Männer fotografieren: Der Shooting-Ratgeber für Posing, Licht und Aufnahmetechniken
By Jeff Rojas and Isolde Kommer
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About this ebook
Rojas macht Sie zunächst mit den fotografischen Anforderungen der verschiedenen Gesichts- und Körpertypen vertraut. Er erläutert, wie Sie durch die richtige Wahl von Haltung, Licht und Objektiv die gewünschte Bildwirkung erreichen, indem Sie bestimmte Züge betonen und mögliche Problemzonen wie hohe Stirn, Hautunregelmäßigkeiten, Bauch oder Doppelkinn zurücknehmen. Rojas zeigt, wie Sie Ihr Model im Stehen, Sitzen und Liegen posen und seine Kleidung so arrangieren, dass sie perfekt sitzt.
Schließlich lernen Sie ausführlich und am Beispiel konkreter Setups, wie Sie Ihr Model ins richtige Licht rücken – angefangen bei der benötigten Hardware über verschiedene Arten von Porträts bis hin zum professionellen Lichtsetzen für Mode- und Werbefotos.
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Book preview
Männer fotografieren - Jeff Rojas
Einführung
Der Minimalist
Wenn Sie sich meine Profile in den sozialen Medien ansehen, werden Ihnen zwei Dinge auffallen:
Ich versuche, in allem das Positive zu sehen – nur wenig kann meine optimistische Einstellung zur Welt erschüttern.
Ich bin fest davon überzeugt, dass das Einfache stark unterschätzt wird.
Diese beiden Eigenschaften haben mich durch mein ganzes Leben und meine Laufbahn als Fotograf begleitet.
Ich muss vorausschicken, dass ich in den ersten paar Jahren meiner Arbeit als Fotograf vorwiegend Mode- und Porträt-Shootings mit Frauen fotografiert habe. Ich dachte immer, Frauen seien viel einfacher zu fotografieren als Männer – weil es viel mehr Informationen über das Fotografieren weiblicher Models gibt. Es gibt Dutzende von Büchern, Anleitungen und Workshops, aber nur wenige über die Männerfotografie. Meiner Ansicht nach liegt das einfach daran, dass viele Fotografen das Arbeiten mit männlichen Models für eher wenig kreativ halten. Ich möchte Ihnen zeigen, dass das absolut nicht richtig ist. Hinter der Männerfotografie steckt mehr, als den meisten Fotografen klar ist.
Eine neue Sichtweise auf die Männerfotografie
Porträt-Sessions mit Männern sind einfach. Möglicherweise zu einfach. Sie machen mit Ihrem Model oder Kunden einen Termin aus. Er trifft nach seinen Vorstellungen bekleidet ein. Sie überlegen, wie Sie ihn ausleuchten möchten. Sie entscheiden, wie er posieren soll, und wählen dazu eine Handvoll bewährter Posen. Und dann ist das Shooting auch schon vorbei. So gesehen, klingt es langweilig. Wie gesagt, ich glaube an das Einfache, aber so einfach sollte erfolgreiche Männerfotografie auch wieder nicht sein. Es gehört schon ein bisschen mehr dazu als nur ein paar Schnappschüsse.
Was, wenn ich Ihnen sage, dass die Männerfotografie dieselben kreativen Freiheiten bieten kann wie die Frauenfotografie? So ist es nämlich. Der Unterschied liegt lediglich im Detail. Sie glauben mir nicht? Magazine wie GQ und Esquire lassen ihre prominenten Models nicht einfach nach Gusto gekleidet zum Foto-Shooting erscheinen. Vielmehr frisieren und stylen sie sie nach ihren eigenen Vorstellungen.
Ganz ehrlich: Man bucht keinen Fotografen, um schlechte Bilder von sich selbst zu bekommen. Männer wie Frauen wollen sich möglichst gut fühlen und auch möglichst gut ausehen. Sie suchen sich deshalb einen Fotografen, dessen Bilder sie von ihrer besten Seite zeigen.
