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111 Orte in Prag, die man gesehen habe muss: Reiseführer
111 Orte in Prag, die man gesehen habe muss: Reiseführer
111 Orte in Prag, die man gesehen habe muss: Reiseführer
Ebook574 pages1 hour

111 Orte in Prag, die man gesehen habe muss: Reiseführer

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About this ebook

Prag – das sind zahllose Kunstschätze, der Prager Frühling und die Samtene Revolution, Helden wie der einäugige Jan Žižka und Václav Havel. Doch Prag ist viel mehr als seine Legenden und Geschichten. Wer einmal in Prag war, der sieht sich einem magischen Sog ausgesetzt. Dieses Buch entführt Sie 111‑mal in versteckte Ecken und Winkel der Stadt. Die Autoren erzählen Ihnen Unerhörtes und Erstaunliches, bringen Sie zum Schmunzeln und machen Sie zum Insider, damit Sie später bei einem Glas Gambrinus mit echten Pragern mitreden können. Blicken Sie hinter die Fassaden einer faszinierenden Stadt. Denn Prag, das sind Genius Loci, Mythos und – die Stadt der Liebe.
LanguageDeutsch
PublisherEmons Verlag
Release dateNov 30, 2016
ISBN9783960411666
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    111 Orte in Prag, die man gesehen habe muss - Matěj Černý

    111 Orte in Prag, die man gesehen haben muss

    Matěj Černý und Marie Peřinová

    emons: Verlag

    Impressum

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © Emons Verlag GmbH // 2016

    Alle Rechte vorbehalten

    Texte: Matěj Černý und Marie Peřinová

    © der Fotografien: Matěj Černý, Marie Peřinová, außer

    BoysPlayNice (Ort 64); Česká spořitelna, a. s. (Ort 90); Michal Čížek (Orte 4, 5, 7, 16, 19, 27, 36, 37, 40, 42, 49, 52, 56, 58, 61, 63, 66, 67, 69, 73, 74, 76, 77, 79, 85, 95, 97, 106, 108, 110); Jan Hrdý, Corrupt Tour (Ort 14), Pragulic (Ort 80); Tomáš Souček, MeetFactory (Ort 62)

    Gestaltung: Emons Verlag

    Kartenbasisinformationen aus Openstreetmap, © OpenStreetMap-Mitwirkende, ODbL

    ISBN 978-3-96041-166-6

    E-Book der gleichnamigen Originalausgabe erschienen im Emons Verlag

    Unser Newsletter informiert Sie regelmäßig über Neues von emons:

    Kostenlos bestellen unter www.emons-verlag.de

    Inhalt

    Vorwort

    1_Das Atelier Josef Sudeks |

    Vernebelt, vereist, verregnet

    2_Die Bahnhofskneipe |

    Wo die Demokratie säuft

    3_Die Barrandov-Terrassen |

    Prager Funktionalismus im Dornröschenschlaf

    4_Berthas Gedenktafel |

    Die Waffen nieder!

    5_Die Bethlehemskapelle in Žižkov |

    Kubistisches Kleinod im Hinterhof

    6_Bio Oko |

    Das Kino, das es nicht hätte geben sollen

    7_Blanka |

    Heute schon tunneliert?

