Die Wahrheit über Schwaben: Eine Enthüllung in sieben Kapiteln
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In einzelnen Kapiteln nähert sich der Autor den Schwaben als Ein- und Auswanderer, als Tüftler und Alleskönner oder als Mut- und Wutbürger. Braun fragt sich, weshalb der Schwabenhass so weit verbreitet ist, warum die Badener noch nie etwas von Württemberg gehört zu haben scheinen und wieso die Berliner beim Anblick vermeintlicher Schwaben immer gleich die Revolution ausrufen.
Schon allein der Begriff "Schwaben" ist, wie dieses Buch offenbart, ungewöhnlich schillernd und vieldeutig. Er polarisiert und löst – unterschiedliche – Emotionen aus. Aufklärung tut also dringend not. Dieses Buch leistet sie. Und es eignet sich obendrein als Begleitlektüre zur Großen Landesausstellung "Die Schwaben. Zwischen Mythos und Marke", die vom 22. Oktober 2016 bis zum 23. April 2017 im Landesmuseum Württemberg im Stuttgarter Alten Schloss zu sehen ist.
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Book preview
Die Wahrheit über Schwaben - Andreas Braun
1
BUNDESLAND SCHWABEN
W as ist das Einzige, was Baden mit Württemberg verbindet? Der Bindestrich! Dieser – badische – Witz stammt aus einer Zeit der noch offenen Wunden und hitzigen Auseinandersetzungen. Darüber hinweggegangen sind Kreisgebietsreformen sowie Jahrzehnte politischen Alltags und gelebten menschlichen Miteinanders. Doch wie war das bei der Gründung des Bundeslandes eigentlich mit selbigem Bindestrich?
Die Geschichte ist stets auch eine Abfolge von wenn und aber, eine Aneinanderreihung von verpassten und vertanen Chancen. Warum so – und nicht anders? Beinahe hieße Baden-Württemberg heute Schwaben. Zwei Silben nur hat das Wort. Und eine hohe Bekanntheit, mit der Chance, eine bärenstarke Marke zu werden. Hätte, hätte, Fahrradkette.
Es hat wohl auch deshalb nicht ganz gereicht, weil vor allem in Baden viele Menschen Württemberg und Schwaben einander längst gleichsetzten, die also die eine Bezeichnung als Synonym des jeweils anderen Wortes verstanden, und weil sie eben von diesem Württemberg-Schwaben nicht majorisiert, nicht fremdbestimmt werden wollten.
Die Aversionen hatten schon früh Ausdruck gefunden in manchen Witzen und Anekdoten. Vor allem aus badischer Perspektive: Wie entstanden die Schwaben? Der liebe Gott saß auf dem Feldberg, schaute auf den Rhein und schnitzte die Badener. Jedes Exemplar, das nichts wurde, warf er hinter sich, sprich: gen Osten. Oder mit etwas gröberem Korn: Was haben Schwaben und Äpfel gemeinsam? Beide sind am schönsten, wenn sie am Baum hängen. Letzterer »Witz« ist insofern verwunderlich, als von kriegerischen Auseinandersetzungen trotz aller Animositäten nichts bekannt ist.
Die Gründung des Bundeslandes Baden-Württemberg nach dem Zweiten Weltkrieg war auch wegen dieser unterschwelligen Gefühle ein schwieriges Unterfangen. Und sie kam spät zustande. Erst 1952 war es so weit. Zu jener Zeit hatten sich die anderen Länder schon konstituiert – mit Ausnahme des Saarlandes, das Frankreich sich zunächst faktisch angegliedert hatte und das erst einige Jahre später, nach einer Volksbefragung, zu Westdeutschland stieß. Baden-Württemberg freilich musste nach der Konstituierung sogar noch einmal 18 Jahre lang, nämlich bis zur Volksabstimmung im Jahr 1970, warten, bis das letzte große Fragezeichen ausgeräumt war. Es war – mit Beglaubigung des Bundesverfassungsgerichts allerdings – aufgerichtet worden von den (Alt-)Badenern, die sich bei der Entstehung des Südweststaats übergangen und ausgetrickst wähnten.
Unmittelbar nach dem Krieg wurden zunächst die drei Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden gegründet. Diese Einteilung war zum Teil historisch begründet, zum Teil aber auch den Wünschen der Besatzungsmächte USA und Frankreich nach entsprechenden Einflusszonen geschuldet. Bis zum Zweiten Weltkrieg hatten die Länder Baden und Württemberg ohne allzu enge Beziehungen nebeneinanderher existiert, zunächst im Deutschen Reich, danach in der Weimarer Republik.
Als Demarkationslinie zwischen französischer und amerikanischer Zone wurde auf US-Wunsch die Autobahn A 8 zwischen Ulm und Karlsruhe festgelegt – was zur Teilung Württembergs und Badens führte. Diese Teilung wurde kurioserweise zum Nukleus für den Zusammenschluss des Südweststaats, weil im industriell starken Nordwürttemberg/ Nordbaden rasch ökonomische Fakten geschaffen wurden. Die Amerikaner dachten pragmatisch und nutzorientiert. Die Autobahn war ihnen als Nachschubweg wichtig. Die industriellen Ballungsräume wollten sie ebenfalls unter ihrer Hoheit wissen. So förderte letztlich eine willkürlich gezogene neue Grenzlinie den Wegfall der überkommenen Grenzen.
