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Wo der Tod auf Beute lauert: Gaslicht 41
Wo der Tod auf Beute lauert: Gaslicht 41
Wo der Tod auf Beute lauert: Gaslicht 41
Ebook103 pages1 hour

Wo der Tod auf Beute lauert: Gaslicht 41

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About this ebook

In dieser neuartigen Romanausgabe beweisen die Autoren erfolgreicher Serien ihr großes Talent. Geschichten von wirklicher Buch-Romanlänge lassen die illustren Welten ihrer Serienhelden zum Leben erwachen. Es sind die Stories, die diese erfahrenen Schriftsteller schon immer erzählen wollten, denn in der längeren Form kommen noch mehr Gefühl und Leidenschaft zur Geltung. Spannung garantiert!

Andrea war eingeknickt, und Ravens trat jetzt hervor. Ein Mensch hätte in ihm einen durchsichtigen Schemen gesehen, der dennoch eindeutig menschliche Umrisse besaß. Sogar die Kleidung wäre erkennbar gewesen. Der Geist trat jetzt dicht an das Sofa und strich mit einer behütenden Geste über den Kopf der Frau. Er spürte, daß sie im Traum wieder bei ihrem toten Mann war. Das war nicht gut. Eine Frau in diesem Alter sollte nicht so sehr der Vergangenheit nachtrauern. Andrea schlug unvermittelt die Augen auf. Ihr Gesicht nahm einen verwunderten Ausdruck an, aber sie machte keine Anstalten zu schreien. Sie holte tief Luft und rührte sich nicht. »Wer sind Sie?« fragte sie dann mit unterdrückter Stimme. »Ich bin der Kapitän. Und Sie sollten jetzt weiterschlafen, meine Liebe…«


Die Aussicht war atemberaubend.


Das Haus lag hoch oben auf den Klippen, wenige Meter von der Terrassentür entfernt fiel die Küste steil ab, und tief unten brandete das Meer in heftigen Stößen gegen die Felsen. Möwen flogen schreiend umher, die Luft war voller Salz, und der Wind toste unaufhörlich. Das nächste Haus war gut eine halbe Meile entfernt, das Licht aus einem der Fenster wie eine ferne Verheißung.


Es dämmerte schon, und in regelmäßigen Abständen flammte das Licht vom Leuchtturm her­über.


Andrea Parker stand im Wohnzimmer von Ravens Crest, wie das Haus allgemein genannt wurde, ließ den Blick über die jetzt kahlen Wände und den arg vernachlässigten Parkettboden gleiten und nahm kaum noch auf, was die Immobilienmaklerin erzählte.


Das hier würde ihr neues Zuhause werden, ein nettes kleines Haus, weit ab
LanguageDeutsch
PublisherKelter Media
Release dateJan 11, 2017
ISBN9783740913298
Wo der Tod auf Beute lauert: Gaslicht 41

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    Wo der Tod auf Beute lauert - Vanessa Crawford

    Gaslicht

    – 41 –

    Wo der Tod auf Beute lauert

    Vanessa Crawford

    Andrea war eingeknickt, und Ravens trat jetzt hervor. Ein Mensch hätte in ihm einen durchsichtigen Schemen gesehen, der dennoch eindeutig menschliche Umrisse besaß. Sogar die Kleidung wäre erkennbar gewesen. Der Geist trat jetzt dicht an das Sofa und strich mit einer behütenden Geste über den Kopf der Frau. Er spürte, daß sie im Traum wieder bei ihrem toten Mann war. Das war nicht gut. Eine Frau in diesem Alter sollte nicht so sehr der Vergangenheit nachtrauern. Andrea schlug unvermittelt die Augen auf. Ihr Gesicht nahm einen verwunderten Ausdruck an, aber sie machte keine Anstalten zu schreien. Sie holte tief Luft und rührte sich nicht. »Wer sind Sie?« fragte sie dann mit unterdrückter Stimme. »Ich bin der Kapitän. Und Sie sollten jetzt weiterschlafen, meine Liebe…«

    Die Aussicht war atemberaubend.

