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OUTBREAK - Hinter den Linien: Endzeit-Thriller
OUTBREAK - Hinter den Linien: Endzeit-Thriller
OUTBREAK - Hinter den Linien: Endzeit-Thriller
Ebook427 pages5 hours

OUTBREAK - Hinter den Linien: Endzeit-Thriller

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About this ebook

Während die Welt von Krisenherden erschüttert wird, tritt plötzlich eine noch weitaus größere Bedrohung auf den Plan. Ein Grippevirus von nie da gewesener Aggressivität breitet sich unaufhaltsam aus und verwandelt die Opfer in mordgierige Untote.
Acht Soldaten, die es gewohnt sind, im Verborgenen zu operieren, geraten auf diese Weise plötzlich in eine Falle. Eine Gefahr, mit der keiner gerechnet hat und auf die man sich nicht vorbereiten konnte. Doch offiziell hat niemand Kenntnis von ihnen – und sie gelten als entbehrlich. Völlig auf sich allein gestellt, müssen Stan und seine Männer nun ums nackte Überleben kämpfen. In einer Welt, wo der Tod erst der Anfang von etwas noch Schrecklicherem ist …
LanguageDeutsch
Release dateJul 7, 2020
ISBN9783958352094
OUTBREAK - Hinter den Linien: Endzeit-Thriller

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    Book preview

    OUTBREAK - Hinter den Linien - Luke Duffy

    27

    Kapitel 1


    Es regnete weiterhin kräftig und schüttete geradezu wie aus Eimern. Es durchweichte den ohnehin schon matschigen Boden und die düsteren, nass glänzenden Gestalten, die im zähen Schlamm vor sich hinstapften. Der Wolkenbruch schien bereits ewig anzudauern, ein unermüdlicher Wasserfall, der in dicken Tropfen vom Himmel fiel, die wie rhythmische Trommelschläge auf jede Oberfläche prasselten.

    Die zwei Soldaten standen an der hohen Mauer und blickten hinaus ins finstere Ödland, wobei ihre Kleidung wegen der Windböen, die sie aus allen Richtungen umwehten, durchweicht war und ihre Körper klitschnass wurden. Außerdem mussten sie die ganze Zeit die Augen zusammenkneifen.

    Nachdem der Größere der beiden seine Kapuze abgestreift hatte – er hörte das Material in seinen Händen knistern und bekam sofort unangenehm zu spüren, wie kalte Luft und Regenwasser über seine nackte Haut hereinbrachen – legte er den Kopf in den Nacken und blinzelte hinauf in den Nachthimmel, während die Tropfen in Rinnsalen über sein Gesicht und am Hals hinunterliefen. Er beobachtete, wie die dichten Wolken über ihm vorbeizogen und sich in ihren zahllosen Grautönen bauschten.

    »Dieses Land kann man doch nur lieben«, sagte er laut, um über das durchdringende Platschen des Regengusses hinweg von seinem Nebenmann gehört zu werden. Er streckte die Zunge raus und fand Gefallen daran, sich das eiskalte Wasser in den Rachen rieseln zu lassen. »Selbst im Sommer ist es hier so feucht wie das Höschen eines Groupies von Tom Jones.«

    »Gibt der heutzutage überhaupt noch viele Konzerte?«

    »Hab neulich gesehen, wie jemand eine seiner alten CDs benutzt hat, um Schimmel von der Rückseite des Herds in der Küche zu kratzen … zählt das auch?«

    »Muss wohl.«

    »Ist aber auch egal«, erwiderte er, zog seine Kapuze wieder hoch und schaute weiter in die rabenschwarze Dunkelheit. »Siehst du irgendetwas dort draußen?«

    »Nichts, aber ich kann sie immer noch riechen«, meinte der kleinere Mann seufzend.

    Weiter rechts zuckten plötzlich rasch hintereinander Blitze von einem der schweren Maschinengeschütze auf, die entlang der Mauer positioniert waren, sodass man einstweilen sein langes Rohr und die Männer sehen konnte, die dahinter saßen. Eine Sekunde später erreichte das ferne, tiefe Knattern der abgefeuerten Munition die Ohren der beiden. Sie beobachteten, wie die hellroten Leuchtspurgeschosse unter dem Dachvorsprung lossausten und anmutig durch die Luft schnellten, weit hinaus in die finstere Landschaft. Sie legten im weiten Bogen mehrere Hundert Meter zurück, bis sie schließlich die anvisierte Stelle erreichten.

    Fernab, weiter weg, als man mit bloßem Auge erkennen konnte, trafen sie ihre Ziele, rissen sie in Stücke und flogen dann einfach weiter. Einige der Projektile trafen auch auf feste Hindernisse wie Stein, Stahl oder Knochen, sodass sie senkrecht nach oben abprallten und in die Höhe stoben wie dunkelrot glühende Feuerwerkskörper, allerdings weit in der Ferne.

    Dann verstummte das Geschütz wieder, und es dauerte nicht lange, bis sich das monotone Plätschern des Regens wieder einstellte, um die Stille der Nacht zu verdrängen.