Wir alle empfinden eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf unser eigenes Aussehen. Ja – das trifft auch auf Männer zu. Überlegen Sie, wie viel Werbung sich mit Haarausfall, Übergewicht usw. beschäftigt und auf ein männliches Publikum zugeschnitten ist. Unternehmen geben jedes Jahr Milliarden von Euro für Marketingmaßnahmen mit der Zielgruppe »Männer« aus. Die Marktforschung haben diese Firmen bereits für Sie erledigt: Auch Männer legen Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild.
Zudem gibt es einen neuen Markt junger urbaner Männer mit hohem Einkommen. Mittlerweile investieren Männer mehr denn je in ihre Kleidung, was auch dem bequemen Online-Shopping geschuldet ist. Dieser Trend hält an, und gleichzeitig lassen sich immer mehr Männer bereitwillig für Porträt-Sessions stylen oder sind ganz allgemein an Fotos von sich selbst interessiert. Wenn Sie in einen neuen Markt vorstoßen möchten, könnte die Männerfotografie genau das Richtige für Sie sein.
Männer interessieren sich also für ihr äußeres Erscheinungsbild. Für Sie als Fotograf ergibt sich daraus Folgendes:
Es gibt einen Markt für Männerporträts.
Sie sollten Ihre Kompetenzen für die Männerfotografie weiter ausbauen.
Betrachten Sie dieses Buch als neue Perspektive auf das Fotografieren von Männerporträts. Die hier vorgestellten Konzepte sollen Ihr Fachwissen im Bereich des Männerporträts, der Werbe- und der Modefotografie erweitern.
Ich erkläre, wie Sie die körperlichen Merkmale – etwa Gesichts- und Körperform – jedes Mannes am besten herausarbeiten und wie Sie Schönheitsfehler und Problemzonen kaschieren können. Dann gehe ich ausführlich auf die Kunst des Posings in der Männerfotografie ein, sodass Ihre Kunden natürlich, männlich und selbstbewusst wirken. Ich zeige Ihnen vielfältige Beleuchtungstechniken für Porträt-, Werbe- und Modeaufnahmen. Schließlich beschäftige ich mich mit Bildbearbeitungstechniken, die jedes Männerporträt vervollständigen.
Mit diesem Buch erwerben Sie die nötigen Kompetenzen, um in einem wachsenden Markt männliche Porträtkunden ansprechen und überzeugen zu können.
Übernehmen Sie die Kontrolle: Investieren Sie in das persönliche Image Ihres Kunden
Wir Fotografen lassen uns schnell von der Schönheit eines Bildes einnehmen. Das gilt besonders für diejenigen unter uns, die ausschließlich auf die Komposition im Sucher achten. Wenn Sie sich aber nur auf die Anordnung der Bildelemente konzentrieren, vergessen Sie leicht, dass vor der Kamera auch ein Mensch steht.
Um Menschen erfolgreich zu fotografieren, sollten Sie ihre ansprechendsten Eigenschaften und ausdrucksstärksten Posen einfangen, dabei aber auch daran denken, dass Ihre Bilder das persönliche Image des Porträtierten bestimmen werden. Dieses wird von seiner Außenwahrnehmung definiert. Fremde treffen Annahmen, ohne diesen Menschen notwendigerweise persönlich zu kennen. Das persönliche Image wird durch eine Mixtur aus visueller Kommunikation (dem Auftreten, der Kleidung und Frisur), nonverbaler Kommunikation (der Körpersprache) sowie verbaler Kommunikation bestimmt.
Wir Fotografen konzentrieren uns ausschließlich auf die optische Präsenz eines Menschen. Sie sollten sich also lediglich um die visuelle und die nonverbale Kommunikation kümmern. Sie können Ihrem Kunden nicht dabei helfen, sprachgewandter zu werden – aber Sie können dafür sorgen, dass er so gut wie möglich aussieht.
