65.Seetang
66.Wattwurm
67.Acetaldehyd
68.Endokrine Disruptoren
69.Teratogen
70.Immuntoxikologie
71.Ökotoxikologie
72.Insektizid
73.KIMO
74.Sea Shepherd Conservation Society
75.The Ocean Cleanup
76.Akkumulation
77.Internationales Übereinkommen
78.Ölausstieg
79.Treibgut
80.Vermüllung
81.Hausmüll
82.Umweltproblem
83.Grüner Punkt
83.Gefährliche Abfälle
84.Hormonelle Störung
85.Weichmacher
86.Abfall
87.Abfallentsorgung
88.Recycling
89.Konsum
90.Konsumgesellschaft
91.Bedarf
92.Kaufkraft (Konsum)
93.Konsumverweigerung
94.Konsumismus
95.Globale Erwärmung
96.Umweltbewegung
97.Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
98.Grüne Liga
99.Naturschutzbund Deutschland
100.Greenpeace
101.Wir haben es satt!
102.Sanfte Mobilität
103.Joachim Radkau
104.Ressource
105.Umweltschutz-organisation
106.Grün-Ökologisches Netzwerk Arche
107.Sierra Club
108.Ein Planet wird geplündert
109.Umweltgerechtigkeit
110.Umweltbewusstsein
111.Environmental Defense
112.Konfidenzintervall
112.Sessiles Tier
113.Toxikologie
114.Osmose
115.Heizkraftwerk
116.Kabeljaukriege
117.Blaue Grenze
118.Biokunststoff
119.Anthropozän
120.Umweltsteuer
121.Hydraulic Fracturing
122.Meereis
123.Biodiversitäts-Konvention
124.Folgen der globalen Erwärmung
125.Ölverschmutzung
126.Endokrine Disruptoren
131.Meereskunde
132.Insektizid
133.Marine Fauna und Flora
134.Algenblüte
135.Grüner Punkt
136.Gefährliche Abfälle
137.Biodiversitäts-Konvention
138.Wasser
139.Recht auf Zugang zu sauberem Wasser
140.Wasseraufbereitung
141.Wasserzirkulation
142.Eutrophierung
143.Bioabfall
144.Refurbishing
145.Remarketing
146.Umsonstladen
128.Repair-Café
147.Containern
148.Brockenhaus
149.Warentauschtag
150.Freecycle
151.Recycling-Code
152.Geplante Obsoleszenz
153.Murks? Nein danke!
154.Einfaches Leben
155.Überflussgesellschaft
155.Wegwerfgesellschaft
156.Ökofeminismus
157.Tour de Natur
158.Club of Rome
159.Seentherapie
160.Aussterben
161.Massenaussterben
Plastikmüll in den Ozeanen
Plastikmüll in den Ozeanen ist ein globales Problem. Nach einer Anfang 2015
im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichten Studie gelangten im Jahr
2010 etwa 8 Millionen Tonnen dieses Mülls in die Ozeane, wobei das
Konfidenzintervall mit 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen pro Jahr angegeben
wurde.² ³
Plastikteile, Mikroplastik sowie deren Zersetzungsprodukte sammeln sich
insbesondere in einigen Meeresdriftströmungswirbeln an und führen zu einer
erheblichen Verdichtung in manchen Meeresregionen; dem Nordpazifikwirbel
(englisch North Pacific Gyre) brachte das den Beinamen Great Pacific
Garbage Patch (deutsch Großer Pazifikmüllfleck) ein (erstmals 1997
beschrieben).⁴
Mitte 2014 wurde gemeldet, dass Geologen an der Küste der Insel Hawaii
Gebilde aus geschmolzenen Kunststoffen, Vulkangestein, Korallenfragmenten
und Sandkörnern entdeckt hätten, die sie aufgrund ihrer Festigkeit als eine
eigene Art Gestein bezeichneten, als Plastiglomerat.⁵ Plastik-Einlagerungen
in Gestein werden unter anderem auch beim so genannten Beachrock
beobachtet.
In den Meeren treibender Plastikmüll wird durch Wellenbewegung und UV-Licht
auf Dauer zerkleinert, wobei ein immer höherer Feinheitsgrad bis hin zur
Pulverisierung erreicht werden kann. Bei einem hohen Feinheitsgrad wird das
Plastikpulver von verschiedenen Meeresbewohnern sowie unter anderem auch
von Plankton statt oder mit der üblichen Nahrung aufgenommen. Angefangen
beim Plankton steigen die Plastikpartikel, an denen ggf. auch giftige und
krebsverursachende Chemikalien wie DDT und Polychlorierte Biphenyle
anhaften können,⁶ in der Nahrungskette immer weiter auf. Auf diesem Weg
gelangt der Plastikmüll mit den anlagernden Giftstoffen auch in die für den
menschlichen Verzehr bestimmten Lebensmittel.
In den 1980er Jahren gingen Wissenschaftler noch davon aus, dass die
Plastikteilchen nicht weiter umweltrelevant seien, da sie ähnlich wie
treibende Tangpflanzen eine Besiedlung durch Algen und Kleinstlebewesen
aufweisen.⁷ Das wissenschaftliche Fachjournal Environmental Science &
Technology berichtete von einer Untersuchung an vielen Stränden auf allen
sechs Kontinenten, welche überall Mikroplastikteilchen nachwies; dazu
gehören wohl auch Fasern aus Fleece- und anderen Kleidungsstücken aus
synthetischen Materialien: Im Abwasser von Waschmaschinen wurden bis zu
1900 kleinste Kunststoffteilchen pro Waschgang gefunden.⁸
"Every little piece of plastic manufactured in the past 50 years that
made it into the ocean is still out there somewhere."
„Jedes kleine Stück Kunststoff, das in den letzten 50 Jahren hergestellt
wurde und ins Meer gelangte, ist dort immer noch irgendwo."
Hintergrund
Eine Studie im Auftrag des World Economic Forum im Jahr 2016 beschreibt die
Plastikwirtschaft als archetypische Linearwirtschaft, bei welchem im
Gegensatz zu einer idealen Kreislaufwirtschaft nur 2 Prozent der jährlichen
Produktion qualitätsgleich rezykliert wird. Weitere acht Prozent werden in
einer Kaskade rezykliert, also auf einer tieferen Wertstufe. Hingegen wird
ein Anteil von 32 Prozent der weltweiten jährlichen Plastikproduktion weder
deponiert noch verbrannt, sondern verlässt das System unkontrolliert nach
der Nutzung.¹⁰ ¹¹
Ausdehnung, betroffene Gebiete, Dichte und Menge
Laut der Science-Studie von Anfang 2015 entspräche das Ergebnis des
errechneten Eintrags von schätzungsweise durchschnittlich jährlich ca. acht
Millionen Tonnen „fünf Supermarkt-Tüten voller Plastik pro 30 Zentimeter
Küstenlinie",³ laut einem Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) von Ende
2014 gelangen jedes Jahr rund 6,4 Mio. t Plastik-Abfälle in die Ozeane.¹²
Ende 2014 berichtete eine internationale Forschergruppe im Fachmagazin PLOS
ONE nach ihrer Auswertung von Zahlen aus 24 Untersuchungen mit über 1.500
einzelnen Datensammlungen, darunter erstmals auch für Plastikteile > 5 mm,
dass sich in den Weltmeeren: den fünf subtropischen Meereswirbeln, an
belebten Küstengebieten Australiens, im Golf von Bengalen sowie im
Mittelmeer mehr als 269.000 Tonnen bzw. mehr als 5,25 Billionen Teilchen
Plastikmüll befänden. Die kleinsten Teilchen hätten sich abseits nahe dem
Nordpol gefunden.¹³ ¹⁴
Laut Informationen der National Oceanic and Atmospheric Administration
(NOAA) und Wissenschaftlern der Sea Education Association (SEA) gab es
lange keine präzise Schätzung der Größe der von Plastikmüll verseuchten
Gebiete.¹⁵ ¹⁶
Laut deutschem Umweltbundesamt befanden sich 2013 100 bis 150 Millionen
Tonnen Abfälle in den Meeren, 60 % davon aus Plastik. 70 % des Abfalls
sänken auf den Meeresboden, 15 % schwämmen an der Wasseroberfläche und 15 %
würden an Strände gespült.¹⁷ Auf Fotografien vom arktischen Tiefseeboden
zwischen Spitzbergen und Grönland fanden sich hochgerechnet „83 Müllteile
pro Fußballfeld";¹⁸ 2010 hatte sich dort in 2.500 Metern Tiefe nach zehn
Jahren die Menge des abgesunkenen Plastikmülls verdoppelt.¹⁹
Eine Studie unter der Leitung des Spanish National Research Council (CSIC)
hat, basierend auf einer mehrmonatigen Expedition (2010/2011) und
Probenentnahmen an über 300 Orten der Weltmeere berechnet, dass 88 % der
weltweiten Meeresoberflächen mit Mikroplastik verschmutzt sind.²⁰
Nach Informationen des United Nations Environment Programme (UNEP) von 2005
schwimmen durchschnittlich bis zu 13.000 Plastikteilchen auf jedem
Quadratkilometer Ozean.²¹ Die NOAA weist jedoch darauf hin, dass UNEP zu
dieser Angabe keine wissenschaftliche Quelle anführt.²²
Mittelmeer
Im Mittelmeer kommt Schätzungen zufolge auf zwei Plankton-Lebewesen ein
Teil Mikroplastik bzw. es wurden bis zu 300.000 Teilchen pro
Quadratkilometer gefunden.²³
Nord- und Ostsee
Ca. 20.000 Tonnen Müll, vor allem aus Schifffahrt und Fischerei, gelangen
jährlich in die Nordsee. Entlang untersuchter Strandabschnitte der
Wattenmeerküste Deutschlands und Hollands machten Plastik und Styropor über
75 Prozent des angespülten Abfalls aus;²⁴ auf dem Grund der Nordsee sollen
2012 rund 600.000 Kubikmeter Plastikmüll gelegen haben.²⁵
An der Küste der Ostsee befinden sich an manchen Strandabschnitten bis zu
sieben Abfallteile pro Meter,¹⁷ an den Küstenlinien des Nordostatlantiks
(OSPAR-Region) fanden sich in den Jahren 2000 bis 2006 durchschnittlich 712
Müllteile pro 100 m.²⁴
Rund um Großbritannien wurden durchschnittlich 12.000 bis maximal 150.000
Mikroplastik-Partikel pro Quadratkilometer gefunden.²³
Nordpazifik
Besonders bekannt für seine erhöhte Konzentration von Plastikteilen ist das
Gebiet des Nordpazifikwirbels zwischen Nordamerika und Asien, das auch als
Great Pacific Garbage Patch bezeichnet wird.
In englischsprachigen Medien wurde das von Plastikmüll betroffene Gebiet
als doppelt so groß wie Texas²⁶ ²⁷ oder doppelt so groß wie die Vereinigten
Staaten²⁸ beschrieben. Eine Wissenschaftlerin der Oregon State University
kommt zu dem Schluss, dass sich die höchsten bisher veröffentlichten Werte
hochgerechnet zu einer geschlossenen Fläche addieren würden, die nur einem
Prozent der Größe von Texas entspräche.²⁹ Deutsche Medien vergleichen es
mit der Größe Mittel- bzw. Westeuropas.³⁰ ³¹ ³² Tatsächlich lässt sich die
Größe kaum angeben, da die Grenzen diffus sind - lediglich die
Partikelkonzentration ließe sich quantifizieren.³³
Für den Great Pacific Ocean Garbage Patch werden eine Million Teilchen
Kunststoff pro Quadratkilometer angenommen, also ein Teil pro
Quadratmeter.³⁴ Anfang 2008 wurde berichtet, dass etwa 100 Millionen Tonnen
Kunststoffmüll (mit steigender Tendenz) in dem Müllstrudel zirkulieren.²⁸
Die Plastikteile sind laut Informationen der NOAA bis zu 16 Jahre in dem
Kreisel zu finden. Unter anderem von Charles Curtis Ebbesmeyer stammen
verschiedene Strömungsmodelle zur Anlandung im Küstenbereich.³⁵
Nach einer im Oktober 2015 im Magazin Polar Biology online veröffentlichten
Mitteilung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) fänden sich Plastikabfälle
auch bereits auf der Wasseroberfläche der Arktis (Nordpol). Die Herkunft
sei unklar; entsprechende Daten wurden erstmals bei einer Expedition 2012
zwischen Grönland und der östlich davon liegenden Inselgruppe Spitzbergen
erhoben.³⁶
Anfang 2016 wurden nach über sechs Monate dauernden Messungen an 18 Stellen
für das Meer vor New York 165 Mio. Plastikteile hochgerechnet (bzw. mehr
als 250.000 / km²) - zu 85 % mit einer Größe von unter 5 mm.³⁷
Weitere Müllstrudel
Der subtropische Wirbel des Nordpazifiks ist der größte der fünf großen
Strömungskreise in den Ozeanen. Doch das Müllproblem hat bereits andere
Gebiete erreicht: In der Sargassosee im Nordatlantik wurden ebenfalls hohe
Konzentrationen von Plastikmüll nachgewiesen.