    8_Das Blockhaus |

    Bergromantik mitten in der Stadt

    9_Böhmische Dörfer |

    Romantische Relikte einer anderen Zeit

    10_Die Brücke der Intelligenz |

    Das Märchen vom Feldweg

    11_Der Brunnen Terezka |

    Die beinahe reichste Statue der Welt

    12_Das Café in der Mühle |

    Polit-Hotspot auf der Moldauinsel Kampa

    13_Die Chlebíčky |

    Eine Delikatesse für sich

    14_Die Corrupt Tour |

    Das Beste vom Schlimmsten

    15_Das Denkmal der Stille |

    Gleis in den Tod

    16_Drei »Vierer« im Zentrum |

    Kneipen wie in alten Zeiten

    17_Das Emmaus-Kloster |

    Türme auferstanden aus Ruinen

    18_Die Exil-Maria |

    Göttliche Ruhe, göttliche Aussicht

    19_Das Expo 58 |

    Der Traum der Genossen

    20_Die Fähren |

    Öffentlich romantisch unterwegs

    21_Der Fahrradweg |

    Ein Ausflug zum sozialistischen Experiment

    22_Der Flohmarkt U Elektry |

    Börse des wilden Ostens

    23_Die Forscherstation |

    Kostenloser Minizoo mitten in der Stadt

    24_Der Friedhof |

    Horror in Bohnice

    25_Der Fünfkirchenplatz |

    … den es eigentlich gar nicht gibt

    26_Garden Café Taussig |

    Mehr als nur ein Café …

    27_Der Garten im Šternberg-Palais |

    Perfekt versteckt am Hradschiner Platz

    28_Gedenkstätte des Grauens |

    Die glorreichen Sieben der »Heydrichiade«

    29_Die geheime Passage |

    Ein perfekt verstecktes Café

    30_Der Geheimspielplatz |

    Kinder im Wunderland

    31_Die Gourmetpassage Dlouhá |

    Künstler hört mit!

    32_Das Grab der Westonia |

    Die vergessene Zehnte Muse

    33_Der Güterbahnhof |

    Von Žižkov nach nirgendwo

    34_Das Haus Langhans |

    Aus negativ mach positiv

    35_Die Hauszeichen |

    Bilder des alten Prag

    36_Das Havel-Haus |

    Wo der Präsident hinter Gitterstäben schlief

    37_Havlíčkovy sady |

    Erkennen Sie die Ideologie?

    38_Hinter Klostermauern |

    Nächtigen im Kapuzinerkloster auf der Burg

    39_Das historische Wasserwerk |

    Das etwas verstecktere Museum

    40_Das Hotel International |

    Verrückter Zuckerbäcker

    41_Die Hrabal-Mauer |

    Wilde Hochzeiten, räudige Straßen

    42_Das Idiom |

    Physik der Sprache

    43_Die Invalidovna |

    Bedrohtes Barockjuwel

    44_Das Jan-Palach-Denkmal |

    Flammen aus Stahl

    45_Die Jeep Bar |

    Stichwort Strandhaubitze

    46_Johannes Nepomuk |

    Eine traurige Statue

    47_Die Kalkbrennerei |

    Steinriese am Rande der Stadt

    48_Das Karel-Zeman-Museum |

    Traumrolle im Trickfilm gefällig?

    49_Karlín |

    Das Viertel über dem Wasser

    50_Der Kinderfriedhof |

    Spuren der Monstrosität

    51_Der Kiosk |

    Das Prager Knusperhäuschen

    52_Die Kirche im Karlshof |

    Unübersehbar und doch vergessen

    53_Klamovka |

    Die verwunschene Kneipe

    54_Die Kläranlage |

    Einmal abseilen, bitte!

    55_Der Kleinseitner Friedhof |

    Von den Toten auferstanden

    56_Die kubistischen Häuser |

    Geometrische Visionen am Fuß des Vyšehrad

    57_Der Lehrpfad |

    Neun Kilometer Kontraste

    58_Letná |

    Boheme am Prager Montmartre

    59_Libri Prohibiti |

    Das Haus der verbotenen Bücher

    60_Die Luxusvillen |

    Aus Schlamm werde Luxus

    61_Malvazinky |

    Liebling, ich habe die Häuser geschrumpft!

