Zwischen Losgelassenheit und Spannkraft: Besser Reiten mit Yoga
By Katja Kellner and Gereon Wimmer
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Book preview
Zwischen Losgelassenheit und Spannkraft - Katja Kellner
Autoren
Foto: Verena Hugeneck
„Wenn wir zum Fluss gehen, um zu trinken, dann kommt manchmal, dann kommt recht oft die Sonne. Obwohl wir gar nicht deswegen gekommen sind. Wenn man das Kleine sucht, findet man zuweilen das Große."
Erasmus zu Madelene
in: Die Frau und der Affe,
Roman von Peter Høeg,
Rowohlt Taschenbuch Verlag
Vorwort
In meiner Tätigkeit als Turnierreiter und Ausbilder habe ich viel mit unterschiedlichen Trainingsprogrammen und Ausbildungskonzepten zu tun. An einem meiner Reitkurse nahm 1998 Katja Kellner teil. Sie erzählte mir von ihrer Tätigkeit als Yogatrainerin.
Ich besaß durch meinen Vater, der selbst begeisterter Yogi war, schon einige Grundkenntnisse und so war ich von ihrem Vorschlag, mich von ihr bei den internationalen Turnieren und der Weltmeisterschaft 1999 betreuen zu lassen, sehr angetan. Ich konnte durch die Übungen meine Haltung verbessern und meinen Sitz bewusster gebrauchen.
Die Arbeit mit Katja hat mir viel Spaß gemacht, ich bin davon überzeugt, dass jeder Reiter von Yogaübungen profitieren kann.
Gereon Wimmer schätze ich als Trainer – sowohl für Reiter als auch für Pferd – sehr, durch seine Kompetenz und ruhige Ausstrahlung kann er die beiden Themen Yoga und Reiten gut miteinander verbinden.
Foto: Robert Baumkircher
Piet Hoyos mit Heljar bei der WM 1999 in Rieden".
Piet Hoyos im November 2002
Einleitung
Eine kurze Anregung zur Benutzung dieses Buches:
1.) Fangen Sie einfach an, Yoga zu praktizieren. Das Übungskapitel ist so aufgebaut, dass Sie Schritt für Schritt durch Ihren ganzen Körper durchgeführt werden, dabei können Sie erkennen, wo Ihre persönlichen Knackpunkte liegen.
2.) Stellen Sie sich die Frage: Welche Reiterprobleme erschweren zum Beispiel den korrekten Einsatz von Hilfen?
Fehlt es Ihnen eventuell an Gleichgewicht? Im Yogaübungsteil dieses Buches finden Sie einige Übungen, die sich genau mit diesem Problem auseinander setzen. Setzen Sie Ihren Körper bewusst ein, ist das für Ihr Pferd eine Hilfe, wenn nicht, eine Behinderung.
So können Sie durchaus zu speziellen Problemen Ihr ganz individuelles Übungsprogramm zusammenstellen.
Aber: Es wäre sehr verkürzt, wenn Sie den Yoga nur nach Rezeptbuch anwenden.
Als Leitgedanken für die Balance zwischen Spannung und Lösung, zwischen Tun und Lassen möchten wir den Kernsatz einer uralten Yogaschrift an den Beginn stellen:
„Stira Sukham Asanam" – fest, stabil (Stira) und leicht, angenehm (Sukha) ist eine Yogahaltung (Asana) (Patanjali Kap. II/46)
Dieses Gleichgewicht zwischen den vermeintlichen Gegensätzen ist hilfreich, um Harmonie in die Bewegung zu bringen; das gilt für den Menschen und auch für das Pferd.
„Gleichgewicht ist Stabilität in der Dynamik." (Zitat von: Dr. Christian Larsen, Begründer der Spiraldynamik, siehe auch Seite 16)
Die verschiedenen Übungsmethoden sind aufeinander abgestimmt und ergänzen sich gegenseitig, es ist ein wirklich ganzheitliches System, das auch ganzheitlich praktiziert werden sollte.
Ein Sowohl-als-auch ist hier sicher die goldene Mitte: Kombinieren Sie spezielle Übungen für Ihr spezielles Problem mit etwas ganz anderem, vergessen Sie auch die Entspannung, den Atem und die mentalen Aspekte nicht.
Grundüberlegungen
Dieses Buch soll Beispiele für das Zusammenwirken von Yoga und Reiten aufzeigen und Lust machen auf die Möglichkeiten, die in dieser Arbeit stecken. Wir hoffen, dass Reiter (männliche und weibliche gleichermaßen)¹ Anstöße bekommen, ihr Bewusstsein für Durchlässigkeit, Elastizität und Spannkraft des eigenen Körpers zu erhöhen – und Yogaübende neugierig werden, die direkten Reaktionen der Pferde auf ihr eigenes reiterliches Verhalten kennen zu lernen.
