Das große Handbuch Clickertraining: Positive Bestärkung erklärt von A bis Z
By Inka Burow
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Das große Handbuch Clickertraining - Inka Burow
sind.
SCHNELLEINSTIEG
Gleich kommt eine Belohnung: Ann Kathrin „verclickert" Chewbacca, dass der Click eine Bedeutung hat.
Haben Sie direkt bis auf diese Seite geblättert oder das Vorwort gelesen und die Einleitung überflogen? Egal. Hier sind Sie richtig, wenn Sie es kaum abwarten können, selbst den ersten Click zu machen. Heutzutage wird für technische Geräte zusätzlich zu dem meist ansehnlich dicken Handbuch, das die Bedienungsanleitung in verschiedenen Sprachen enthält, oft eine Kurzanleitung mitgeliefert, mit der sich das neue Gerät zumindest in Gang bringen lässt. Etwas Ähnliches bezwecke ich mit diesem Kapitel. Ich möchte an dieser Stelle kurz und knapp das Allernötigste erklären, damit Sie schnell ins Clickertraining mit Ihrem Hund einsteigen können.
Hintergrundwissen und Techniken wie Keep-going-Signale, Premack-Prinzip und die Lerntheorie heben wir uns für später auf. Als Allererstes muss Ihr Hund lernen, dass der Click, der ertönt, wenn Sie auf den Clicker drücken, mehr ist als ein beliebiges Knackgeräusch. Für das Einclickern benötigen Sie: einen Clicker, Ihren Hund, der möglichst nicht gerade gefressen haben sollte, und eine ordentliche Portion seiner bevorzugten Leckerli. Halten Sie nun den Clicker in der einen und einige Belohnungshappen in der anderen Hand. Schaut Ihr Hund erwartungsvoll auf die Hand, in der sich die Leckerli befinden? Gut, denn die soll er haben wollen.
Machen Sie nun kein großes Aufheben von der neuen Sache. Drücken Sie auf den Clicker. Danach geben Sie Ihrem Hund ein Futterstück. Dann clicken Sie wieder und geben Ihrem Hund gleich das nächste Leckerli. Wiederholen Sie die Prozedur 10- bis 15-mal. Guckt Ihr Hund jetzt interessiert auf die Hand, aus der das Geräusch kommt? Sehr gut, dann ist er jetzt eingeclickert. Das heißt, dass das bis eben noch bedeutungslose Knackgeräusch eine Bedeutung bekommen hat: Der Click kündigt an, dass gleich eine Belohnung kommt.
Ich gestehe, dass es zu einer Überschattung der gewollten Verknüpfung führt, wenn Ihr Hund Ihre Vorbereitungen – das Bereitstellen der Kekse – mitbekommt. Der Konditionierungsprozess lebt von der Überraschung. Die ersten Clicks sind deshalb die wichtigsten, denn sie sind die effektivsten. Starrt Ihr Hund trotzdem nach dem 15. Click immer noch auf die Hand, in der die Leckerli sind? Macht nichts. Zögern Sie, statt den Clicker zum 16. Mal zu betätigen. Was macht Ihr Hund jetzt? Wendet er sich nun der anderen Hand zu? Schaut er Sie an, als wolle er sagen: „Los, mach weiter!"? Kratzt er mit seiner Pfote an der Hand, um an die jäh versiegte Futterquelle zu kommen? Bellt er vielleicht? Setzt oder legt er sich hin? Es ist gerade völlig egal, was Ihr Hund tut. Beim Einclickern ist jedes Verhalten, das er anbietet, gut. Clicken Sie, sobald er irgendetwas tut! Und geben Sie Ihrem Hund gleich danach ein Leckerli. Er hat es sich verdient.
Perfekt am Anfang: Rückwärtseinparken
Sobald Ihr Hund gelernt hat, dass das Geräusch aus dem Clicker eine Belohnung ankündigt, können Sie loslegen. Aber fangen Sie bitte mit etwas möglichst Unnützem an, am besten mit einem Trick wie dem Rückwärtseinparken. Denn falls dabei etwas schiefgeht, ist es nicht schlimm. Durch die Prüfung für den Hundeführerschein kommen Sie auch mit einem Hund, der nicht einparken kann. Auch mein Border-Collie-Rüde Skipper sollte – nach dem Einclickern – bei mir als Erstes den Trick lernen, bei dem er sich umdrehen und mit seinem Hinterteil so vor mir ausrichten soll, dass er danach rückwärts durch meine leicht gespreizten Beine laufen kann. Skipper beherrschte, als er mit seinen fast sieben Jahren bei mir einzog, zwar bereits ein ansehnliches Trickrepertoire – aber nur, wenn er ein Leckerli vor der Nase hatte. Doch ohne Keks kein Trick. Nun sollte er eine aktive Rolle in seiner Ausbildung übernehmen. Er sollte sich also quasi selbst beibringen, sich um 180 Grad zu drehen, wenn er mir gegenübersteht, und danach rückwärtszugehen – mit dem Hintern voran durch meine Beine.
