Überleben vor Leuten: Wie man Lampenfieber und Angst überwinden und Bühnenpräsenz erreichen kann
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Mit ausführlichem Praxisteil und zahlreichen Übungen!
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Book preview
Überleben vor Leuten - Raoul Biltgen
Verlag
Inhalt
Prolog
1. Angst
2. Bühnenpräsenz
3. Einstellungsmodulation
4. Paradoxe Intention
5. Selbstdistanzierung
6. Selbstbewusstsein
7. Körper und Geist
Übungen
1. Atemübungen
2. Lernen Sie sich kennen
Epilog
Literaturliste
Prolog
Es war am 13. Juni 1998, ich saß in Reihe 1 auf Platz 1 im Wiener Akademietheater und sah „Fin de Partie, Samuel Becketts „Endspiel
in der Inszenierung von George Tabori mit Gert Voss als Hamm und Ignaz Kirchner als Clov. Ja, ich besitze noch die Eintrittskarte, sie hat mich 500 Schilling gekostet. Es war mir schon beim Kauf der Karte klar, dass ich an diesem 13. Juni großes Theater sehen würde, allerdings war ich nicht darauf gefasst, dass ich an diesem 13. Juni einen jener ganz ganz wenigen Theatermomente erleben würde, die sich für den Rest des Lebens einprägen. Zunächst amüsierte es mich sehr, mit welcher Leichtigkeit Tabori, Voss und Kirchner dieses schwere Stück Theater angingen, spielerisch, lustig, um anschließend in ein Drama zu gleiten, das nicht anders konnte, als zutiefst zu berühren. Kein Wunder, bei solchen Meistern ihrer Kunst.
Und dann.
Voss sitzt in der Mitte der bis zur Brandmauer offenen, fast leeren Bühne, alle Dialoge sind gesprochen, alle Tragödie zweier Menschen, die nichts kennen als sich und ihre ewigen Machtspielchen und Demütigungen, ist erlebt und überlebt. Ein letztes Mal Fin de Partie, am Ende des Stücks und des Lebens und der Hoffnung. Voss beginnt mit dem großen Schlussmonolog Hamms. Und wie er mit dem Text umgeht, wie er das alles lebt, ist ein Genuss und erschreckend zugleich. Und was macht Kirchner als Clov? Er geht. Nein, das stimmt nicht: Er verlässt Hamm. Ewig weit weg geht Kirchner als Clov an der Brandmauer entlang, von rechts nach links, langsam, sehr langsam, und mit jedem Schritt ist sein Verlassen klarer, eindrucksvoller, unabänderlicher. Kirchner tut nichts anderes als gehen. Und doch kann ich meinen Blick keine Sekunde von ihm wenden. Es ist dieser letzte Gang, der sich in mein Hirn einbrennt und dem ich vielleicht meine komplette Laufbahn als Schauspieler seither hinterherstrebe.
Was war es, das in diesen Bühnenmomenten die Aufmerksamkeit der Zuschauer dermaßen gebannt hat? Und wie kann man eine solche Präsenz auf der Bühne erreichen, auch wenn man nicht eine Größe ist wie jene Giganten der Bühne, die ich erleben durfte?
Denn selbst wer nicht Schauspieler ist, kann in die Verlegenheit kommen, auf eine Bühne treten und vor Menschen sprechen zu müssen. Wer dort steht, möchte sich der Aufmerksamkeit des Publikums sicher sein.
1. Angst
Was kann ich also tun, um auf einer Bühne wahrgenommen zu werden?
Oder anders gefragt: Wie kann ich das vermeiden, wovor ich Angst habe?
Angst ist vielfältig, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zum Beispiel die Angst, dass die Zuschauer sich langweilen, eher ihre Fingernägel betrachten als mich und darüber nachdenken, wie sie am besten den Raum verlassen, ohne allzu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Oder die Angst, dass ich auftrete und auf der Bühne stehe, und nachher kann sich niemand mehr an mich erinnern, wie wenn der Abend nie stattgefunden hätte, eine Zeit des Vakuums, eine Leere meiner Nicht-Präsenz. Oder dass ich mich schrecklich blamiere. Dass ich etwas Falsches sage, mich verlese, mich verhasple, hinfalle, wenn ich auftrete, hinfalle, wenn ich mich setzen will, hinfalle, wenn ich längst schon sitze.
„Die Aufmerksamkeit richtet sich in der Angst zunehmend auf das, was möglicherweise passieren könnte. Dabei werden wir uns bewusst, dass es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen keine Sicherheit gegen Eventualitäten gibt."¹
1 Längle 2011, S. 121
Das Schlimmste, das Endgültige, wovor wir uns fürchten, ist das Sterben, die Todesangst, die ich in dem Moment erlebe, wenn ich dort stehe und alle Ängste gleichzeitig über mich hereinbrechen.
Kennen sie solche Situationen? Ich kenne sie. In einem solchen Moment verspürt man nichts mehr als den Wunsch,