    62_Die MeetFactory |

    Fleischgewordenes Kulturzentrum

    63_Die Metrostation Anděl |

    Der Kommunismus ist unterirdisch

    64_Die Moldau-Sauna |

    Abkühlung bei den Schwänen

    65_Die »Molkerei« |

    Wechselnde Aussichten

    66_Der Musikclub 007 |

    Die Underground-Legende von Strahov

    67_Das Na kopci |

    Koch, Kellner und Michelin

    68_Die Náplavka |

    Die Szene trifft sich an der Moldau

    69_Das One Room Hotel |

    Luxusschlauch in den Wolken

    70_Die orthodoxe Kirche |

    Exotik der Karpatenukraine

    71_Das Palais Lucerna |

    Die erste Prager Passage

    72_Paralelní polis |

    Atombombe in den News

    73_Der Park Ztracenka |

    Vergessen unterhalb der Burgmauer

    74_Die Paternoster |

    Diener aus einer anderen Zeit

    75_Pečkárna |

    Das Haus des Grauens

    76_Der Pilzkasten |

    Ode an das tschechische Golf

    77_Das Polizeimuseum |

    Tim Burtons Gruselkabinett

    78_Požáry |

    Ein geologisch-romantisches Naturdenkmal

    79_Die Prager Kreuzung |

    Havel, Kirche und Kultur

    80_Pragulic |

    Die andere Seite der Stadt

    81_Der Přístav 186 00 |

    Hafen der Ruhe

    82_Die Reklame des Befreiten Theaters |

    Bellende Esel und andere Politiker

    83_Der Rikatádo |

    Take me home, country roads

    84_Die Rothmayer-Villa |

    Auf den Spuren Josef Sudeks

    85_Die schlimmen Finger |

    Der andere Blick

    86_Die Seilbahn |

    Mit James Bond unterwegs

    87_Die Semmeringbahn |

    Romantik auf Prager Eisenbahnschienen

    88_Sir Wintons Bahnsteig |

    Der Hölle von Auschwitz entkommen

    89_Smíchov |

    Zeugen alter Zeiten

    90_Die Sparkasse |

    Es ist doch alles Gold, was glänzt

    91_Sputnik |

    Wetzstein für Kinderhosen

    92_St. Adalbert |

    100 Jahre Provisorium

    93_Stínadla |

    Die geheimnisvollen Vonts

    94_Das Strahov-Stadion |

    Betonmonstrum über der Stadt

    95_Die Straßenlaterne |

    Kubistische Kunst am Jungmann-Platz

    96_Der Strudel |

    Eine dufte Geschichte aus dem Plattenbau

    97_Die Terrasse U Prince |

    Blick der Blicke

    98_Toulcův dvůr |

    Ökohof zwischen Plattenbauten

    99_Das Trojanische Pferd in Troja |

    Kein Witz!

    100_Der Tunnel |

    Mutprobe zwischen Žižkov und Karlín

    101_U Apolináře |

    Geburtsklinik im Gothic Look

    102_U Budyho |

    Vermächtnis der Langhaarigen

    103_Das Velodrom |

    Nostalgie pur in Třebešín

    104_Der Větrník |

    Die einzige erhaltene Windmühle in Prag

    105_Der Vietnam-Markt Sapa |

    Duft des grünen Korianders

    106_Die Villa Štvanice |

    Mimen von der traurigen Insel

    107_Die Volkskantine |

    Willkommen in den 1980ern

    108_Das Vorzeige-Bergwerk |

    Ein Spaziergang unter Tage

    109_Der VýLetná |

    Mehr als Tennis

    110_Der Wassertunnel |

    Back to the Roots

    111_Das Wasserwerk in Vršovice |

    Wasser, Technik und Eleganz

    Bildteil

    Übersichtskarten

    Vorwort

    Die Stadt der 100 Türme, die goldene Stadt, die magische Stadt, die Mutter aller Städte, das Mütterchen, das Krallen hat: Seit Jahrhunderten versuchen verschiedenste Beinamen, den Charakter der tschechischen Hauptstadt zu beschreiben. Ihre Schönheit, ihre Geschichte, ihre unverwechselbare Atmosphäre ziehen seit jeher Massen an.