    Das Haus lag hoch oben auf den Klippen, wenige Meter von der Terrassentür entfernt fiel die Küste steil ab, und tief unten brandete das Meer in heftigen Stößen gegen die Felsen. Möwen flogen schreiend umher, die Luft war voller Salz, und der Wind toste unaufhörlich. Das nächste Haus war gut eine halbe Meile entfernt, das Licht aus einem der Fenster wie eine ferne Verheißung.

    Es dämmerte schon, und in regelmäßigen Abständen flammte das Licht vom Leuchtturm her­über.

    Andrea Parker stand im Wohnzimmer von Ravens Crest, wie das Haus allgemein genannt wurde, ließ den Blick über die jetzt kahlen Wände und den arg vernachlässigten Parkettboden gleiten und nahm kaum noch auf, was die Immobilienmaklerin erzählte.

    Das hier würde ihr neues Zuhause werden, ein nettes kleines Haus, weit ab von der Zivilisation, abgeschieden, um nur ja wenig Kontakt zu anderen Menschen zu haben.

    Andrea wollte allein sein, nachdem sie ihren Mann bei einem schrecklichen Unfall verloren hatte. Er war in ihren Armen gestorben, mit vor Schmerzen verzerrtem Gesicht und unermeßlicher Qual in den Augen. Nie würde sie diese Augen vergessen. Aber auch nie die sensationsgierige Meute, die um sie und Jack herumgestanden hatte.

    Ein betrunkener Autofahrer war frontal in Jacks Wagen gerast, und Jack war langsam auf der Straße verblutet.

    Viele Menschen hatten herumgestanden, aber nicht einer hatte etwas getan, obwohl Andrea mehrmals um Hilfe gefleht hatte. Die Gaffer sahen seelenruhig zu, wie das Leben aus Jack herausfloß, und von diesem Augenblick an wollte Andrea so wenig wie möglich mit anderen Menschen zu tun haben.

    Nach der Beerdigung hatte sie praktisch alle Brücken hinter sich abgebrochen, entgegen den Ratschlägen der wenigen echten Freunde. Sie wollte nur weg, und Ravens Crest schien ihr der richtige Ort zu sein, um sich zurückzuziehen. Arbeiten konnte sie zuhause, sie war Illustratorin, und hatte gute Aufträge für Bücher und Zeitschriften.

    Hier draußen konnte sie mit ihrem Schmerz und dem Verlust allein sein und mußte sich vor niemandem rechtfertigen.

    »Mrs. Parker, hören Sie mir zu?« fragte die Maklerin jetzt irritiert.

    Andrea schrak aus ihren Gedanken auf. »Ja, natürlich«, beeilte sie sich zu versichern. »Ich nehme das Haus. Was sagten Sie gerade?«

    Ein verweisender Blick traf sie – wie konnte sie nur so unaufmerksam sein?

    Andrea zwang sich zu einem Lächeln. »Verzeihen Sie, ich war mit meinen Gedanken meilenweit entfernt. Sie wollten mir noch etwas über das Haus sagen. Vielleicht, warum es so billig ist?«

    Die Maklerin wurde plötzlich puterrot. »Nun, Mrs. Parker, es ist so – ich meine…«

    Andrea wurde hellhörig. Irgend ­etwas stimmte doch hier nicht. Die Lage war erstklassig, wenn auch abgeschieden, die Ausstattung schon fast luxuriös. Und eigentlich hätte Andrea ein so großes Haus gar nicht gebraucht. Aber der Preis war ungeheuer günstig. Wo also lag der Haken?

    »Das Haus hat einen schlechten Ruf«, kam nun die Erklärung.

    »Warum?« fragte Andrea sanft.

    »Nun, es gibt Leute, die behaupten, daß es hier spukt. Aber ganz sicher ist das alles nur dummes Gerede.« Die Frau verhaspelte sich fast in dem Bemühen, das Gerede herunterzuspielen.