    »Das müssen Millionen sein da draußen«, grunzte der größere Mann und nickte nachdenklich, wobei seine Augen weiter auf die undurchdringliche Schwärze vor der Mauer fixiert waren.

    »Als der Scheiß anfing, lebten schließlich sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten; jetzt gibt es nicht mehr viele Orte, an denen welche leben, also ja, ich schätze mal, dass da schon eine ganze Menge vor unserer Haustür lauert.«

    Die Mauer war bereits sehr früh errichtet worden, in jenen Tagen als Anarchie herrschte, und zwar mit den gleichen Baumethoden, welche die US-Armee seinerzeit in den Kriegen im Mittleren Osten angewandt hatte: Absperrelemente aus Massenanfertigungen, dicke Blöcke aus hochwertigem, verstärkten Beton, zusammengefügt wie übergroße Spielzeugbausteine, um einen unüberwindbaren Schutzwall zu schaffen, der eine Fläche von einem Quadratkilometer rings um das Lager herum eingrenzte.

    Ein zweiter, deutlich höherer Wall war danach innerhalb der Umfriedung entstanden, mit Türmen und Verteidigungspositionen in regelmäßigen Abständen sowie einem breiten Tor aus schweren Stahlplatten, das man in die gedrungenen, sechs Meter hohen Säulen gesetzt hatte.

    Dahinter entspann sich nach einem strikt festgelegten Lageplan ein Geflecht aus vorgefertigten Containern, die als Labors, Einsatzzentralen, Büros, Kantinen und Wohnunterkünfte fungierten. Schon während der Frühphase des Chaos, als die Städte überrannt und Kampftruppen ausradiert worden waren, hatte man so weit geplant, dass man Freizeitanlagen und sogar eine Turnhalle hochgezogen hatte. Dies entsprach einfach einem Muster, das direkt auf eine der vielen vorgeschobenen Operationsbasen der Alliierten im Irak und in Afghanistan zurückging.

    Ursprünglich war das Lager auch als solches gedacht gewesen. Von dem aus Soldaten und Wissenschaftler ihren Krieg gegen die Armee der Verwesenden fortsetzen sollten. Als sie allerdings begriffen hatten, dass der Krieg verloren war, hatten die Forscher den Stützpunkt verlassen, doch viele der Kämpfer waren trotzdem dortgeblieben, um ihre Familien innerhalb der Anlage zu beschützen. Im Laufe der ersten Jahre war ein stetiger Strom von Flüchtlingen in diese Oase des Lebens gekommen, die sich inmitten einer Wüstenei des Todes befand, und anschließend Teil einer wachsenden Gemeinschaft geworden.

    Das unwirtliche Ödland vor der äußeren Mauer war Hunderte von Metern weit mit Barrieren aus Stacheldraht und tiefen Gräben gespickt, übersät von Tretminen und in niedriger Höhe aufgespannten Stolperdrähten, in welchen sich unweigerlich alles verhedderte, was in den abgegrenzten Bereich rings um die Festung wankte.

    Die Maschinengewehr- und Scharfschützen, Letztere auf den Türmen, kannten das Terrain und wussten ganz genau, wie weit entfernt jede Senke und jede Erhebung darauf war. Sie saßen da und beobachteten, hielten immerzu Wache über ihr ureigenes »Niemandsland«, zählten ihre nächtlichen Tötungen zusammen und belohnten dann denjenigen mit ihrem ätzenden, selbst gebrannten Wodka, der am Ende jedes Tages die meisten bestätigten Treffer verzeichnen konnte.

    Ein weites Gebiet in der Umgebung des Bollwerks lag brach, eine desolate Wildnis des Todes und der Zerstörung. Ausgebrannte, demolierte Fahrzeuge, Mannschaftswagen und sogar Panzer standen still da und rosteten vor sich hin, die Insassen nach wie vor eingeschlossen in ihren ewigen Gräbern.

    Zahllose Leichen, tot und untot mit zerquetschten, verdrehten Gliedern, lagen verstrickt im Stacheldraht oder gefangen am Boden der tiefen Gräben, verdammt zum ewigen Ausharren, während die Gebeine Tausender Gefallener – die zerfledderte Kleidung hielt sich noch beharrlich an den Körpern – langsam zu Staub zerfielen, da unzählige Jahreszeiten vergangen waren. Der Ort war ein Friedhof voller Skelette, von Menschen und Maschinen, alle vereint in einem dichten Wust aus aufgewühltem Schlamm und Verfall.

    Während all der Jahre hatte es viele Angriffe auf die Basis gegeben, alle waren vereitelt worden, doch einige wenige Male waren die tapferen Verteidiger sicher gewesen, dass ihre letzte Stunde geschlagen hätte.