So gesehen, können gute Porträts für Ihre Kunden sehr wertvoll sein, besonders wenn Sie Geschäftsleute fotografieren – Ihre Bilder können direkt beeinflussen, wie diese von ihren Geschäftspartnern wahrgenommen werden. Ihr fotografisches Auge kann sich also auf das potenzielle Einkommen Ihres Kunden auswirken. Wenn Sie auf diesen Zusammenhang hinweisen, werden Sie sich bei der Kundenakquise leichter tun.
Was ich als Porträt- und Modefotograf gelernt habe
Meine Arbeit teilt sich in zwei fast gleich große Hälften auf: Die eine dreht sich darum, private Porträtkunden zu fotografieren – Computerexperten, Architekten, Rechtsanwälte usw. Die andere Hälfte meiner Arbeit konzentriert sich auf die Modefotografie – Modemagazine, Look-Books, Anzeigen usw. Ich liebe beide Seiten meines Berufs, und jede von ihnen beeinflusst die jeweils andere.
Die Modefotografie beeinflusste meine Arbeit mit privaten Porträtkunden direkt. Der Umbruch kam im Jahr 2014: Ich hatte genug davon, dass die Kunden mein Studio nur halbwegs zurechtgemacht betraten und dann von mir erwarteten, dass ihr Outfit nach meiner Retusche perfekt aussehen würde. Anstatt mich zu beschweren, entwickelte ich eine vernünftige Lösung. Ich wandte bei meinen privaten Kunden dieselben Styling- und Posing-Techniken an, die ich bei Modefotos für Magazine nutzte. Dadurch sahen meine Kunden gepflegter aus – und sie wirkten nicht nur besser, sondern fühlten sich auch besser. Das Styling beeinflusste sowohl ihre visuelle als auch ihre nonverbale Kommunikation. Dadurch erschien ich natürlich selbst als ein besserer Fotograf, auch wenn ich nur das Styling meines Kunden verändert hatte.
Durch die Porträtfotografie lernte ich, meine Kunden besser zu verstehen. Ich nahm mir Zeit, mit ihnen zu arbeiten und zu sprechen, statt sie einfach nur auszuleuchten. Heute führe ich längere Gespräche mit meinen Models, anstatt einfach draufloszuschießen. Mit der Qualität meiner Fotografie hat sich inzwischen auch das Kaliber der Models in meinem Portfolio gesteigert. Ich arbeite nun mit Models, die an Kampagnen mit bekannten Fotografen wie Steve McCurry, Bruce Weber, Mark Seliger, Mario Testino und Terry Richardson mitgewirkt haben. Weil ich mir Zeit für Gespräche mit ihnen nehme, erhalte ich Einblicke in ihre Zusammenarbeit mit diesen hochkarätigen Fotografen. Was trennt uns von den ganz Großen? Die Antwort ist immer dieselbe: Sie haben ein Auge für Energie und Emotion. Seither nehme ich mir mehr Zeit und arbeite daran, Emotionen in meinen Bildern noch besser zu vermitteln.
Meine Methode: Vorausschauend denken
Egal, ob Sie sich mit Mode- oder mit Porträtfotografie beschäftigen: Sie müssen Ihren Kunden und/oder Ihre Umgebung analysieren, bevor Sie die Kamera zur Hand nehmen. Warum? Durch die Analyse Ihrer Umgebung können Sie präzise Entscheidungen zu Ihren Models und zur Beleuchtung fällen – lange vor dem Griff zur Kamera. Das beeinflusst nicht nur das Posing Ihres Models, sondern verkürzt auch die Zeit, die Sie zur Bearbeitung der Bilder benötigen. Außerdem demonstrieren Sie damit Kompetenz.