    »Ein Geist? Wie reizvoll«, sagte Andrea und stöhnte innerlich. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Geisterglaube, im ausgehenden 20. Jahrhundert. Aber nun gut, dadurch war das Haus wirklich preiswert, und wenn die Leute daran glauben wollten, dann sollten sie das ruhig tun. Ihr konnte es egal sein.

    Ein wenig neugierig war sie aber doch. »Und wer oder was spukt hier herum?« erkundigte sie sie freundlich.

    Das Gesicht der Maklerin wurde bleich. »Nun, man sagt, es sei ein Piratenkapitän, der auch das Haus einst hat bauen lassen. So, etwa vor 200 Jahren. Er starb dann unter ungeklärten Umständen, und es heißt, er spukt hier regelmäßig, weil er auf der Suche nach etwas ist. Es scheint allerdings niemand genau zu wissen, was er sucht, aber der letzte Besitzer ist – nun, er hat…«

    »Was hat er?« fragte Andrea jetzt etwas ungeduldig. Das hier war doch nun wirklich zu dumm.

    »Man fand ihn gefesselt und geknebelt, ohne daß er sagen konnte, wie es dazu gekommen ist. Der Mann ist ausgezogen und hat geschworen, daß er nie wieder einen Fuß über die Schwelle setzt. Ich mache mir nicht gern selbst das Geschäft kaputt, aber ich glaube doch, daß Sie diese Sachen wissen sollten. Und wenn Sie das Haus jetzt nicht mehr wollen, dann will ich gerne etwas anderes für Sie suchen.«

    Andrea lachte glockenhell auf. »Das alles ist ein Grund mehr für mich, das Haus sofort zu kaufen. Geister, nein, wirklich, solange ich noch mit den Gespenstern in meinem Herzen fertig werden muß, können mir die hier im Haus nicht besonders gefährlich werden. Es bleibt dabei, ich nehme das Haus, es gefällt mir nämlich.«

    Zwei Wochen später zog Andrea Parker um.

    *

    Der Wind wehte beständig hier oben, und Andrea hatte sich gleich daran gewöhnt, daß es Geräusche im Haus gab, die darauf zurückzuführen waren. Man mußte sich daran ebenso gewöhnen wie an das Licht des Leuchtturms, der mit absoluter Regelmäßigkeit die Nacht erhellte, und genauso wie an die großen Räume, die sie längst nicht alle hatte einrichten können.

    Aber bei einem Streifzug durch das Haus war Andrea auf dem Boden über eine Menge sorgfältig abgedeckter Möbel regelrecht gestolpert. Wunderschöne Schränke standen da, ein komplettes Eßzimmer und ein wahres Prachtstück von Himmelbett. Das war eine wunderschöne Idee, fand sie.

    Andrea hatte eine nette ältere Frau eingestellt, die das Haus in Ordnung halten sollte und auch kochte, Mrs. Mason.

    Und Mrs. Mason hatte zwei erwachsene Söhne, die Andrea nun halfen, die alten Möbel vom Dachboden in die Zimmer zu schaffen.

    Mrs. Mason hatte sich zunächst bekreuzigt.

    »Das alles hat dem Kapitän gehört, Mrs. Parker. Es ist sicher nicht recht, wenn Sie das benutzen. Wollen Sie nicht lieber alles verbrennen?«

    »Nein, bloß nicht«, wehrte An­drea empört ab. »Die Möbel sind schön, und ich werde sie mit Ihrer Hilfe aufpolieren. Sie sollen wieder zu Ehren kommen. Außerdem wären sie heute ein Vermögen wert, wenn ich sie kaufen müßte.«

    »Nun gut, es ist Ihr Ärger. Dem Kapitän wird das sicher nicht gefallen, Sie werden schon sehen.«

    »Mrs. Mason, Sie reden ja, als würde der Kapitän noch leben. Tun Sie mir den Gefallen und kümmern Sie sich um mich. Lassen wir dem Kapitän seine wohlverdiente Ruhe, ja?«

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