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Zaunkönige
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Zaunkönige

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About this ebook

Kaum etwas hat in den letzten Jahren die Gemüter in Siebengebirge so sehr erhitzt wie die Ereignisse, die mit dem Herabstürzen eines Steines vom Siegfriedfelsen am 04.01.2011 ihren Anfang nahmen. 2013 werden Wege gesperrt, Betretungsverbote der Weinberge kurz vor der Weinlese vernichten um ein Haar die Existenz der Winzer unterm Drachenfels. Gigantische Zäune werden errichtet, Hubschrauber erheben sich in die Luft. Böse Worte, Streit und Mißverständnisse, Medienrummel, Zuständigkeitgerangel und Verantwortungsgeschiebe. Nicht zuletzt auch für den VVS wurde, was woanders kaum ein Schulterzucken wert war, zur echten Herausforderung. Die Bürger des Siebengebirges, die sich unter dem Siegfriedfelsen wider den Drachen der Bürokratie erheben und in sozialem Ungehorsam die Weinernte für ihre Winzer einbringen, sind ebenso Meilensteine dieser bewegenden Geschichte wie der Weg zu einer für alle gangbaren Lösung. Menschliche Schicksale vor dem Hintergrund entmenschter Bürokratie in einer uralten Kulturlandschaft, wie sie sprechender nicht sein könnte. Eine Geschichte, die - exemplarisch und bewegend - ebenso Hoffnung gibt, wie sie die Idiotie des Drachen Bürokratie entlarvt. Eine Politsatire, spitzzüngig, wohl auch bissig, aber vor allem ein Mahnmal für Menschlichkeit und Zivilcourage für den Erhalt unserer Kulturlandschaft. Und Norman Liebolds Geschenk an die Stadt Königswinter zu ihrem leider allzusehr vernachlässigten 1000. Geburtstag.
LanguageDeutsch
Release dateNov 27, 2015
ISBN9783937330754
Zaunkönige
Author

Norman Liebold

Norman Liebold, 1976 in Eilenburg (Sachsen) als Sohn eines Majors geboren, kam kurz vor der Wende ins Rheinland. Er studierte Literatur, Philosophie und Sprachwissenschaften in Bonn und veröffentlicht seine Erzählungen und Romane seit der Schulzeit. In zwei politischen Ideologien aufgewachsen, ist sein Blick geschärft für Systemlügen. Mit geschliffenem Wort, spitzer Zunge und viel Humor demontiert er ihre Masken. Ob Kriminalroman, sozialkritische Novelle oder Fantastik – der Mensch steht bei ihm stets im Mittelpunkt. Der Autor lebt und arbeitet im Siebengebirge mit Lebensgefährtin und Katze, schreibt seine Bücher ganz altmodisch mit Füllfeder und liest sie deutschlandweit mit viel Gefühl vor. Neben dem Schreiben zeichnet er und spielt Flöten, Klarinette und Saxophon.

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    Zaunkönige - Norman Liebold

    Norman Liebold

    Danksagung

    Herrn Breuer und dem VVS, der mir über Wochen Zugang

    zum umfangreichen und ausgesprochen wohlsortierten Archiv des VVS gewährte: „Ziehen Sie die Tür hinter sich zu, wenn Sie gehen."

    Familie Pieper, die neben den Schätzen aus dem Weinkeller auch allerelei Geschichten zu Tage zu fördern wusste.

    Dr. Peter Kummerhoff und Herrn Langhammer – ohne das Seelenaufpäppeln und die handfeste Rückenstärkung wäre kaum daran zu denken gewesen, den Zaunkrieg im Wasserglas einer Novelle zu bändigen.

    Und, ganz besonders, meiner besseren Hälfte Anke – nicht nur für die Geduld und die Kraft, den Zweifelnden wieder aufzurichten, sondern für all die wunderbaren Ideen, die in dieses Buch mit einflossen.

    Und zu guter Letzt der Stadt Königswinter zum 1000. Jahrestag ihrer Ersterwähnung 1015.

    Zaunkönige, inspiriert durch reale Begebnisse, ist fiktionale Literatur. Abgesehen vom Drachen Fafnir sind alle Handlungen und handelnden Personen frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.

    Autorisierte Ersterscheinung 2015

    Amator Veritas Buch LXVII (67)

    Titelphoto: Anke Böser

    Artwork, Umschlaggestaltung und Illustration: Norman Liebold

    Lektorat: Anke Böser

    Copyright © 2015 Amator Veritas Verlag, Hennef

    Gesetzt in Garamond

    Druck: CPi, Leck (Deutschland

    Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des öffentlichen

    Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen und elektronische Medien, sowie der Übersetzung auch einzelner Teile.

    Print: ISBN-13 978-3-937330-74-7

    eBook: ISBN-13 978-3-937330-75-4

    www.norman-liebold.com

    www.amator-veritas.de

    Die Aufgabe einer intelligenten Regierung wäre es, das Volk nicht pausenlos mit irgendwelchem Quatsch zu behelligen, sondern ruhig und unauffällig die Dinge zu tun, die getan werden müssen, statt die echten Probleme auszusitzen und dauernd Sachen zu erfinden, die bei genauer Betrachtung nur Alibis sind, um die eigene Existenz zu rechtfertigen.