Kaum etwas wirkt laienhafter, als über drei Minuten mit Objektiven und Leuchten herumzufummeln. Ich spreche aus Erfahrung. Und wenn ich sage, dass Männer Anfängern gegenüber häufig strenger und ungeduldiger sind als Frauen, dann stammt das ebenfalls aus meiner eigenen Erfahrung.
Bevor ich eine Kamera zur Hand nehme, stelle ich mir die folgenden Fragen:
In welchem Medium werden meine Bilder betrachtet?
Welchen Hintergrund verwende ich?
Wer ist mein Porträtkunde?
Was für Kleidung trägt mein Kunde?
Welches Licht verwende ich?
Welches Objektiv sollte ich verwenden?
Wenn Sie jedes mögliche Szenario durchdenken, das während des Shootings eintreten kann, sind Sie auf alles vorbereitet. Dieses Buch ist in mehrere Abschnitte unterteilt, die sich mit all diesen Faktoren beschäftigen und Ihnen zeigen, welch immense Rolle sie für meinen eigenen Fotografiestil spielen.
Bonusvideo
Ergänzend zu den Lektionen in diesem Buch biete ich ein leicht verständliches (englischsprachiges) Video an, das Ihnen die Arbeit mit männlichen Models näherbringt. Sie sehen darin, wie ich mit fünf bewährten und für jeden Porträtkunden geeigneten Posen an das Fotografieren und Posing von Männern herangehe. Wenn Sie die Tipps in diesem Video befolgen, werden Sie zuverlässig vorteilhafte Fotos Ihrer Kunden machen.
Und so gelangen Sie an das Bonusvideo:
Gehen Sie auf die Website des Verlages unter www.dpunkt.de.
Geben Sie im Suchfeld oben entweder meinen Namen (Rojas), den Titel dieses Buches (Männer fotografieren) oder die ISBN (978-3-86490-405-9) ein.
Unter der Beschreibung zum Buch finden Sie einen Absatz Zusatzmaterial, in dem das Video verlinkt ist. Wenn Sie auf den Link klicken, wird das Video geladen und abgespielt (Sie können es über einen Rechtsklick auf den Link und einen Klick auf Speichern unter ... erst herunterladen und später öffnen).
50 mm, f/11, 1/125, ISO 100
Teil I
Körpermerkmale analysieren
Männer gibt es in allen Farben, Formen und Größen. Und auch wenn wir alle gleich sind, ist jeder Mann einzigartig. Als Fotograf können Sie sich meist nicht aussuchen, wer Ihr Model ist. Manche Ihrer Kunden sind groß, andere klein, die nächsten korpulent und wieder andere schlank. Sie fotografieren athletische Models, aber auch weniger durchtrainierte Männer. Manche sind jung, andere alt. Sie sollten lernen, wie Sie mit diesen Unterschieden am besten umgehen, damit Sie jedem Kunden gewachsen sind.
In diesem Teil des Buches lernen Sie, individuelle körperliche Eigenschaften zu erkennen und optimal in Szene zu setzen. Ich kenne Fotografen, denen das Posing stämmiger Models unangenehm ist. Selbst angesehene Fotografen verstecken korpulente Männer mitunter hinter Mauern, Büschen oder Türen, und manche gehen sogar so weit, den Körperbau dieser Menschen hinter anderen Personen zu verbergen. So etwas ist nicht in Ordnung. Als guter Fotograf müssen Sie lernen, Ihre eigene Voreingenommenheit zu überwinden, und sich darauf konzentrieren, jeden Porträtkunden so vorteilhaft wie möglich darzustellen.
35 mm, f/2.2, 1/160, ISO 200
Kapitel 1
Gesichtsformen
Jeder Mann hat ein anderes Gesicht, und Ihre Aufgabe als Fotograf ist es, jedem Kunden sozusagen zu einer bestmöglichen Präsentation seines Gesichts zu verhelfen. Als Erstes benötigen Sie dazu eine Analyse der Gesichtsform. Erst dann können Sie