Heimatkinder 36 – Heimatroman: Es gibt für alles eine Lösung
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Es war ein wunderschöner Septembertag. So schön, dass man glauben konnte, es würde Frühling werden und nicht Herbst. Der Himmel stand wie eine blaue Glasglocke wolkenlos über dem Münchner Hofgarten. In den Blumenrabatten leuchtete die bunte Pracht der Sommerblumen, und sämtliche Tische des Hofgarten-Cafés waren besetzt.
Das Täubchen, das zu Teresas Füßen eifrig Kuchenkrümel aufpickte, wurde von einem aufgeregten Täuberich umtanzt, der sich aufplusterte, gurrte und seine Schwanzfedern sträubte. Doch sie war nicht interessiert.
"Geh weg, du dummer Kerl!", sagte Theresa. "Sie ist klüger als du! Sie weiß, dass es Herbst wird!" Den Worten folgte ein tiefer Seufzer, aber der Täuberich ließ sich nicht beirren.
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Heimatkinder 36 – Heimatroman - Jutta von Kampen
Heimatkinder –36–
Es gibt für alles eine Lösung
Roman von Jutta von Kampen
Es war ein wunderschöner Septembertag. So schön, dass man glauben konnte, es würde Frühling werden und nicht Herbst. Der Himmel stand wie eine blaue Glasglocke wolkenlos über dem Münchner Hofgarten. In den Blumenrabatten leuchtete die bunte Pracht der Sommerblumen, und sämtliche Tische des Hofgarten-Cafés waren besetzt.
Das Täubchen, das zu Teresas Füßen eifrig Kuchenkrümel aufpickte, wurde von einem aufgeregten Täuberich umtanzt, der sich aufplusterte, gurrte und seine Schwanzfedern sträubte. Doch sie war nicht interessiert.
»Geh weg, du dummer Kerl!«, sagte Theresa. »Sie ist klüger als du! Sie weiß, dass es Herbst wird!« Den Worten folgte ein tiefer Seufzer, aber der Täuberich ließ sich nicht beirren.
»Gscht!«, macht sie. Da flogen beide fort. Im selben Augenblick entdeckte sie ihre Freundin, die sich in dem Gedränge der Gäste suchend umsah. Sie stand auf und winkte ihr zu
Margit Janker drängte sich zwischen Tischen durch, und im nächsten Moment lagen sich beide in den Armen.
»Wie geht es dir? Wie geht es dir?«, fragten sie beide gleichzeitig, dann lachten sie und sagten wieder gleichzeitig: »Erzähle!«
»Erst du!«
»Nein: du! Ich war zuerst da!«
Ein Kellner näherte sich ihrem Tisch.
»Wollen die Damen bestellen?«
»Eine Tasse Kaffee und ein Stück Apfelkuchen mit Sahne«, erwiderte Teresa. »Ja, du, du kannst es dir leisten!«, meinte Margrit. »Ich nehme das Gleiche – aber ohne Sahne!«
Teresa und Margrit hatten zusammen an der Münchener Uni studiert und hatten sich vom ersten Augenblick an gut verstanden. Sie wollten beide Grundschullehrerinnen werden. Im vergangenen Sommer hatten sie ihre Abschlussprüfungen mit Erfolg abgelegt, und da sie beide engagiert und tüchtig waren, fand auch eine jede die Stellung, die sie sich gewünscht hatte.
Margrit war auf dem Land aufgewachsen und wollte deshalb am liebsten in eine Dorfschule. Ein weiterer Grund für diesen Wunsch war, dass sie sich im Fasching in einen Bauernsohn verliebt hatte und er sich in sie. Der Zufall wollte es, dass in dem Dorf, in dem er zu Hause war, man nach einer Lehrkraft suchte – nicht jeder hatte Lust, in einem so abgelegenen Ort zu leben!
Er informierte Margrit, als er davon erfuhr, sie bewarb sich – und hatte die Stellung!
Ähnlich problemlos verlief es bei Teresa. Sie war seit Studienbeginn mit einem Medizinstudenten zusammen und fühlte sich mit ihm ›verlobt‹. Deshalb wollte sie unbedingt in München bleiben. Da sie schon einige Male in einer von Nonnen geleiteten Schule eingesprungen war – sie war selbst dort Schülerin gewesen! – übernahm man sie dort nur zu gerne.
