Heilige Stätten in Tibet: Eine Reise von Lhasa zum Nabel der Welt
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Mechthild Venjakob
Mechthild Venjakob, geboren 1943 in Paderborn, war fünfzehn Jahre als Lehrerin im Schuldienst tätig. Zwei Jahre unterrichtete sie an der Deutschen Schule in Quito, der Hauptstadt Ecuadors. Ende 1980 kündigte sie den Schuldienst und löste ihre Wohnung auf, um sich die nächsten zwanzig Jahre dem Reisen zu widmen. Sie hielt sich überwiegend in asiatischen Ländern auf, aber auch in Australien, Neuseeland, den Vereinigten Staaten, Mittelamerika und Europa. Doch Asien mit seinen alten Kulturen und östlichen Weisheiten erkundete sie am intensivsten. Dort verbrachte sie insgesamt zehn Jahre. Hilfsarbeiten in Australien, Neuseeland, Alaska, Colorado und England halfen ihr über die Runden. Sie unterrichtete Deutsch als Fremdsprache an Instituten in Bremen, Hongkong und Südkorea. Seit 1989 reiste sie überwiegend mit dem Fahrrad. Sie radelte durch Indien, Thailand, Laos, Pakistan, Japan und China, aber auch durch Europa und die USA.. Im Jahr 2000 kehrte sie nach Deutschland zurück. Sie ließ sich in ihrem Geburtsort Paderborn nieder, um ihre Reiseberichte zu schreiben und über ihr Leben nachzudenken, das fantastischer war als ein Traum, den manch einer träumt.
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Book preview
Heilige Stätten in Tibet - Mechthild Venjakob
INHALT
Karte
Vorwort
Aufblühen und Vergehen eines spirituellen Landes
Lhasa und Umgebung
Ankunft in einer chinesischen Stadt
Der Jokhang, das Nationalheiligtum Tibets
Der Potala und der Norbulingka
Drepung, Sera und Ganden – die Säulen des Staates
Die alten Meditationshöhlen von Drayerpa
Der Namtso-See, einer der drei heiligen Seen
Hohe Pässe und dünne Luft auf dem Weg zum Kailash
Fahrt zum Tashilhunpo-Kloster in Shigatse
Von Shigatse über Sangsang nach Saga
Das große Ziel rückt näher
Ankunft in Darchen
Am Kailash und am Manasarovar-See
Die Rückfahrt
Vom Manasarovar-See nach Gyantse
Die Klosterstadt Gyantse mit dem Kumbum-Schrein
Am Kharola-Gletscher und am Yamdrok-See
Abschied
Anhang
Zum Buddhismus
Glossar
Literaturhinweise
Ein Reiseleben
Weitere Bücher
Tibet:
Die grüne Linie zeigt den heutigen Grenzverlauf,
die blaue, die Amdo und Kham umfasst, den alten.
Die rote Linie folgt der Reiseroute von Lhasa zum Kailash.
Der Manasarovar-See liegt im Schatten des Kailash.
Käse und Butter vom Yak, unten: kleiner Markt am Potala
VORWORT
Wir hatten einen Traum: Tibet! Uns schwebte eine Reise zum Kailash vor, Pilgerziel mehrerer Religionsgemeinschaften in Asien. Das Gelingen dieser Fahrt schien mehr als fraglich, denn bis vor kurzem war Tibet für ausländische Besucher komplett gesperrt. Es hatte schwere Unruhen gegeben: Die Mönche in Lhasa demonstrierten im März 2008 für die Unabhängigkeit ihres Landes. Sie erinnerten an den 49. Jahrestag des Aufstandes der Tibeter gegen die chinesische Besatzungsmacht. Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking sah die Weltöffentlichkeit bestürzt zu, wie chinesische Soldaten auf tibetische Demonstranten einprügelten, nicht nur in der autonomen Region selbst, sondern auch in den angrenzenden Provinzen, in denen die tibetische Kultur zu Hause ist. In München, Paris, Kopenhagen, Washington, Melbourne, Berlin und in anderen Städten wurde gegen das Vorgehen Chinas protestiert. Stimmen wurden laut, die Olympiade zu boykottieren. Das Olympische Komitee, die EU-Kommission und auch der Dalai Lama entschieden sich dagegen. Die Olympischen Spiele fanden 2008 in Peking statt.