    Plünderer, abtrünnige Armee-Einheiten und bewaffnete Zivilisten, die von den Männern und Frauen im Inneren in Besitz nehmen wollten, was nicht ihnen gehörte, waren so häufig gegen die Mauer gestürmt, dass man gar nicht mehr mitzählen konnte, aber sie waren stets auf erbitterten Widerstand gestoßen – ein Ausdruck der Verzweiflung der Menschen, die den Wall okkupierten und an dem festhielten, was sie noch hatten.

    Das Kostbarste davon waren allerdings ihre Leben und jene ihrer Angehörigen in der Festung. Sie alle hatten verloren und gelitten, zeigten sich aber entschlossen, die Reste ihrer Existenz nicht einfach kampflos aufzugeben.

    Starben sie schließlich doch, mussten ihre Gegner wenigstens einen hohen Preis dafür zahlen.

    Blieben noch die anderen, die Toten. Egal wie viele von ihnen unschädlich gemacht wurden, sie wichen niemals zurück. Ihr kontinuierlicher Sturm auf die Mauern trieb die Überlebenden dahinter an den Rand einer Niederlage. Jahrelang eingesperrt hielten sie Wache und stellten sich zum Kampf, während die wandelnden Leichen ringsherum scharten und über ihre Gefallenen trampelten, um sich selbst gegen die Wehr des Lagers zu werfen. Diese jedoch hielt, und wenn ein Feuer ausbrach, verbrannten die vielen Tausend reanimierten Toten schließlich zu Asche. Sicher, die Flammen waren auch den Überlebenden beinahe zum Verhängnis geworden, doch dieses Risiko mussten sie notgedrungen in Kauf nehmen, denn ansonsten liefen sie Gefahr, überwältigt zu werden.

    Einzig die sengende Hitze, die schon unglaublich viele der Toten verzehrt hatte, schaffte es, sie zurückzudrängen. Nachdem ihre stumpfsinnigen Feldzüge abgewehrt worden waren, hatten sie sich in sicherer Entfernung vor dem Stacheldraht gesammelt. Mittlerweile blieben sie an den Außenrändern der Verteidigungszone stehen und umkreisten die winzige Insel der Menschlichkeit; spähten und verharrten dort, als habe ihnen die Vielzahl gescheiterter Angriffe mit der Zeit vor Augen gehalten, dass auch sie sterblich waren.

    Dafür stank es ihretwegen allerdings zum Himmel. Der Geruch waberte wie ein schleichender Nebel zu den Lebenden hinüber, kroch langsam über den Boden und durchsetzte alles, was er erfasste. Die Töne aus ihren Kehlen, ein tiefes, unaufhörliches Brummen und dazu im Einklang ein Stöhnen und Heulen, breitete sich über dem Land aus wie eine pulsierende Decke und erschütterte die Aushaltenden bis ins Mark.

    Sie waren immerzu da, zusammengedrängt zu einem dichten Brodem des Verfalls. Ihre gefräßigen, leblosen Augen starrten immerzu sehnsüchtig auf die hohen, nicht zu bewältigenden Mauern, die das Leben dahinter schützten.

    Seit die Toten ihre geistlosen Attacken bleiben ließen, spekulierten die Menschen im Lager, dass die Milliarden von Leichen, die nun auf der Erde umgingen, möglicherweise im Begriff waren, ein Eigenbewusstsein zu entwickeln. Viele erschauderten wegen der Vorstellung und wollten nicht glauben, dass ihre Gegner lernen und sich erinnern konnten.

    »Also, wir kommen wohl besser mal in die Gänge.«

    Nachdem die beiden Soldaten die Treppe hinuntergestiegen waren, schmatzten ihre Stiefel im saugenden Schlamm, als sie den Platz vor dem breiten Stahltor betraten. Zu zweit begannen sie, sich für das Bevorstehende zu wappnen: Sie zogen ihre dicken, wasserdichten Mäntel aus Nylon aus, die bereits löcherig und rissig waren und sich nicht einmal mehr bei einem leichten Schauer bewähren konnten, rollten sie fest zusammen und stopften sie anschließend in ihre kleinen Rucksäcke, die auch Wegzehrung und Wasser enthielten.

    Nun waren sie für den Kampf gerüstet; bereit zum Losziehen, nun da sie nichts, was kein notwendiges Rüstzeug war, in ihren Taschen verstaut hatten. Ihre Waffen waren mit Schalldämpfern ausgestattet und zum Schutz gegen die Elemente eingefettet, während ihre Munition leicht zugänglich in Fächern ihrer kugelsicheren Westen steckte. Am Körper trugen sie Kleidung aus Wildleder und Jeansstoff in mehreren dicken Lagen übereinander, darüber Bein- und Armschienen aus geformtem Hartleder-Platten aus Keramik, um ihre Glieder zu schützen.

    Sie überprüften sich sorgfältig gegenseitig, um sicherzugehen, dass ihre Gurte auch festgezurrt waren und nichts verrutschen konnte, wobei sie auch auf alles achteten, was vielleicht hervorstach und ergriffen werden konnte oder dazu führen könnte, dass sie irgendwo hängen blieben.