Und schließlich jene, die bisher weder Yoga noch Reiten praktiziert haben: Vielleicht entdecken sie hier einen Weg, mit sich, ihrem Körper, mit der Natur und Umwelt mehr in Übereinstimmung und Harmonie zu kommen.
Im Reitunterricht begegnet man oft dem Problem, dass viele Reiter Schwierigkeiten mit der Koordination ihrer Haltung und Bewegung haben. Fehlerhafte, schlechte Haltungsformen, die sich im Alltag entwickeln, werden auf dem Pferd deutlicher sichtbar und führen zwangsläufig zu Missverständnissen zwischen Mensch und Tier.
Fehlendes Körperbewusstsein, Balance- und Koordinationsmängel der Reitschüler verzögern oder verhindern sogar den Lernprozess. Zu viele Komponenten – korrekter Sitz, korrekte Einwirkung, Haltung und Bewegung des Pferdes, Ausführung der Bahnfiguren und -lektionen – überfordern die Reitschüler nicht nur geistig, sondern auch körperlich. Dies kann zu Verkrampfungen und Fehlhaltungen führen, die sich auf das Pferd auswirken.
Foto: Cordula Wimmer
Spaß im losgelassenen Galopp (Gereon Wimmer mit Andalusier Caruso).
Die Natur hat Pferde eigentlich nicht dazu geschaffen, als Reittiere zu dienen. Wenn wir trotzdem reiten wollen, sind wir dafür verantwortlich, dass unser Pferd die Möglichkeit hat, das zusätzliche Gewicht schadlos zu tragen.
Dies erreichen wir:
· erstens durch Gymnastizierung des Pferdes,
· zweitens durch Gymnastizierung unseres eigenen Körpers.
„Der Mensch auf dem Pferderücken erweist sich nur dann nicht als Problem, wenn er die Tragfähigkeit des Rückens so erhöht, dass sein Pferd diese vermehrte Last ohne Schaden aufnehmen kann. Vernachlässigt er diese Aufgabe, ist ein kranker Rücken unweigerliche Folge." ²
Brauchen Reiter ein ergänzendes Ausgleichstraining?
Für berufsmäßige und sportlich ambitionierte Reiter (im Sinne von Turniersport) stellt sich diese Frage eigentlich nicht:
Wie in jeder anderen Sportart auch besteht ein sinnvolles Training darin, die Sportler (in unserem Fall: Reiter und Pferde) sowohl körperlich als auch mental in einen Zustand des persönlichen Wohlbefindens zu bringen und diesen zu erhalten. Nur so ist effektive Leistung möglich.
„… (es) werden in allen Sportarten systematische Gymnastik- oder Koordinationsprogramme angeboten, die die Voraussetzungen für die Bewegungsabläufe der eigentlichen Sportart schaffen. Erst dann können Reitbewegungen fühlend vollzogen werden, weil ein bestens vorbereitetes Körpersystem Grundlage für den korrekten Sitz ist …" ³
Yoga hat längst im Trainingsplan vieler Leistungssportler seinen festen Platz gefunden, sei es nun in der Form von Lockerungsübungen, Dehnungen, Kraftaufbau, Atemarbeit, Entspannung oder Meditation. Der große Vorteil dieser Methode liegt in der ganzheitlichen Sichtweise: Sowohl Körper als auch Geist sind einbezogen, es findet keine Trennung statt – und insbesondere die wechselseitige Beeinflussung findet Beachtung.
Aber auch für Freizeitreiter, die das Reiten als Ausgleich für ihren üblichen Alltagsstress betrachten, ist es sinnvoll, Yoga zu üben. Die aus dem Alltagsstress resultierenden Verspannungen können so schon vor dem Reiten verringert werden – die Pferde sind dafür dankbar. Dabei spielt nicht nur der entspannende Aspekt des Yoga eine Rolle, sondern vor allem auch die zunehmende Verbesserung des Körpergefühls und der Koordinationsfähigkeiten des Reiters.
Dadurch entwickelt und erweitert sich die Fähigkeit, auf das Pferd einzuwirken, mit ihm zu kommunizieren. Das heißt nichts anderes als:
besser reiten!
