Neutrale Zone: Julian's Tagebuch aus dem Konzentrationslager
By Marlon Baker
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Book preview
Neutrale Zone - Marlon Baker
I
Marlon Baker
Neutrale
ZONE
Julians Tagebuch aus
dem Konzentrationslager
Band 1
Alle Texte, Textteile, Grafiken, Layouts sowie alle sonstigen schöpferischen Teile dieses Werks sind unter anderem urheberrechtlich geschützt. Das Kopieren, die Digitalisierung, die Farbverfremdung, sowie das Herunterladen z. B. in den Arbeitsspeicher, das Smoothing, die Komprimierung in ein anderes Format und Ähnliches stellen unter anderem eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung dar. Verstöße gegen den urheberrechtlichen Schutz sowie jegliche Bearbeitung der hier erwähnten schöpferischen Elemente sind nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des Verlags und des Autors zulässig. Zuwiderhandlungen werden unter anderem strafrechtlich verfolgt!
© 2015 mysteria Verlag / www.mysteria-Verlag.de
Publishing Rights © 2015 Marlon Baker
E-Book-Erstellung & Cover: www.AutorenServices.de
Coverfoto von Lisa Spreckelmeyer, „Keine Chance"
http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de Some rights reserved
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Alle Rechte vorbehalten.
»Es ist kein Verbrechen, geliebt zu haben, noch viel weniger ist es eines, geliebt worden zu sein.«
Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die vor der Wahrheit nicht die Augen verschließen. Und natürlich auch all meinen Wegbegleitern in meinem ach so langen Leben.
Julian Glöckner
Einführende Worte von Julian Glöckner
Ich habe mir nicht ohne Grund einen Autor gesucht, der aus meinen Aufzeichnungen ein Buch machen sollte. Denn jeder Tag könnte mein letzter sein, und ich will nicht, dass meine Erlebnisse in Vergessenheit geraten. Vielmehr möchte ich der Welt aufzeigen, wie es tatsächlich war, als Jugendlicher in einem Konzentrationslager zu laden, in dem du plötzlich nichts mehr wert warst.
Mit Marlon Baker habe ich einen Autor gefunden, der es verstand, was ich mit meinen Tagebuchaufzeichnungen erreichen wollte, und so bot er mir an, mich für das Buch zu interviewen. Ich sollte ihm mit meinen eigenen Worten schildern, wie es damals war, als ich als Fünfzehnjähriger in Gefangenschaft geriet, nur weil ich meinen Freund geküsst hatte.
In den letzten Monaten besuchte ich Marlon dann und wann und erzählte ihm jeweils eine Episode aus meinem Leben, dass mich so nachhaltig prägte. So entstanden viele Stunden Aufnahmen, woraus Marlon dann die Geschichte schrieb, die Sie nun zwischen zwei Buchdeckeln in Ihren Händen halten (oder als E-Book auf Ihrem Reader).
Manchmal legte ich Marlon auch Fotos vor, weil er mir oft nur kopfschüttelnd gegenübersaß, wenn ich ihm von den Ereignissen berichtete, die sich tatsächlich so zugetragen haben.
Durch die Fotos, die wichtige Zeitdokumente sind und meinen Aussagen, konnte sich Marlon ein Bild von dem machen, wie es damals war im Jahre 1944, als ich noch glaubte, mir stünden alle Türen offen.
Doch ich will hier der eigentlichen Geschichte nichts vorwegnehmen, um Ihnen die Spannung nicht zu verderben. Stattdessen überlasse es ich Ihnen, mir ein Stück weit zu folgen in meinem Leben. Und ich kann Ihnen versichern, dass Sie es nicht bereuen werden, sich für dieses Buch entschieden zu haben. Denn es wird Ihnen die Augen öffnen für das, was ein Jugendlicher ertragen musste, wenn er aus der Rolle fiel. Am Ende des Buches habe ich mir erlaubt, Ihnen den Werdegang eines Paragrafen aufzuführen, der auch noch jetzt mein Leben bestimmt.