    »Seid ihr zwei Herzchen endlich fertig mit Beschnuppern?«

    Als sie sich umdrehten, kam zwischen dem Wall und den Gebäuden der Überlebenden hastig eine Frau auf sie zu. Sie hatten ihre Stimme bereits erkannt, doch ihre dunklen Umrisse und die stolzierende Gangart mit den großen Schritten waren ebenso unverkennbar.

    »Mist«, fluchte der eine leise. »Hier kommt der Führer

    Sie blieb vor ihnen stehen, als ob ihr das kalte Wasser, das durch ihr Haar und über ihr blasses Gesicht strömte, überhaupt nichts ausmachte. Für eine Frau war sie recht groß, hatte schroffe, markante Züge und hellblaue Augen. Selbst jetzt, nach all dem Leid und Schrecken, der ihnen widerfahren war, funkelten sie wie durch ein Licht, das tief in ihrem Inneren zu leuchten schien. Optisch hatte sie einmal etwas hergemacht, und sogar heute noch, nachdem endlose Strapazen hinter ihr lagen – ganz zu schweigen von den vielen weiteren, die sich zweifellos noch anschließen würden –, strahlte sie eine natürliche Schönheit aus. Darum musste sie sich nicht bemühen, denn dies hing genauso mit ihrer Haltung zusammen wie mit ihrem äußeren Erscheinungsbild.

    »Du kommst also, um dich von uns zu verabschieden, Captain?« Der größere Mann grinste sie an, während er sich am Kinnschutz seines Helms zu schaffen machte. »Du verdrückst unseretwegen doch wohl keine Tränen, oder?«

    »Schön wär's, aber träum ruhig weiter«, gab sein Kamerad zurück und nickte ihr zu. Dann steckte er sich eine Zigarette an und nahm einen kräftigen Zug. »In ihren Adern fließt schließlich kein Blut, sondern Stickstoff.«

    Sie lächelte kurz und schaute dabei zu, wie der blasse blaue Qualm der brennenden Zigarette in den Regenhimmel hinaufstieg. Dass sie das Rauchen aufgegeben hatte, war schon Jahre her, doch auch nach so langer Zeit ertappte sie sich hin und wieder dabei, Sehnsucht nach einer Kippe zu verspüren.

    Sie betrachtete die zwei Soldaten nun einen Moment lang. Gedanken an längst vergangene Tage drängten sich in ihr auf.

    Sie waren die Einzigen, die sie noch hatte – diese beiden Männer, der strahlende Riese und sein dürrer Freund mit der Hakennase.

    Über die Jahre hinweg waren die anderen von der grausamen neuen Welt verschlungen worden, und jetzt war von ihrer alten Gruppe nur noch dieses Paar übrig geblieben. Sie liebte diese Kerle; sie erachtete sie als ihre Männer und Familienmitglieder. Lange hatten sie Seite an Seite gekämpft, ihr persönliches Umfeld sterben sehen und gemeinsam um ihren Verlust getrauert.

    So hart und kaltschnäuzig sie auch wirkte: Die Männer kannten sie gut genug und stellten nie in Abrede, dass sie ihr viel bedeuteten. Sie war eine wahre Anführerin, leidensfähig und ausdauernd, egal welchen Herausforderungen sie sich auch stellen musste. Auch weil sie sich nicht davor scheute, das Unerlässliche zu tun, hatten sie ihre Fähigkeiten schon früh erkannt und sie, obwohl es ihr zuwider gewesen war, zu ihrem Oberhaupt auserkoren.

    »Passt einfach dort draußen auf euch auf, ihr zwei. Keine Heldentaten!«

    Das Paar drehte sich um und stakste langsam über den Platz. Die aufgeweichte Erde spritzte von ihren Stiefeln hoch, während sie zu der schmalen Nische im Beton gingen, die sich ein Stück weit vom Haupttor entfernt an der Mauer befand.

    Zu ihrer Rechten ließen die Köche unter dem Zelttuch ihrer Freiluftküchen die Hände rundgehen. Es war Freitag, und das bedeutete auch trotz des grässlichen Wetters, dass ein Grillabend anstand. Der Chefkoch hob einen Arm und winkte den Dreien zu, während sich Rauch und Dampf unter dem Schutzdach ausbreiteten.

    Die Soldaten erwiderten die Geste, indem sie ihre Gewehre vor den Männern und Frauen anhoben, die damit fortfuhren, ihre zeitgenössischen Wunder zu wirken, dadurch, dass sie der Moral der Gemeinde ein wenig mit schmackhaften Mahlzeiten auf die Sprünge halfen.

    »Lasst etwas von dem Fraß übrig, den ihr uns immer als Hühnchen unterjubeln wollt, ja? Selbst wenn es eine räudige Katze wäre: immer noch besser als gar nichts.«

    »Räudige Katze?«, rief ihnen der Chefkoch entgegen. »Die behalten wir uns ja wohl für hohen Besuch vor. Wo sind wir denn hier eurer Meinung nach – in einem piefigen Ritz?«

    Die beiden erreichten nun die Mauernische. Sie ragte vom Boden aus schräg in die innere Wand hinein und verfügte über eine dicke Stahltür. Der Wächter trat aus einem schattigen Winkel daneben hervor und nickte ihnen zu, als sie näherkamen.