Die Unterscheidung Freizeit- und Sport- oder Berufsreiter hat übrigens nichts damit zu tun, mit welcher Ernsthaftigkeit Sie die Reiterei betreiben. Der Sportreiter, genauso wie der Berufsreiter, steckt jedoch in einem mehr oder weniger engen Zeitkorsett. Er muss eine bestimmte Leistung zeitgerecht auf den Punkt bringen.
Solchen das Reiten selbst betreffenden Druck hat der Freizeitreiter nicht, auch wenn er vielleicht aufgrund anderweitiger – zum Beispiel beruflicher – Anspannung wenig Zeit für das Reiten hat.
Deshalb werden diese beiden Gruppen unterschiedliche Anforderungen an ein Ausgleichstraining stellen.
Reitlehrer haben darüber hinaus ein noch breiteres Anliegen an ein das Reiten begleitendes beziehungsweise ergänzendes Trainingsprogramm:
„Der Reitlehrer muss zur Optimierung seiner ausbilderischen Tätigkeit versuchen,
1. seine Vorstellungen und Kenntnisse bezüglich Sitz und Hilfengebung im Zusammenhang mit den zu reitenden Übungen und Lektionen weiter zu verbessern und zu vertiefen,
2. die Bedeutung der Muskulatur für den Sitz des Reiters zu erkennen und gegebenenfalls durch Zusatzaufgaben funktionsgymnastischer Art Schwächen im Muskelsystem beziehungsweise der Koordination des Reiters abzubauen,
3. Fehler mit ihren Ursachen früher zu erkennen,
4. Sicherheit in der Beherrschung der Fachsprache zu erlangen, um noch präziser unterrichten und korrigieren zu können." ⁴
Leider ist die Praxis in der Ausbildung von Reitlehrern im Allgemeinen eine andere.
Zum Beispiel ist die Betrachtung der reiterlichen Einwirkung über den Sitz im Hinblick auf konkrete anatomische Zusammenhänge zu ungenau beziehungsweise wird dieser Aspekt derart abstrakt – meist nur theoretisch – vorgebracht, dass eine praktische Umsetzung nur laienhaft bleiben kann.
Für den Reitlehrer wäre es daher besonders wichtig, ganz praktisch – am „eigenen Leib" – mit Ergänzungstraining Erfahrungen zu machen! Nur durch eigene Erfahrung ist er in der Lage, sich auch in die innere Situation seiner Reitschüler einzufühlen.
Das, was ein Reitlehrer sieht, muss er auch nachempfinden können. Er sollte den Stand seiner Schüler (Reiter und Pferd) nicht nur von ihrem äußeren Erscheinungsbild, sondern in der Gesamtheit erfassen.
„Die äußere Haltung ist immer an innere körperliche und psychische Vorgänge und Zustände gebunden." ⁵
Das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Psyche und Soma (Geist und Körper) ermöglicht das Erarbeiten von Durchlässigkeit.
Laut den Richtlinien der FN ist Durchlässigkeit Ziel der gesamten Ausbildung.
Für uns ist der Begriff Durchlässigkeit eng verknüpft mit Zwanglosigkeit, Losgelassenheit, Wohlbefinden, Ausgeglichenheit und Bewegungsfreiheit. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass Lernprozesse bei Pferden und Reitern wesentlich leichter stattfinden können, wenn diese wünschenswerte Voraussetzung geschaffen wurde. Insbesondere die reiterliche Durchlässigkeit betrachten wir als die Grundlage zur Einwirkung und Hilfengebung auf das Pferd.
Durchlässigkeit definiert sich folgendermaßen:
a) beim Pferd: die Fähigkeit, die Signale des Reiters zu empfangen, anzunehmen und ohne Blockaden umzusetzen
b) beim Reiter: die Fähigkeit, sich auf die Bewegung des Pferdes einzulassen, ohne durch eigene Spannungen hinderlich zu wirken
Genau hier liegt nun die Chance im Zusammenwirken von Reiten und Yoga.
Foto: Kellner
Figur des tanzenden Shiva, gilt als „der große Erneuerer" und ist deshalb die symbolische Schutzgottheit der Yogis, Indien.
Was ist Yoga?
„Yoga ist ein uraltes System, das aus Indien kommt. Es besteht aus körperlichen und geistigen Übungen, die die Gesundheit fördern, uns sensibilisieren und aufnahmefähig machen und unsere Weltsicht und Lebensweise verändern. Durch Jahrtausende hindurch hat sich Yoga beständig weiterentwickelt und wurde laufend verbessert, um den wandelnden Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. Immer jedoch zielte es darauf ab, dem Einzelnen seine volle Entfaltung als Mensch zu ermöglichen … „ ⁶
In den klassischen Schriften ist Yoga in erster Linie ein Weg der Erkenntnis, der Bewusstseinsentwicklung. Die Probleme, die ein Mensch hat, und das Leid, das daraus entsteht, haben psychische Ursachen und können deshalb nur durch eine Veränderung der psychischen Struktur – also eine Veränderung des Bewusstseins – behoben werden.
