Das Blauerhundkonzept 3: Hunde emotional verstehen und trainieren - Agility und Obedience
By Rolf C. Franck and Madeleine Franck
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Das Blauerhundkonzept 3 - Rolf C. Franck
wurden.
TEIL 1
TRAININGSBEDINGUNGEN OPTIMAL GESTALTEN
TEIL 1
Trainingsbedingungen optimal gestalten
Ideale Voraussetzungen für den Hundesport hat ein „blauer Hund mit einem großen „Blauen Fenster
(siehe Band 1), der nur noch fragt: „Wo steht das Klavier?" Selbst ein solch unkompliziertes Exemplar bringt ins hundesportliche Training individuelle Bedürfnisse und eine mehr oder weniger große Erregungsbereitschaft mit. Damit daraus in der Dynamik des Sports keine unerwünschten Verhaltensweisen entstehen, können Sie rechtzeitig bestimmte Vorkehrungen treffen und aktiv werden, statt nur auf das Verhalten des Hundes zu reagieren. Das emotionale Lernmodell hilft zu verstehen, welche Bedürfnisse selbstmotivierte und fremdmotivierte Hunde haben und wie sie am besten trainiert und belohnt werden, um einen ausgleichenden Einfluss auf ihr Erregungsniveau zu erhalten.
DAS EMOTIONALE LERNMODELL IM HUNDESPORT
Für Labrador Linda vermittelt das Hörzeichen „Fuß" nicht nur eine Information, sondern löst Vorfreude auf die Übung aus.
Sowohl im Agility als auch im Obedience geht es im Sinne des emotionalen Lernmodells darum, bestimmte Reiz-Emotions-Verknüpfungen zu schaffen, auf die der Hund von selbst vielleicht nicht kommen würde. Gemeint sind einerseits Verknüpfungen mit einem Hörzeichen oder Signal, die dem Hund anzeigen, welche Übung er ausführen soll. Andererseits sind es Verknüpfungen zwischen der Sportsituation im Ganzen und einem bestimmten emotionalen Zustand. Wenn man das emotionale Lernmodell (Abbildung auf der nächsten Seite) betrachtet, ist das zentrale Element in der Mitte die Skala für emotionale Erregung. Durch Wiederholungen und Rückkopplungen im Lernprozess wird mit einem Reiz automatisch ein bestimmter Erregungszustand verknüpft, der durch ein positives oder negatives Gefühl erlebt wird.
Trainiert man nun mit einem jungen Hund eine neue Übung im Obedience oder die ersten Hindernisse im Agility, lernt er mehr als nur Apportieren oder über eine A-Wand zu laufen. Landläufig wird der Lernprozess so erklärt, dass man durch Wiederholungen und entsprechende Belohnung dem Hund den Informationsgehalt eines Signals vermittelt. Was dabei emotional in ihm vorgeht, wird nicht weiter beachtet. Nach unserem Verständnis transportiert das Signal nicht nur einen Informationsgehalt, sondern wird durch das Training selbst zum emotionalen Erregungsauslöser. Diesen zweiten Aspekt darf man nicht unterschätzen oder aus den Augen verlieren, denn genau daran entscheidet sich, wie gut der Hund später in der Prüfungssituation arbeitet, welche technischen Fehler sich einschleichen können und warum bestimmte Problemverhaltensweisen sehr häufig in bestimmten Übungen zutage treten. Was wir erreichen wollen, ist, dass jede einzelne Übung, wenn sie erst einmal gekonnt ist, mit einem Erregungszustand verknüpft ist, den wir „Hurra-Effekt nennen. Wenn man also zum Beispiel das Hörzeichen „Fuß
gibt, soll der Hund einerseits eine konkrete Vorstellung davon haben, was er zu tun hat (Verhaltensreaktion), und andererseits sofort denken: „Juhu, bei Fuß gehen wollte ich schon die ganze Zeit!". Einfach ausgedrückt soll er sich darüber freuen, dass diese Übung jetzt dran ist, was bedeutet, dass der intrinsische Belohnungseffekt einsetzen muss. Beim Agility ist dieser Hurra-Effekt meist sehr leicht zu bekommen, während beim Obedience genau das die Herausforderung ist, an der viele Hundesportler scheitern. Dafür ist es beim Agility schwieriger, das Hurra unter Signalkontrolle zu bekommen beziehungsweise an das jeweilige Zeichen und mit der passenden Verhaltensreaktion zu koppeln.
Abbildung 1: Das emotionale Lernmodell
Ähnlich sieht es auch auf der zweiten Ebene im Lernprozess aus, nämlich dem situationsverknüpften emotionalen Zustand des Hundes mit der jeweiligen Trainings- beziehungsweise Turniersituation. Dabei geht es darum, dass der Hund die Situation insgesamt erkennt und mit einer positiven Erwartungshaltung reagiert, das heißt, die richtige Einstellung zum Sport entwickelt. Auch hier ist es im Agility viel leichter, diese Einstellung zu generalisieren, weil die Kulisse so offensichtlich ist. Die einzelnen Übungen verbinden sich ganz von selbst mit dem Anblick der vielen großen, bunten Hindernisse, die dann auch im Turnier auf dem Platz stehen. Im Obedience ist die Kulisse eher unscheinbar, weshalb wir gezielt Ankündigungsrituale etablieren, die den Hund in die richtige Stimmung versetzen sollen.
Der „Hurra-Effekt" wird beim Agility leichter ausgelöst und mit dem Anblick der Hindernisse verknüpft.