Auch im nördlichen Atlantik gibt es zwischen 22 und 38 Grad Nord eine große
Menge Plastikmüll. Die maximale Dichte der Kunststoffteilchen beträgt 0,2
Teilchen pro Quadratmeter. Diese Menge ist mit der im Great Pacific Garbage
Patch enthaltenen vergleichbar.³⁸
Im Oktober 2015 warnten Wissenschaftlers des Alfred-Wegener-Instituts vor
der Möglichkeit der Entstehung eines weiteren (weltweit des sechsten)
Müllstrudels in der Barentssee, dessen Teilchen bis in die Framstraße
verfrachtet werden könnten. Die Teile stammten von den nordeuropäischen
Küsten.³⁹
Herkunft
Laut einer Anfang 2015 von Science veröffentlichten Studie sind die
Hauptverursacher des jährlichen Mülleintrags die Länder China, Indonesien,
Vietnam und die Philippinen.² In den Ländern mit den untersuchten 192
Küstenregionen seien 2010 275 Mio. t Plastikmüll produziert worden, 99,5
Mio. t davon seien aus der Bevölkerung gekommen, die innerhalb eines
50-Kilometer-Streifens an der jeweiligen Küste lebe und woher vermutlich
der größte Teil der Kunststoffreste stamme, 31,9 Mio. davon seien
unsachgemäß entsorgt worden, was schließlich zum errechneten Ergebnis
führe. „Die 20 Länder mit der höchsten Verschmutzungsquote seien für 83 %
aller unsachgemäß behandelten Plastikabfälle verantwortlich".³
Plastikflaschen benötigen laut Umweltbundesamt 450 Jahre für ihre
Zersetzung, ein Fischfang-Nylonnetz sogar 600 Jahre - von ihnen geraten
jährlich ca. 25.000 Stück unkontrolliert in die Meere.⁴⁰
Plastikmüll wird über die Flüsse ins Meer geschwemmt. Vielfach werden auch
Mülldeponien und wilde Müllkippen im Ödland an Flüssen, Sümpfen oder
Meeresküsten aufgeschüttet.⁴¹ ⁴²
Ladungsverluste dürften den kleinsten Teil ausmachen. Bekannt wurde der
Fall des Frachters Hansa Carrier, der am 27. Mai 1990 über 60.000
Turnschuhe verlor. Auf derselben Route wie die Hansa Carrier verlor das
Frachtschiff Tokio Express auf dem Weg von Hongkong nach Washington 29.000
bunte Spielzeugtiere (gelbe Plastik-Enten),⁴³ ⁴⁴ die als Friendly Floatees
bekannt wurden. Seitdem werden etwa alle drei Jahre Teile dieser verlorenen
Ladung in Alaska angespült. Demnach bewegt sich der Müll mit elf
Zentimetern pro Sekunde (entspricht 0,4 km/h) in einem riesigen Kreis.⁴⁵
Auch ausgediente, weggeworfene oder verloren gegangene
Kunststoff-Fischernetze haben einen gewissen Anteil am Plastikmüll in den
Ozeanen und Auswirkungen auf die maritime Umwelt, insbesondere in Form der
„Geisternetze".
Eine weitere große Quelle von Müll im Nordpazifik war der Tsunami infolge
des Tōhoku-Erdbebens im Jahr 2011, der große Mengen von Gegenständen aller
Art ins Meer spülte, die seitdem im Nordpazifik umhertreiben. Die Größe des
dadurch entstandenen „Müllteppichs" wird mit einer Fläche größer als die
Bundesrepublik Deutschland angegeben.⁴⁶
Bestandteile
Der Meeres-Plastikmüll besteht aus ausgedienten Plastiktüten,
Wasserflaschen, Einwegrasierern, CD-Hüllen, Eimern, Kabeltrommeln,
Zahnbürsten, Feuerzeugen und anderen Gegenständen: Die Kunststoffe werden
durch Gezeiten und die Wirkung der Wellen teilweise in immer kleinere
Stücke zerteilt.⁶ ⁴⁷
Im Lebensraum der Wattwürmer an der Nordsee macht beispielsweise der
Kunststoff Polyvinylchlorid mehr als ein Viertel der Mikroplastikpartikel
aus; dieser wird u. A. für Fensterrahmen, Rohre, Fußbodenbeläge,
Kabelummantelungen, verschiedene Foliensorten und Kreditkarten verwendet.⁴⁸
Einige Kunststoffe werden durch die Lichteinwirkung und Freisetzung der
enthaltenen Weichmacher spröde und brechen auseinander; so entstehen unter
anderem 3–5 mm große so genannte Pellets, die von Meerestieren mit Plankton
verwechselt und aufgenommen werden. Noch kleinere Bruchstücke und
freigesetzte Chemikalien werden auch von Planktonorganismen selbst
aufgenommen und besiedelt.
Wirkung und Verbleib
Der Plastikmüll hat erhebliche Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme:
Dabei sind insbesondere größere Tiere durch mechanische Verletzungen
gefährdet. So bleiben Seehunde mitunter in Getränkekästen stecken oder
Fische und Delfine in aufgegebenen oder verloren gegangenen Fischernetzen,
sogenannten Geisternetzen.
„Von 136 maritimen Arten ist bekannt, dass sie sich regelmäßig in
Müllteilen verstricken und strangulieren"
Absinken
Einige Algenarten binden Mikroplastikpartikel an sich und könnten diese von
der Meeresoberfläche in tiefere Wasserschichten der Ozeane und damit in die
dortigen Biosphären und Nahrungsmittelkreisläufe transportieren.²³
Aus dem Vergleich der sich in den Meeren befindenden Mengen großen
Plastikmülls mit den daraus entstehenden kleinen Fragmenten ergab sich,
dass ein großer Teil des Mikroplastiks von der Meeresoberfläche
verschwindet, mutmaßlich aufgrund Absinkens in tiefere Meeresregionen, und
dort zersetzt wird.¹³
Biologische Wirkung
Darüber hinaus provozieren schwimmende wie auch am Meeresgrund lagernde
Plastikteile den Ansatz sessiler Tiere oder derer Larven, zum Beispiel
Seepocken, Entenmuscheln, Hydrozoen und Pflanzen wie (Algen oder Tange)
(vergleiche Riffball); so können sie Ausgangspunkte von künstlichen
Biotopen werden. Durch die Meeresströmungen können auf diese Weise
Organismen in fremde Ökosysteme eingeschleppt werden und dort unter
Umständen einheimische Arten verdrängen.
In einem Laborversuch setzten Wissenschaftler der Uppsala-Universität
Flussbarsche (Perca fluviatilis) im Entwicklungsstadium winzigen
Plastikpartikeln (Polystyren mit einem Durchmesser von 90 µm) in
Konzentrationen aus, wie sie auch in den Weltmeeren vorkommen. Die Tiere
zeigten ein verlangsamtes Larvenwachstum, hatten weniger Nachwuchs und ein
gestörtes Fluchtverhalten vor Raubfischen durch Beeinträchtigung der
Geruchswahrnehmung. Auffällig war auch die bevorzugte Aufnahme von Plastik
auf Kosten der Ernährung mit Zooplankton.⁵⁰ ⁵¹
Chemische Reaktionen
Plastikfragmente können (an ihrer Oberfläche) Giftstoffe anreichern.⁵²
Einige nehmen treibendes Rohöl aus natürlichen und menschlichen Quellen auf
und erhalten so eine teerhaltige Oberfläche.⁷
Laut einem Bericht von 2009 ⁵³ kommt es beim Abbau von Polystyrol zur
Freisetzung von Giftstoffen.
Verwechslung mit Nahrungsmitteln
Albatrosse und Eissturmvögel verwechseln die Abfallstücke mit Futter und
fressen sie. Sie fühlen sich satt, verhungern jedoch schließlich mit
müllgefülltem Magen. Auch Wale und Delfine fressen den Abfall.⁵⁴ Charles
Curtis Ebbesmeyer fand in einem verendeten Albatros-Jungtier an die 100
Plastikteile, mit denen es von den Elterntieren gefüttert worden war
(National Geographic 10/2005).⁵⁵ ⁵⁶
Gegenmaßnahmen
Einsammeln
Diverse Projekte und Forscher widmen sich dem Einsammeln des kleinteiligen
Plastiks in den Meeren.⁵⁷
„Fishing for Litter"
Das Projekt Fishing for Litter der KIMO zielt darauf ab, die Nord- und
Ostsee von Plastikmüll zu säubern;⁵⁸ beim „International Coastal Cleanup
Day" am 25. September jedes Jahres treffen sich weltweit mehrere
Hunderttausend Freiwillige, um Küsten, Gewässer und Flussufer von Müll zu
säubern. 2010 beteiligte sich in Deutschland erstmals auch der
Naturschutzbund Deutschland (NABU) im Rahmen seines Projekts „Meere ohne
Plastik". Unter dem Motto Beach Cleanup unterstützt Sea Shepherd
Müllsammelaktionen nicht nur begrenzt auf Meeresgebiete, sondern auch im
Binnenland an Fluss- und Seeufern, in Zusammenarbeit mit Tauchern auch
direkt in Gewässern.⁵⁹
Anreize für Fischer
Die kleine NGO Green-Ocean begann 2006 mit einem Pilotprojekt im Hafen von
Livorno: Man kaufte Fischern aufgefischten Plastikmüll ab.⁶⁰ Das soll
beweisen, dass es durchaus möglich ist, kostengünstig und effektiv
Plastikmüll aus dem Meer zu entfernen. Bei anderen Projekten werden Fischer
dazu motiviert, Plastikmüll einzusammeln und in Häfen abzugeben. Gerade die
Fischer sollten ein Interesse daran haben, dass ihre Produkte gesund
bleiben.⁵⁷
„The Ocean Cleanup"
Das Projekt The Ocean Cleanup wurde im Oktober 2012 von dem 19-jährigen
niederländischen Studenten Boyan Slat bei der Veranstaltung TEDx Delft⁶¹ an
der TU Delft als Möglichkeit vorgestellt, Millionen Tonnen Plastikabfall
aus den Meeren zu sammeln und zu recyceln. Die Technologie befindet sich in
der Erprobungsphase und basiert auf dem Einsatz mehrerer
Manta-Rochen-förmiger Plattformen, die mit rohrförmigen, auf der
Meeresoberfläche treibenden Pontons verbunden sind. Die Technik macht sich
die natürliche Meeresströmung zu Nutze sowie die Tatsache, dass ein Teil
des zu sammelnden Plastiks auf der Meeresoberfläche treibt. Dies habe den
Vorteil, dass Plankton und andere Meeresbewohner nicht mit eingefangen
würden.⁶² Für die Reinigung veranschlagt er etwa fünf Jahre pro großem
ozeanischen Wirbel. Im Juni 2014 wurde durch die von Slat gegründete Ocean
Cleanup Foundation eine Machbarkeitsstudie des Reinigungsvorgangs
vorgestellt. Insbesondere wurde die Akkumulation des Plastikmülls in den
Auffangapparaturen sowie die effiziente Entfernung des Mülls durch die
Plattformen untersucht. Hierfür wurden Anlagen in kleinem Maßstab
verwendet, sowie umfangreiche Computersimulationen durchgeführt. Die Studie
bestätigte die grundsätzliche Machbarkeit des Konzepts.⁶³ ⁶⁴ Öffentlich
vorgebrachte Kritikpunkte aus wissenschaftlichen Kreisen konnten gemäß Slat
durch die Studie entkräftet werden.⁶⁵ Im Sommer 2014 wurde durch eine
Crowdfunding-Kampagne die Summe von 2,15 Mio. USD aufgebracht, um eine
Pilotanlage zu realisieren.⁶⁶
Vorbeugende Maßnahmen
Hausmüll
Die Entsorgung von Hausmüll über die Flüsse ins Meer zu verbieten, ist ein
weiteres wesentliches Anliegen.⁶⁷
Kostenfreie Entsorgung
Die kostenfreie Entladung des Mülls muss in allen Häfen möglich sein und
der Müll an Land fachgerecht entsorgt werden.