Auch hier werden Sie Augen machen, wie sich dieser Paragraf in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat. Und doch bleibt ein bitterer Beigeschmack, da auch heute noch Menschen wegen ihrer Sexualität unterdrückt, angefeindet, verfolgt und sogar bestraft und getötet werden.
Und selbst im eigenen Land war es nicht immer einfach, sich zu seiner Sexualität zu bekennen. Denn auch heute noch stößt der schwule Mann vor allem auf eins: Ablehnung und Ausgrenzung; auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen.
Doch lesen Sie selbst, was mir alles widerfahren ist, bevor ich mich jetzt mit über 85 Jahren endlich in den Ruhestand begebe, mit der Gewissheit, dass meine Stimme Gehör finden wird.
Julian Glöckner, August 2014
8. März 1944
Mein 15. Geburtstag
Jetzt lebte ich schon seit über einem halben Jahr bei meinen Großeltern, die auf dem Land einen kleinen Bauernhof bewirtschafteten und der gerade einmal so viel Ertrag abwarf, um uns alle satt zu bekommen.
Das Dorf, in das ich verschickt worden war wie ein zur Last gewordenes Bündel, hatte vor dem Krieg knapp 800 Einwohner gezählt; doch die Zahl der Einwohner schrumpfte täglich — und das aus vielerlei Gründen.
Die meisten Männer waren eingezogen worden oder hatten sich freiwillig für den Einsatz an der Waffe rekrutieren lassen. Und seltsamerweise sahen es die meisten Männer als ihre Pflicht an, für die Ideologie der Nazis in den Krieg zu ziehen. Einem Krieg, der in den letzen Jahren auf der ganzen Welt wütete — und im Grunde schon als verloren galt. Doch darüber wollte natürlich niemand sprechen, so wie wir auch über andere Themen nicht laut sprechen durften, wenn wir nicht Gefahr laufen wollten, denunziert und dann deportiert zu werden, wie so viele vor uns.
Es gab keine einzige Familie mehr, die nicht ein Opfer zu beklagen hatte. Sogar mein Vater war in den Krieg gezogen, weil er sich hatte blenden lassen von den falschen Versprechungen, die niemals in Erfüllung gingen. Doch er hatte schon früh »Feuer gefangen« und war infiziert worden von dem Virus der Propagandamaschinerie, die Land auf Land ab in den Radiosendungen zu hören waren. Und wenn es nach Opa ginge, würde selbst ich längst irgendwo an der Front sitzen, um im Kreise meiner Kameraden den 15. Geburtstag zu feiern.
Ja, der 8. März 1944 war eigentlich ein Tag der Freude. Doch wie sollte ich all die Bilder vergessen, die ich gesehen hatte, als wir noch in Dresden wohnten. In einem schönen Haus, das nach dem Bombenhagel, wie der Rest der Elbflorenz, in Schutt und Asche lag. Wir hatten den Ort zum richtigen Zeitpunkt verlassen, an dem sich bislang mein gesamtes Leben abgespielt hatte.
Um wenigstens den Kindern ein Stück weit Normalität zu gewähren, hatte man schon sehr früh damit begonnen, uns Kinder aufs Land zu schicken. Viele lebten jetzt bei ihren Verwandten oder bei solchen, die es als lohnendes Geschäft ansahen, Kinder aus den Großstädten bei sich aufzunehmen. Doch in diesem Dorf, in dem ich jetzt lebte, gab es nur eine Handvoll Kinder. Und wahrscheinlich hätte es nahegelegen, dass wir uns zusammenraufen, statt getrennte Wege zu gehen oder gar Alleingänge. Ich war aber schon immer ein Einzelgänger gewesen — in Dresden noch mehr als hier. Denn den meisten anderen war ich einfach nicht geheuer, wie sie es nannten. Das lag wohl vor allem daran, dass ich für meine fünfzehn Jahre viel zu klein geraten war. Viel zu winzig. Viel zu mickrig.
Jeder, der mich ansah, hielt mich für einen Zwölf- oder Dreizehnjährigen; und was ich früher als Beleidigung oder Kränkung empfand, wenn ich als Kind abgestempelt wurde, sollte mir in den noch kommenden Wochen und Monaten den Arsch retten!
