Die Männerfalle: BsB_Roman
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Marie Cordonnier
Schreiben und Reisen sind Marie Cordonniers Leidenschaft. Immer wenn sie unterwegs ist, bekommt ihre Phantasie Flügel. In den Ruinen einer mittelalterlichen Burg hört sie das Knistern der Gewänder, riecht Pechfackeln und hört längst verstummte Lautenklänge. Was haben die Menschen dort gefühlt, was erlitten? Zu Hause am Schreibtisch lässt sie ihrer Phantasie freien Lauf. Der Name Marie Cordonnier steht für romantische Liebesromane mit historischem Flair. Marie Cordonniers bürgerlicher Name ist Gaby Schuster. Sie schreibt auch unter den Pseudonymen Valerie Lord und Marie Cristen. Mehr über sie gibt es auf www.marie-cordonnier.de zu lesen.
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Book preview
Die Männerfalle - Marie Cordonnier
Marie Cordonnier
Die Männerfalle
Roman
BsB
BestSelectBook_Digital Publishers
© 2014 by BsB_Digital Publishers
Digitalisierung DokuFactory Groß-Umstadt
ISBN 978-3-86466-230-0
»Ist denn das die Möglichkeit?« Carly Windhams schmales Gesicht war ein einziges Lachen. »Da wird diese Person heute achtzig Jahre alt und flirtet noch immer mit allem, was dem männlichen Geschlecht zugerechnet werden kann!«
Ihre Zwillingsschwester Hester drehte sich in die angegebene Richtung. Aber während Carlys Lächeln eher Bewunderung und Vergnügen ausdrückte, schien Hester nur peinlich berührt zu sein.
»Ich liebe Großmama sehr«, schränkte Hester ihre Kritik ein wenig ein. »Aber wie eine Dame benimmt sie sich wirklich nicht.«
Carly verdrehte die Augen.
»Es kann nicht jeder so perfekt sein wie du, Schwesterherz. Die Temperamente sind eben verschieden verteilt. Auch wenn es nun über 35 Jahre her sind, dass Großmama ihren letzten Film gedreht hat, sie ist immer noch eine Diva! Schau sie nur an, wie sie den alten Doc Stransky einwickelt. Da kann unsereins noch etwas lernen.«
Hester Windham zupfte die Schleife ihrer zartgrünen Chiffonbluse zurecht, die sie zu einer passenden grünen Seidenhose trug. Zwei schwindelerregende Sandalenabsätze hoben sie über ihre ebenso zierliche, aber kleiner wirkende Schwester hinaus. Auch die hochgesteckten, blonden Haare, die klassisch aus dem Gesicht genommen waren, ließen sie größer erscheinen. Die ausdrucksvollen blaugrünen Augen waren von einem geschickten Make-up betont, und der kleine, aber volle Mund glänzte wie roter Lack. Perfekt war genau die richtige Bezeichnung für ihre elegante Erscheinung. So perfekt wie eine Barbie-Puppe, dachte Carly, aber das sprach sie nicht aus.
»Ich beabsichtigte nicht, meine Männerbekanntschaften auf diesem Niveau zu machen, Charlott. Und ich hoffe nur für dich, dass du es ebenfalls nicht nötig hast.«
Hester war die Einzige, die Carly hartnäckig bei ihrem Taufnamen rief und die liebenswürdige, aber saloppe Abkürzung verweigerte. Carly zog eine Grimasse.
»Komm Hester, wenn du auf dein hohes Roß steigst, bist du schlicht unerträglich. Manchmal frage ich mich ehrlich, wie bei ein und derselben Erziehungsmethode unserer Eltern zwei so unterschiedliche Ergebnisse herauskommen konnten?«
Die optische Verschiedenheit der beiden 27-jährigen jungen Frauen bestätigte ihre Frage. Man musste schon sehr genau hinsehen, um unter den wilden hellblonden Locken, die Carlys Gesicht ungebändigt umspielten, die Zwillingsschwester der eleganten Hester zu entdecken. Sie trug eine Art glitzernden, hautengen Bodystocking, dessen untere Hälfte in einem bunt gemusterten Blumenrock verschwand der bis zur Mitte ihrer Waden fiel. Flache Glitzer-Ballerinas ließen sie alles in allem eher einem Schmetterling ähnlich sehen, der sich im Garten der weißen Villa niedergelassen hatte, in der Laureen Windham ihren achtzigsten Geburtstag feierte.