Verbot des Eintrags über Schiffe
Plastikmüll durch Schiffe in die Ozeane einzubringen, ist bereits 1988 mit
dem Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung
durch Schiffe (MARPOL) im Annex V verboten worden: Die Schiffsführung
kommerzieller Schiffe ist verpflichtet, in einem sogenannten Mülltagebuch
über den gesamten an Bord anfallenden Müll Buch zu führen. Die Abgabe an
Land ist mittels einer Quittung nachzuweisen. Verstöße gegen diese
Bestimmungen können empfindliche Bußgelder nach sich ziehen; in Deutschland
können gemäß Verordnung über Zuwiderhandlungen gegen das Internationale
Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe
und gegen das Protokoll von 1978 zu diesem Übereinkommen
(MARPOL-Zuwiderhandlungsverordnung) Bußgelder von bis zu 50.000 € verhängt
werden.
Zusammensetzung von Kunststoffen
Angestrebt wird auch, leichter biologisch abbaubare Kunststoffe und
umweltverträglichere Polymere, Additive und Füllstoffe zu verwenden.
Wissenschaftler der University of Southern Mississippi haben einige
Polymere für den Zerfall im Meerwasser optimiert.⁵⁵ Abbaufördernde Additive
hingegen haben sich als wirkungslos erwiesen.⁶⁸
Rezeption
- Addicted to plastic (Film)
- Der Plastikstrand von Hawaii – Wo der Müll der Welt an Land geht
(Radio-Reportage⁶⁹ )
- Endstation Meer? Das Plastikmüll-Projekt (Ausstellung⁷⁰ , Projekt⁷¹ )
- Plastic Planet (Buch, Film)
- Trashed (Dokumentation⁷² )
Literatur
- Callum Roberts: Der Mensch und das Meer: Warum der größte Lebensraum der
Erde in Gefahr ist (Originaltitel: Ocean of Life, übersetzt von Sebastian
Vogel) DVA, Stuttgart 2013, S. 218f, ISBN 978-3-421-04496-9.
- Charles Moore (mit Cassandra Phillips): Plastic Ocean: How a Sea
Captain's Chance Discovery Launched a Determined Quest to Save the
Oceans, Avery, New York 2011, ISBN 978-1-58333-501-7.
- Melanie Bergmann, Lars Gutow, Michael Klages: Marine Anthropogenic
Litter, 2015, 456 S., doi:10.1007/978-3-319-16510-3.
Weblinks
- Bundesministerium für Bildung und Forschung, bmbf.de: Wissenschaftsjahr
2016*17 – Meere und Ozeane
- seilnacht.com: Die Verschmutzung der Meere
Dokumentationen
- Mit offenen Karten: arte.tv: Inseln aus Müll?
- SRF – DOK: Der Fluch der Meere – Plastik
Organisationen
- theoceancleanup.com
- Bordtagebuch: Zum Müllstrudel im Nord-Pazifik, greenpeace.de
- Kongressunterlagen des GESAMP Workshops über Mikrokunststoffkleinteile,
28.–30. Juni 2010, Paris: Proceedings of the GESAMP International
Workshop on micro-plastic particles as a vector in transporting
persistent, bio-accumulating and toxic substances in the oceans, jodc.go
(2,19 MB)
- Plastikmüll im Meer, nabu.de (25. Februar 2015)
- Ein Ozeanograph gegen Plastikmüll, 3sat.de, nano
- OSPAR Comission, Februar 2009, ISBN 978-1-906840-26-6: Marine litter in
the North-East Atlantic Region, ospar.org
- Facts and figures on marine pollution, UNESCO
Zeitungen und Zeitschriften
- Güven Purtul: Plastik im Magen. In: Süddeutsche Zeitung, 17. Mai 2010.
- 46.000 Plastikteile auf einem Quadratkilometer. In: Die Welt, 9. Juni
2009.
- Kara Lavender Law, Skye E. Morét-Ferguson, Deborah S. Goodwin, Erik R.
Zettler, Emelia DeForce, Tobias Kukulka, Giora Proskurowski: Distribution
of Surface Plastic Debris in the Eastern Pacific Ocean from an 11-Year
Data Set. Environmental Science & Technology 2014, 48(9), 4732–4738;
doi:10.1021/es4053076.
- Marcus Eriksen, Laurent C. M. Lebreton, Henry S. Carson, Martin Thiel,
Charles J. Moore, Jose C. Borerro, Francois Galgani, Peter G. Ryan, Julia
Reisser: Plastic Pollution in the World's Oceans: More than 5 Trillion
Plastic Pieces Weighing over 250,000 Tons Afloat at Sea. PLoS ONE 2014,
9(12), doi:10.1371/journal.pone.0111913.
Einzelnachweise
[1] Resonator-Podcast der Helmholtz-Gemeinschaft: Müll im Meer (Folge 51,
16. Januar 2015)
[2] J. R. Jambeck, R. Geyer, C. Wilcox, T. R. Siegler, M. Perryman, A.
Andrady, R. Narayan, K. L. Law: Plastic waste inputs from land into the
ocean. In: Science. 347, 2015, S. 768–771, doi:10.1126/science.1260352.
[3] Badische Zeitung, 14. Februar 2015, badische-zeitung.de: Mehr Müll im
Meer.
[4] Peter Haffner: Eine Ahnung von Apokalypse, NZZ Folio 07/09.
[5] Daniel Lingenhöhl: spektrum.de: Ein neues Gestein namens
Plastiglomerat. Spektrum der Wissenschaft, 13. Juni 2014. Aus: Angus
Chen: sciencemag.org: Rocks Made of Plastic Found on Hawaiian Beach, 4.
Juni 2014 (15. Juni 2014).
[6] Samiha Shafy: Umwelt: Das Müll-Karussell. In: Spiegel Online, 2.
Februar 2008.
[7] Virgin plastic granules on some beaches of Eastern Canada and Bermuda,
Murray R. Gregory, 13. Februar 1983, Marine Environmental Research, Band
10, Heft 2, 1983, S. 73–92, doi:10.1016/0141-1136(83)90011-9
[8] SECURVITAL – Das Magazin, 4/012, S. 5: Textilien – Fleece im Meer, 24.
November 2012.
[9] The world's rubbish dump: a tip that stretches from Hawaii to Japan
[10] How can we create a world where plastic never becomes waste?
Zusammenfassung der Studie auf dem WEForum, 19. Januar 2016; die
komplette Studie:
http://www3.weforum.org/docs/WEF_The_New_Plastics_Economy.pdf
[11] In 35 Jahren mehr Plastik als Fische im Meer, Die Zeit, 19. Januar
2016.
[12] Die Welt, 18. Dezember 2014, Anja Garms, Wo irrwitzige Mengen an
Plastikmüll verschwinden.
[13] Müllkippe Ozean, Badische Zeitung, Bildung & Wissen 13. Dezember 2014
[14] Marcus Eriksen, Laurent C. M. Lebreton, Henry S. Carson, Martin Thiel,
Charles J. Moore, Jose C. Borerro, Francois Galgani, Peter G. Ryan, Julia
Reisser: Plastic Pollution in the World's Oceans: More than 5 Trillion
Plastic Pieces Weighing over 250,000 Tons Afloat at Sea. PLoS ONE 2014,
9(12), doi:10.1371/journal.pone.0111913.
[15] NOAA: Info: Patch, Marine Debris Program, abgerufen am 27. Februar
2012.
[16] Plastic rubbish blights Atlantic Ocean, BBC News, 24. Februar 2010.
[17] Umwelt und Verbraucher, Deutschlandfunk, 11. April 2013, Anja Nehls:
Müllhalde Meer, deutschlandfunk.de, 12. Dezember 2013.
[18] Wissenschaft im Brennpunkt, Deutschlandfunk, 7. April 2013; Anja
Krieger: Die Entmüllung der Meere, deutschlandfunk.de, 12. Dezember 2013.
[19] Immer mehr Plastikmüll in der arktischen Tiefsee, Scinexx von:
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 22. Oktober 2012.
[20] Die Denker, 2. Juli 2014, 88 % der Meeresoberflächen von
Plastikteilchen verschmutzt
[21] Marine Litter – An analytical overview (PDF; 9,0 MB) Umweltprogramm
der Vereinten Nationen, 2005
[22] NOAA Marine Debris Program – FAQs, abgerufen am 27. Februar 2012.
[23] Jochen Steiner: Mikroplastik bedroht Lebewesen im Meer.
Deutschlandfunk, 2. Juli 2014 (7. Juli 2014).
[24] Plastik in Nord- und Ostsee, Naturschutzbund Deutschland, 14. Dezember
2013.
[25] Annett Stein: Plastikmüll vergiftet Schlüsselspezies der Nordsee, Die
Welt, 7. Dezember 2013, abgerufen am 12. Dezember 2012.
[26] Worse Than Climate Change. In: WGBH. 8. November 2011, archiviert vom
Original am 13. Januar 2012, abgerufen am 13. Januar 2015 (Videobeitrag,
Capt. Charles Moore on his new book, Plastic Ocean; 7:24 min).
[27] Brian Handwerk: Giant Ocean-Trash Vortex Attracts Explorers. In:
National Geographic News. 31. Juli 2009, abgerufen am 13. Januar 2015.
[28] Kathy Marks, Daniel Howden: The world's rubbish dump: a tip that
stretches from Hawaii to Japan. In: The Independent. 5. Februar 2008,
abgerufen am 13. Januar 2015.
[29] Größe des pazifischen Müllstrudels übertrieben?, scinexx, 6. Januar
2011.
[30] faz.net, 24. Januar 2011, Rüdiger Schacht: Das alte Meer und der Müll
[31] Welt online, 25.Februar 2010, Pia Heinemann: Riesiges Feld aus
Plastikmüll im Atlantik entdeckt.
[32] Spiegel.de, 2. Februar 2008, Samiha Shafy: Das Müll-Karussell.
[33]
http://response.restoration.noaa.gov/about/media/how-big-great-pacific-garbage-patch-science-vs-myth.html.
[34] Florian Rötzer: Gigantische Plastikmüllhalde im Meer, in: Telepolis
vom 28. August 2009.
[35] Wirbel im Pazifik: Plastikmüll fährt Karussell, Spiegel Online, 15.
Januar 2007.
[36] Badische-zeitung.de, 24. Oktober 2015: Plastikmüll in der Arktis.
[37] deutschlandfunk.de, Forschung aktuell, Meldungen, 22. Februar 2016:
Mikroplastik vor New York (26. Februar 2016); peconicbaykeeper.org.
[38] Victoria Gill: Plastic rubbish blights Atlantic Ocean, BBC News, 24.
Februar 2010.
[39] Plastikmüll in der Arktis: Forscher fürchten neuen riesigen
Müllstrudel, feelgreen.de, 22. Oktober 2015.
[40] Kosmetik löst das Problem nicht, Taz, 3. Juli 2014, abgerufen am 7.
Juli 2014.
[41] Constantin Vogt, Carmen Schnaidt: Leben vom Müll, Müllsammler in
Cebu-City, pdf-Datei online abrufbar
[42] Eva Krafczyk, dpa: Müllkippe vergiftet Slum, n-tv.de.
[43] Dietmar Bartz: Unterwegs – Bade-Entchens letztes Ufer, NZZ Folio
04/02, abgerufen am 6. August 2010.
[44] Gigantischer Wirbel transportiert Plastikmüll durch den Atlantik,
Access to sustainable knowledge, 15. Januar 2007, abgerufen am 6. August
2010.