Alles hatte für sie beide so wunderbar ausgesehen – und nun trafen sie sich, kaum dass das Schuljahr begonnen hatte, um sich das Herz auszuschütten, sich zu trösten und bei der anderen Rat zu suchen.
Margrit war eine bildhübsche junge Frau mit kurzen dunklen Locken, haselnussbraunen Augen, einer Stupsnase und einem Kirschenmund. Sie hatte das, was man eine ›Dirndlfigur‹ nennt, mit üppigem Busen und schlanker Taille, und deshalb trug sie gerne – auch heute – ein knapp sitzendes Tegernseer Dirndl mit einem blauen Mieder, einem rotblau gestreiften Rock und einer weißen Schürze.
Teresa war ein ganz anderer Typ: sie war größer, schlanker, ihre goldblonden Locken trug sie zumeist in einem Pferdeschwanz, ihre großen Augen mit den langen Wimpern hatten die aparte Farbe von dunklem Bernstein, in dem goldene Pünktchen funkelten. Ihr Mund war weich, vielleicht etwas zu groß, sie hatte schöne, regelmäßige Zähne und wenn sie lachte, ein Grübchen in der linken Wange. Ihre Nase war schmal und ein klein wenig gebogen. Ihre schönen langen Beine steckten heute in engen Jeans, die ihren kleinen festen Po zur Geltung brachten, und sie trug eine der modernen Blusen, von denen man nicht wusste, ob sie eine Schwangerschaft verbergen sollten oder einfach nur modisch waren.
»Also, wer fängt jetzt an?«, fragte Teresa, als Kaffee und Kuchen vor ihnen standen, und übersah hochmütig die Bemühungen zweier junger Männer am Nebentisch, die vergeblich versuchten, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nein, das konnten sie jetzt wirklich nicht brauchen!
»Ach, das ist eine lange Geschichte!«, seufzte Margrit und schob sich ein Stück Kuchen in den Mund.
»Dann fange ich an! Bei mir ist es schnell gesagt!«, erklärte Teresa. »Du erinnerst dich an Martin?«
Margrit nickte mit vollem Mund. Natürlich erinnerte sie sich an ihn! Schließlich waren er und Teresa seit mehr als drei Jahren befreundet!
»Er hat mich verlassen!«
Margrit war so überrascht, dass sie sich verschluckte und Teresa ihr erst einmal auf den Rücken klopfen musste, bis sie wieder normal atmen konnte. Sie trank einen Schluck Kaffee hinterher und sagte schließlich:
»Nein!!!«
»Doch! Ich passe nicht zu ihm, hat er plötzlich entdeckt und ist jetzt mit einer Kollegin zusammen, deren Vater eine Klinik hat oder zumindest gute Beziehungen oder was weiß ich …!« Sie tat sehr gleichmütig, aber Margrit kannte sie gut genug, um zu wissen, wie elend sie sich fühlte.
»Dieser Idiot!«, sagte sie. »Niemals hatte ich das für möglich gehalten! Aber du musst dir sagen, dass du nicht viel an ihm verloren hast!«
Das war ein schwacher Trost – aber was sollte man sonst sagen!
Teresa zuckte die Schultern.
»Ja, das sage ich mir auch ständig vor. Wenn ich ihn nur nicht andauernd treffen würde! Er wohnt doch gegenüber der Schule, an der ich arbeite!«
»Sch…!«
»Genau! Aber jetzt erzähl du!«
Margrit schluckte, trank vorsichtshalber einen Schluck Kaffee hinterher und erwiderte mit zitternder Stimme:
»Bei mir ist es etwas – komplizierter …«
Teresa legte tröstend ihre Hand auf Margrits Arm und wartete geduldig, bis die Freundin so weit war, dass sie erzählen konnte.
»Ich – ich – also, ich bin doch nach Hohenried gegangen, weil ich gern aufs Land wollte, und …« Sie konnte nicht weiter sprechen, weil sie mit Tränen kämpfte.
»Ich weiß«, fuhr Teresa für sie fort. »Wegen diesem netten Toni Bruckner. Und er war doch sooo verliebt in dich!«
»Oh, das ist er noch!«, erwiderte Margrit schnell. »Aber – aber seine Eltern! Du verstehst: Eine kleine Lehrerin, die kein Geld hat, und er kriegt doch einmal diesen wunderschönen Hof!«
»Ich erinnere mich.« Teresa hatte Fotos gesehen, die der sympathische Toni Margrit und ihr gezeigt hatte. »Aber wenn er dich liebt …«
»Sie haben