    Balthasar Matzbach in Matzbachs Nabel von Gisbert Haefs

    Felsfall

    Fall nicht runter, wenn du das nächste Mal da oben rumkraxelst! Schau nicht so, komm, setz‘ dich zu mir, ich spendier‘ dir einen Wein. Klar, hab‘ ich dich gesehen oben auf‘m Zaun. Nein, ich will dir keine Predigt halten. Ich find‘ das sympathisch, wirklich. Also, wenn ein alter Kauz wie ich dir einen Wein spendieren will – was willst du trinken?

    Eine Empfehlung? Mh, nicht so einfach – Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Andererseits – hier, mit Blick auf den Siegfriedfelsen – liegt ja nichts näher, als ein Wein von den Stöcken, durch die du gerade mitten durch gestiefelt bist. Am Fuß des Drachenfelsens wachsen seit Jahrhunderten Weinreben. Seitdem die Römer hier waren, behaupten manche. Schau da drüben, wo die Linien der Rebpflanzungen bis fast ganz an den Felsen heranreichen, da oben sind – naja, waren – die besten Lagen der Piepers, Riesling wächst da. Der Felsen speichert Wärme und strahlt sie bis spät in die Nacht zurück – abendsonnenverwöhnt, könnte man sagen. Da, der untere Teil der Weinberge liegt schon im Schatten, nur auf Siegfriedfelsen und der Lage ganz oben liegt noch Sonne. Der junge Pieper macht einen ziemlich annehmbaren Wein daraus. Den 2013er würd‘ ich empfehlen, das war ein bemerkenswertes Jahr, das kannst du mir glauben.

    Um ein Haar hätte es keinen Wein mehr vom Drachenfelsen gegeben, ja, wenn die Leute hier nicht dem Staat den Stinkefinger gezeigt hätten … aber das ist eine längere Geschichte. Eine ziemlich verwickelte noch dazu. Wobei ich dir nicht verheimlichen will, dass ich unter Umständen der Richtige bin, sie dir zu erzählen. Ich lebe hier schon eine Weile. Länger als manch anderer, in der Tat.

    Na, neugierig? Der weiß ‘ne gute Geschichte zu schätzen, dachte ich mir, der hat was gespürt da oben, als er die Verbotsschilder links liegen ließ und bis zum Drachenloch raufgeklettert ist. Weiß noch nicht richtig, was, aber das ist einer, der spürt es wie einen Magneten in sich, und die Geschichte ist Eisenstein, nicht wahr? Nicht doch, du brauchst nicht nervös werden – meinetwegen kannst du auf dem Felsfangzaun herumturnen, so lange du willst. Die Verbote da kratzen mich nicht. Du bist irritiert? Du gehst über den Marktplatz von Rhöndorf und ein wirrbärtiger alter Typ quatscht dich an. Hockt allein am Tisch vor seinem Weinglas und erklärt: Hab dich gesehen, wie du Verbotenes machst. Ach, ich sehe viel, ziemlich viel sogar.

    Da stand zum Beispiel in der Zeitung, niemand hätte den Felsen fallen sehen – den Felsen, der von nicht wenigen als Auslöser für all die Geschehnisse angesehen wird. Aber ich sah ihn fallen, an jenem bitterkalten Morgen. Ich hörte das leise Knirschen, mit dem er sich vom Hang löste, das Rumpeln, als er kippte, sich wieder aufrichtete, erneut kippte, ins Rollen kam, immer schneller, dreieinhalb Tonnen Trachytfels, hörte das Krachen, mit dem Bäume barsten, das metallische Scheppern, als er das Geländer durchbrach, die sekundenbruchteillange Stille, als er in der Luft hing und das bergzitternde Donnern, als er auf dem Weg aufsetzte, hochsprang und schließlich wie ein stürzender Stern durch den Weinberg pflügte, um am Ende einer breiten Schneise der Zerstörung liegen zu bleiben.

    Wärst du mit mir dort oben gewesen, zu Füßen des Drachenfelsens, dir wär – das garantiere ich dir – ein Schauer von Schicksal über den Rücken gelaufen. Nicht wegen des Felsklumpens, der hätte dir vielleicht einen ordentlichen Schrecken eingejagt – Herzklopfen, nach Luft Japsen, weiche Knie –, aber keinen Schauer von Schicksal. Nein, dort oben, mit Blick auf den Graben der Zerstörung und den Felsbrocken im Weinberg, wird‘s mit einem Mal dunkler. Ein mulmiges Gefühl, als striche ein Schatten über die Seele. Aber es wird noch dunkler. Als käme die Nacht zurück. Du hebst die Augen – und noch bevor dein aufgeklärter Verstand mit Wissenschaft kommen kann – greift eine atemlose Bangigkeit nach deinem Herzen. Die Sonne erlischt, etwas frisst sie auf. Über den drei Zacken des Siegfriedfelsens steht nur noch eine geborstene Scherbe, eine schnell schrumpfende Sichel. Ein schwarzer Schatten erstickt die Sonne, das Herz klopft bang und fürchtet ewige Finsternis. Und in dem Augenblick, als die Sonne nur mehr gleißend-glühender Sichelstreif ist, kurz bevor der Schatten weiterkriecht und sie wieder aus seinem Rachen lässt – in diesem bangsten Augenblick, spürst du etwas. Der Berg selbst öffnet ein Auge und starrt auf dich herab.

    Von anderen hörte

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