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Jede Zeit hat ihre Stunde: Das Schicksal annehmen und in Lebensglück verwandeln
Jede Zeit hat ihre Stunde: Das Schicksal annehmen und in Lebensglück verwandeln
Jede Zeit hat ihre Stunde: Das Schicksal annehmen und in Lebensglück verwandeln
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Jede Zeit hat ihre Stunde: Das Schicksal annehmen und in Lebensglück verwandeln

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About this ebook

Mit schwäbischem Schwung, bayrischer Gelassenheit und Herzblut erzählt Rena Ronk ihre Lebensgeschichte.
Mit ihrem unerschütterlichen Optimismus lebt sie das, was gelebt werden darf. Freundschaften, ihr Glaube und die Liebe zur Natur geben ihr Kraft und Stärke.
Ein schwerer Schicksalsschlag verändert das Bisherige. Rena öffnet sich für Neues, denn "jede Zeit hat ihre Stunde". Es gelingt ihr, Tage der Trauer und Unausgeglichenheit in Freude und Leichtigkeit zu verwandeln.
Auf ihrer Suche begegnet sie Menschen, die sie inspirieren, ihren Weg in den Schamanismus und die Energiearbeit einzuschlagen.
LanguageDeutsch
Release dateMay 17, 2017
ISBN9783744804929
Jede Zeit hat ihre Stunde: Das Schicksal annehmen und in Lebensglück verwandeln
Author

Rena Ronk

Geboren in Baden-Württemberg, als Friseurmeisterin jahrelang tätig. Sie lebt heute im Alpenvorland, in einem Haus, das einer Almhütte gleicht. Als ausgebildete Alltagsschamanin und zertifizierte Energiearbeiterin unterstützt sie Menschen, ihre eigene Kraftquelle zu finden.

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    Book preview

    Jede Zeit hat ihre Stunde - Rena Ronk

    anzunehmen.

    Kapitel 1

    Eine Kindheit in Geborgenheit

    Als ich das Licht der Welt erblickte, stand die Zeit unter einem guten Stern. In den fünfziger Jahren ging es aufwärts, der Mythos vom Wirtschaftswunder nahm seinen Anfang. Autos wie der VW Käfer eroberten die Straßen. Das traute Heim schälte sich langsam, aber stetig aus den beengten Wohnverhältnissen heraus. Es war ein gutes Gefühl, behütet und beschützt aufzuwachsen. Alle unter einem Dach versammelt: „Familie Wohlfühlprogramm hieß das. Oma Dora, Opa Gottlob, Mama Gerti, Papa Reiner und ich mitten drin. Da fielen schon einmal Sätze wie „Achtsamkeit und Respekt sind die Grundlage in einem guten, freudigen Miteinander.

    Nicht nur dieser Ausspruch ist mir in Erinnerung geblieben, sondern noch ein anderer: „Achtung, die Bratkachel ist offen. Übersetzt sollte das bedeuten, nicht so laut sprechen, das ist für Kinderohren nicht bestimmt. Doch meine Antenne war auf Sendung. Meine lustigen Zwischeneinlagen ließen die Erwachsenen so manche Lachträne verstecken. „Papa, wenn ich groß bin, dann heirate ich dich! „Ja was machen wir dann mit Mama? „Die brauchen wir auf jeden Fall, die kocht doch immer so lecker. Was Kinder vorhaben und spontan zum Ausdruck bringen, freut und beglückt Menschen jeder Generation. Kinder leben im Jetzt und Heute. Wenn sie handeln, sind sie in ihrem Element: Sie spielen, lachen, singen, schweigen, erfinden, arbeiten – und alles ist selbstverständlich und natürlich.