Im Sommer 2009 flog ich mit Erika Nerb, einer langjährigen Reisebekanntschaft, nach Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan in China. Westliche Besucher durften über eine Reiseagentur wieder nach Tibet einreisen. Nach einigem Suchen fanden wir ein kompetentes und vertrauenswürdiges Reisebürto in Chengdu mit einer Zweigstelle in Lhasa. Wir buchten eine Sechstagestour. Klöster, Paläste und Tempel in und um Lhasa standen neben dem Namtso-See auf dem Programm. Eine Woche hatten wir Zeit, um uns an die dünne Luft zu gewöhnen. Für die Weiterreise zum Kailash organisierte das Reisebüro mehrere Besucherscheine und eine verlängerte Aufenthaltsgenehmigung. Wir überwanden alle bürokratischen Hürden. In einem Jeep reisten wir zum heiligsten Berg auf Erden. Wir besuchten Klöster und Seen und erlebten den Kailash, das „Schneejuwel" der Tibeter, als Krönung unserer Reise.
Padmasambhava brachte im 8. Jahrhundert die buddhistische Lehre nach Tibet.
Er gründete Samye, das älteste Kloster des Landes.
AUFBLÜHEN UND VERGEHEN EINES SPIRITUELLEN LANDES
Das Qinghai-Tibet-Plateau in China ist das höchste, größte und geologisch jüngste der Erde. Seine Durchschnittshöhe beträgt gut viertausend Meter. Kaum vorstellbar, aber vor Jahrmillionen entstieg es einem Urmeer, dem Tethysmeer. Die subindische Kontinentalplatte driftet bis heute auf dem heißen, flüssigen Erdinneren nordwärts, schiebt sich unter die asiatische und drückt die Erdkruste gen Himmel. Das Dach der Welt entstand und mit ihm seine gezackte Randkrone im Süden, der Himalaja. Allein vierzehn über achttausend Meter hohe Berge ragen empor und siebzehntausend Gletscher fließen aus eisigen Höhen zu Tal. Der 8848 Meter hohe Mount Everest, der höchste Berg der Erde, liegt auf der Grenze zwischen Tibet und Nepal. Er wächst zwei Zentimeter im Jahr, denn noch immer heben sich die Berge.
Tibet reicht weit über seine heutigen, von den Chinesen festgelegten Grenzen hinaus. „Kham und „Amdo
, die Randbezirke, die zum freien Tibet gehörten, liegen jetzt in den chinesischen Provinzen Yunnan, Sichuan, Gansu und Qinghai.
Die Geschichte Tibets begann Anfang des 7. Jahrhunderts mit Songtsen Gampo, dem ersten König Tibets, der von 618 – 649 herrschte. Er vereinte die rivalisierenden Königreiche und errichtete seinen Palast an der Stelle des heutigen Potala. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen mit China nahm er im Jahr 635 Wen Cheng, eine buddhistische Prinzessin vom chinesischen Tang-Hof zur Frau. Seine zweite Gemahlin, Bhrikuti aus Nepal, war ebenfalls Buddhistin. Der Buddhismus entstand neben der alten Bön-Religion, die bis zum heutigen Tag ihre Anhänger hat, wenn auch in reformierter Form. Sie beeinflusste die Lehrinhalte des Buddhismus und, umgekehrt, gingen buddhistische Elemente in die Bön-Religion ein.
Mitte des 8. Jahrhunderts tauchte ein Magier und Lehrmeister aus Indien in Tibet auf, Padmasambhava, der Lotosgeborene. Er führte den Mahayana-Buddhismus ein. Der „kostbare Lehrer", wie er auch genannt wird, integrierte die Götter und Dämonen der bestehenden Bön-Religion in das buddhistische Pantheon. Geschickt wies er ihnen eine Schutz- und Wächterfunktion zu. Er rief die Nyingma-Schule, beziehungsweise den Rotmützenorden ins Leben, der sich knapp fünfhundert Jahre später vom Gelbmützenorden absetzen würde. Er erbaute Samye, das erste und damit älteste Kloster Tibets. Die Mönche begannen, die Lehrreden