[45] ASK Access to sustainable Knowledge, abgerufen am 28. Juli 2013.
[46] Tsunami-Schrott aus Japan treibt im Pazifik, tagesschau.de, 1.
November 2011, abgerufen am 7. April 2012.
[47] Plastic Planet – Die dunkle Seite der Kunststoffe, Layout zum Buch,
orange-press.com (PDF; 4,1 MB).
[48] Annett Stein: Plastikmüll vergiftet Schlüsselspezies der Nordsee, Die
Welt, 7. Dezember 2013, abgerufen am 12. Dezember 2012.
[49] Daniela Weingärtner, dpa: Brüssel sagt dem Plastikmüll den Kampf an,
Badische Zeitung, 5. November 2013, abgerufen am 12. Dezember 2013.
[50] Plastikdiät kostet Fische den Verstand. In: laborwelt.de. 6. Juni
2016, abgerufen am 7. Juni 2016.
[51] Oona M. Lönnstedt: Environmentally relevant concentrations of
microplastic particles influence larval fish ecology. In:
science.sciencemag.org. 3. Juni 2016, abgerufen am 7. Juni 2016
(englisch).
[52] nach Richard Thompson.
[53] Katsuhiko Saido et al., algalita.org, Marine Research and Education:
New contamination derived from marine debris plastics, 238th ACS National
Meeting.
[54] Pottwal aus dem Mittelmeer verendet an Plastikmüll, 9. März 2013.
[55] Plastikmüll vergiftet die Weltmeere , Gesellschaft zur Rettung der
Delphine, 12. Januar 2011
[56] http://www.plastic-sea.com/?file=projekt_beschreibung&language=german
(Memento vom 24. Dezember 2008 im Internet Archive)
[57] Christian Rauch: Auf großer Fahrt zum Plastikmüll. In: brand eins.
Jahrgang 15, Heft 7 Juli 2013, ISSN 1438-9339, S. 54–58.
[58] Interview, Gabi Wuttke mit Kim Detloff: Für ein Meer ohne Müll,
Deutschlandradio Kultur, 10. April 2013, abgerufen am 12. Dezember 2013.
[59] Organisiere deinen eigenen Beach Cleanup! Sea Shepherd Deutschland
e.V., abgerufen am 24. November 2015 (deutsch).
[60] Die Zahlen sprechen eine harte Sprache, 11. November 2008, abgerufen
am 30. April 2012.
[61] Never grow up, TEDxDelft, 5. Oktober 2012.
[62] How the oceans can clean themselves: Boyan Slat at TEDxDelft, YouTube.
[63] The Concept: The Ocean Cleanup. Abgerufen am 29. September 2014
(englisch).
[64] The Ocean Cleanup Feasibility Study. Abgerufen am 29. September 2014
(PDF, englisch).
[65] Responding to critics: The Ocean Cleanup. Abgerufen am 29. September
2014 (englisch).
[66] The Ocean Cleanup. Abgerufen am 29. September 2014 (englisch).
[67] Lutz Reidt: Plastik statt Fisch im Bauch, Deutschlandradio Kultur, 2.
März 2008.
[68] Susan Selke, Rafael Auras, Tuan Anh Nguyen, Edgar Castro Aguirre,
Rijosh Cheruvathur, Yan Liu: Evaluation of Biodegradation-Promoting
Additives for Plastics. In: Environmental Science & Technology. 49, 2015,
S. 3769, doi:10.1021/es504258u.
[69] Anja Krieger: Weltzeit, Deutschlandradio Kultur, 7. Juli 2011,
abgerufen am 25. Juli 2013.
[70] Endstation Meer? Das Plastikmüll-Projekt, museum-gestaltung.ch, 25.
Juli 2013.
[71] Plastic Garbage Project, 25. Juli 2013.
[72] Dokumentarfilm Trashed
Kunststoff
Als Kunststoffe (umgangssprachlich Plastik, Plast oder Plaste,¹ selten
Technopolymer) bezeichnet man Werkstoffe, die hauptsächlich aus
Makromolekülen bestehen.
Wichtige Merkmale von Kunststoffen sind ihre technischen Eigenschaften, wie
Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit, Temperatur-,
Wärmeformbeständigkeit und chemische Beständigkeit, die sich durch die Wahl
der Makromoleküle, Herstellungsverfahren und in der Regel durch Beimischung
von Additiven in weiten Grenzen variieren lassen. Kunststoffe werden
bezüglich ihrer physikalischen Eigenschaften in drei großen Gruppen
unterteilt: Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere.
Kunststoffe werden zu Formteilen, Halbzeugen, Fasern oder Folien
weiterverarbeitet. Sie dienen als Verpackungsmaterialien, Textilfasern,
Wärmedämmung, Rohre, Bodenbeläge, Bestandteile von Lacken, Klebstoffen und
Kosmetika, in der Elektrotechnik als Material für Isolierungen,
Leiterplatten, Gehäuse, im Fahrzeugbau als Material für Reifen,
Polsterungen, Armaturenbretter, Benzintanks und vieles mehr. In
Wirtschaftsstatistiken werden Chemiefasern, Kunstharze in Lack- und
Klebstoffen oft von anderen Kunststoffen getrennt ausgewiesen.
Die jeweiligen Makromoleküle eines Kunststoffes sind Polymere und daher aus
wiederholenden Grundeinheiten aufgebaut. Die Größe der Makromoleküle eines
Polymers variieren zwischen einigen tausend bis über eine Million
Grundeinheiten. Beispielsweise besteht der Polymer Polypropylen
(Kurzzeichen PP) aus sich vielfach wiederholenden Propyleneinheiten. Die
Polymere können unverzweigte, verzweigte oder vernetzte Moleküle sein.
Die Polymere können aus Naturstoffen gewonnen oder rein synthetisch sein.
Synthetische Polymere werden durch Kettenpolymerisation, Polyaddition oder
Polykondensation aus Monomeren oder Prepolymeren erzeugt. Halbsynthetische
Kunststoffe entstehen durch die Modifikation natürlicher Polymere
(vorwiegend Zellulose zu Zelluloid), während andere biobasierte Kunststoffe
wie Polymilchsäure oder Polyhydroxybuttersäure durch die Fermentation von
Zucker oder Stärke hergestellt werden.
Entwicklungsgeschichte der Kunststoffe
Vorstufe
Biopolymere und natürlich vorkommende Polymere werden von Menschen schon
seit Urzeiten verwendet. Alle Tiere und Pflanzen enthalten in ihren Zellen
Polymere. Holz diente dem Menschen zunächst als Brennholz und Werkzeug,
etwa als Wurfholz, Speer und als Baumaterial. Der Zellverband Tierhaut oder
Fell wurde durch Gerben stabilisiert, damit vor dem raschen Verwesen
geschützt und so zu haltbarem Leder. Aus Wolle, abgeschnittenen Tierhaaren,
stellte man durch Verspinnen und Weben oder durch Filzen Bekleidung und
Decken her.
Birken lieferten den ersten Kunststoff der Menschheitsgeschichte, das aus
Birkenrinde durch Trockendestillation gewonnene Birkenpech, das sowohl
Neandertalern als auch dem steinzeitlichen Homo sapiens als Klebstoff bei
der Herstellung von Werkzeugen diente.
In Mesopotamien wurden Wasserbecken und Kanäle mit natürlichem Asphalt
abgedichtet. Ebenso wurden dort bestimmte Baumharze als Gummi Arabicum
eingesetzt und nach Europa exportiert. Aus Europa ist Bernstein als
fossiles Harz für die Verwendung bei Pfeilspitzen und Schmuckgegenständen
bekannt. Im Mittelalter wurde Tierhorn durch bestimmte Verfahrensschritte
in einen plastisch verformbaren Stoff verwandelt. Bereits um 1530 wurde im
Hause der Fugger nach einem Rezept des bayerischen Benediktinermönches
Wolfgang Seidel² transparentes Kunsthorn aus Ziegenkäse gefertigt und
vertrieben.
Entwicklung einer Kunststoffindustrie
Frühe Entdeckungen
Im 17. und 18. Jahrhundert brachten Naturforscher aus Malaysia und
Brasilien aus milchigen Baumsäften gewonnene elastische Massen (Kautschuk)
mit. Für diese wurde in Deutschland der Begriff Gummi eingeführt. Seit
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine rasch wachsende
Gummi-Industrie.
Der Erfinder Charles Goodyear stellte 1839 fest, dass sich Kautschuk bei
Hitzeeinwirkung durch Zusatz von Schwefel in Gummi umwandelt.³ Dieser
Prozess wird Vulkanisation genannt. Charles Goodyear fertigte aus dem neuen
Material zunächst Gummihandschuhe. Um 1850 entdeckte er außerdem Hartgummi,
ein durch Erhitzen in Gegenwart von Schwefel erhärteter Naturkautschuk, der
anfangs als Ebonit vermarktet wurde. Daraus wurden zum Beispiel
Schmuckstücke, Füllfederhalter, Klaviertasten, Tabakpfeifen und Teile von
Telefonen hergestellt. Dieser erste Duroplast startete die Entwicklung der
Kunststoffe als Werkstoff im Umfeld des Menschen.
Die Entwicklung des Zelluloids ist mehreren Chemikern zu verdanken.
Christian Friedrich Schönbein entwickelte 1846 die Schießbaumwolle, indem
er Baumwolle mit Salpetersäure versetzte.³ Der Engländer Maynard löste
Schießbaumwolle in einem Ethanol-Äther-Gemisch und erhielt nach Verdampfung
elastische Häutchen (Kollodium). Der Engländer Cuttin verknetete das
Kollodium mit alkoholischer Campherlösung zu Zelluloid. Im Jahr 1869 nutzte
John Wesley Hyatt das Zelluloid als Kunststoff und entwickelte drei Jahre
später die erste Spritzgussmaschine. Später wurde in England das
Zellulosenitrat zur Imprägnierung von Textilien und in den USA Schellack
entwickelt.
Im Jahr 1844 wurde das Linoleum von Frederic Walton erfunden. Es wurde aus
Leinöl, Sikkativen und Harzen durch Lufteinblasung gewonnen.
Anwendungsbereiche waren Fußbodenbeläge, Wandbekleidungen, Tischflächen.
Max Fremery und Johann Urban lösten mit einer ammoniakalischen
Kupferhydroxidlösung Zellulose auf. Mit dieser Lösung (Cupro) konnten
leicht Kupfer-Reyon-Fäden als erste Viskosefaser hergestellt werden.
Adolf von Baeyer beschrieb 1872 die Polykondensation von Phenol und
Formaldehyd. Der belgische Chemiker Leo Hendrik Baekeland untersuchte die
Wirkung von Säure und Alkali bei dieser Reaktion und entwickelte ein
Verfahren (1907; seit 1909 technische Produktion) zur Herstellung und
Weiterverarbeitung eines Phenolharzes. Dieser von ihm Bakelit getaufte
Kunststoff war der erste in großen Mengen industriell hergestellte,
synthetische Duroplast. Dank seiner Eignung als elektrischer Isolator wurde
er unter anderem in der aufstrebenden Elektroindustrie eingesetzt.
Wilhelm Krische und Adolf Spittler entwickelten 1885 das Galalith
(Kunsthorn). Der Kunststoff ähnelt stark dem tierischen Horn oder
Elfenbein. Das Kunsthorn wird aus Kasein und Formaldehydlösung hergestellt.
Man fertigte daraus zum Beispiel Knöpfe, Anstecknadeln, Gehäuse für Radios,
Zigarettendosen, Spielzeuge, Griffe für Regenschirme und vieles mehr in den
verschiedensten Farben.
Im Jahr 1909 meldete der deutsche Chemiker Fritz Hofmann ein Patent auf den
synthetischen Kautschuk Buna an. Die ersten vollsynthetischen Reifen aus
Isoprenkautschuk wurden 1912 hergestellt.³
Der Berliner Apotheker Eduard Simon beschrieb im Jahr 1839 das Polystyrol.⁴
Das Styrol verwandelte sich zunächst in eine gallertartige Masse. Im Jahr
1909 untersuchte H. Stobbe die Polymerisationsreaktion von Styrol
detailliert. Erst zwanzig Jahre später wurde diese Entdeckung genutzt.