    Ein Kindheitserlebnis in der Weihnachtszeit ist mir noch besonders im Gedächtnis. Draußen lag die Landschaft still und leise, Schneeflocken tanzten im wilden Reigen. Immer wieder setzte sich ein glänzender Kristall in Weiß auf den Fenstersims. In der vom Holzfeuer warmen Küche stellte Oma Dora den vorbereiteten Schokoladenteig zum Plätzchenbacken auf den großen Tisch. Da stand also der Schlemmerteig vor mir! Noch warten und weiter verträumt dem Schneeflocken-Zauber zusehen? Nein, natürlich ran an den Teig, lautete meine bessere Devise. Bis zu den Ellenbogen war ich im Plätzchenteig versunken, als Dora die Küche betrat. Oma war außer sich. Ihr blieben die Worte im Hals stecken. Nur ihre sonst so strahlenden Augen schickten schon wie vor einer großen Explosion die ersten Blitze aus. Ich dagegen fand tief im Plätzchenteig die Welt völlig in Ordnung. Also nahm Dora, immer noch sprachlos, Schaber und Spachtel, um mich wieder halbwegs küchentauglich zu machen.

    Es war wunderbar, als der Plätzchenteig endlich auf dem bemehlten Tisch ausgewellt lag. Welch ein Spaß, Sterne, Herzen, Glocken, Tannenbäume und Kugeln auszustechen und dann aufs Backblech zu legen! „Rena, sei bitte nicht so übermütig", mahnte Oma, als einmal meine Teigsterne im hohen Bogen zu schwungvoll ihr Ziel verfehlten. Ich war in meinem Element und strahlte vor Glück. Im ganzen Haus duftete es schon nach der Weihnachtsbäckerei.

    Als meine Eltern, Reiner und Gerti, gut gelaunt von der Arbeit kamen, krachte es. Dora legte los! Sie sei restlos überfordert gewesen, ich habe nur Unfug im Kopf gehabt „Ich möchte, dass ihr Rena sofort die Meinung sagt, man sollte ihr gründlich die Leviten lesen!"

    Gerti, die mich am Abend nach der Arbeit endlich in den Arm nehmen wollte, stand stocksteif da, als sie leise zu sprechen begann: „Wofür soll ich Rena bestrafen? Was auch immer passiert ist, ich kann nicht Stunden später die Hand erheben oder wie ein Schulmeister zur falschen Zeit eine Strafarbeit aufgeben." Im Klartext hieß dies, dass Oma Dora zukünftig sofort selbst meinen Übermut und meine Ungezogenheit bremsen würde. Nur eine kurze Mahnung erging an mich. Doch dieser Tag blieb mir in guter Erinnerung. Meine Eltern hatten mich mit dem oft falschen und schmerzlichen Verhalten vieler Erwachsener verschont.

    Kannst Du Dir heute vorstellen, ohne Fernsehgerät Deine Freizeit sinnvoll zu gestalten? 1963 stand in unserem Wohnzimmer das erste Schwarzweiß-Gerät. Die Erwachsenen saßen nun in ihrer Freizeit wie gebannt davor, während ich „Fury und „Flipper zu meinen Lieblingssendungen erkor. Voller Begeisterung und Aufregung verfolgte ich die Episoden. Die Fantasie ging manchmal mit mir durch: Flipper, der Delfin, ein Retter in Seenot! Noch jetzt kann ich die Spannung, mit der ich mitten im Geschehen „dabei" war, spüren.

    Zum Glück ließ die Fernsehsucht der Familie wieder nach. Denn die Freizeit war meinen Eltern heilig. Sie prägten meinen Sinn für die Natur, und obwohl Gerti gerne auch die Stricknadeln klappern ließ, gingen wir gemeinsam Skifahren oder wanderten auf der Schwäbischen Alb. Das feste Fundament, das ich als Kind mit auf den Weg bekam, war mir sehr nützlich. Und so geht es wohl jedem. Denn diese Basis trägt, wenn der Wind aus verschiedenen Richtungen ins Gesicht bläst und man glaubt, es gehe nicht mehr weiter.

    Die Schulzeit war von Erlebnissen geprägt, die nicht immer mit meinem Kinderherz in Einklang standen. Doch der Wahlspruch der Lehrer und mancher Erwachsenen hieß eben: „Ohne Fleiß kein Preis." Das mag stimmen, aber für mich bedeutete es ein hartes Stück Arbeit. Mit der Schule fing der unbewusste Stress für meine Kinderseele an. Ich wollte gut sein, sogar noch besser, was den Druck verstärkte und mich auch in Freundschaften belastete. Jede Zeit hat jedoch ihre Stunde und so war es herrlich, wenn mein Fleiß mit guten Noten belohnt wurde.