    »Wie steht's, John?«, begrüßten sie ihn und blieben stehen, um darauf zu warten, dass er ihnen Einlass gewährte.

    »Jeden Tag der gleiche Scheiß. Bringt mir mal was Nettes mit«, entgegnete John, während er den schweren Riegel im Schließmechanismus zurückzog.

    Dieser rastete mit einem lauten Klingeln ein, das auf dem Gelände widerhallte, sodass sich unzählige Menschen umdrehten und gespannt schauten, weil sie wussten, dass man ihre Wehr öffnen würde – geringfügig zwar, doch das änderte nichts an der Tatsache.

    Als John die Tür nach außen klappte, war ihr metallisches Knarren nicht zu überhören, denn die Scharniere widersetzten sich dem Rost, der ihre Bewegung erschwerte. Drinnen war es so dunkel, dass man schon hinter der Schwelle nichts mehr sehen konnte. Ein Schwall abgestandener Luft wehte aus dem lichtlosen Gang in ihre Gesichter, als sie hineinschauten.

    Die zwei Männer betrachteten einander – die Waffen fest im Griff – und spürten dabei, wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten.

    »Was ist?«, fragte John abschätzig grinsend. »Seid ihr etwa nervös?«

    Der Größere, dessen Schultern aufgrund seines Gepäcks und Körperschutzes doppelt so breit wie üblich wirkten, machte nun einen Schritt vorwärts. Er starrte den Wächter, der sich schon auf dem Weg zurück in den behaglichen Schatten seines Postens befand, düster und kaltherzig an. John wünschte sich, er hätte den Mund gehalten.

    »Es ist jetzt über zehn Jahre her«, hob der Soldat mit einem bedrohlichen tiefen Grollen an. »Ich war schön öfter draußen, als ich zählen kann. Alle meine Freunde sind tot, nur ich lebe noch. Ich habe Tausende umgebracht und mir dabei nie einen Kratzer eingehandelt; bin ich nervös?«

    Fragend zog er eine Augenbraue hoch, während sich der Wächter geduckt hielt, und grinste dann unverhofft, wobei seine weißen Zähne im Dunkeln strahlten.

    »Selbstverständlich bin ich verdammt noch mal nervös. Ich mache mir sogar fast in die Hose, John!«

    Er streckte eine Hand aus und klopfte ihm so fest auf die Schulter, dass der Mann beinahe vornüber in den Schlamm zu seinen Füßen gefallen wäre.

    »Psst«, zischte der dürre Soldat. »Der Regen hat aufgehört.«

    Sie hielten inne und schauten zum Himmel hinauf. Die Wolken waren zwar immer noch grau, aber nicht mehr so dicht und brachen nun allmählich auf. Hoch oben über der Atmosphäre funkelte das Sternenzelt vor der Schwärze des Weltalls.

    Mit einem Mal stellten sie fest, dass sie ihre Stimmen gar nicht mehr erheben mussten, um sich gegen die hämmernden Tropfen verständlich machen zu können, die alle anderen Geräusche ausgeblendet hatten. Die Nacht war ruhig und beschaulich. Aber dann brach aus der Ferne das leise, fahrig machende Murmeln aus.

    »Das hört nie auf, oder?«, wisperte John, während er hinauf zu dem Rand der Mauer schaute, die ihnen Schutz bot und die Flut des Todes zurückhielt.

    Abertausende kummervolle Stimmen vereinten sich in ihrem Wehgeschrei. Der Chor der Toten, die am äußeren Rand des Geländes versammelt waren, dröhnte zu ihnen hinüber und gegen den Wall. Dieser Gleichklang stellte die eine Konstante dar, auf welche sich die Überlebenden verlassen konnten, aber sich daran zu gewöhnen? Niemals. Es verfolgte sie, zerrte an ihren Nerven und schürte immerzu ihre Ängste.

    Sie wussten, die Toten würden niemals von ihnen ablassen.

    Nachdem die beiden Männer den Tunnel betreten hatten, gingen sie nebeneinander her. Ein leichtes Gefälle führte sie zusehends tiefer unter die Erde. Diesen Gang auszuheben hatte neun Jahre gedauert und mehr als fünfzig Männern und Frauen das Leben gekostet. Nun da ihre Festung von der Masse schwärender Leiber umgeben war, markierte er ihren einzigen Verkehrsweg.

    Der eine Hubschrauber, den sie besessen hatten, war vor sieben Jahren hinfällig geworden, ohne dass die Mechaniker, obwohl sie ihr Handwerk beherrschten und sich wirklich ins Zeug gelegt hatten, in der Lage gewesen wären, ihn zu reparieren. Jetzt stand er rostend da und ließ die Monate an sich vorbeiziehen, während er sich langsam in ein weiteres Relikt der Menschheit, eine überkommene Errungenschaft der Zivilisation verwandelte.