Im Jahr 1835 entdeckte Victor Regnault das Vinylchlorid, aus dem sich
Polyvinylchlorid (PVC) herstellen ließ. Die erste Patentierung von PVC und
von Polymeren aus Vinylacetat geht auf Fritz Klatte im Jahr 1912 zurück.⁵
Als weltweiter Pionier der Kunststoffverarbeitung gilt aber Coroplast, das
sich als eines der ersten Unternehmen mit der Verarbeitung des PVC
beschäftigte.⁶ Erst 1950 wurde dieses Verfahren durch Verbesserungen von
Dow Chemical abgelöst.
Schon 1901 befasste sich Otto Röhm mit der Herstellung von Acrylsäure und
Acrylsäureestern. Aber erst im Jahr 1928 fand er die für die Polymerisation
besser geeigneten Methacrylsäuremethylester. Das Patent für
Polymethylmethacrylat (PMMA, Handelsname „Plexiglas") startete eine Ära.
Entwicklung der Polymerchemie
Bis Ende des 19. Jahrhunderts war wenig über die genauen Strukturen
polymerer Materialien bekannt. Man wusste lediglich aus Dampfdruck- und
Osmosemessungen, dass es sich um sehr große Moleküle mit hoher Molmasse
handeln müsste. Fälschlicherweise war man jedoch der Meinung, dass es sich
um kolloidale Strukturen handelte.
Als Vater der Polymerchemie gilt der deutsche Chemiker Hermann Staudinger.
Bereits 1917 äußerte er vor der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft,
dass „hochmolekulare Verbindungen" aus kovalent gebundenen, langkettigen
Molekülen bestehen. 1920 veröffentlichte er in den Berichten der Deutschen
Chemischen Gesellschaft einen Artikel, der als Begründung der modernen
Polymerwissenschaften gilt.⁷ Vor allem in den Jahren von 1924 bis 1928
folgten weitere wichtige Theorien über den Aufbau von Kunststoffen, die die
Grundlage für das heutige Verständnis dieser Werkstoffklasse bilden.⁸ ⁹ ¹⁰
Für diese Arbeiten erhielt Staudinger 1953 den Nobelpreis.
Die Arbeiten Staudingers ermöglichten der chemischen Industrie nun,
basierend auf gesicherten naturwissenschaftlichen Grundlagen, eine rasante
Entwicklung auf dem Gebiet der Polymerchemie.
Der Münchner Chemiker Ernst Richard Escales gab 1910 der Werkstoffgruppe
den Namen „Kunststoffe". Die von ihm gegründete gleichnamige Zeitschrift
erschien erstmals 1911.
Bei dem Unternehmen Imperial Chemical Industries (ICI) in Großbritannien
wurde unter hohem Druck (200 bar) und bei hohen Temperaturen im Jahre 1933
erstmals Polyethylen hergestellt. Erst zwanzig Jahre später entwickelte
Karl Ziegler ein Verfahren, das mit Katalysatoren aus Aluminiumalkylen und
Titantetrachlorid die Polymerisation von Ethen zu Polyethylen schon bei
Raumtemperatur erlaubt.¹¹ ¹² ¹³ Das Niederdruck-Polyethylen erwies sich als
wärmestabiler und mechanisch belastbarer. Kurz darauf fanden Ziegler und
Giulio Natta¹⁴ einen Katalysator zur Polymerisation von Propen zu
Polypropylen. 1955–1957 liefen die großtechnischen Synthesen von
Polyethylen und Polypropylen an.³ Heute sind die so hergestellten
Polyethylene (PE) und Polypropylen (PP) neben Polystyrol (PS) die am
häufigsten als Verpackungsmaterialien von Lebensmitteln, Kosmetika etc.
verwendeten Kunststoffe. Ziegler und Natta erhielten im Jahre 1963 für ihre
Arbeiten den Nobelpreis für Chemie.
Kunststoffe aus Polyestern wurden schon sehr früh angedacht (Berzelius,
1847). 1901 gab es Glyptalharze (aus Glycerin und Phthalsäure). Fritz
Hofmann, Wallace Hume Carothers und Paul Schlack suchten erfolglos nach
synthetischen Fasern auf Basis von Polyestern. Erst den Briten Whinfield
und Dickson gelang bei Calico Printers im Jahre 1941 die Herstellung von
brauchbaren Polyesterfasern (Polyethylenterephthalat, PET). Wichtige
Polyesterfasern wurden Dacron (Du Pont), Diolen (ENKA-Glanzstoff), Terylen
(ICI), Trevira (Hoechst).³
In Ludwigshafen begann 1934 die Herstellung von Epoxidharzen nach einem
Verfahren von Paul Schlack. 1935 wurde gleichzeitig von Henkel (Mainkur)
und Ciba (Schweiz) die Entwicklung von Melamin-Formaldehydharz beschrieben.
Im Jahr 1931 meldete der US-Chemiker Wallace Hume Carothers bei Du Pont ein
Patent für ein Polyamid aus Hexamethylendiamin und Adipinsäure an. Erst
sieben Jahre später war die neue Kunstfaser Nylon (1938) verkaufsfähig. Das
von Paul Schlack 1937 hergestellte Polyamid 6 auf Basis von Caprolactam
wurde Perlon getauft. Die großtechnische Herstellung begann 1939 bei den
IG-Farben. Das Herstellungsverfahren von Perlon in Deutschland war
preiswerter als die Nylonproduktion in den USA.³
Etwa zeitgleich begannen die Buna-Werke der I.G. Farben mit der Fertigung
von Buna S und Buna N als synthetischem Gummi-Ersatz. 1939 entwickelte Otto
Bayer das Polyurethan (PU) in Leverkusen.
Bei DuPont wurde 1938 der Kunststoff Polytetrafluorethylen (Teflon) von
R.J. Plunkett entwickelt. Das Produkt zeigte hohe Temperaturbeständigkeit
und eine hohe chemische Beständigkeit. Die Verarbeitung stieß jedoch auf
Probleme. Erst 1946 ging Teflon in die Großproduktion.³
Silikon hatte im Jahr 1901 bereits Frederic Stanley Kipping aus Silanonen
hergestellt. Erst durch die Synthese von Organosiliciumhalogeniden mit
Alkylhalogeniden gelang es 1944 in den USA und Deutschland, Silikon günstig
herzustellen (Eugene G. Rochow, Richard Müller).³
Seit Anfang der 1930er Jahre war die Polymerisation von Acrylnitril
bekannt. Es war als Kunststoff jedoch so nicht brauchbar. Der Chemiker Rein
konnte Polyacrylnitril in Dimethylformamid lösen und so für die
Kunststoffproduktion brauchbar machen. 1942 wurde bei den IG Farben ein
Polymerisationsverfahren zu Polyacrylnitril entwickelt. 1942 entdeckte
Harry Coover (USA) bei Eastman Kodak den „Sekundenkleber"
Methylcyanacrylat.
Vor allem nach 1950 nahm aufgrund der zahlreichen Erfolge auf dem Gebiet
der Polymerchemie die Produktion von Kunststoffen enorm zu. Durch die
Entwicklung der Thermoplaste und insbesondere von entsprechenden
Verarbeitungsverfahren konnten Formteile jetzt auf unschlagbar billige
Weise hergestellt werden. Kunststoff wurde von einem Ersatzstoff mit
besonderer Bedeutung zu einem Werkstoff für die industrielle
Massenfertigung. In der Folge ging der Anteil der Duroplaste stetig zurück
und lag im Jahre 2000 nur noch bei 15 %. Der Pro-Kopf-Verbrauch an
Kunststoffen lag im Jahr 2000 bei 92 kg in Westeuropa, 13 kg in Osteuropa,
130 kg in Nordamerika, 19 kg in Lateinamerika, 86 kg in Japan, 13 kg in
Südostasien und 8 kg im Mittleren Osten / Afrika.
Die Kunststoffindustrie ist bis heute eine Wachstumsbranche, wobei die
Herstellungskapazitäten in Asien zwischen 2006 und 2008 die führenden und
etwa gleich starken Regionen Europa sowie Nord- und Südamerika überholten.
Einteilung
Je nach Blickwinkel des Betrachters und Anforderung können Kunststoffe
verschiedenartig eingeteilt werden. Gängig sind Einteilungen nach
mechanisch-thermischem Verhalten (häufigste Einteilung), Ursprung
(natürlich oder synthetisch), Verwendung oder Entstehungsreaktion. Eine
strenge Abgrenzung einzelner Kunststoffe ist oft nicht möglich, diese
Einteilungen bieten allerdings eine gute Übersicht.¹⁵
Einteilung nach mechanisch-thermischem Verhalten
Die Einteilung nach mechanisch-thermischem Verhalten erfolgt in
Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere. Außerdem existieren mit deutlich
untergeordneter Bedeutung thermoplastische Elastomere und reversible
Duroplaste. Diese Einteilung ist anwendungstechnischer Herkunft.
Thermoplaste und Duroplaste spielen die weitaus größte Rolle, sie finden
eine Vielzahl von Anwendungen. Die unterschiedlichen Polymerklassen
unterscheiden sich in ihren mechanischen Eigenschaften aufgrund der
unterschiedlichen Vernetzung und dem jeweiligen Verhältnis zwischen
Gebrauchstemperatur (meist Raumtemperatur) und physikalischer
Übergangstemperatur (Glasübergangstemperatur und Schmelzpunkt).¹⁶
Thermoplaste
Thermoplaste sind Kunststoffe, die aus langen linearen Molekülen bestehen.
Durch Energiezufuhr werden diese Materialien beliebig oft weich und formbar
(plastisch) und schmelzen schließlich. Sie können durch verschiedene Ur-
und Umformverfahren in die gewünschte Form gebracht werden. Nachdem das
jeweilige Teil abgekühlt ist, behält es seine Form bei. Dieser Prozess ist
somit reversibel (lat. umkehrbar). Ursache für dieses Verhalten sind
fadenförmige, lineare Makromoleküle.
Die meisten der heute verwendeten Kunststoffe fallen unter diese Gruppe
(Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol, Polyester). Für einfache
Konsumwaren, Verpackungen etc. werden sie ebenso häufig eingesetzt wie für
technische Teile in der Automobil- und Elektroindustrie oder in der
Bauindustrie, insbesondere für Dachbahnen, Fensterprofile und Rohre.
Um neue, bisher noch nicht vorhandene Eigenschaften zu erzeugen, können
auch zwei oder mehrere (miteinander verträgliche) Thermoplaste vermischt
werden (Polyblend).
Teilkristalline Thermoplaste (Beispiele): POM – Polyoxymethylen, PE –
Polyethylen, PP – Polypropylen, PA – Polyamid, PET –
Polyethylenterephthalat, PBT – Polybutylenterephthalat.
Amorphe Thermoplaste (Beispiele): ABS – Acrylnitril-Butadien-Styrol, PMMA –
Polymethylmethacrylat, PS – Polystyrol, PVC – Polyvinylchlorid, PC –
Polycarbonat, SAN – Styrol-Acrylnitril-Copolymer, PPE – Polyphenylenether.
Duroplaste
Duroplaste (Duromere) sind Polymere, die in einem Härtungsprozess aus einer
Schmelze oder Lösung der Komponenten durch eine Vernetzungsreaktion
hervorgehen. Diese irreversible Reaktion wird meist durch Erhitzen bewirkt
(daher auch der englische Fachterminus thermosets), kann aber auch durch
Oxidationsmittel, energiereiche Strahlung oder Einsatz von Katalysatoren
initiiert und beschleunigt werden. Eine Erwärmung von Duroplasten führt
nicht zu einer plastischen Verformbarkeit, sondern lediglich zu deren
Zersetzung. Ausgehärtete Duroplaste sind meist hart und spröde sowie im
weitergehenden Fertigungsprozess nur noch mechanisch bearbeitbar. Ursache
für dieses Verhalten sind die raumvernetzten Makromoleküle.
Wegen ihrer mechanischen und chemischen Beständigkeit auch bei erhöhten
Temperaturen werden sie häufig für Elektroinstallationen verwendet. Der
verbreitetste und älteste Kunststofftyp dieser Klasse sind die Phenoplaste.