    In diesen jungen Jahren gehörte meine Freundin Gobi zu mir wie das Wasser im Ozean. Ich teilte mit ihr alle meine großen und kleinen Sorgen. Vor allem in der wilden Pubertät, als sich unsere Körper langsam, aber zunehmend verwandelten, war Gobi mein Ventil. Bei ihr wusste ich meine unbändige Kraft und Energie gut aufgehoben. Beide staunten wir über so manches Neue, manchmal verzweifeln wir aber auch, weil unsere Entwicklung zur Frau, wie wir sie uns vorstellten, nicht schneller voranging. Unterentwickelt kamen wir uns vor. Mann oh Mann, was waren wir kindisch! Eben typische Teenager. Es bewahrte uns noch vor den Jungs, selbst wenn sich unsere Gedanken auch um sie zu drehen begannen. Ja, wir blieben uns treu und konnten uns ganz auf unsere berufliche Zukunft ausrichten! Das bildeten wir uns zumindest ein. In unseren Herzen sehnten wir uns natürlich nach der so verheißungsvollen, großen Liebe, von der wir schon sooft gehört hatten.

    Kapitel 2

    Mit Jonas hält die Liebe Einzug

    Ich war 17 Jahre alt, hatte brünettes Haar, eine dominante Nase, einen schmalen Mund, braune leuchtende Augen und wunderschöne Lachgrübchen. Die wurden mir jedoch erst bewusst, als Jonas es mir einmal ins Ohr flüsterte.

    In dieser „Zeit des Entdeckens geht nun die Lebensreise eine Station weiter. Der Kalender zeigte das Jahr 1970 – die Faschingszeit stand vor der Tür. Hurra, das erste Mal durfte ich auf einen Ball! Natürlich in Begleitung. Hanna, Gertis Kusine, war dafür auserwählt. Ich war aufgeregt, alles knisterte vor Spannung bis hin zu meinem blau glänzenden Kostüm und der Goldkette im Haar. Wie eine Prinzessin tauchte ich in die fröhliche Menge, fasziniert vom bunten Spektakel. Fast alle Tische waren belegt, auf der Tanzfläche wogte schon ein ausgelassenes Treiben. „Bin ich denn da richtig? Noch nicht zu Ende gedacht, zerstreute eine Stimme meinen Zweifel. „Darf ich dich auf die Tanzfläche entführen? fragte ein junger Mann, in seinem offenen, klaren Gesicht ein Lachen. Eine lange Feder zierte seinen grünen Tiroler Hut auf dem blonden Lockenschopf. Die Lederhose und das blauweiß karierte Hemd, dazu die derben Schuhe, das gefiel mir an ihm. Mein Herz klopfte. Wie von einer Sternschnuppe berührt, stand ich auf und schwebte auf die Tanzfläche. Wir wirbelten durch den überfüllten Saal. Oh, was für ein Gefühl von Wärme mein Herz erreichte! Es war, als ob ich ihn schon immer kennen würde. Dieses Achtsam-Sein, mal reden, lächeln, ganz vorsichtig, und dennoch in einer Ausgelassenheit mich führen lassen. Doch – was war das? Höre ich richtig? „Du hast wunderbare Zähne und eine ziemlich große Nase. In der Bar machte mir Jonas spontan sein Kompliment. Mein Glas mit Orangensaft fiel mir fast aus der Hand, weil ich so heftig lachen musste.

    Das war es leider, die Zeit blieb nicht stehen, auch wenn es uns in diesem Augenblick voll Glückseligkeit recht gewesen wäre. Wir sagten tschüss, ein Händedruck mit einer schüchternen Umarmung musste genügen. Auf dem Heimweg mit Hanna wieder allein, fiel mir auf, dass ich lediglich seinen Namen kannte: Jonas. Wieso wusste ich nicht mehr über ihn? Zu Hause legte ich mich weinend ins Bett. Wo war die wunderbare Stimmung im vollen Saal und zusammen mit Jonas geblieben? Meine Gedankenmühle setzte ein. Die Tage zogen sich hin, ich ging meiner Arbeit nach.

