Der japanische Medizintechnikmarkt: Zugangsbarrieren und Strategien für deutsche Klein- und Mittelunternehmen
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About this ebook
Dieses Buch geht der Frage nach, welche Barrieren deutsche Medizintechnikunternehmen davon abhalten, den japanischen Markt zu erschließen und wie diese Marktzugangsbarrieren überwunden werden können. Sie wurde an der Osaka-City-University begonnen und von der Universität Hamburg als Masterarbeit angenommen.
Jennifer Jacob
Jennifer Jacob, geboren 1981 in Hamburg, ist in einem japanischen Unternehmen der Medizingerätetechnik tätig. Als Siebzehnjährige ging sie für ein Jahr als Austauschschülerin zur Ohtani Highschool in Osaka. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Tierarzthelferin. Sie studierte einige Semester Humanmedizin in Würzburg, um dann zur Japanologie zu wechseln. Studienorte waren Bonn (Asienwissenschaft mit Japan-Schwerpunkt), Kagoshima (Japanisch) und Osaka (wirtschaftswissenschaftliche Fakultät). Ihr Bachelor-Studium in Bonn schloss sie mit dem Thema Der deutsche Einfluss auf die japanische Medizin zwischen 1868 und 1945 ab.
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Book preview
Der japanische Medizintechnikmarkt - Jennifer Jacob
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Forschungsstand
1.3 Definitionen
1.3.1 Medizintechnikbegriff
1.3.2 Klein- und Mittelunternehmen
Theorie
2.1 Der Internationalisierungsbegriff
2.2 Erklärungsansätze zur Entstehung des Internationalisierungsphänomens
2.2.1 Nachfragestrukturhypothese von Linder
2.2.2 Theorie der technologischen Lücke – Neotechnologieansatz von Posner
2.3 Ansätze zur Entstehung unterschiedlicher Internationalisierungsformen
2.3.1 Die Uppsala-Schule – die skandinavischen Internationalisierungsmodelle
2.3.2 Verhaltensorientierte Theorie von Aharoni
Methode
3.1 Experteninterviews
Weltweiter Medizintechnikmarkt Überblick
4.1 Gesundheit als Wirtschaftsgut
4.2 Determinanten der Nachfrage nach Medizintechnik
Deutsche Medizintechnik
5.1 Hightech-Strategie 2020 der Bundesregierung Deutschland
5.2 Branchenstruktur
5.3 Bisheriges Engagement in Japan
Allgemeine Situation von Handel und Wirtschaft in Japan
6.1 Japans Wirtschaft in der Folge der Tsunami-Katastrophe vom 11.03.2011
6.2 Handelsabkommen und andere Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels
6.2.1 Verhandlungen über Trans-Pazifischen-Freihandelszone
6.2.2 Verhandlungen über einen Handelspakt mit der EU
6.2.3 Währungspakt mit China
6.3 Der Stellenwert Deutschlands als Handelspartner
Aktuelle Marktstruktur des japanischen Medizintechnikmarktes
7.1 Bedarf
7.1.1 Demographische Entwicklung
7.1.2 Häufige Krankheiten und Todesursachen
7.2 Die Finanzierungsseite
7.2.1 Das japanische Gesundheitssystem
7.2.2 Kranken- und Pflegeversicherung im Sozialversicherungssystem
7.2.3 Private Krankenversicherungen und der private Sektor
7.3 Die Ausgabenseite
7.3.1 Ärztedichte
7.3.2 Krankenhauszahlen und Krankenhausstrukturen
7.3.3 Pflegeeinrichtungen
7.4 Japans Eigenproduktion
7.4.1 Branchenstruktur
7.6 Marktpotential des japanischen Medizintechnikmarktes
7.6.1 Importanteil
7.6.2 Marktaussichten und künftige Entwicklungen