»Unsinn«, Hester hob die Schultern. »Wenn du dich vernünftig kleiden würdest und deine schönen Haare nicht in einem so unordentlichen Gewölle tragen würdest, könnte uns kein Mensch auseinander halten. Hast du vergessen, dass wir in der Schule oft die Rollen vertauscht haben?«
»Stimmt.« Carly lachte und fuhr sich mit allen zehn Fingern durch ihre Locken. »Das war aber, bevor du deine Bestimmung als Lady entdeckt hast. Mit deiner Verwendung von Nagellack, Haarspray und Stöckelschuhen war’s dann zu Ende.«
Ihr Spott glitt spurlos an Hester ab.
»Dir könnte es nicht schaden, wenn du einen weniger großen Bogen um diese Dinge machst. Und wie du dich anziehst! Trägt man in Graphikerkreisen jetzt Aerobic-Anzüge zu Partys?«
Carly schloss kurz die Lider und zählte bis zehn. Dann konnte sie ihrer Beherrschung wieder einigermaßen sicher sein.
»Was bringt dich eigentlich zu der Ansicht, dass deine Art zu leben die allein selig machende ist?«, seufzte sie sarkastisch. »Manchmal möchte ich dich wirklich nehmen und schütteln, Hester! Du lebst in einer Traumwelt, die nichts mit der Gegenwart zu tun hat. Du erledigst deinen Job als Vorzimmerdame...«
»Assistentin des Chefs«, unterbrach Hester sie spitz.
»Na, meinetwegen«, räumte Carly großzügig ein. »Aber für deinen Boss bist du vermutlich ebenso eine schicke Dekoration wie die sündhaft teuren Möbel oder die Film Dekorationen, die er produziert. Verlangst du eigentlich nicht mehr von der Zukunft als Ordnung, genügend Dollars und ein wenig Luxus?«
Jetzt war Hester wirklich verblüfft.
»Was findest du daran falsch?«
»Lieber Himmel, du kannst Fragen stellen! Blickst du ab und zu auch mal in eine Zeitung, außer in Mode-Journale? Weißt du, wer Wirtschaftsminister ist oder wer Präsidentschaftskandidat der Demokraten?«
Gekränkt stellte Hester ihr Glas ab.
»Wer von uns beiden sitzt im Augenblick eigentlich auf dem hohen Ross?«
»Kinder, Kinder, das hört sich aber sehr nach einem Streit an. Da seht ihr euch sowieso nur alle paar Monate einmal, und dann geratet ihr euch prompt in die Haare. Was ist denn los?«
Laureen Windham musterte ihre Enkelinnen aus den blaugrünen Augen, die beide von ihr geerbt hatten. Sie sah nicht einen Tag älter als gute sechzig aus. Die weißen Haare in winzige Löckchen gelegt und in eine bonbonrosa Chiffonrobe gekleidet, hatte sie sich das Auftreten eines Stars bewahrt, der jede Szene beherrscht, in der er auftritt.
»Ach Großmama, du kennst uns doch«, versuchte Carly diplomatisch die Wogen zu glätten. »Jeder von uns findet, dass der andere seine Zeit verschwendet, anstatt etwas Sinnvolles zu tun. Leider können wir uns nicht darauf einigen, was sinnvoll ist.«
Die alte Lady wusste um die Probleme der Zwillinge.
»Manchmal wünsche ich mir einen Zauberstab. Dann könnte ich problemlos dafür sorgen, dass jeder von euch zwei Dickköpfen einmal ein paar Tage in der Haut des anderen herumläuft. Vielleicht würde euch das endlich beweisen, dass jede auf ihre ganz eigene Art glücklich werden muss. Zwilling sein muss ja nicht automatisch bedeuten, auch das gleiche Temperament und den gleichen Charakter zu haben! Warum leuchtet euch beiden das nicht ein?«
Auf Carlys glatter Stirn waren zwei steile, nachdenkliche Falten erschienen. Erst als Hester und ihre Großmutter sie unwillig anstupsten, begriff sie, dass man sie wohl etwas gefragt hatte.