Jahrhundertelang führte der Weg des Yoga sogar aus dem täglichen Leben, aus der Welt heraus, denn das Dasein an sich wurde als leidvoll betrachtet (weil vergänglich und ständigem Wandel unterworfen), es galt als Maya (Illusion, Täuschung).
Yoga war eine Möglichkeit, aus dieser leidvollen Verwicklung zu erwachen und sich der einzigen, unwandelbaren, ewigen Wahrheit zu widmen. Losgelöst von alltäglichen, niederen Dingen war dieser Weg allerdings nur einer kleinen Gruppe asketisch orientierter Menschen zugänglich, die sich in Entsagung übten und ihren Sinn einzig auf das Absolute richteten. In der Zeit des aufblühenden Tantrismus (zirka 500 bis 800 nach Christus) veränderte sich dieser Blickwinkel stark. Die Lehre des Tantra betrachtet das Absolute als untrennbar vom Relativen, mit anderen Worten:
Die Welt ist in ihrem ewigen Wandel Form und Ausdruck des ewig Unwandelbaren.
Die praktische Konsequenz aus dieser Erkenntnis zeigt sich unter anderem in der Entwicklung des Hatha-Yoga, der den Körper und seine Bedürfnisse in den Vordergrund der Übungspraxis stellt.
„Die Meister des Hatha-Yoga entwickelten in den folgenden Jahrhunderten einen komplexen Übungsweg mit Körperhaltungen, Reinigungsübungen, Atemtechniken, Konzentrationen, Visualisationen und Übungen, die die Stimme mit einbeziehen. Er berücksichtigte in genialer Weise die vielfältigen Erscheinungsformen der menschlichen Natur sowie die Stärken und Schwächen der menschlichen Psyche. Dadurch ist es wohl auch zu erklären, dass der „Körperyoga so viele Jahrhunderte überleben konnte und auch heute noch immer die Menschen in aller Welt fasziniert.
⁷
Auf der Basis dieser Entwicklung ist es uns heute möglich, die Erkenntnisse und Techniken des Yoga ganz individuell entsprechend unserer unterschiedlichen Bedürfnisse anzuwenden.
Es gibt keine andere Übungsmethode, die so die verschiedensten Aspekte miteinander verbinden kann, wie Yoga. Lockerung, Entspannung, Fitness, Kraftaufbau, mentale Stabilisierung, Verbesserung der Atmung, der körperlichen Koordination, der Konzentration, der allgemeinen Belastbarkeit … alle diese Komponenten können mit den entsprechenden Yogaübungen angesprochen und erreicht werden.
Yoga ist also ein vielschichtiges System unterschiedlicher Methoden, das insgesamt eine Erhöhung des Wohlbefindens, bessere Beweglichkeit, größere Konzentrationsfähigkeit, innere Ausgeglichenheit und so weiter bewirkt.
Der Unterschied zu anderen Methoden liegt eben in dieser Ganzheitlichkeit – und in der erhöhten Achtsamkeit und Konzentration, mit der geübt wird: Es ist ein anderes Bewusstsein vorhanden.
Das individuelle Anliegen desjenigen, der beginnt, Yoga zu üben, mag ganz häufig ein vordergründig körperliches sein: Rückenschmerzen – bei zirka 80 Prozent der Kursteilnehmer. Jedoch gerade Rückenschmerzen sind oft psychosomatisch, das heißt, sie haben seelische Ursachen. Mit blindlings ausgeführten Turnübungen ist dem meist nicht beizukommen, in einem gut geführten Yogaunterricht jedoch bietet sich die Chance, andere Ebenen zu entdecken:
„… Dabei erlebt der Übende gleichzeitig eine sich steigernde seelische Beruhigung, welche ihn mit der Zeit zu einer Grundhaltung innerer Gelassenheit und Harmonie führt. Aufgrund dieser psychosomatischen Wechselbeziehungen hat Yoga eine Reihe moderner Psychotherapieverfahren maßgeblich beeinflusst, was am Beispiel des autogenen Trainings besonders deutlich wird." ⁸
Die ursprüngliche Motivation des Übenden kann sich also durchaus verändern, und damit …
„… erfährt er gleichzeitig etwas über sich selbst, und zwar in der Gesamtheit seiner körperlich-geistig-seelischen Empfindungsfähigkeit, die er konzentrativ, kontemplativ und meditativ stets von neuem zu wecken versucht." ⁹
Mehr zum Verständnis der mentalen Aspekte des Yoga finden Sie im Übungskapitel unter dem Abschnitt „Der Geist".
