Du hast die Wahl, Isabella!: Der kleine Fürst 127 – Adelsroman
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
»Natürlich müssen wir verkaufen!« Werner von Bott schrie beinahe. Sein Gesicht war hochrot, er hieb mit einer Faust auf den Tisch, dass die Gläser tanzten und alle Anwesenden erschrocken zusammenzuckten. Der Streit dauerte schon über eine Stunde, eine Einigung war nicht in Sicht.
»Wenn wir es jetzt nicht tun«, fuhr der Redner fort, ruhiger zwar, aber noch immer heftig, »werden wir es bereuen. Jetzt ist die Firma so wertvoll, dass wir einen hervorragenden Preis dafür erzielen werden. Das wird sich schon bald ändern, die Zeiten werden schwieriger, wir müssen eine Menge Geld investieren, wenn wir die Konkurrenz auf Abstand halten wollen, und umstrukturieren müssen wir das Unternehmen auch, weil es nämlich sonst in Zukunft keinen Erfolg mehr haben wird.«
Werner von Bott war ein Mann von Ende Fünfzig, klein und untersetzt, mit einem grauen Haarkranz um den breiten Schädel und einem unübersehbaren Doppelkinn. Sein beachtlicher Bauch freilich fiel dank seines hervorragenden Schneiders kaum auf.
»Und genau das schlage ich vor: dass wir unser Familienunternehmen neu organisieren. So hätte Vater es gewollt, das weißt du ganz genau.« Auch Hermann von Bott war erregt, aber er hatte sich besser unter Kontrolle als sein vier Jahre älterer Bruder. Im Gegensatz zu diesem war Hermann groß und schlank, er hatte noch seine dichten dunklen Haare, in denen sich erst jetzt die ersten Silberfäden zeigten.
»Vater hat kein Testament gemacht, weil er dachte, dass ihm dafür noch genug Zeit bliebe«, entgegnete Werner, »und ich habe oft genug mit ihm gesprochen, um zu wissen, was er auf keinen Fall gewollt
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Du hast die Wahl, Isabella! - Viola Maybach
Der kleine Fürst –127–
Du hast die Wahl, Isabella!
Roman von Viola Maybach
»Natürlich müssen wir verkaufen!« Werner von Bott schrie beinahe. Sein Gesicht war hochrot, er hieb mit einer Faust auf den Tisch, dass die Gläser tanzten und alle Anwesenden erschrocken zusammenzuckten. Der Streit dauerte schon über eine Stunde, eine Einigung war nicht in Sicht.
»Wenn wir es jetzt nicht tun«, fuhr der Redner fort, ruhiger zwar, aber noch immer heftig, »werden wir es bereuen. Jetzt ist die Firma so wertvoll, dass wir einen hervorragenden Preis dafür erzielen werden. Das wird sich schon bald ändern, die Zeiten werden schwieriger, wir müssen eine Menge Geld investieren, wenn wir die Konkurrenz auf Abstand halten wollen, und umstrukturieren müssen wir das Unternehmen auch, weil es nämlich sonst in Zukunft keinen Erfolg mehr haben wird.«
Werner von Bott war ein Mann von Ende Fünfzig, klein und untersetzt, mit einem grauen Haarkranz um den breiten Schädel und einem unübersehbaren Doppelkinn. Sein beachtlicher Bauch freilich fiel dank seines hervorragenden Schneiders kaum auf.
»Und genau das schlage ich vor: dass wir unser Familienunternehmen neu organisieren. So hätte Vater es gewollt, das weißt du ganz genau.« Auch Hermann von Bott war erregt, aber er hatte sich besser unter Kontrolle als sein vier Jahre älterer Bruder. Im Gegensatz zu diesem war Hermann groß und schlank, er hatte noch seine dichten dunklen Haare, in denen sich erst jetzt die ersten Silberfäden zeigten.