    Auch die drei Panzer vom Typ Challenger-II die eine wesentliche Rolle für ihr Überleben gespielt hatten, waren dem Zahn der Zeit und den Gefahren der neuen Welt anheimgefallen. Einer stand nun vierhundert Meter vor der Mauer, nachdem ihm sechs Jahre zuvor eine Kette abgesprungen war.

    Die Toten hatten ihn rasch umzingelt, sodass die Insassen eingeschlossen und außerstande gewesen waren, zu fliehen. Länger als zwei Wochen hatten die Menschen in der Festung den Funkkontakt zur Besatzung des Panzers aufrechterhalten und ihr Möglichstes getan, um eine Rettung zu lancieren. Letztendlich war ihr Versuch aber gescheitert, die gefangenen Männer zu bergen, die bald darauf nichts mehr zu essen und trinken hatten, weshalb sie Selbstmord begangen hatten – und bis heute dortgeblieben waren.

    Der rostende Panzer war auf ewig ihr Grab geworden.

    Die zwei übrigen Fahrzeuge hatten die zahlreichen Konfrontationen mit lebenden Angreifern nicht überstanden, also konnten Sammler nur noch den Tunnel benutzen, um das Lager zu verlassen und es später wieder zu betreten.

    Zum Glück hatte kein verfeindeter Zusammenschluss von Menschen überlebt, um sich ihnen weiterhin entgegenzustellen.

    Die beiden setzten ihren Weg durch den düsteren Gang, den nur ein paar Glühbirnen erhellten fort, weil man woanders kaum auf sie verzichten konnte. Ratten quiekten und huschten an den Wänden entlang. Man hörte ihre Krallen am Lehmboden scharren sowie Wasser, das von oben durch die Erde sickerte und von den dicken Stützbalken des Tunnels rann, und dann auf den Boden tropfte, sodass es in der engen Umgebung widerhallte.

    Der Schacht war breit genug für eine Person, die darin aufrecht stehen und die Arme nach den Seiten ausstrecken konnte, und sehr lang – 2,9 Kilometer, um genau zu sein. Alle fünfhundert Meter versperrte eine Tür aus dicken Stahlgittern den Weg, die jeweils entriegelt, dann von der Wand zurückgeschoben und wieder geschlossen werden musste. An zwei Stellen hatte man den Tunnel mit Sprengstoff bestückt, der sich sofort zünden ließ, falls die Toten den Geheimgang entdecken sollten.

    Nachdem sie eine Weile unterwegs waren, stellten die Männer plötzlich fest – es war ihnen bisher gar nicht aufgefallen –, dass sie während ihres Abstiegs durch das schummerige Licht an die Decke des Tunnels starrten. Keiner der beiden musste auch nur ein Wort sagen, denn sie wussten genau, was der jeweils andere dachte.

    Nicht weit über uns steht eine ganze Armee mit verfaulten Füßen.

    Der Gang endete an einer letzten Tür. Bei ihr handelte es sich um eine Luke, die man aus einem Kriegsschiff entnommen hatte. Sie bestand aus vier Zentimeter dickem Stahl und ließ sich noch nicht einmal mit Gewalt öffnen, weshalb sie die abschließende Barriere war, welche die Menschen von der Gefahr draußen trennte.

    Den Bau des Tunnels konnte man einen Geniestreich nennen, für den sich ein Ingenieur namens Michael verantwortlich zeichnete. Er hatte Monate, nein, Jahre damit verbracht, die Arbeit unter hohem Risiko für sich und sein Team zu beaufsichtigen und dabei leider auch viele Helfer verloren. Mit umfassender Sachkenntnis und Geduld hatte er über jeder Karte, jeder Luftaufnahme und jedem Stadtplan gebrütet, um sie zu verinnerlichen – alles, was ihnen bei ihrer bevorstehenden Aufgabe hätte helfen können. Unter diesen Umständen war es ein technisches Kunststück gewesen, dem die Überlebenden eine höhere Bedeutung zumaßen als jedem architektonischen Meisterwerk aus der alten Welt.

    Michael hatte den Tunnel so angelegt, dass er hinter dem Fundament eines Wasserhebewerks aus der viktorianischen Zeit endete. Das Gebäude war noch bis zu den Tagen in Gebrauch gewesen, als die Menschheit dem Sturm der Toten nachgegeben hatte; jetzt trugen das starke Gemäuer und die schwere Tür dazu bei, dass der Geheimgang verborgen und unversehrt blieb.

    Die Arbeit war mit vollkommener Genauigkeit abgeschlossen worden, der Tunnel exakt dort hervorgetreten, wo Michael es beabsichtigt hatte.

    Leider war er selbst ein Jahr zuvor an Krebs gestorben. Die Krankheit hatte bis in seine Knochen gestreut, und niemand hatte etwas zu seiner Hilfe unternehmen können. Am Ende hatte er eine Überdosis Morphium genommen, um seine Qualen zu lindern.

    Die beiden Soldaten blieben vor der Luke stehen und lasen leise eine Inschrift, die man in die Wand geritzt hatte.