Das liest sich komplizierter, als es ist. Denn zuerst einmal wird jedes neue Verhalten buchstäblich Schritt für Schritt trainiert (siehe: Shaping). Dabei markiere ich jeden richtigen Schritt mit Click und Belohnung, damit der Hund einen Erfolg nach dem nächsten hat. Will ich nicht nur ein einfaches Verhalten wie das Berühren eines Targets, sondern wie beim Rückwärtseinparken eine ganze Verhaltenskette aufbauen, wende ich einen einfachen Trick an: Ich beginne von hinten. Dieses Vorgehen heißt Backchaining.
Also wollte ich mich – wie bei Dutzenden Hunden zuvor – über den Kopf meines neuesten Rudelmitglieds stellen, damit ich das Wegziehen des Kopfes nach hinten (letzter Schritt in der Verhaltenskette „Rückwärtseinparken") anclicken konnte. Das klappt eigentlich immer sofort, denn kaum ein Hund hält seinen Kopf zwischen den Beinen eines Menschen still, sondern die meisten Hunde ziehen ihn schnell nach hinten raus – ganz besonders dann, wenn der Mensch nicht gespannt in die Hundeaugen zwischen seinen Beinen schaut, sondern nach oben guckt und dabei seine Arme hinter dem Rücken verschränkt. Bei Skipper war dieser erste Schritt gar nicht einfach. Ihm fehlte die nötige Portion Vertrauen, um es zuzulassen, dass ich über seinen Kopf steige. Und er mochte sich auch nicht mit einem Futterstück zwischen meine Beine locken lassen.
Meine lang erprobte Anleitung fürs Rückwärtseinparken funktionierte also nicht bei meinem eigenen Hund. Ich musste sie ein wenig modifizieren. Der erste Schritt zum neuen Trick wurde für Skipper, ruhig liegen oder sitzen zu bleiben, wenn ich bei dem Versuch, um ihn herumzugehen, aus seinem Blickfeld verschwand. Das hat er schnell mithilfe des Clickers gelernt. Schließlich konnte ich hinter ihm stehen und sogar auf- und abhüpfen. Als Nächstes konnte ich mich über seine Rute stellen, danach über den Rücken. Skipper musste bei alldem nur ruhig liegen bleiben – eine Übung, die ich niemals für Clickeranfänger empfehle, denn das Verstärken (siehe: Verstärkung) von Passivität fördert nicht gerade die aktive Mitarbeit und die Kreativität des Hundes. Deshalb habe ich parallel im Training mit Skipper auch immer andere Dinge, vor allem einfache Targetübungen (siehe: Targettraining) trainiert.
Mit dem Hintern voran durch die Beine: Kira parkt rückwärts bei Karin ein.
Als ich es schließlich geschafft hatte, mich über Skippers Kopf zu stellen, den er dann gern mit großem Schwung nach hinten herauszog, waren wir schon ein eingespieltes Team. Mit dem Rückwärtseinparken ging es von da ab wie geschmiert, kleine Rückschritte zwischendurch natürlich inbegriffen. Das Rückwärtseinparken gehört heute zu Skippers Lieblingstricks, er zeigt ihn zuverlässig überall (siehe: Generalisieren). Und unter Signalkontrolle ist der Bewegungsablauf auch. Skippers Signal fürs Rückwärtseinparken lautet: „Gennem!, das ist das dänische Wort für „durch
. Bei vielen heißt die Übung „Home! oder einfach „Parken!
.
Kniffelig wird es, wenn der Hund lernen soll, sein Hinterteil zum Rückwärtseinparken auszurichten: Karin ist dazu auf einem gedachten Halbkreis schrittweise weitergerückt. Hier muss sich Kira um 90 Grad drehen.