Unser Trainingsziel ist es, den Hund in einem positiven emotionalen Erregungszustand zu halten, der seinem Lernfortschritt angemessen ist. Es geht darum, vom ersten Moment an die emotionale Komponente des Lernprozesses nicht dem Zufall zu überlassen, wenn wir bestimmte Signale trainieren. Die emotionale Erregung muss genau das richtige Maß haben, um den Hurra-Effekt zu erzeugen, diesen aber auf einem Level optimaler Lernbereitschaft zu halten. Diese muss mindestens so hoch sein, dass von Anfang an Ablenkungssicherheit gegeben ist. Dieses „richtige Maß" ist leider nicht universell, sondern – im Gegenteil – sehr individuell. Es ist verschieden für verschiedene Hunde, für unterschiedliche Trainingszeitpunkte, abhängig von den Übungen, den Sportarten, den Hundeführern und so weiter.
Individuellen Bedürfnissen gerecht werden
Auf der Suche nach dem richtigen Erregungsmaß lassen sich oberflächlich betrachtet alle Hunde in zwei Kategorien einteilen: eher selbstmotivierte und eher fremdmotivierte. Zu welcher der beiden Gruppen ein einzelner Hund gehört, ist zu einem großen Teil bestimmt durch seine Rasse, aber auch durch individuelle Eigenschaften und Lernerfahrungen.
Eher selbstmotivierte Hunde
Eher selbstmotivierte Hunde sind im Allgemeinen leicht und hoch erregbar und dafür gezüchtet, unvermittelte, plötzliche Reaktionen zu zeigen und sich schnell auf veränderte Umgebungsreize einzustellen. Dazu gehören zum Beispiel die im Hundesport besonders beliebten Border Collies, Belgischen Schäferhunde, Australian Shepherds, Terrier und so weiter. Solche Hunde kann man leicht davon überzeugen, dass vor allem Agility „Hurra" bedeutet. Bei ihnen ist das interne Belohnungssystem bereits durch züchterische Selektion an Aktivitäten geknüpft, die mit Bewegung und Rennen zu tun haben. Im Lernprozess tritt daher viel schneller der Spaß, also eine intrinsische Motivationsquelle, in den Vordergrund, wenn es darum geht, die Übung zu verstärken.
Man könnte jetzt vermuten, dass eine hohe Erregung besonders erstrebenswert ist, wenn diese aus einem positiven emotionalen Zustand resultiert. Wir wollen ja letztendlich, dass der Hund am Sport so viel Spaß hat, dass er zum Beispiel ohne Belohnung eine fünfzehnminütige Obedience-Prüfung durchhält. Aber auch bei Hunden, die schon mit einem hohen Anfangswert auf der Erregungsskala ins Training einsteigen, muss man erreichen, dass sie die Übungen und Hindernisse erst einmal korrekt lernen.
Bei eher selbstmotivierten Hunden kommt der Spaß bei allem, was mit Bewegung zu tun hat, von alleine – umso mehr muss man dafür tun, dass sie auch das ruhige Warten lernen.
Ein hohes Erregungslevel geht zum Beispiel mit einer erhöhten Schmerztoleranz einher, wodurch im Agility leicht das Problem des Stangenreißens entsteht. Der Hund nimmt meist überhaupt nicht wahr, wenn er die Stange berührt, selbst wenn diese fällt. Auch in Bezug auf andere Reize ist die Wahrnehmung eingeschränkt; feine Signale oder leise Hörzeichen werden einfach ausgeblendet. Je stärker die Selbstmotivation durch Aktion ausgelöst wird, desto schwerer fällt die Selbstkontrolle und alles, was mit Warten zu tun hat. Sitzen bleiben am Start, Anhalten auf den Kontaktzonen, Warten, bis das Apportel ausgelegt wurde oder in der Distanzkontrolle das nächste Signal gegeben wird – beide Sportarten funktionieren nur, wenn die Kontrolle nicht zu kurz kommt.
Im Obedience schlagen sich alle offensichtlichen Erregungsanzeichen sofort in Punktabzug nieder. Jaulen, Rumhibbeln, Anweisungen vorwegnehmen, Kauen – alles verboten. Kann der Hund seine Erregung nicht loswerden und spätestens dann, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt und die positive Stimmung in Stress umschlägt, entsteht unerwünschtes Verhalten. Typisch sind Kläffen, Anspringen, durch den Tunnel rennen, auf dem Apportel knautschen oder Ähnliches, was als Ventil dient, um den Stress abzubauen.
Bei selbstmotivierten Hunden müssen daher Vorkehrungen getroffen werden, um das passende Erregungslevel im Training nicht zu übersteigen und wenn nötig die Erregung aktiv zu senken. Nur so wird bewusstes Lernen möglich und man kann von vorneherein verhindern, dass schlechte Angewohnheiten entstehen.
Eher fremdmotivierte Hunde
Selbst im Obedience, wo körperliche Kriterien kein Ausschlussgrund sein dürften, hat ein Herdenschutzhund absoluten Seltenheitswert. Dies ist ein Extrembeispiel für eine Rasse, die dafür gezüchtet wurde, vorwiegend in Ruhe ihren Tag zu verbringen. Bei einem solchen Hund kommt der Spaß nicht automatisch durch die Bewegung, das Apportieren oder das Hopsen zustande.
Für den Hundesport nur „fremdmotivierbar" sind oft auch solche Rassen, die dafür gezüchtet wurden, selbstständig ohne den Menschen zu arbeiten. Für sie ist es lustvoller, ihre eigenen Wege zu gehen, als sich aktiv um die Aufmerksamkeit ihres Menschen zu bemühen und dafür auch noch Übungen auszuführen. Hunde aller Rassen, die durch irgendwelche Gründe, besonders Ängste, generell in ihrem Verhalten gehemmt sind, fallen ebenfalls in diese Kategorie.
Damit solche Vierbeiner Agility- oder Obedience-Übungen gut finden, muss eine Motivationsquelle von außen,