Marktzugangsbarrieren und die Überwindungsmöglichkeiten
8.1 Die Angst vor dem japanischen Markt
8.1.1 „ausländische Unternehmen haben es schwer auf dem japanischen Markt"
8.1.2 „Die Mitarbeiterrekrutierung ist für westliche Unternehmen in Japan schwer"
8.1.3 „Die China ist wichtiger" – Die China-Euphorie
8.1.4 „Der japanische Markt erfordert einen langen Atem"
8.1.5 „Die Kultur in Japan ist zu fremd" – Kulturelle Barrieren
8.1.6 „Englisch spricht man überall" – die Sprachbarriere
8.2 allgemeine, nicht-tarifäre Handelshemmnisse
8.2.1 Steuerbelastung für ausländische Unternehmen in Japan
8.2.2 Japanische Vertriebswege
8.2.3 Transport
8.2.4 Qualitätsverständnis japanischer Kunden
8.2.5 Produktanpassung
8.3 Nicht-tarifäre Handelshemmnisse des japanischen Medizintechnikmarktes
8.3.1 Wareneinfuhrbestimmungen
8.3.2 Produkt-Zulassung
8.3.3 Kostenerstattung durch das japanische Gesundheitssystem
8.4 Zwischenfazit
Wege auf den japanischen Medizintechnikmarkt
9.1 Gründe den japanischen Markt zu erschließen
9.2 allgemeine Hilfestellung der deutschen Regierung
9.2.1 Länder- und Marktinformation
9.2.2 Umsetzung von Marketing Maßnahmen im Technologiefeld Medizintechnik
9.3 Unterstützung durch deutsche öffentlich rechtliche und private Institutionen
9.3.1 IHK-Firmenpool Life-Science Japan
9.3.2 DEKRA
9.3.3 SPECTARIS
9.4 Wirtschaftsstrategien und Deregulierungen der japanischen Regierung
9.4.1 Innovation
9.4.2 Vision
9.4.3 Angleichung der Standards zwischen der EU und Japan
9.5 Bilaterale Förderung von Wissenschaft und Technologie
9.5.1 Abkommen zur Zusammenarbeit auf wissenschaftlich-technischem Gebiet
9.5.2 Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit nach 3-11
9.5.3 Deutschlandjahr in Japan 2005/
9.5.4 „150 Jahre Freundschaft – Deutschland und Japan"
9.6 Direkter Export als Strategie
9.6.1 Exportunterstützung von deutscher Seite
9.6.2 Einschätzung der Eignung von direktem Export
9.7 Zwischenbetriebliche Kooperation als Strategie
9.7.1 Horizontale zwischenbetriebliche Kooperationen
9.7.2 Vertikale zwischenbetriebliche Kooperationen / Indirekter Export
9.7.3 Kooperationsförderung der deutschen Regierung
9.7.4 Förderung durch die Europäische Union
9.7.5 Förderung durch die Japan External Trade Organization
9.7.6 Messebesuche
9.7.7 Einschätzung zur Eignung zwischenbetrieblicher Kooperationen
9.7.8 Erfahrungswerte der Interviewpartner
9.8 Direktinvestitionen als Strategie
9.8.1 Joint Venture
9.8.2 Akquisition von Unternehmen
9.8.3 Gründung einer eigenen Niederlassung in Japan / Firmengründung
9.8.4 Direktinvestition in Forschung und Entwicklung
9.8.5 japanische Förderung ausländischer Direktinvestitionen
9.8.6 Investitionsunterstützung am Beispiel des Kobe Life-Science-Clusters
9.8.7 Einschätzung zur Eignung von Direktinvestitionen
9.8.8 Erfahrungswerte der Interviewpartner
9.9 Eignungseinschätzung der unterschiedlichen Marktzugangsstrategien
9.9.1 Internationalisierung durch internes versus externes Wachstum
9.9.2 Die Vor- und Nachteilen ausgewählter Markteintrittsstrategien
Fazit
Literatur
11. Anhang
11.1 Tiefeninterview-Gesprächsleitfaden
11.2 Experteninterviews
11.2.1 Interview mit DMB-Consult