    Für Michael,

    den Mann, der mit Schaufel und Hacke für unseren Fortbestand kämpfte, seine persönliche Schlacht jedoch nicht gewinnen konnte.

    Im ewigen Gedächtnis.

    Ruhe sanft.

    Am Boden darunter lag ein Strauß welker Blumen neben einer Kerze, die vollkommen abgebrannt war, sodass nur noch eine erstarrte Wachspfütze zurückgeblieben war.

    Die Zwei traten von der Tür zurück, hoben ihre Gewehre und spannten die Hähne ein wenig, aber nur so weit, dass sie die Messinghülse in der Lücke glänzen sehen konnten. Im Wissen darum, dass ihre Waffen schussbereit waren, entspannten sie die Mechanik wieder und prüften ihre Ausrüstung ein letztes Mal, die Gewehre und ihre Reservemunition ebenfalls.

    Der Größere zielte dann auf die Tür, während sich der Schmächtige langsam anschickte, die versenkte Verschlussvorrichtung aus der festen Steinwand zu ziehen. Das Schloss ließ sich nur schwer bewegen, weshalb er sich sehr anstrengen musste und sein Gesicht verzog, weil er befürchtete, es mit zu viel Kraft zu lösen und an sich zu reißen, was einen ohrenbetäubenden Lärm verursacht und alle an der Oberfläche hellhörig gemacht hätte.

    Nachdem er es mit großer Mühe geschafft hatte, war die Tür endlich entsichert.

    Der große Soldat hörte sein Herz klopfen, während er sich das Gewehr fest gegen die Schulter stemmte und spürte, wie ihm der Schweiß von der Stirn ins Gesicht lief. Er nickte seinem Freund kurz zu, der die sperrige Luke daraufhin zurückzog.

    Sie ging leise quietschend auf, und beide Männer machten sich darauf gefasst, dem entgegenzutreten, was in welcher Form auch immer dahinter auf sie warten mochte. Sie traten wieder zurück und übten leichten Druck auf die Abzüge ihrer Sturmgewehre aus.

    Ihr Empfang belief sich allerdings auf nichts weiter als Schwärze, also seufzten beide erleichtert auf.

    »Warum hat der alte Mike bloß keinen Spion in diese blöde Tür eingebaut?«, flüsterte der dürre Soldat durch das dämmrige Licht.

    Sie traten nun durch die Luke und zogen sie sorgfältig hinter sich zu. Dann standen sie eingeschlossen in einem kleinen Raum, durch den eine Reihe dicker Rohre mit Ventilen liefen. Vor ihnen am Boden lag ein schwerer Eisenrost: der Einstieg in den Abwasserkanal. In der Enge hallte das Plätschern der Tropfen wider und vereinte sich mit dem Quieken der Ratten, die durch die labyrinthische Kloake unter ihnen wuselten.

    Wegen der dürftigen Lichtverhältnisse sah man die Metalltreppe nach oben kaum, doch die Zwei waren schon so häufig hier gewesen, dass sie genau wussten, wo sie aufragte und wie behutsam sie auf die wackligen Stufen treten mussten.

    Langsam und leise begannen sie ihren Aufstieg in die tote Welt an der Oberfläche.

    Kapitel 2


    Sierra Leone, Westafrika, zwölf Jahre früher

    Ratterndes Maschinengewehrfeuer pflanzte sich weiter durch das üppig grüne Tal fort, getragen vom Wind und zurückgeworfen von den niedrigen Hügeln zu beiden Seiten des Flusses.

    Der Angriff war vorüber.

    Die erschütternd lauten Explosionen durchschlagender Sprengstoffe, das abwechselnd helle und dumpfe Knallen der Schüsse, wenn sie losbrachen oder ihr Ziel trafen, sowie die anhaltenden, qualvollen Schreie der Sterbenden wurden von Siegesjubel und vor Freude in die Luft abgegebener Salven aus Kalaschnikow-MGs abgelöst.

    Männer riefen einander mit aufgeregten Stimmen etwas zu und bellten Befehle, während die Rebellen das verwüstete Dorf durchstreiften und die verbliebenen Hütten auf den Kopf stellten, die noch nicht eingestürzt, sondern den Verheerungen des kurzen, aber brutalen Gefechts entgangen waren.

    Die selbstbewussten Rebellen, ein bunter Haufen in nicht zueinanderpassenden Militäruniformen und Zivilkleidung, stolzierten überheblich durch die Verwüstung und suchten die Trümmer nach allem ab, was sich noch verwenden oder verkaufen ließ.

    Den Grund dafür, warum sie überhaupt kämpften, bedachten sie dabei niemals, und ihre Grausamkeit fand kein Ende. Ihre Befehlshaber setzten sie gemeinhin auf eine Offensive an, und sie gehorchten, ohne je etwas zu hinterfragen. Warum es geschah, war für sie bedeutungslos, ganz im Gegensatz zu ihrer Gier nach Blut und Beute.