    In der Stadtbibliothek gibt es eine eigene »Pragensia«-Abteilung. Tausende von Buch- oder Blogseiten wurden über Prag geschrieben, und eine ganze Reihe von Fremdenführern und Agenturen spezialisieren sich auf konkrete Gesichter der Stadt – von der funktionalistischen Architektur bis hin zu Orten, die mit Korruption verbunden sind.

    Möchte man diesem Mosaik ein weiteres Steinchen hinzufügen, muss man sich fragen, warum gerade der eigene Beitrag einzigartig sein sollte. Unsere Antwort: Einerseits möchten wir auf Orte aufmerksam machen, die von den meisten Fremdenführern wie auch von vielen Pragern vergessen wurden, andererseits soll es so abwechslungsreich wie nur möglich zugehen. Darum schicken wir Sie sowohl zu einem Strudelverkauf als auch in ein Polizeimuseum, zu einem kleinen kubistischen Dach über einer Statue genauso wie auf eine Fahrradtour zwischen Plattenbauten, in eine Ausstellung in einem ehemaligen Nazi-Folterkeller gleichermaßen wie in eine Kneipe inmitten von Schrebergärten.

    Die Orte sind so gewählt, dass vom wissbegierigen Ersterkunder bis zum beschlagenen Kenner jeder auf seine Kosten kommt. Erstere werden etwas Neues, Letztere ein interessantes Detail oder eine ungewohnte Perspektive entdecken. Klar: Die Auswahl der Orte ist subjektiv, und Orte, die man unbedingt gesehen haben muss, gibt es in Prag nicht nur 111, sondern viele, viele mehr. Wenn Sie dieses Buch also nicht nur zum Besuch jener Ecken, Winkel und Gegenden inspiriert, zu denen wir Sie einladen, sondern auch zur Entdeckung weiterer, so ist dies für uns die größte Ehre.

    Zum Vollbild

    1_Das Atelier Josef Sudeks

    Vernebelt, vereist, verregnet

    Das Atelier von Josef Sudek wird auch diejenigen begeistern, die noch nie von dem renommierten tschechischen Fotografen gehört haben sollten. Es liegt in einem der charmanten Hinterhöfe auf der Prager Kleinseite, die sonst nicht für Touristen zugänglich sind: Es genügt, eine Türklingel neben dem Hauseingang Nr. 28/30/32 in der Straße Na Újezdě zu drücken. Warum dort gleich drei Hausnummern angebracht sind, versteht man, sobald man via Durchgang in den kleinen Hof gelangt ist, aus dem gleich mehrere Türen in die Wohnungen führen. Ein Mieter hat hier sogar einen kleinen Privathof, Sie aber gehen geradeaus: Hinter dem Blechtor und einem weiteren Durchgang erwartet Sie ein viel größerer und hellerer Hof.

    Inmitten der Stadt und dennoch ruhig liegt eine der originellsten Prager Galerien, in der weniger bekannte, dafür aber umso interessantere Künstler ausstellen. Folgen Sie einfach der Wandaufschrift »Fotograf v zahradě« – zu Deutsch »Fotograf im Garten«. Sie gelangen zum Holzbungalow. Hier zog der einarmige Meister seine Bilder aus dem Fixierbad, die den Genius Loci des Veitsdoms, der Prager Vorstädte, der magischen Gärten in Střešovice oder der Beskyder Wälder einfangen. Hier blicken Sie aus jenem Fenster, das der Fotograf jahrelang dokumentierte und dessen Glas ihm als Blende zwischen der inneren und der äußeren Welt diente – manchmal vernebelt, manchmal vereist, manchmal verregnet.