Schließlich war es auch bis zu uns vorgedrungen, dass sie längst damit begonnen hatten, Jugendliche zu rekrutieren — als Kanonenfutter an der Front! Kaum warst du sechzehn, hielten sie dich für alt und reif genug, in den Krieg zu ziehen, auch wenn du anderenorts nicht selten deiner Rechte beschnitten wurdest, wenn du noch nicht volljährig warst und dich der Erwachsenenwelt unterzuordnen hattest.
Jawohl, zu Befehl, mein Führer!
Der Nachschub an Soldaten musste schließlich gewährleistet bleiben, um das Ruder doch noch umzureißen, auch wenn viele ahnten, dass der Sieg auf verlorenem Posten stand. Und wie großartig hatte sich das noch zu Beginn angehört, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen und dem Volk versprachen, dass das Deutsche Reich der Welt seinen Stempel aufdrücken wollte, wie es Vater nur allzu gern wiederholte. Und auch Opa wurde nicht müde, mir zu predigen, wenn wir mal wieder gemeinsam vor dem Radio hockten und den zahlreichen Reden und Versprechungen der Propaganda lauschten, dass das Deutsche Volk zu allem fähig wäre — selbst zur Weltherrschaft!
Doch im Grunde waren dies nur leere Versprechungen gewesen, die nicht (länger) eingehalten werden konnten. Jeder wusste es. Doch keiner muckte auf. Hitler und seine Herrscharen hatten längst das anvisierte Ziel aus den Augen verloren. Und mir schien, als betrieben sie diesen Krieg nur noch, um davon abzulenken, was im eigenen Land vor sich ging. Denn wer konnte schon leugnen, was wir sie gesehen hatten: All die Züge, mit den vielen Menschen, die in Kronzentrationslager deportiert wurden — auch welchen Gründen auch immer! Und es waren nicht nur Juden, denen sich ein Volk entledigen wollte.
Zuhause wollte dies aber niemand hören. Und ich tat gut daran, meine Zweifel nicht laut auszusprechen, und sie stattdessen besser für mich zu behalten. Auch wenn ich wie ein Kind aussah — und manchmal sicher auch wie eines wirkte —, so war ich aber auch ein Mensch, der sich seine eigenen Gedanken machte und nicht immer und allem Folge leistete, was von mir verlangt wurde. Ich dachte über gewichtige Dinge nach, hinterfragte sie zuweilen, die um uns herum geschahen … Und doch war auch ich zum Schweigen verdammt worden. Denn das sicherte einem das Überleben.
Und wenn erst einmal eine Bombe neben dir einschlägt, während du im dunklen Keller hockst und darauf hoffst, selbst keinen Schaden zu nehmen, und wenn du Dinge in deiner Straße, in deiner Stadt, beobachtest, über die man besser schweigt, statt sie zur Sprache zu bringen, so verändern dich diese Dinge mit der Zeit. Und mir war klar, dass ich in den Kriegsjahren schneller erwachsen werden musste, als in den Jahren zuvor. Schließlich musste doch auch ich heranwachsen, um früher oder später meinem Vaterland dienen zu können.
Doch bei mir sah das etwas anders aus. Mein knabenhafter Körper hatte wohl vorausgeahnt, was geschehen würde, und hatte mich daher stets um einen Kopf kleiner erscheinen lassen, als jeden anderen Fünfzehnjährigen, mit dem ich mir die Zeit vertrieb. Allerdings war ich in den letzten Monaten nicht wirklich warm geworden mit den Kindern aus dem Dorf; und meine Freunde in Dresden hatte ich alle zurücklassen müssen —
Nur mir Manuel, einem gleichaltrigen Jungen, hatte ich mich angefreundet. Manuel war der Sohn des einzigen Wirts im Dorf. Er war hier geboren und aufgewachsen und kein Stadtkind wie ich. Er kannte jeden Grashalm, jeden Baum, aber vor allem auch jene Verstecke, an denen sich ein heißer Frühlingstag am Nachmittag des 8. März aushalten ließ.