Hier sind die einzelnen Schritte des komplexen, aber nicht komplizierten Bewegungsablaufs des Rückwärtseinparkens:
1. Stellen Sie sich über den Kopf Ihres Hundes. Der Hund soll möglichst stehen oder sitzen; er sollte aber nicht mit „Bleib!" abgesetzt oder abgelegt werden, denn er soll sich ja bewegen – und seinen Kopf nach hinten wegziehen. Click! Sobald das sicher klappt, der Hund also nicht mehr zwischendurch nach vorn rausläuft oder zwischen Ihren Beinen verharrt, können Sie mit dem nächsten Schritt weitermachen.
2. Rücken Sie nach und nach über die Schultern entlang der Rückenlinie Ihres Hundes nach hinten – so lange, bis Sie ganz hinter ihm stehen können und er nun komplett rückwärts unter Ihnen durchschlüpft. Passen Sie auf, dass Ihr Hund dabei nicht anfängt, Sie zu trainieren. So mancher Hund hat einen Riesenspaß daran, seinen Menschen mit Frühstarts dazu zu bringen, auf einem Bein herumzuhüpfen.
3. Jetzt kommt der etwas kniffelige Teil, denn Ihr Hund soll nun lernen, dass er sein Hinterteil ausrichten soll, bevor er rückwärts durch Ihre Beine läuft. Es ist wichtig, dass Sie auch dabei schrittweise – auf einem gedachten Halbkreis – vorgehen, damit die Übung weiterhin langsam schwieriger wird. Merken Sie sich als Faustregel: Immer wenn es zweimal hintereinander nicht geklappt hat, sollten Sie es Ihrem Hund wieder so viel einfacher machen, dass ihm die Übung garantiert gelingt (siehe: Frustration). Denken Sie dabei an ein Computerspiel, in dem Sie drei Leben haben. Sie wollen doch das nächste Level erreichen.
4. Es ist unwahrscheinlich, dass Sie Ihrem Hund das Parken in nur einer Trainingseinheit beibringen. Vergessen Sie also nicht, in welche Richtung er sich drehen soll. Er soll sich nämlich jedes Mal in dieselbe Richtung drehen. Und noch ein Tipp: Stellen Sie sich nicht zu breitbeinig hin. Je genauer Ihr Hund zielen muss, desto besser merkt er, worauf es bei diesem Trick ankommt. Am Ende können Sie vor Ihrem Hund stehen bleiben, er wird sich um 180 Grad drehen und rückwärts einparken. Geschafft! Herzlichen Glückwunsch.
Vielseitig verwendbar: Targets, Targets, Targets
Target ist das englische Wort für „Ziel". Im Hundetraining werden viele verschiedene Targets als Hilfen genutzt: im Alltag, im Hundesport, in der Verhaltenstherapie. An dieser Stelle will ich exemplarisch für zwei unterschiedliche Targets den Aufbau der Übung erklären. Wie diese und andere Targets eingesetzt werden können, steht weiter hinten in diesem Buch. Das Targettraining ist generell sehr gut geeignet, um als Mensch den Umgang mit dem Clicker zu üben. Hunde verinnerlichen bei den einfachen Zielübungen prima die Bedeutung des Clickers in Verbindung mit ihrer eigenen Aktivität (siehe: positive Verstärkung).