    Info

    Adresse Újezd 30, 118 00 Prag 1, www.atelierjosefasudka.cz | ÖPNV Tram 12, 15, 20, 22, Haltestelle Újezd, dann etwa 100 Meter zu Fuß; vom Nationaltheater kommend: Tram 9, Haltestelle Újezd, die sich um die Ecke, in der Vítězná befindet | Öffnungszeiten Di–So 12–18 Uhr | Tipp In Josef Sudeks ehemaliger Wohnung in der Úvoz 24 befindet sich eine Galerie, die neben Sudeks auch die Werke anderer Künstler zeigt.

    Sie dürfen sich nur nicht daran stören, dass es sich nur um eine genaue Kopie des ursprünglichen Gebäudes handelt, das 1985 abbrannte. Deshalb steht hier von Sudek außer einigen Möbelstücken und einem alten Ofen nichts, und deshalb gibt es auch kein Museum – auch wenn dem Fotografen einmal im Jahr eine Ausstellung gewidmet wird. Der Fotograf ist hier eher implizit zugegen. Als ob auch für das Atelier Sudeks Motto gelten würde: »Fotografie soll nicht alles zeigen, Fotografie soll ahnen lassen.«

    In der Nähe

    Das Café in der Mühle (0.14 km)

    Der Pilzkasten (0.39 km)

    Das Karel-Zeman-Museum (0.5 km)

    St. Adalbert (0.65 km)

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    2_Die Bahnhofskneipe

    Wo die Demokratie säuft

    zurück

    Einst beschrieb Bohumil Hrabal, wie ein französischer Premier die tschechische Demokratie bewunderte, die er aus der Zusammensetzung der Gäste im Wirtshaus »U Zlatého tygra« herauslas: Neben Richtern und Politikern saßen hier Lackierer und Herrenfriseure. Die berühmte Kneipe in der Altstadt ist heute leider etwas zu bekannt.

    Falls Sie eine solche Kneipendemokratie ohne Platzreservierung erleben möchten, besuchen Sie doch das Bahnhofsrestaurant »Dejvické Nádraží«, das alle nur als Nádražka kennen. Wo sonst kommen die verschiedensten Menschen zusammen, wenn nicht am Bahnhof? Neben Reisenden, die auf einen Zug warten, begegnet man älteren Stammgästen, Studenten, Fans des Fußballvereins Sparta Prag, Businessmen bei ihrem Feierabendbier, jungen Frauen an Notebooks und Bücher lesenden Männern.

    Info

    Adresse Restaurace Dejvické Nádraží, Václavkova 1, 160 00 Prag 6, www.nadrazka.cz | ÖPNV Metro A, Haltestelle Hradčanská, dann ein Stück durch die Dejvická und Václavkova | Öffnungszeiten täglich 9–24 Uhr | Tipp Falls Sie noch nicht genug von solchen originellen Orten haben, setzen Sie sich in den Zug, und in neun Minuten sind Sie am Masarykovo nádraží, wo Sie an der Tramhaltestelle das »Bistro Flip« erwartet. Es ist von 7 bis 20 Uhr geöffnet und verkauft nur Flaschenbier. Sollten Sie sich an einen der schmuddeligen Tische setzen wollen, kostet das zwei Kronen extra. Nur für Freunde extremer Erlebnisse.

    Im Biergarten kann man auch unter stattlichen Kastanienbäumen sitzen; einige kleine Tische stehen direkt am überdachten Bahnsteig. Im Bahnhofsgebäude von 1871 treten ab und zu unkonventionelle Bands auf. Die Räume unter den hohen Neorenaissancedecken ziert eine Art Punk-Surrealismus, allen voran das Antlitz des legendären Fernsehsprechers Miloš Frýba. Sein seriöses Lächeln sieht allgegenwärtig auf alle herab, die es mit dem Alkohol wirklich ernst meinen. Man kann hier zwar auch etwas essen oder gefärbtes Wasser für acht Kronen trinken – die Hauptattraktion sind jedoch die niedrigen Preise ganz anderer Getränke. Shots gibt es ab zehn Kronen, und eine ähnlich zuvorkommende Preispolitik gilt auch für Bier. Dessen Qualität ist diskutabel, mit dem Oberkellner sollte man Diskussionen darüber aber lieber vermeiden. Wie es sich für eine solche Schenke gehört, ist er nicht gerade die Liebenswürdigkeit in Person.