    Bei den Rebellen handelte es sich nicht um Soldaten; sie besaßen keinerlei militärische Fertigkeiten oder Kenntnisse, und viele von ihnen waren schon als Kinder aus Dörfern oder Städten entführt worden, genötigt zu kämpfen und um Gräueltaten zu verüben. Ihre Kommandanten, die Warlords, hielten sie mit Drogen und dem Versprechen bei der Stange, sie zu belohnen – eine Hirnwäsche, die sie verwildert und im Angesicht des Leides, das sie verursachten, gleichgültig gemacht hatte. Ihnen ging es um nichts anderes als ums Plündern, Vergewaltigen und Morden.

    Jetzt waren sie berauscht vor Begeisterung über ihren Erfolg, hielten sich für tapfere, hehre Krieger im Kampf für eine Sache, die es rechtfertigte, jeden abzuschlachten, den sie als Gegner ansahen.

    Während ihres Beutezugs stimmten sie Sprechchöre und Gesänge an, feuerten weiter mit ihren Gewehren in die Luft und beanspruchten einen ruhmreichen Sieg gegen ihren Feind für sich. Auch hinterher, wenn die Wirkung des Cocktails aus Drogen und Adrenalin in ihrem Blut schließlich nachließ, wenn die Angst, die durch ihre Körper geströmt war, dem Stolz wich, erkannten sie ihn nicht – empfanden ihn nicht, den Schmerz und Kummer, den sie in dem einst so friedlichen Dorf verbreitet hatten.

    Sie suchten die Erde mit gelbstichigen, glänzenden Augen nach ihrer Belohnung ab, ohne auf die verstümmelten Leichen zu achten, die ringsherum lagen: Männer, Frauen und Kinder in ihrem noch warmen Blut, niedergemetzelt wie Nutzvieh.

    Als ihr Befehlshaber im Lastwagen hupte, galt ihnen dies als Zeichen zum Aufbruch. Frohen Mutes kehrten die Rebellen zu ihren Fahrzeugen zurück, wobei sie ihre Beute und zwei gefesselte Weiße hinter sich herschleiften. Sie traten die Gefangenen und schrien sie an, noch während sie diese auf die Ladefläche des Lasters wuchteten, teilten Schläge mit ihren Fäusten oder Gewehrkolben aus, bis die Männer zusammenbrachen, blutüberströmte Häufchen Elend aus angeschwollenem Fleisch.

    Die Motoren heulten auf, und die großen Reifen wirbelten Staubwolken auf, einen Schleier vor ihrer Abfahrt aus der Gegend, woraufhin ihre feierlichen Schüsse stetig leiser wurden. Zurück blieb nur noch ein Bild der Vernichtung.

    Die Rebellen verließen das Dorf mit ihrem Raubgut.

    Ätzender schwarzer Qualm stieg im heißen Wind empor, der zwischen den Ruinen der Hütten und der kleinen Gehöfte wehte, verdeckte den blutgetränkten Boden, die Zerstörung und den Schrecken, der sich nur wenige Augenblicke zuvor hier abgespielt hatte. Die verklingenden Schüsse begleiteten das Prasseln der Flammen, während sich die Feuersbrunst weiter ausbreitete und alles verschlang, worauf sie traf.

    Lautes Sirren erklang, als Tausende aasfressende Insekten begierig über der zerrütteten Siedlung hinabstiegen, um sich an den Leichen der Dorfbewohner gütlich zu tun.

    Kein Gebäude blieb von der Auseinandersetzung unbescholten. Behausungen wie Gemeindestätten lagen in Trümmern, ihre Dächer waren eingestürzt, und die leckenden Flammen verzehrten in einem fort alles, was sie erfassten. Einige Wände aus Lehmziegeln, die stehen geblieben waren, glühten und zerfielen langsam aufgrund der starken Hitze.

    Ein zurückgelassenes Fahrzeug – eines der vielen, mit denen die blutrünstigen Rebellen in dem ahnungslosen Ort eingefallen waren, stand schwelend am Rand. Seine Stahlkarosserie war verbogen und von Kugeln durchlöchert worden, ein Opfer des erbitterten Feuergefechts, das die Kämpfenden abgehalten hatten.

    Immer noch am Lenkrad saß die bis auf die Knochen verkohlte Leiche einer der Aggressoren. Seine Finger klammerten sich noch immer ans Steuer, während sein schwarzer grinsender Schädel mit leeren Augenhöhlen auf die erbärmlichen Reste des Dorfes starrte.

    Unzählige Körper lagen verstreut herum, teilweise aber auch dicht nebeneinander auf dem Gelände. Familien, die gemeinsam gestorben waren, als reglose Haufen am Boden, noch so aneinandergeklammert, wie sie es kurz vor ihrem Tod getan hatten. Andere waren allein gefallen, ohne sich in den letzten Momenten ihres Lebens an jemandem festhalten zu können, niedergemetzelt und massakriert von jenen erbarmungslosen Monstern, die beim Hinrichten eines jeden, der ihnen in die Hände gefallen war, gelacht

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