»Tut mir Leid, ich habe nicht zugehört«, entschuldigte sie sich. »Aber mir ist da gerade eine sensationelle Idee gekommen.«
»Das wird wieder was sein... «, murmelte Hester ahnungsvoll.
» Wart’s ab. Ich finde nämlich Großmamas Idee super. Und den Zauberstab brauchen wir auch nicht dafür. Wir müssen nur Kleider und Frisur tauschen, und schon ist es passiert.«
»Was ist passiert?«
Hesters Verstand weigerte sich zu glauben, was auf der Hand lag.
»Wir tauschen unser Leben, ganz einfach!« Carly strahlte begeistert.
»Du spinnst!« Starke Worte bei Hesters sonst so gepflegter Ausdrucksweise.
»Tu ich nicht. Hör mir zu.« Carly entwickelte im Nu einen Plan. »Logisch, dass ich nicht von dir verlange, meine Entwürfe zu machen oder Bilder zu malen. Ebenso wenig komme ich vermutlich mit dem kaufmännischen Kram zurecht, den dein Boss von dir verlangt. Aber vielleicht können wir uns auf einen Tag oder einen Abend einigen, an dem wir beide etwas tun, das nicht so unbedingt vollen Einsatz verlangt, das es uns aber doch ermöglicht, einmal ein bisschen die Atmosphäre kennen zu lernen, in der die Schwester sich bewegt. Ist das was?«
»Und ob, totaler Mist ist das.«
»Hester!«
Laureen Windham hatte eine solche Formulierung noch nie aus Hesters Mund gehört. Diese errötete auch prompt etwas.
»Na, ist doch wahr«, verteidigte sie sich. »Auf einen so absurden Einfall kann auch nur Charlott kommen. Findest du das etwa nicht?«
»Ich weiß nicht.« Die alte Lady sah die beiden lange an. Nach und nach wich jedoch die prüfende Nachdenklichkeit ihres Blickes einem höchst vergnügten Funkeln in den Augen, und Hester hob die Hände.
»Nein, Großmama! Bitte fall mir nicht in den Rücken!«
»Komm, hab dich nicht so, Hester!« Carly fand mehr und mehr Gefallen an dem Abenteuer. »Du hast selbst gesagt, dass wir das in der Schule ständig gemacht haben und dass es keinem Menschen aufgefallen ist.«
»Meine Güte, Charlott! Komm zur Vernunft! Damals waren wir Kinder! Und das ist dein Geistesblitz auch, nämlich kindisch. Ich weigere mich, darüber zu diskutieren.«
Carly hüpfte von der Terrassenbrüstung, auf der sie die ganze Zeit gesessen hatte, und baute sich vor ihrer Schwester auf.
»Du brauchst nicht zu diskutieren, Hester! Mach’s einfach, spring über deinen eigenen Schatten. Was hast du zum Beispiel am Dienstag vor?«
»Ich weigere mich... «
»Du wiederholst dich.«
»Komm schon, Hester. Tu Carly den Gefallen... «
Hester hob die Schultern.
»Großmama, von dir hätte ich das zuletzt gedacht.«
»Das beweist nur, dass du mich nicht sehr gut kennst, mein Liebes. Jetzt gib deinem Herzen einen Stoß. Was soll schon passieren? Es wird ein Riesen jux, und wir werden eine Menge zu lachen haben... «
Hester resignierte.
»Also Dienstag geht überhaupt nicht. Wir haben ein Mammutprogramm. Vormittags Besprechungen für eine neue Film-Dekoration, nachmittags Entwurf-Konferenz für die neue Polstermöbel-Serie, und abends taucht ein Rinderzüchter aus Montana auf. Ein gewisser Stuart Dayton. Er ist einer unserer Haupt-Lederlieferanten und muss besonders betreut werden. Geschäftsessen, Los Angeles by night, na du weißt schon...«
»Weiß ich eben nicht, das ist es ja! Meine Geschäftsfreunde sind Graphiker, Werbeleute, Galeristen, wenn’s hoch kommt mal der künstlerische Leiter irgendeines Film-Studios. Ich finde, Dienstag ist der Tag aller Tage! Ich nehme an, du fährst vor diesem Geschäftsessen zum Umziehen nach Hause, dort warte ich und übernehme