Schon vor einigen Tagen hatte er mir versprochen, mir eine Stelle im Wald zeigen zu wollen. Ich wusste, dass er die meiste Zeit im Wald verbrachte. Ich hingegen zog es vor, auf dem Heuspeicher zu liegen, auf einem Grashalm herumzukauen und meine Gedanken wandern zu lassen.
Im letzten Jahr hatte ich bereits begonnen, Tagebuch zu führen. Schon jetzt waren Dutzende Schulhefte vollgeschrieben, in denen ich all das festhielt, was mir wichtig erschien, oder über das ich mit niemandem sprechen konnte — nicht einmal mit Manuel.
Die Zeiten waren viel zu gefährlich, als dass man sich selbst denunzierte oder sich gar der Lächerlichkeit preisgab. Und das »sich gegenseitig denunzieren« war zu einer Art Volkssport geworden. Dann hätte ich mir auch gleich einen Strick drehen können, wenn ich jemanden in meinen Tagebüchern hätte lesen lassen. Nein, es gab Geheimnisse, die man nicht einmal seinem besten Freund verriet. Auch wenn Manuel und ich schon über viele Dinge gesprochen hatten, mit denen wir abends zu Tisch nie hätten kommen dürfen. Meine Großeltern wären schockiert gewesen, wenn ich ihnen schon jetzt die ganze Wahrheit über mich offenbart hätte. Und ehrlich gesagt, hatte ich es nicht eilig damit, irgendjemandem davon zu erzählen.
Ich wusste sehr genau, was auf mich zukäme, wenn ich den falschen Leuten erzählte, was in mir vorging, oder wie ich mich in den letzten Monaten verändert hatte. Eine Veränderung, die mir glücklicherweise nicht an der Nasenspitze anzusehen war — oder doch? Oma hatte mal gemeint, sie wüsste, wann ich log, da meine Nasenspitze dann ganz rot wurde. Doch eine Lüge hatte ich ihr in letzter Zeit nicht aufgetischt. Vielmehr schwieg ich mich aus.
Es hatte mich selbst aus den Latschen gehauen, als ich feststellte, dass mir Manuel mehr gefiel, als es unter Kameraden üblich war und es für einen Jungen gesund sein konnte. Zu Beginn hatte ich es stets auf die Pubertät geschoben oder auf einen Überschuss an Hormonen, die in meinem Körper verrückt spielten, wann immer wir zusammen waren und ich einen Steifen bekam. Ich versuchte, mir sogar einzureden, dass die Erektion nichts mit Manuel zu tun hatte, und dass ich nur deshalb einen Steifen bekam, weil mein Körper das so vorsah — als Leibesertüchtigung sozusagen!
Doch mir wurde sehr schnell klar, dass es eben nicht an der Pubertät lag, oder das irgendwelche Hormonschübe meinen Penis zu Leibesübungen anregen wollten. Vielmehr schien sich ein Gefühl in mir zu bestärken, vor dem ich mich mehr als alles andere fürchtete.
Vor einem Jahr hatte ich nicht einmal den Namen dafür gekannt. Sexualität war nie ein Thema bei uns gewesen, vielmehr ein mit Scham besetztes Tabu, das besser unausgesprochen blieb, wie so vieles, das ich in Erfahrung bringen wollte. Meine sexuelle Aufklärung — oder jedenfalls das, was ich davon in Erinnerung habe — vollzog sich in der Schule; weniger aber im Klassenzimmer, als vielmehr auf dem Jungenklo, und das war alles andere als das, was ich hätte hören oder sehen wollen.
Und unser Biologielehrer brachte es nicht nur einmal zur Sprache, dass es niederträchtig sei, eine gleichgeschlechtliche Beziehung einzugehen. Ein Wunder, dass er solche Abartigkeiten überhaupt ansprach.