11.2.2 Interview mit Christoph Miethke GmbH & Co.KG
11.2.3 Interview mit Greggersen Gastechnik GmbH
11.2.4 Interview mit einem Medizintechnikhersteller von Ultraschallreinigern
11.2.5 Interview mit Alpha Plan GmbH
11.2.6 Interview mit eZono AG
1. Einleitung
Der weltweite Medizintechnikmarkt befindet sich im Wachstum. Insbesondere für die wohlhabenden Industrienationen wird, aufgrund von demographischer Alterung der Gesellschaft und technischem Fortschritt, ein erhöhter Bedarf an Medizintechnologie-Produkten für die nächsten Jahre erwartet. Japan, Deutschland und die USA sind auf dem Medizintechnikmarkt sowohl in Importzahlen als auch in Exportzahlen führend. Deutschlands Medizintechnikbranche erwirtschaftet über sechzig Prozent ihres Umsatzes durch den Export. Neben einigen berühmten Global Playern liegt die Stärke der deutschen Medizintechnik in spezialisierten Klein- und Mittelbetrieben. Die Medizintechnikbranche gilt als Zukunftsbranche und die deutsche Regierung fördert sie als Wachstumsmotor der Wirtschaft und Garant von Arbeitsplätzen. Insbesondere Klein- und Mittelbetriebe erfahren immer mehr Unterstützung durch die Bundesregierung. Japan wird unter Anderem aufgrund der extremen demographischen Alterung der Gesellschaft ein weiterer Anstieg im Bedarf an Medizintechnik vorausgesagt. Trotz wirtschaftlicher Stagnation Japans, ist die Kaufkraft in Japan immer noch hoch und die Ausgaben für Medizintechnik werden in den nächsten Jahren weiter steigen. Die nun in Rente gehende Babyboomer-Generation hat gute Rücklagen gebildet und rückt als Konsumentengruppe unter dem Stichwort „Silbermarkt" schon seit einigen Jahren immer mehr in den Fokus. Ein Teil des Silbermarktes ist auch der Gesundheitswirtschaft zuzurechnen.
Japan importiert, trotz eigener starker Medizintechnikbranche ungefähr die Hälfte seines Bedarfs an Medizintechnik. Der Anteil deutscher Produkte am Import lag 2010 bei 6,3 Prozent. Damit stehen deutsche Importe an dritter Stelle nach den USA und Irland. Dazu muss jedoch betont werden, dass der Anteil der Importe aus den USA in Japan bei fast sechsundfünfzig Prozent lag, der von Irland bei 10,8 Prozent. Nur 4,3 Prozent der deutschen Exporte gehen nach Japan. Deutsche Medizintechnik ist also, relativ zu seiner Position auf dem Weltmarkt gesehen, unterrepräsentiert. Bisher sind auf dem Japanischen Markt überwiegend die „Global Player", wie z.B. Siemens, vertreten, die international konkurrieren. Die Klein- und Mittelbetriebe, welche in Deutschland einen, im Vergleich mit anderen Branchen, überdurchschnittliche großen Anteil haben, sind bislang nur vereinzelt auf dem japanischen Markt zu finden. Es stellt sich also die Frage welche Marktzugangsbarrieren deutsche Medizintechnikunternehmen davon abhalten den japanischen Markt zu erschließen und wie diese Marktzugangsbarrieren überwunden werden können.
1.1 Fragestellung
Welche Marktzugangsbarrieren bestehen für den Marktzutritt deutscher klein- und mittelgroßer Medizintechnikunternehmen in den japanischen Medizintechnikmarkt?
Was für Strategien sind zur Überwindung dieser Marktzugangsbarrieren für deutsche Klein- und Mittelunternehmen geeignet?