In diese Gruppe fallen auch Polyesterharze, Polyurethanharze für Lacke und
Oberflächenbeschichtungen und praktisch alle Kunstharze wie beispielsweise
Epoxidharze.
Elastomere
Durch Druck oder Dehnung können Elastomere ihre Form kurzzeitig verändern,
nach Beendigung von Druck oder Dehnung nimmt das Elastomer schnell wieder
seine ursprüngliche Form an. Die Elastomere sind weitmaschig vernetzt und
daher flexibel. Sie werden beim Erwärmen nicht weich und sind in den
meisten Lösemitteln nicht löslich.
Zu den Elastomeren gehören alle Arten von vernetztem Kautschuk. Die
Vernetzung erfolgt beispielsweise durch Vulkanisation mit Schwefel, mittels
Peroxiden, Metalloxiden oder Bestrahlung. Elastomere werden zu 60 % für
Reifen verwendet. Der Rest verteilt sich auf sonstige Gummiartikel, zum
Beispiel Chemikalienhandschuhe und Hygieneartikel.¹⁷
Elastomere sind Naturkautschuk (NR), Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR),
Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), Chloropren-Kautschuk (CR),
Butadien-Kautschuk (BR) und Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM).
Einteilung nach Ursprung
Unter chemischen Gesichtspunkten können Kunststoffe als makromolekulare
Stoffe mit anderen makromolekularen Stoffen verglichen werden. Die
verschiedenen makromolekularen Stoffe können dann nach Ursprung eingeteilt
werden in:
- natürliche makromolekulare Stoffe, wie Kohlenwasserstoffe (Kautschuk,
Balata), Polysaccharide (Cellulose, Stärke, Pektin, Chitin, Baumwolle)
und Proteine (Kollagen, Wolle, Seide)
- Derivate von natürlichen makromolekularen Stoffen, wie Cellulosenitrat,
Leder oder Gelatine
- synthetische makromolekulare Stoffe
- Derivate von synthetischen Polymeren (Modifikation z. B. durch
Verseifung, Einführung von reaktiven Gruppen oder nachträgliche
Vernetzung)¹⁵
Nur ein Teil der aufgeführten makromolekularen Stoffe sind Kunststoffe im
engeren Sinn, da Kunststoffe als Stoffe definiert sind, die auf Polymeren
basieren und außerdem als Werkstoffe bei der Verarbeitung „plastische"
Zustande durchlaufen.¹⁶ Trotzdem kann diese Einordnung zum Verständnis
beitragen.
Einteilung nach Anwendung
Je nach Preis, Produktionsvolumen und Verwendungsmöglichkeit können
Thermoplaste in die vier Anwendungsklassen eingeteilt werden:
Standardkunststoffe, technische Kunststoffe, Funktionskunststoffe und
Hochleistungskunststoffe. Standardkunststoffe (auch: Massenkunststoffe)
sind sehr vielseitig einsetzbar und werden in großen Mengen hergestellt.
Standardkunststoffe werden häufig als Verpackungsmaterial verwendet, zu
ihnen gehören beispielsweise Polyethen oder Polyvinylchlorid. Technische
Kunststoffe verfügen über bessere, mechanische Eigenschaften als
Standardkunststoffe und behalten diese auch noch oberhalb von 100 °C und
unterhalb von 0 °C. Technische Kunststoffe werden häufig für technische
Konstruktionen verwendet, zu ihnen zählen beispielsweise
Polyethylenterephthalat und einige aliphatische Polyamide.
Funktionskunststoffe dienen nur einer einzigen Funktion, wie beispielsweise
als Barriere für Aromen und Gase in Kunststoffverpackungen. Duroplaste
können nicht nach diesem Schema eingeordnet werden, sondern bilden eine
eigene Klasse.¹⁶
Hochleistungskunststoffe zeichnen sich gegenüber Standard-, technischen und
Spezialkunststoffen durch ihre Wärmeformbeständigkeit und z. T. auch gute
mechanische Eigenschaften aus. Während die Wärmeformbeständigkeit von
Standardkunststoffen meist nur etwa 100 °C beträgt und die von technischen
Kunststoffen bis zu 150 °C erreicht, können Hochleistungsthermoplaste auch
Temperaturen von bis zu 300 °C standhalten. Hochleistungskunststoffe sind
mit etwa 20 € pro kg recht teuer; ihr Marktanteil beträgt nur etwa 1 %.¹⁸
Der Vergleich von Standardkunststoffen, technischen Kunststoffen und
Hochleistungskunststoffen wird durch die folgende Abbildung
veranschaulicht:
Einteilung nach Entstehungsreaktion
Kunststoffe durch verschiedene Polyreaktionen erzeugt werden:
Polymerisation, Polykondensation und Polyaddition. Entsprechend wird das
Produkt entweder als Polymerisat, als Polykondensat oder als Polyaddukt
bezeichnet.¹⁵
Internationales Kurzzeichensystem
Einzelne Kunststoffe werden nach einem weltweit standardisierten
Kurzzeichen-System bezeichnet, das für Deutschland in der DIN EN ISO 1043
Teil 1 und DIN ISO 1629 (Kautschuke) beschrieben ist.
Eigenschaften
Kunststoffe zeichnen sich, verglichen mit keramischen oder metallischen
Werkstoffen, durch eine Reihe von ungewöhnlichen Eigenschaften aus:
Dichte und Festigkeit
Die Dichte der meisten Kunststoffe liegt zwischen 0,8 und 2,2 g·cm−3. Sie
sind damit erheblich leichter als metallische (um 8 g·cm−3) oder keramische
Werkstoffe (etwa 6 g·cm−3).¹⁹
In Bezug auf die mechanischen Eigenschaften sind Kunststoffe anderen
Werkstoffklassen häufig unterlegen. Ihre Festigkeit und Steifigkeit
erreicht meist nicht die von Metallen oder Keramiken. Wegen der geringen
Dichte kann dies jedoch teilweise mit konstruktiven Mitteln (höhere
Wandstärken) oder dem Einsatz von faserverstärkten Kunststoffen kompensiert
werden.
Obwohl die Festigkeiten vergleichsweise niedrig sind, brechen
Kunststoffteile weniger leicht als beispielsweise Keramik oder Glas durch
ihre zumeist gute Zähigkeit. Deshalb werden Gebrauchsgegenstände für Kinder
und Spielzeug vielfach aus Kunststoff gefertigt.
Chemische Beständigkeit
Viele Kunststoffe sind im Gegensatz zu Metallen aufgrund ihrer organischen
Natur beständig gegenüber anorganischen Medien. Dies schließt
Mineralsäuren, Laugen, sowie wässrige Salzlösungen ein. Daher bevorzugt man
Werkstoffe aus Kunststoff zur Herstellung von pflegeleichten Haus- und
Elektrogeräten, Fahrzeugausstattungen, Spielzeugen usw.
Im Gegensatz zu Metallen reagieren sie allerdings empfindlich auf
organische Lösungsmittel, wie Alkohole, Aceton oder Benzin. Dennoch gelang
es auch auf diesem Gebiet, beständige Kunststoffe zu entwickeln. Ein
Beispiel ist der Kraftstofftank aus Polyethylen in modernen
Personenkraftwagen. Er ist überaus beständig gegenüber Korrosion und
trotzdem unempfindlich gegenüber dem Benzin.
Niedrige Verarbeitungstemperaturen
Die gängigen Verarbeitungstemperaturen für Kunststoffe liegen im Bereich
von 250 bis 300 °C. Während Metalle bei hohen Temperaturen aufwendig
gegossen werden müssen und Einschränkungen bezüglich der Gussformen
bestehen, lassen sich aus Thermoplasten auch kompliziertere Formteile mit
vergleichsweise geringem Aufwand fertigen (siehe Extrusion und Spritzguss).
Gleichzeitig können in einem Verarbeitungsschritt Additive, wie
Farbpigmente oder Fasern, in das Material eingearbeitet werden, die sich
bei den hohen Temperaturen des Metallgießens oder des Sinterns von Keramik
zersetzen würden.
Niedrige Leitfähigkeiten
Die Wärmeleitfähigkeit von Kunststoffen ist nur einen Bruchteil so groß wie
die von Metallen. Da aus diesem Grund bei einer Berührung vergleichsweise
wenig Wärmeenergie von der Hand übertragen wird (Kunststoffe sich also bei
niedrigen Temperaturen dennoch warm anfühlen), werden Griffe an Werkzeugen
oder Geländern gerne aus Kunststoff hergestellt oder damit überzogen.
Werkstoffe wie Schäume, Vliese und Flocken isolieren vor allem durch den
Gehalt an (räumlich fixierter) Luft. Kunststoffe als Matrixmaterial fördern
die Isolierwirkung; wie etwa in Dämmstoffplatten, Textilien oder Matratzen.
Die leichte Brennbarkeit ist hingegen ein klarer Nachteil gegenüber
mineralischer Glas- oder Steinwolle, Schaf- und Baumwolle, Kork, aber auch
Massivholz.
Die elektrische Leitfähigkeit von Kunststoffen ist um 15 Größenordnungen
kleiner als die von Metallen. Daher werden Kunststoffe zur Isolation
eingesetzt. Metallisiert werden Kunststofffolien als Dielektrikum
eingesetzt und zu Kondensatoren zusammengerollt. Den hohen
Oberflächenwiderstand, der mit Reibung über Kontaktelektrizität zu
elektrostatischer Aufladung führt, bricht man mit Füllstoffen (so in
Schuhsohlen) oder Antistatika etwa in Möbelpolitur oder Textilwaschmittel.
Herstellung
Kunststoffe werden generell durch schrittweises Aneinanderfügen von
Monomeren zu langen Ketten – den Polymeren – hergestellt, wobei
grundsätzlich zwischen Kettenpolymerisation und Stufenpolymerisation
unterschieden wird.
Kettenpolymerisationen
Bei einer Kettenpolymerisation beginnt das Wachstum mit einem Molekül, an
das sukzessive weitere Monomere addiert werden. Das die Polymerisation
startende Molekül nennt man Initiator, das auf diesen aufwachsende heißt
Monomer. Die Zahl der Monomere, aus denen das Polymer letztendlich besteht,
ist der Polymerisationsgrad. Der Polymerisationsgrad kann durch das
Verhältnis von Monomer zu Initiator eingestellt werden. Mathematisch wird
er durch die Mayo-Gleichung abgeschätzt.²⁰
Radikalische Polymerisation
Bei der radikalischen Polymerisation werden die Wachstumsreaktionen durch
Radikale initiiert und fortgepflanzt. Sie ist verglichen mit anderen
Kettenreaktionen unempfindlich, leicht zu kontrollieren und liefert schon
bei recht kleinen Umsätzen hohe Polymerisationsgrade. Sie wird daher vor
allem bei der Herstellung von billigen Kunststoffen, wie LD-PE, PS oder
PVC, eingesetzt.
Eine Gefahr bei diesem Verfahren stellt die freiwerdende
Polymerisationswärme dar. Die radikalische Polymerisation ist exotherm, das
heißt bei der Reaktion wird Wärme freigesetzt. Diese Wärme erzeugt, wenn
sie nicht abgeführt wird, weitere Radikale, so dass sich die Reaktion
selbst beschleunigen kann. Im Extremfall kann eine solche
„Selbstbeschleunigung" zur Überlastung des Reaktormaterials und damit zu
einer thermischen Explosion führen.²⁰
Ionische Polymerisation
Bei ionischen Polymerisationen werden die Wachstumsreaktionen durch
ionische Spezies initiiert und fortgepflanzt. Die wachsenden Ketten sind
langlebiger (mehrere Stunden bis Tage) als ihre radikalischen Analoga
(Lebensdauer etwa 10−3 s), man spricht in diesem Zusammenhang auch von
sogenannten lebenden Polymeren. Daher kann man nach Abschluss einer
Polymerisation auf die noch lebenden, das heißt zur Polymerisation
befähigten Ketten, ein weiteres Monomer aufgeben und so ein erneutes
Wachstum fortführen.²¹ ²²
Polymere, deren Ketten aus zwei oder mehr unterschiedlichen Monomertypen
bestehen, nennt man Copolymere. Findet man in einem Copolymeren lange
Blöcke des einen Monomers, gefolgt von Blöcken des anderen, spricht man von
Blockcopolymeren. Für eben solche speziellen Anwendungen wird die ionische
Polymerisation angewandt. Ein Beispiel sind die synthetischen Gummis
Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR) und Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR),
die bei der Herstellung von Autoreifen Verwendung finden. Nachteil dieses
Verfahrens ist seine hohe Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen,
Wasser und Sauerstoff.²⁰ Ionische Polymerisationen sind daher aufwendiger
und kostenintensiver als die radikalische Polymerisation.