»Vater hat kein Testament gemacht, weil er dachte, dass ihm dafür noch genug Zeit bliebe«, entgegnete Werner, »und ich habe oft genug mit ihm gesprochen, um zu wissen, was er auf keinen Fall gewollt hätte, nämlich, dass wir unser Vermögen riskieren. Bist du so blind, Hermann, oder stellst du dich nur so? Wir hatten ein super-erfolgreiches Jahr, wenn wir jetzt verkaufen, haben wir ausgesorgt, auch noch für unsere Kinder und Enkel. Verkaufen wir jetzt nicht, geht ein großer Teil unserer Gewinne erst einmal in die Neu-Organisation, und wir privat haben davon auf absehbare Zeit überhaupt nichts. Das musst du doch sehen!«
»Unser Urgroßvater hat die Firma nicht gegründet, damit wir sie verkaufen, sondern um eine Familientradition zu begründen«, widersprach Hermann hartnäckig. »Wir haben alle unser gutes Auskommen, es gibt überhaupt keinen Grund, warum wir jetzt unermesslich reich werden sollten, auf Kosten unserer Nachfahren. Ich jedenfalls fühle mich verpflichtet, die Firma weiterzuführen, wie es Vater ganz sicher gewollt hätte.«
Albert von Bott, Werners Sohn, ein gut aussehender junger Mann von achtundzwanzig Jahren, der mit seinen hellblonden widerspenstigen Haaren und den unschuldig dreinblickenden blauen Augen jünger wirkte als er war, kam seinem Vater zu Hilfe. »Niemand von uns weiß genau, was Opa gewollt hat«, stellte er fest. »Er war Unternehmer mit Leib und Seele, und er hing an unserer Firma, da hast du natürlich Recht, Onkel Hermann. Aber wenn er gesehen hätte, dass ein Verkauf wirtschaftlich das Vernünftigste ist, hätte er dafür gestimmt, da bin ich ganz Papas Ansicht.«
Hermann von Bott warf seinem Sohn Alexander, der bis jetzt noch keinen Ton gesagt hatte, einen beinahe verzweifelten Blick zu, bevor er erwiderte: »Versucht doch bitte nicht, uns für dumm zu verkaufen. Ihr habt einen sehr aufwendigen Lebensstil, für den ihr erheblich mehr Mittel braucht, als euch zur Verfügung stehen. Das ist der einzige Grund, weshalb ihr jetzt verkaufen wollt. Ihr wollt nicht mehr arbeiten, sondern lieber das süße Leben genießen.«
»Unverschämtheit!«, schnaubte Werner von Bott. »Ich muss mir so etwas von dir nicht sagen lassen, Hermann. Unser Vater hat dich immer vorgezogen und verwöhnt, während er nie anerkannt hat, wie viel Arbeit ich in die Firma gesteckt habe. Ich werde nächstes Jahr sechzig. Darf ich da nicht auch einmal daran denken, etwas kürzerzutreten?«
»Sicher darfst du das, niemand hindert dich daran. Aber das kannst du auch, ohne dass wir die Firma verkaufen.«
»Das kann ich eben nicht!« Werner verlor erneut die Fassung, wieder wurde sein Gesicht rot vor Ärger, weil sein störrischer jüngerer Bruder sich ihm immer noch widersetzte. Es war offensichtlich, dass er mit so zähen Auseinandersetzungen nicht gerechnet hatte, und dies war nicht die Erste seit dem Tod des alten Albrecht von Bott. »Verdammt noch mal, jetzt sei doch kein solcher Sturkopf, Hermann, was hast du denn davon? Du bist ein Idiot, wenn du die Zeichen der Zeit nicht erkennst.«
Es war wohl das Wort ›Idiot‹, das Alexander dazu bewog, sich endlich in die Debatte einzumischen. Er war ein Jahr älter als sein Cousin Albert, mit dem ihn im Übrigen nicht mehr als der Name verband. Unterschiedlicher konnten zwei junge Männer nicht sein als diese beiden. Für Albert zählte vor allem, dass er genug Geld hatte, um sein Leben so zu leben, wie es ihm gefiel. Er trug nur maßgefertigte Kleidung, ging gerne gut und teuer essen, bewohnte ein großzügiges Penthaus, das von einem renommierten Designer eingerichtet worden war, und wenn er auf Reisen ging, dann nur an Orte, wo er sicher sein konnte, dass er unter seinesgleichen blieb. In der Firma arbeitete er nicht mehr als unbedingt notwendig, dennoch bezog er ein üppiges Gehalt.
Alexander hingegen liebte nicht nur die Firma, sondern auch seine Arbeit dort. Ihm waren Äußerlichkeiten nicht so wichtig. Zwar kleidete auch er sich gut, aber es machte ihm nichts aus, einen Anzug in einem Geschäft von der Stange zu kaufen, statt ihn anfertigen zu lassen. Er lebte in einer Drei-Zimmer-Wohnung, die er für sich allein vollkommen ausreichend fand und wenn er sich mit Freunden traf, kochte er gern für sie, das fand er schöner, als sich mit ihnen in einem Restaurant zu treffen. Er war größer als Albert, hatte dichte braune Haare und sehr dunkle Augen in einem klassisch geschnittenen Gesicht.
Frauen fühlten sich zu beiden hingezogen, doch während Albert sich jede Freiheit gönnte, blieb Alexander mehr oder weniger allein. Er war zwei- oder dreimal verliebt gewesen, aber das hatte nie lange gehalten, und wer ihn jetzt nach einer Freundin fragte, bekam zur Antwort, das sei derzeit kein Thema für ihn.
Er war ein ruhiger, zurückhaltender Typ, nicht so temperamentvoll und schillernd wie Albert. Jetzt jedoch war er so zornig, dass man es seiner Stimme anhören konnte. »Ihr solltet euch schämen«, stieß er hervor. »Opa ist kaum unter der Erde, da streitet ihr schon über das Erbe und beschimpft euch gegenseitig. Wieso können wir nicht in Ruhe darüber reden, wie es weitergehen soll?«
»Bravo!«, rief Werner ironisch. »Dein Sohn spricht mir aus der Seele, Hermann. Nimm Vernunft an, stimm dem Verkauf zu, und aller Streit hat ein Ende.«
Alexander wurde blass vor Zorn. »Das habe ich damit nicht sagen wollen«, erklärte er scharf. »Du weißt sehr gut, Onkel Werner, dass Opa die Firma sicher nicht hätte verkaufen wollen, auch wenn du jetzt alle möglichen Argumente vorbringst, die das Gegenteil beweisen sollen. Dabei geht es dir und Albert doch