    Es scheint nahezu ironisch, dass auf dem Gleis gegenüber für gewöhnlich ein silberfarbener Zug steht, in dem sich Kinder eine interaktive Anti-Drogen-Ausstellung ansehen können.

    In der Nähe

    Der Garten im Šternberg-Palais (0.79 km)

    Der Fünfkirchenplatz (0.85 km)

    Der Geheimspielplatz (0.92 km)

    Die Hauszeichen (0.97 km)

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    Zum Vollbild

    3_Die Barrandov-Terrassen

    Prager Funktionalismus im Dornröschenschlaf

    zurück

    Kein Autor möchte, dass sein Text bald veraltet sein wird. Bei den Terrassen am Barrandov jedoch kann man sich nichts sehnlicher wünschen. Das heutige Paradies der Urbexer, die überwiegend verfallene, öffentlich nicht zugängliche Bauobjekte erkunden, war in der Zwischenkriegszeit sehr beliebt: Tausende Prager kamen bei schönem Wetter hierher. Nicht nur wegen des Essens im französischen Restaurant und der einzigartigen Aussicht über Prag, sondern auch, um einen Blick auf Filmstars zu erhaschen, die in den nahen Filmateliers drehten und hier auf einen Sprung vorbeikamen.

    Die Terrassen ließ 1926 Václav M. Havel, Vater des späteren Präsidenten, auf dem Felsen über der Moldau bauen. Mittelpunkt der Anlage war das funktionalistische Restaurant mit einem Aussichtsturm, dessen Silhouette sich über den Tischen mit Sonnenschirmen erhob, die im Sommer mehrere Ebenen füllten. Auch ein Schwimmbad etwas tiefer bei der Moldau gehörte dazu – heute heruntergekommen wie der Rest.

    Info

    Adresse Barrandovská 165/1, 152 00 Prag 1 | ÖPNV Metro B, Haltestelle Smíchovské nádraží, dann mit dem Bus 105, Haltestelle Terasy, gegenüber der Haltestelle in die Barrandovská, nach ein paar Metern links einen Weg durch das Gebüsch nehmen | Öffnungszeiten offiziell nicht zugänglich; Betreten ausdrücklich auf eigene Gefahr | Tipp Ein Spaziergang von etwa einem Kilometer Länge durch das ehemals berühmte Villenviertel führt Sie zum Kříženeckého náměstí, wo das Hauptgebäude der Filmateliers steht. Am Wochenende können Sie sich dort die Ausstellung »Filmpoint« ansehen, die sich den Filmklassikern »Drei Nüsse für Aschenbrödel« und »Amadeus« widmet.

    1948 wurden die Terrassen verstaatlicht; damit begann ihr Verfall. Ohne die nötige Instandhaltung verkamen sie und wurden 1989 der Havel-Familie in trostlosem Zustand zurückgegeben. Den ehemaligen Präsidenten grämte ihr Schicksal angeblich sehr, doch es gelang ihm nicht, einen Investor zu finden. Die Renovierung der beiden Gartenrestaurants war vor allem wegen des permanenten Lärmpegels gleich mehrerer Prager Ausfallstraßen nicht rentabel. Havels Familie verkaufte die Terrassen 2003.

    Der neue Besitzer plante zwar, das denkmalgeschützte Areal zu renovieren und zu einem Hotel umzubauen, doch lange waren nur das wuchernde Unkraut und einige Obdachlose dort aktiv. Im Frühling 2016 jedoch erschienen endlich Arbeiter auf der Bildfläche, die Gehölz wegräumten. Vielleicht

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