Ja, abartig, widerwärtig, ekelhaft und abstoßend waren die Bezeichnungen, die er dafür in den Mund nahm, bis ich eher durch Zufall das Wort aufgriff, nachdem ich solange gesucht hatte. Ich hatte es in einer Radiosendung vernommen. Und das, was ich damals hörte, war beängstigend:
»Homosexuelle werden sich einer Therapie unterziehen müssen, um von ihrem frevelhaften Laster abzulassen … Auch Kastrationen können vorgenommen werden, um ihren perversen Sexualtrieb einzudämmen …«
Das waren keine rosigen Aussichten, die mich erwarteten, wenn ich es je laut ausspräche, dass ich mich selbst für einen Homosexuellen hielt, einen Perversen, einen Sodomit!
Doch anders konnte ich mir meine Gefühle für Manuel nicht erklären. Bislang hatte ich alles daran gesetzt, sie zu unterdrücken. Niemand sollte je erfahren oder gar wissen, wie ich geartet war.
ENTARTET nannten es jedenfalls die Nazis, ich jedoch nannte es LIEBE! Aber nur im Verborgenen, im Geheimen, wenn ich mal wieder mit mir alleine war und mir vorstellte, wie es sein könnte, jetzt mit Manuel gemeinsam hier im Heu zu liegen. Dann müsste ich gewiss nicht länger selbst Hand an mich legen, und mich in Gedanken »versündigen« — auch wenn ich noch immer nicht wusste, wie Homosexuelle ihre Liebe zum Ausdruck brachten oder ihrer Sexualität Befriedigung verschafften. Doch ich stellte mir vor, dass es bei uns nicht viel anders war, als bei den anderen. Küssen, streicheln … all diese schönen Dinge lagen in unerreichbarer Ferne!
Dabei wohnte Manuel nur einen Steinwurf von mir entfernt. Ein Fußmarsch von wenigen Schritten und wir schienen wie ein unzertrennliches … Freundespaar, das mit recht viel Argwohn beobachtet wurde. Galt es doch, uns im Auge zu behalten! Aber niemand wäre auf die Idee gekommen, gerade uns etwas anzudichten, obschon Denunziationen — wie bereits erwähnt — an der Tagesordnung waren. Schlimmer noch! Auf jeden Schritt und Tritt fühlten wir uns beobachtet und konnten nicht so leben, wie wir es gern getan hätten.
Erst im Februar hatten sie Willy, einen alleinstehenden Bauern, der am Rande des Dorfes lebte, der SODOMIE überführt, angeklagt und aus dem Dorf geschafft. Keiner hatte ihn seither mehr gesehen, und Manuel und ich malten uns oft aus, was es hieß, dieser Sodomie überführt worden zu sein.
Hatte Willy etwa Sex mit einem seiner Schweine gehabt?, fragten wir uns.
Und manchmal gab es Dinge im Leben eines Jungen, die einfach getan werden mussten, koste es, was es wolle. Schon oft hatte ich durchgespielt, wie es wohl werden würde, wenn ich Manuel meine Liebe gestehe. Wann immer ich mich auf den Heuboden zurückzog, stellte ich mir vor, wie Manuel neben mir läge und wie er mich streichelte … überall. Und wie er mich küsste … überall!
Und auch heute war es wieder so ein Tag. Ich lag im Heu, die Hosen auf halbmast heruntergelassen, die Augen fest verschlossen und ich träumte so vor mich hin. Meine rechte Hand war nach unten gefahren und ich stand kurz davor — jetzt schon zum dritten Mal an diesem Tag — mich selbst befriedigen zu wollen, da mein Penis mal wieder wie ein Mast aufrecht stand. Oder wie es Oma nannte:
Ich war im Begriff, Schande über mich zu bringen!
Schon vor Wochen hatte ich aufgehört, mich in meinem Bett zu befriedigen. Zum einen, weil praktisch zu jeder Tages- oder Nachtzeit jemand ins Zimmer hineinplatzen konnte, zum anderen, da ich die verräterischen Spuren nicht früh genug beseitigen konnte und dann nicht selten in Erklärungsnot geriet.
Aber glaubten meine Großeltern wirklich, dass die Sexualität eines schönen Tages einfach so vom Himmel fällt, und das erst, wenn ich ein Erwachsener bin — ein ganzer Kerl? Somit zog ich es also vor, mir stattdessen auf dem Heuboden ein Refugium zu schaffen, einen kleinen Rückzugsort, an dem ich