1.2 Forschungsstand
Japanologische Literatur zur japanischen Wirtschaft und zur allgemeinen Marktbeschreibung existiert zahlreich. Jedoch stammt der Großteil dieser Literatur aus den 1980er und 1990er Jahren und beschäftigt sich meist mit japanischen Managementmethoden. Über den japanischen Markt wurde in jüngerer Zeit, abgesehen von Analysen des wirtschaftlichen Abstieges Japans, wenig veröffentlicht. Literatur, die sich mit einem Markteintritt nach Japan beschäftigt zielt zu großen Teilen auf Großunternehmen und hierbei wiederrum auf das Management ab. Da die meisten großen Unternehmen schon viel früher mit einer Internationalisierung begonnen haben, werden Klein- und Mittelunternehmen innerhalb der meisten Internationalisierungstheorien und wissenschaftlichen Arbeiten zu Marktzugangsstrategien wenig oder erst in jüngerer Zeit beachtet. In der Japanforschung werden Klein- und Mittelunternehmen fast vollkommen ignoriert. Als eine der wenigen Autoren hat sich in jüngerer Zeit Parissa Haghirian mit dem Eintritt von Klein- und Mittelunternehmen in den japanischen Markt beschäftigt. Weiterhin bringt die Deutsche Industrie und Handelskammer Tōkyō in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Außenwirtschaft (seit 2009 Germany Trade und Invest) kleinere Broschüren mit einigen konkreten Informationen und Tipps zum Markt und Markteintritt heraus.
Der japanische Medizintechnikmarkt ist in westlicher Literatur nahezu unerforscht. Einige wenige Aufsätze in Sammelbänden sind zu finden. Hier ist erwähnenswert der Aufsatz über die japanische Medizintechnik von Tim Goydke (2007). Germany Trade & Invest gibt regelmäßig kurze Zusammenfassungen zu einzelnen Branchen nach Ländern heraus. Diese Informationen umfassen jedoch kaum mehr als eine Seite. Weiter Erwähnung findet der japanische Medizintechnikmarkt nur als Teil des Silbermarktes oder des Biotechnologiemarktes. Informationen zu diesen Märkten sind jedoch nicht immer auf die sehr spezielle Medizintechnikbranche übertragbar. Japanischsprachige Literatur beschränkt sich meist auf die eigene Branche und den globalen Medizintechnikmarkt und behandelt nur in Ausnahmen die Situation fremdländischer Unternehmen auf dem eigenen Markt. Insgesamt weisen die Daten zum globalen, sowie auch zu den einzelnen Ländermärkten oft Differenzen auf, da zur Erhebung unterschiedliche Maßstäbe und Definitionen zugrunde gelegt werden.
Diese Arbeit soll einen Überblick über den japanischen Medizintechnikmarkt bieten und über die Eintrittsstrategien und Chancen deutscher Klein- und Mittelunternehmen auf den japanischen Markt.
1.3 Definitionen
1.3.1 Medizintechnikbegriff
Die vorliegende Arbeit behandelt den Medizintechnikmarkt. Die mit dem Begriff „Medizintechnik" beschriebenen Produkte unterliegen jedoch keiner einheitlichen Definition. Es liegen Zahlreiche Definitionen vor. Das deutsche Gesetz über Medizinprodukte definiert in § 3:
Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke
a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,
b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder
d) der Empfängnisregelung
zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann. (Bundesministerium der Justiz 2011)
Laut Bundesministerium für Gesundheit sind Medizinprodukte:
„[…] Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände mit medizinischer Zweckbestimmung, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen bestimmt sind. Anders als bei Arzneimitteln, die pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, wird die bestimmungsgemäße Hauptwirkung bei Medizinprodukten primär auf physikalischem Weg erreicht. Medizinprodukte sind zum Beispiel Verbandstoffe, Infusionsgeräte, Katheter, Herzschrittmacher, Sehhilfen,