Wir gehen davon aus, dass Yoga die Kunst des Reitens unterstützen, erleichtern und verbessern kann.
Im Grunde genommen ist Yoga eine Hilfe, mit dem ganz alltäglichen Leben besser zurechtzukommen – das sollten wir (bei aller Konzentration auf das Reiterliche) nicht außer Acht lassen.
Es geht nicht darum, möglichst exotische Verrenkungen zu erlernen oder zum Beispiel die Meditationsmethoden als Fluchtmöglichkeit aus der Realität anzusehen, denn damit würde das System zum Selbstzweck verkommen.
„Wer Yoga übt, sollte (…) nie vergessen, wo der Weg hinführen will, den er eingeschlagen hat: nicht nur zu erhöhter Beweglichkeit und Gesundheit des Körpers, sondern in den Kern des Wesens des Übenden, zu seinem Selbst und über dieses Selbst hinaus …" ¹⁰
Überlege dir, was du willst.
Schau dir an, was du tust.
Prüfe, ob das, was du tust, dir hilft bei dem,
was du willst.
¹ Wir haben uns dazu entschlossen, in diesem Buch die geschlechtsneutrale Bezeichnung Reiter zu verwenden, um moderne Wortungetüme zu vermeiden. Wir hoffen, dass Reiterinnen sich dennoch angesprochen fühlen.
² Schmelzer, Angelika: Rückenprobleme – die Wurzel vieler Übel. In: Pferde heute, Heft 11/2000. Saarbrücken: Symposion.
³ Meyners, Eckart: Bewegungsgefühl – das innere Auge des Reiters. Düsseldorf: Walter Rau 1996. S. 9
⁴ Deutsche Reiterliche Vereinigung: Sportlehre – Lernen, Lehren und Trainieren im Pferdesport. Warendorf: FN-Verlag, 1992 S. 102.
⁵ Meyners, Eckart: Bewegungsgefühl – das innere Auge des Reiters. Düsseldorf: Walter Rau 1996. S. 10
⁶ Hoare, Sophy: Yoga – Geschichte, Philosophie und ein komplettes Übungsprogramm. Ravensburg: Otto Maier, 1980. S. 7
⁷ Trökes, Anna: Das große Yogabuch. München: Gräfe und Unzer, 2000. S. 18.
⁸ Kiphard, Prof. Dr. Ernst J.: Zu Hatha Yoga, Sport und Gymnastik. In: Der Weg des Yoga, Handbuch für Übende und Lehrende. Petersberg: Via Nova. S. 360
⁹ ebenda: S. 362.
¹⁰ ebenda: Trökes, Anna: Zu Hatha Yoga. S. 99.
Voraussetzung für optimale Bewegung bei Pferd und Reiter:
das Prinzip der Zugspannung
Der Begriff Zugspannung¹¹ kommt aus der Spiraldynamik®, eine in der Zusammenarbeit von Yolande Deswarte (Physiotherapeutin, Paris) und Dr. med. Christian Larsen (Arzt, Zürich) entwickelte Schule für Kunst und Wissenschaft menschlicher Bewegungskoordination. Es ist ein anatomisch begründetes, dreidimensionales und dynamisches Bewegungs- und Therapiekonzept. Praktisch ausgedrückt: eine Gebrauchsanweisung für den eigenen Körper.
Die Prinzipien der Spiraldynamik® finden Eingang in unsere Methode, Yoga und Reiten zu vermitteln – die Arbeit am Körper von Mensch und Pferd wird dadurch entscheidend präzisiert.
Yoga ist keineswegs eine starre, feststehende Lehre, sondern ganz lebendig, weil anpassungsfähig und in der Lage, die Erkenntnisse moderner Körpertechniken wie zum Beispiel die Spiraldynamik® zu integrieren.
Viele vorbereitende Übungen zu den klassischen Yogapositionen sind spiraldynamisch, die Genauigkeit sowohl in der Haltung selbst als auch in der Bewegung der Übergänge (in die Position hinein und wieder aus ihr heraus sowie bei Übungsreihen) spielt eine entscheidende Rolle.
Zugspannung lässt die Wirbelsäule wachsen: nach hinten unten öffnet sich der Übergang von der Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein (das Lumbosakralgelenk) – und nach hinten oben öffnet sich der Übergang von der