Metallorganische Katalysatoren
Diese Polymerisationen finden in Gegenwart von Katalysatoren statt. Beim
Katalysator handelt es sich um einen Metallkomplex (Verbindung aus
Metallatomen, umgeben von weiteren Spezies), der in der Lage ist, die
wachsende Kette zu binden. Die Addition weiterer Monomere geschieht durch
Einschub (Insertion) des Monomers zwischen wachsende Kette und
Katalysatorspezies. Resultat ist ein höherer Ordnungsgrad der entstehenden
Polymere sowie ein geringerer Verzweigungsgrad. Aufgrund dieser reguläreren
Struktur erfolgt auch die Packung der einzelnen Ketten im Festkörper
effizienter, der Kunststoff wird dichter. Die zurzeit industriell
wichtigste Katalysatorklasse ist die der Ziegler-Natta-Katalysatoren. Eine
Rolle spielen sie zum Beispiel bei der Herstellung von Polyethylen.²³
Beim Low-Density-Polyethylen (LD-PE) handelt es sich um in der Gasphase
polymerisiertes Ethen mit geringem Ordnungsgrad, vielen Seitenverzweigungen
und geringer Dichte. Diesen Kunststoff findet man vor allem als
transparente oder gefärbte Verpackungsfolie von Getränkeflaschen, Büchern,
CDs etc.
High-Density-Polyethylen wird mit einem metallorganischen Katalysator im
Ziegler-Natta-Verfahren hergestellt. Es resultiert ein Polymer mit hohem
Ordnungsgrad, wenigen Verzweigungen und hoher Dichte. Dieser Kunststoff
findet beispielsweise Verwendung als Material für Autotanks, Benzinkanister
etc.
Stufenpolymerisationen
Im Gegensatz zur Kettenpolymerisationen erfolgt in Stufenpolymerisationen
die Bildung der Polymere nicht durch Initiation einer wachsenden Kette, die
weiter sukzessive Monomere addiert, sondern durch direkte Reaktion der
Monomere untereinander. Diese Reaktion kann unter Freisetzung eines
Nebenprodukts wie Wasser als Polykondensation oder durch einfache Addition
der Monomere zu einer neuen Verbindung durch Polyaddition erfolgen.
Polykondensation
Bei Polykondensationen erfolgt die Bildung der linearen Kette durch
intermolekulare Reaktion bifunktioneller Polymere unter Abspaltung einer
kleineren Spezies, wie beispielsweise Wasser oder Alkohole. Eine
wesentliche Bedeutung besitzt die Polykondensation für die Polyamide.
Bildung eines Amids (schematische Darstellung)
Carbonsäuren reagieren mit Aminen zu Amiden. Setzt man Moleküle ein, die
zwei Carbonsäuregruppen tragen, kann eines dieser Moleküle mit zwei Aminen
reagieren. Es entsteht so ein Polymer aus drei Monomeren (eine
Carbonsäureeinheit, zwei Amine). Tragen die eingesetzten Amine auch wieder
zwei Amingruppen, kann die zuvor entstandene Spezies wiederum mit zwei
Carbonsäuremolekülen reagieren usw. Die so entstehenden Polymere können
sich dann auch noch weiter untereinander verbinden, so dass der
Polymerisationsgrad entscheidend von der Reaktionsdauer abhängt. Der
Vorgang wird durch die Carothers-Gleichung beschrieben.
Durch Reaktion von Dicarbonsäuren mit Diolen (Dialkohol) werden so
Polyester hergestellt. Unter den wichtigsten durch Polykondensation
hergestellten Kunststoffen sind Polyester, wie Polyethylenterephthalat
(PET), Polyamide und Phenoplaste. Maleinsäure- und Phthalsäurepolyester
werden industriell ausgehend von deren Anhydriden hergestellt.
Polyaddition
Bei Polyadditionen erfolgt die Bildung des Polymers durch Addition der
einzelnen Monomere untereinander, ohne die Bildung von Nebenprodukten. Eine
große Gruppe von Polyaddukten bilden die Polyurethane.
Polyaddition von 1,6-Hexandiisocyanats mit 1,4-Butandiol (n ≈ 40)
Isocyanate reagieren mit Alkoholen in einer Additionsreaktion zu
sogenannten Urethanen. Auch hier gilt: setzt man bifunktionelle Monomere
ein, erfolgt die Bildung langer linearer Ketten. Auf diese Weise
hergestelltes Polyurethan wird für Armaturenbretter, Lacke, Klebstoffe etc.
verwendet. Setzt man der Polymerisationsmischung Wasser zu, reagiert dieses
mit den Isocyanaten zu Harnstoffen²⁴ und Kohlenstoffdioxid. Das in der
Mischung freiwerdende CO₂ wird in Form von Bläschen in den Kunststoff
eingeschlossen, so dass man einen Schaumstoff erhält.
Polyurethanschaumstoff wird für Matratzen, Sitzmöbel, Schwämme etc.
verwendet.
Additive
Kunststoffen werden im Verlauf des Herstellungsprozesses sogenannte
Additive zugesetzt (Compoundierung). Sie dienen der genauen Einstellung der
Materialeigenschaften auf die Bedürfnisse der jeweiligen Anwendung und der
Verbesserung der chemischen, elektrischen und mechanischen Eigenschaften.
Solche mit Zuschlagsstoffen versehene Formmassen werden nach DIN EN ISO
1043 (Thermoplaste) und nach DIN 7708 (Duroplaste) gekennzeichnet.
Weichmacher
Etwa zwei Drittel der weltweit hergestellten Additive werden für die
Produktion von Polyvinylchlorid aufgewendet, fast drei Fünftel der
hergestellten Additive sind Weichmacher.²⁵ Sie verringern Sprödigkeit,
Härte und Glastemperatur eines Kunststoffes und machen ihn so besser form-
und verarbeitbar. Es handelt sich um Stoffe, die in der Lage sind, auf
molekularer Ebene in den Kunststoff einzudringen und so die Beweglichkeit
der Ketten gegeneinander zu erhöhen. Qualitativ kann man sie als
„molekulares Schmiermittel" verstehen. Bis vor wenigen Jahren war
Diethylhexylphthalat (DEHP) (synonym: Dioctylphthalat DOP) der am
häufigsten verwendete Weichmacher. Dieser stellte sich jedoch als umwelt-
und gesundheitsschädlich heraus, weshalb die europäische Industrie
inzwischen weitgehend auf seinen Einsatz verzichten will.
Extender verbessern ebenfalls die Verarbeitbarkeit, man spricht deshalb
auch von sekundären Weichmachern. Wichtige Extender sind epoxidierte Öle,
hochsiedende Mineralöle und Paraffine.²⁶
Stabilisatoren
Stabilisatoren dienen der Verbesserung der chemischen Eigenschaften. Sie
erhöhen die Lebensdauer des Kunststoffes und schützen ihn vor schädigenden
Einflüssen (Oxidation, Strahlung und Wärme etwa durch Feuer) in seinem
Einsatzgebiet.
Durch Reaktion mit Luftsauerstoff kann sich der Kunststoff verfärben, und
die Polymerketten können sich zersetzen oder neu vernetzen. Dies verhindert
man durch Zugabe von Antioxidantien, die die bei der Reaktion entstehenden
freien Radikale abfangen (Radikalkettenabbrecher), oder gleich die Bildung
der Radikale verhindern (Desaktivatoren).²⁶ Als Abbrecher setzt man
beispielsweise Phenole oder Amine zu, als Desaktivatoren dienen Phosphane
und ebenfalls Amine.
Lichtschutzmittel schützen gegen eine Schädigung durch ultraviolettes
Licht. Doppelbindungen zwischen Kohlenstoffatomen sind in der Lage, Licht
dieser Wellenlänge zu absorbieren, daher sind vor allem Kunststoffe durch
UV-Licht gefährdet, die dieses Strukturelement aufweisen (z. B.
Polyisopren). Allerdings können aufgrund von Katalysatorrückständen,
Strukturfehlern und Nebenreaktionen bei der Verarbeitung praktisch alle
Polymere ein Absorptionsvermögen für UV-Strahlung zeigen. Diese induziert
die Bildung von freien Radikalen im Material, die Nebenreaktionen, wie
Zerfall der Kette und Vernetzungen einleiten. Es existieren grundsätzlich
drei Wege eine Schädigung zu verhindern: Reflexion des Lichts, Zusatz von
lichtabsorbierenden Stoffen und Zusatz von Radikalfängern. Wichtige
Lichtschutzmittel sind Ruß, der die Strahlung absorbiert,
σ-Hydroxybenzophenon, das die Energie in Infrarotstrahlung umwandelt und
Dialkyldithiocarbamate, die UV-Licht absorbieren und als Radikalfänger
fungieren.²⁷
Kunststoffe sind empfindlich gegenüber Wärmeeinwirkung. Oberhalb einer für
das Material charakteristischen Temperatur (Zersetzungstemperatur) setzt
der Zerfall der molekularen Struktur ein. Wärmestabilisatoren sollen dies
verhindern. Unerlässlich sind diese für Polyvinylchlorid, das sonst, unter
Bildung von Chlorwasserstoff und u. U. gesundheitsschädlicher
Zerfallprodukte, seine mechanische Stabilität einbüßen würde.²⁸ Der
Zerfallmechanismus verläuft über die Bildung von Doppelbindungen.
Organische Barium-, Zink-, Zinn-, und Cadmiumverbindungen und anorganische
Bleisalze komplexieren diese und unterbrechen so den Zerfallmechanismus.²⁷
Vor allem die Bleiverbindungen stellen hinsichtlich der Entsorgung des
Kunststoffs ein nicht unerhebliches Umweltproblem dar. Derzeit sind 80 %
der Wärmestabilisatoren auf der Basis von Blei.²⁵ Die chemische Industrie
ist zurzeit allerdings bemüht, diese zu ersetzen. So wurde bei Cognis
speziell für Fensterprofile ein Stabilisator auf der Basis von Calcium und
Zink entwickelt.²⁵
Bei Bränden geht von Kunststoffen eine große Gefahr aus, da sie zum einen
in der Lage sind die Brände zu unterhalten und zum anderen bei einer
unkontrollierten Verbrennung giftige oder ätzende Gase, wie Blausäure,
Kohlenstoffmonoxid, Chlorwasserstoff und Dioxine frei werden.
Flammschutzmittel verhindern entweder den Sauerstoffzutritt zum Brand oder
stören die chemischen Reaktionen (Radikalkettenmechanismen) der
Verbrennung.²⁹ Polycarbonate erfordern oft keine Flammschutzmittel, da als
Löschmittel wirkendes Kohlendioxid ein Zerfallsprodukt des Polymers
darstellt.
Wichtige Flammschutzmittel sind²⁶
- polybromierte Diphenylether (PBDE): setzen Radikale frei, welche die
Zwischenprodukte des Brennvorgangs abfangen
- Aluminiumhydroxid (Al(OH)₃), auch (ATH): setzt Wassermoleküle frei
- Phosphorhaltige Verbindungen: bilden Phosphorsäuren, die eine
Wasserabspaltung katalysieren
Farbmittel
Die meisten Polymere sind in reiner Form farblos, farbig werden sie erst
durch Zusatz von Farbmitteln. Man unterscheidet zwischen Farbstoffen (lösen
sich auf molekularer Ebene im Polymer oder adsorbieren an der Oberfläche)
und Pigmenten (unlösliche, meist anorganische Aggregate).²⁷ Textilien färbt
man praktisch ausschließlich mit Farbstoffen ein.²⁷ Der weit überwiegende
Teil der Kunststoffe wird allerdings mit Pigmenten gefärbt, da diese
lichtechter und meist auch billiger sind.²⁷ Wichtige Pigmente in diesem
Bereich sind Rutil (weiß), Ruß (schwarz), Cobalt- oder Ultramarinblau,
sowie Chromoxidgrün.²⁷ Inzwischen ist auch der Einsatz von Effektpigmenten
möglich, so zeigen mit seltenen Erden dotierte Strontium-Aluminate ein
intensives Nachtleuchten.³⁰ Einsatzgebiete für derartig gefärbte
Kunststoffe sind bei Dunkelheit leichter auffindbare
Sicherheitsmarkierungen, Lichtschalter oder Taschenlampen. Um Metallglanz
zu erreichen werden Aluminiumpigmente in Blättchenform eingesetzt,
sphärische Pigmentkörner ergeben eine Graueinfärbung.