Targetstab
Das Berühren eines Targetstabs mit der Nasenspitze ist ebenso wie das Rückwärtseinparken, das ich im vorigen Abschnitt beschrieben habe, eine sehr gute Einstiegsübung ins Clickertraining, denn der Hund tut aktiv etwas. Was er mit dem Targetstab tun soll, findet der Hund schnell heraus, denn wenn man ihm einen Stab mit einer Kugel an der Spitze hinhält, wird er zumindest einen neugierigen Blick riskieren. Halten Sie die Spitze des Targetstabs etwa auf Nasenhöhe Ihres Hundes mit einem Abstand von circa 30 bis 50 Zentimetern in sein Blickfeld. Das Anschauen ist der erste Schritt des gewünschten Verhaltens: Click und Futter (siehe: Belohnung). Als Nächstes soll der Hund auf das für ihn noch unbekannte Objekt zugehen. Das ist der nächste richtige Schritt, markieren Sie ihn mit Click und Futter. Es folgt das Berühren. Anfangs ist es egal, wo der Hund den Targetstab anstupst. Er muss mit seiner Nase also nicht gleich die Kugel an der Spitze treffen. Den ersten Kontakt mit dem Stab wagen einige Hunde auch mit der Pfote. Auch das sollten Sie belohnen. Halten Sie anschließend den Targetstab einfach etwas höher, dann nimmt der Hund wahrscheinlicher seine Nase. Formen Sie das Verhalten so lange weiter (siehe: Shaping), bis Ihr Hund jedes Mal, wenn Sie ihm den Stab präsentieren, mit seiner Nase die Targetspitze berührt. Voilà! Es ist vollbracht. Halten Sie im weiteren Training den Targetstab mal höher, mal niedriger, um das frisch Erlernte zu generalisieren. Ein Signal können Sie später einführen, müssen Sie aber nicht, denn das Target selbst signalisiert dem Hund ja bereits, was er tun soll. Der Übungsaufbau beim Handtarget ist übrigens ganz ähnlich. Es fehlt allerdings der Stab. Das Ziel für die Hundenase ist stattdessen die Handinnenfläche oder besser noch sind es die Fingerkuppen des Zeige- und Mittelfingers. Sie können das kurze Anstupsen bis zu einem Klebenbleiben weiter formen. Diese Übung heißt deshalb auch „Pattex-Nase".
Equipment fürs Targettraining: Targetstab, Clicker und eine Handvoll Leckerli.
Mit der Nase an die Kugel: Skipper berührt die Spitze des Targetstabs.
Bodentarget
Ein Bodentarget ist ein Ziel auf dem Boden. Das kann eine Decke, aber auch ein Bierdeckel sein. Der Aufbau erfolgt genauso schrittweise wie beim Berühren des Targetstabs: anschauen, also wahrnehmen, dass da etwas liegt, bewegen in Richtung Bodentarget, berühren des Bodentargets. Sie können dieses Mal wählen, ob Ihr Hund das Bodentarget mit der Nase berühren soll, sich mit den Vorderpfoten darauf stellen oder ob er sich ganz darauf begeben soll und sich dann vielleicht auch noch hinlegen. Als eine Art mobiles Bodentarget können Sie sehr gut eine normale Plastikfliegenklatsche verwenden.
Fördert die Kreativität: das Kistenspiel
Damit Ihr Hund schnell zum Clickerprofi wird, können Sie seine Kreativität beim sogenannten Kistenspiel fördern. Stellen Sie Ihrem Hund einfach einen Pappkarton hin und warten Sie ab, was passiert. Mindestens zwei Dutzend Dinge könnten Ihrem Hund einfallen: Vom Anstupsen mit der Nase oder mit der Pfote über Draufklettern, Reinspringen, Drumherumlaufen, Tragen bis zum Zerstören ist alles erlaubt. Bei diesem Spiel darf er entscheiden, was er tun möchte. Sie markieren dabei einfach alles. Variieren Sie das Spiel, indem Sie Ihrem Hund verschieden große Pappkartons anbieten. Es muss natürlich auch kein Pappkarton sein. Stellen Sie Ihrem Hund einen Stuhl hin oder gar nichts. Es geht allein darum, den Hund seine Kreativität entdecken und entwickeln zu lassen.
Mindestens zwei Dutzend Dinge kann ein Hund mit einem Pappkarton anstellen: Border Collie Jona hat sich in die Kiste gesetzt. (Foto: Kirstin Piert)
POSITIVE VERSTÄRKUNG VON A BIS Z
Klötzchen für Klötzchen: Michaela markiert jeden kleinen Teilerfolg – und so kommt Kitty schnell voran.
Als ich mir überlegt habe, wie ich mein Buch übers Clickertraining am besten strukturiere, hatte ich recht schnell die Idee, dass es zumindest einen lexikalischen Teil darin geben sollte. In Diskussionen übers Hundetraining habe ich oft den Eindruck gewonnen, dass viele Missverständnisse allein deshalb entstehen, weil es bei den Begrifflichkeiten mitunter munter durcheinandergeht. Deshalb habe ich dieses Nachschlagewerk geschrieben – als ein echtes Handbuch nämlich, von dem ich mir wünsche, dass Sie es immer wieder in die Hand nehmen, um etwas darin nachzuschlagen. In den nachfolgenden mehr als 50 Stichworten wird das Universalprinzip der positiven Verstärkung von A wie „Abbruchsignal" bis