Politiker aus den Ländern Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern, darunter Reinhold Maier (FDP), Gebhard Müller (CDU) und Carlo Schmid (SPD), betrieben alsbald den Zusammenschluss. Der badische Staatspräsident Leo Wohleb (CDU) hingegen kämpfte bis zu seinem Tod mit Inbrunst und der Unterstützung vieler Landsleute für ein unabhängiges Baden. Er zog dabei die verschiedensten Register: rechtliche, politische, parteipolitische. Im Jahr 1948 versuchte er sogar, zusammen mit Württemberg-Hohenzollern einen Südstaat mit der Hauptstadt Rottweil zu bilden, was der Staatspräsident des Nachbarlandes, Lorenz Bock (CDU), freilich rundweg ablehnte.
Von Wohleb sind manche Aussagen überliefert, die an polemischer Zuspitzung und emotionaler Erregtheit noch heute überraschen. So hielt er »die« Schwaben für Betrüger und wahlweise Württemberg für imperialistisch. Der Staatsrechtler Theodor Eschenburg, der jene Zeit nicht nur politisch mitbestimmte, sondern später auch viele Schriften dazu verfasste, nannte Wohleb einen »vorderösterreichischen Hinterwäldler, aber von Format«. Er lehnte dessen Position rundweg ab, zollte ihm aber immerhin Respekt für die Unnachgiebigkeit. Offenbar werden hier freilich auch die historischen Hinweise, die in den Auseinandersetzungen immer wieder eine Rolle spielen sollten: Vorderösterreich = katholisch, Württemberg = evangelisch. Die differenzierte Betrachtung belehrt eines Besseren: Südbaden war zwar in der Tat überwiegend katholisch, nicht jedoch die Kurpfalz mit den Städten Mannheim und Heidelberg. Sogar der Großherzog in Baden-Durlach war Protestant. Württemberg wiederum war schon lange nicht mehr nur evangelisch; schließlich waren unter Napoleon große katholische Gebiete hinzugekommen, darunter Oberschwaben.
Schon 1948 kam es auf dem Hohenneuffen am Albtrauf zu einem ersten Dreiländertreffen, das von dem Regierungschef Württemberg-Badens, Reinhold Maier, initiiert worden war. Der Tagungsort war mit Bedacht gewählt. Zum einen konnte man von dem vorstehenden Weißjurafelsen weit ins Land hineinblicken. Zum anderen lag die den Südwesten durchschneidende Autobahn nur wenige Kilometer entfernt. Dieser Blick und der legendäre Täleswein aus den hoch gelegenen Weinbergen der Umgebung sollten die Delegationen auf Einigungskurs bringen. Trotz des hinhaltenden Widerstands war das Treffen aus Sicht der Südweststaat-Fans ein Erfolg. Der Grundstein für das gemeinsame Bundesland war gelegt. Die Befürworter obsiegten am Ende jedenfalls in einer beispiellosen Propagandaschlacht, in der auch viele Stimmungen, Gefühle, Antipathien und Ängste aktiviert wurden, manch Irrationales mitschwang. Auf einem Wahlplakat aus dieser Zeit etwa sind die sieben Schwaben als dreiste, freche Eroberer dargestellt, wo sie doch in Wirklichkeit ein Ausbund von Feigheit und Angst waren. Auf einem anderen drückt ein dicker Schwaben-Württemberger den schmächtigen Badener so sehr ans Herz, dass diesem die Luft wegbleibt und der Kopf schon rot anläuft. Daneben der sarkastische Satz: »Das wäre der Zusammenschluß!«
Auch die Anhänger des Südweststaats verstanden es allerdings, die Geschichte nach ihrem Gusto ausgehen zu lassen. Die Auszählung der ersten Volksabstimmung Ende 1951 ergab eine Mehrheit in drei von vier Stimmbezirken für das gemeinsame Land. Bei einer Wahlbeteiligung von etwas über 70 Prozent sprachen sich in Nordwürttemberg 95,5 Prozent, in Südwürttemberg-Hohenzollern 91,4 Prozent und in Nordbaden immerhin noch 57,1 Prozent für die Vereinigung der drei Länder aus. In Südbaden waren es lediglich 37,8 Prozent. Zusammengezählt waren demnach fast 70 Prozent für den Zusammenschluss. Eine Zählung nach den alten Ländern aber, wie sie Wohleb gewollt hatte, hätte in Gesamt-Baden eine wenn auch knappe Mehrheit für die Wiederherstellung Badens ergeben.
Das noch von Wohleb und seinen Anhängern angezettelte Volksbegehren vom 7. Juni 1970, von den Landesregierungen immer wieder verschleppt, brachte nicht die erwünschte Revision der Geschichte: Zu viel Wasser war inzwischen den Neckar und den Rhein hinuntergeflossen. 81,9 Prozent der Baden-Württemberger wollten es beim Bindestrich belassen. Auch darüber regten sich einige Alt-Badener mächtig auf. Und nicht einmal zu Unrecht. Hinter der Verschleppung des verfassungsmäßig zugestandenen Rechtsanspruchs auf den Volksentscheid witterten sie – einmal mehr – schwäbische Hinterlist. Dabei dominierte in Verwaltung, Politik und