Füllstoffe
Füllstoffe sind klassische Streckmittel, die so die Herstellung des
Kunststoffs verbilligen. „Aktive Füllstoffe" verbessern zusätzlich die
mechanischen Eigenschaften des Materials. Wichtige Füllstoffe sind unter
anderem: Kreide, Sand, Kieselgur, Glasfasern und -kugeln, Zinkoxid, Quarz,
Holzmehl, Stärke, Graphit, Ruße und Talkum. Wichtig sind Füllstoffe auch um
das Brandverhalten der Kunststoffe zu minimieren.
Verstärkungsstoffe
Unter Verstärkungsstoffen (reinforcement) versteht man in Kunststoffen
eingesetzte Zusatzstoffe, die die Kunststoffmatrix verstärken sollen. Folge
ist die Verbesserung mechanischer und physikalischer Eigenschaften, wie
Elastizität oder Biegefestigkeit. Beispiele sind Glasfasern,
Kohlenstofffasern oder auch Flachs und Jute.
Beschichtung
Die Beschichtung mit Metallen wird Kunststoffmetallisierung genannt.
Einsatz findet es in Bereichen in denen Kunststoff zum Ersatz von Metallen
verwendet wird, aber das hochwertigere Aussehen von Metallglanz beibehalten
werden soll. In der Automobilindustrie werden galvanisierte
Kunststoffelemente in der Außenverkleidung eingesetzt. In Elektrogeräten
erlaubt der metallisierte Kunststoff eine Abschirmung. Im Sanitärbereich
werden Elemente für Mischbatterien, Dusch-Köpfe und Wasserhahngriffe
verwendet.
Kunststoffindustrie
Die kunststofferzeugende Industrie ist ein wichtiger Zweig der chemischen
Industrie. 2006 erzielten in diesem Bereich in Deutschland 3570 Unternehmen
mit rund 372.900 Beschäftigten einen Gesamtumsatz von 79,4 Milliarden
Euro.³¹ Tätig sind sie in den sich teilweise überschneidenden Teilgebieten
- Kunststofferzeugung
- Kunststoffverarbeitung
- Kunststoffmaschinenbau
Die Kunststofferzeugung erfolgt zu großen Teilen bei global agierenden
Chemiekonzernen wie beispielsweise Basell, BASF, Bayer, Celanese/Ticona,
Dow Chemical, DSM, DuPont und Solvay. Sie liefern ein begrenztes Sortiment
an Kunststoffen in Mengen von teilweise mehreren 100 kt pro Jahr. Die
Preise für Kunststoffe variieren sehr stark von einigen Eurocent pro
Kilogramm für Massenkunststoffe bis hin zu einigen hundert Euro pro
Kilogramm für Hochleistungspolymere.
Verarbeitung
Die Kunststoffverarbeitung ist Gegenstand eines eigenständigen
Industriezweiges. Dabei kommen überwiegend Urformverfahren zum Einsatz, die
im Gegensatz zu den metallischen Werkstoffen bei wesentlich geringeren
Verarbeitungstemperaturen (bis 430 °C) ablaufen. Dadurch können die
Fertigungseinrichtungen (sog. Werkzeuge) mehrfach verwendet werden und
erlauben so eine kostengünstige Fertigung.
Es kommt eine Vielzahl von Verfahren zum Einsatz, die teilweise ihren
Ursprung in der wesentlich älteren Metallbearbeitung haben und auf die
Eigenschaften der Kunststoffe abgestimmt und weiterentwickelt wurden. So
ist beispielsweise das Spritzgießen für Kunststoffe dem Druckguss für
Metalle sehr ähnlich. Das Extrudieren oder Blasformen ist aus der
Glasproduktion hervorgegangen.
Die Schäumverfahren haben wiederum ihren Ursprung bei den Kunststoffen,
werden aber, wie Metallschaum, inzwischen auch für andere Werkstoffklassen
verwendet. Sie lassen sich weiter in chemische, physikalische oder
mechanische Treibverfahren untergliedern.
Für alle diese Verfahren werden spezielle Maschinen und Werkzeuge benötigt,
die der Kunststoffmaschinenbau zur Verfügung stellt.
Wichtige Massenkunststoffe
Etwa 90 % der weltweiten Produktion (jährlich etwa 150 Mio. t.) entfallen
in der Reihenfolge ihres Anteils auf die folgenden sechs Kunststoffe:³²
Polyethylen (PE)
Polyethylen wird hauptsächlich in drei unterschiedlichen Qualitäten
hergestellt: HD-PE (High-Density-PE), LLD-PE (Linear-Low-Density-PE), LD-PE
(Low-Density-PE). HD-PE wird mittels Ziegler-Natta-Katalysatoren
synthetisiert, seine Ketten zeigen einen sehr hohen Ordnungs- und niedrigen
Verzweigungsgrad. Diese können sich daher im Festkörper effizient anordnen,
so dass ein teilkristallines Material entsteht, dessen Dichte höher ist als
die von LD-PE (beide weisen aber eine Dichte auf, die geringer ist als die
von Wasser). Es wird zur Fertigung von Flaschen, Getränkekästen, Fässern,
Batteriegehäusen, Eimern, Schüsseln etc. verwendet. LD-PE wird unter hohem
Druck in der Gasphase polymerisiert, in LLD-PE werden 1-Buten, 1-Hexen und
1-Octen einpolymerisiert, um so einen kontrollierten Verzweigungsgrad zu
erzeugen. Beide Varianten weisen so einen geringen kristallinen Anteil und
einen hohen oder mittleren Verzweigungsgrad auf. Das Material besitzt
hervorragende filmbildende Eigenschaften und wird vor allem zur Herstellung
von Verpackungsfolien für Zigarettenpäckchen, CDs, Bücher,
Papiertaschentücher etc. sowie Tragetaschen verwendet.
Polypropylen (PP)
Polypropylen wird fast ausschließlich auf metallkatalytischem Wege
hergestellt, da nur das so erhaltene kristalline Material kommerziell
verwertbare Eigenschaften aufweist. Es handelt sich um einen sehr harten,
festen und mechanisch belastbaren Kunststoff mit der geringsten Dichte
aller Massenkunststoffe. Aufgrund dieser Eigenschaften hat es teilweise
bereits Metallwerkstoffe verdrängt. Wie bei dem rechts abgebildeten Deckel
zeigt es außerdem den sogenannten Filmscharniereffekt, d. h., es kann durch
einen dünnen Film Gehäuse und Deckel miteinander verbinden, ohne aufgrund
der Biegebelastung zu brechen. Ein erheblicher Teil des weltweit
hergestellten Polypropylens wird für Lebensmittelverpackungen aufgewendet,
weitere Anwendungsgebiete sind:
- Automobilindustrie: als Material für Luftfiltergehäuse, Spoiler,
Scheinwerfergehäuse, Sitzbezüge und Gaspedale.
- Bauwesen: Gartenmöbel, Toilettendeckel, Kunstrasen, Möbelscharniere etc.
- Sonstiges: Brillenetuis, Koffer, Schulranzen, sterilisierbare
medizinische Geräte.
Polyvinylchlorid (PVC)
Polyvinylchlorid galt aufgrund des ungewöhnlich hohen Chloranteils, und der
damit bei der Verbrennung entstehenden Nebenprodukte wie Chlorgas und
Chlorwasserstoff (Salzsäure), lange Zeit als umweltschädlichster
Kunststoff. Zudem ist das zur Herstellung benötigte Vinylchlorid
krebserregend. Inzwischen führt man jedoch den Chloranteil auch als
positiven Aspekt an (Einsparung von Rohöl). Man unterscheidet generell
zwischen Hart-Polyvinylchlorid und durch Zusatz von Weichmachern
hergestelltes Weich-Polyvinylchlorid. Hart-PVC ist ein amorpher Thermoplast
und besitzt eine hohe Steifigkeit und Härte. Es ist extrem schwer
entflammbar, kann in der Hitze eines bestehenden Brandes allerdings
Chlorwasserstoff und Dioxine freisetzen. Es zeigt eine sehr gute
Beständigkeit gegen Säuren, Basen, Fette, Alkohole und Öle. Aus diesem
Grund wird es auch vor allem zur Herstellung von Abwasserrohren und
Fensterprofilen eingesetzt. Gravierende Nachteile sind seine sehr geringe
Wärmebeständigkeit, es kann dauerhaft nur bis 65 °C und kurzfristig bis 75
°C eingesetzt werden, und seine Neigung zum „Weißbruch" beim Biegen.
Weich-PVC ist ein gummielastischer, lederähnlicher Thermoplast. Wichtige
Anwendungen sind die Herstellung von Bodenbelägen, Dichtungen, Schläuchen,
Kunstleder, Tapeten, Dachbahnen, Wood-Plastic-Composite-Produkte etc.
Polystyrol (PS)
Polystyrol wird überwiegend als amorpher Thermoplast hergestellt, durch
neuere Entwicklungen gibt es aber mittlerweile auch kristallines
Polystyrol, dieses hat aber geringere Bedeutung. Beide Varianten zeichnen
sich durch geringe Feuchtigkeitsaufnahme, gute Verarbeitbarkeit und sehr
gute elektrische Eigenschaften aus. Sie unterscheiden sich in ihrer
Schlagfestigkeit. Nachteile sind seine Neigung zur Spannungsrissbildung,
die geringe Wärmebeständigkeit, Entflammbarkeit und seine Empfindlichkeit
gegenüber organischen Lösungsmitteln. Mittels Kohlenstoffdioxid bei der
Polymerisation aufgeschäumtes Polystyrol wird unter anderem als Styropor
vertrieben.
Anwendungsgebiete:
- Elektrotechnik: als Isolierung von elektrischen Kabeln, Material für
Gehäuse, (als High Impact Polystyrene (HIPS)), Schalter etc.
- Bauindustrie: als Dämmstoff (Schaumpolystyrol)
- Verpackungen: Schaumpolystyrol, Verpackungsfolien, Joghurtbecher etc.
Polyurethan (PU/PUR)
Die Eigenschaften von Polyurethanen können durch Wahl der Isocyanat- oder
Urethan-haltigen Monomerkomponenten sehr stark in ihrer Elastizität
variiert werden. So werden sehr elastische PUR-Textil-Fasern (Elastan) aus
Polyestern und Urethan-haltigen Polyestern hergestellt, ebenso dienen
Urethan-haltige Polymere als Zusatz in Lacken und Materialien für
Leiterplatten (Bectron).
- Die bekannteste Anwendung dürften Polyurethanschaumstoffe sein. Sie
dienen als Matratzen, in Autositzen, Sitzmöbeln, Dämmmaterial, Schwämmen
etc. Auch hier können mittels der Wahl der Einzelkomponenten die genauen
Materialeigenschaften eingestellt werden.
- Die wichtigste Anwendung ist wohl für den Rostschutz der Auto-Karosserien
verantwortlich. Auf den blanken Eisenkarossen werden
Hydroxygruppen-haltige und Urethangruppen-haltige Einzelpolymere
abgeschieden. Bei 120–160 °C werden diese dann untereinander vernetzt, es
bildet sich eine überall gleichdicke rostverhindernde Polymerschicht auf
dem Eisen.
Polyethylenterephthalat (PET)
Polyethylenterephthalat ist ein Polyester aus Terephthalsäure und
Ethylenglycol, bei der Herstellung werden stöchiometrische Mengen
eingesetzt und die Veresterung bis zu einem Umsatz von 99 % durchgeführt.
Die erstarrte Schmelze kristallisiert sehr langsam, so dass man auch hier
je nach Anwendungsbereich amorphes und teil-kristallines (C-PET) Material
herstellen kann. C-PET besitzt