    Halt, ich habe noch gar nicht erwähnt, dass ich im elterlichen Betrieb eine Friseurausbildung absolvierte. Das machte mir viel Spaß, denn ich verstand es gut, mit Kunden umzugehen und kreativ für jeden Typ die passende Frisur zu kreieren. Dabei griff ich die Modetrends auf und setzte sie sofort in die Tat um. Manchmal kam ich mir wie ein Psychologe vor, natürlich ohne Ausbildung. Die Kunden schütteten mir ihr Herz aus. Viel Zeit, um an mein eigenes zu denken, blieb da kaum. So folgte ein Tag nach dem anderen, bis endlich Gobi kam und ich ihr von meiner Liebe zu Jonas erzählen konnte. Und eben vom Pech, keine Adresse zu haben.

    „Jede Zeit hat ihre Stunde, gab Gobi nur trocken zur Antwort. „Was soll ich denn mit einem solchen Satz anfangen? „Lass ihn einfach so stehen, du kannst im Jetzt nicht immer an das Gestern denken, sonst siehst du das Licht nicht, das dir heute scheint. Gut, dass es Gobi gab! Sie hatte es, wie schon so oft geschafft, dass ich mich besser fühlte. Meine Faschingslaune stieg, Rosenmontag stand noch bevor – und damit auch eine Chance, Jonas wieder zu treffen! „Rena, entspanne dich endlich! Es gibt doch noch andere tolle Männer!, bremste Gobi mich. „Du hast ja keine Ahnung! Meine Gedanken fahren Achterbahn. Ich glaube, das ist die Liebe! „Denkst Du zwischendurch auch an meine Frisur? Kannst Du mir was Neues zaubern? Oh, wie, was – wir lachten miteinander. Ich spritzte ein paar Wassertropfen auf Gobi und setzte einen Schaumtupfer auf ihre schön geformte Nase. Unsere Freundschaft verband uns tief. Gobi war über das perfekt gelungene Ergebnis, eine klassische Variante ihrer Frisur, begeistert. „Also bis bald! Sie drückte mich und mahnte beim Abschied: „Denk dran, genieß am Montag den Faschingsball! Adele, Rena!, fügte sie in ihrem Schwäbisch hinzu.

    Es ging an diesem Tag Schlag auf Schlag im Salon, denn in den sechziger und siebziger Jahren hatte die Dauerwelle Hochsaison. Toupierte Köpfe mit Locken, Wellen, je höher desto toller. Reiners Spruch war unser Arbeitsmotto: „Zufriedene Kunden sind der Erfolg guter Arbeit". Damals war so ein Tag! Unser Team – Inge, Petra, Papa Reiner, der unser Chef war, und ich – schwangen die Putztücher. Unser Arbeitsplatz glänzte, als wir ihn gut gelaunt verließen. Ich zog mich in mein kleines Mansardenzimmer zurück. Es wirbelte in meinem Kopf und die Gedanken schlugen Purzelbäume. Wie gut, dass ich noch für die Gesellenprüfung büffeln musste!

    Die Zeit verflog – Rosenmontag! Im Fernsehen konnte man die Umzüge von Mainz, Köln und anderen Städten verfolgen. Wir saßen vor der Glotze und feierten mit dem Narrenvolk. Am späten Nachmittag hieß es Bahn frei für die eigene Aktion. Ich richtete mich für den Abend her und zog mit Inge und Werner los. „Vergiss die Zeit nicht, um ein Uhr bist du wieder da!, rief Mama hinterher und hörte nur noch mein „Ja, ja, ja …

    Ein Schieben und Drängen erwartete uns am Eingang. Die Stadthalle war so voll, dass man sich kaum vorwärtsbewegen konnte. Endlich am Sitzplatz angekommen fühlte ich mich plötzlich allein, zumal meine beiden Begleiter bereits den Weg zur Tanzfläche suchten. „Ich gehe besser wieder nach Hause! Doch was erblickte ich da! Im Trubel bewegte sich ein Hut mit Feder! Im Saal voller Cowboys, Clowns, Matrosen und Gefangenen im Ringellook bewegte sich diese Feder auf mich zu! War das jetzt Wirklichkeit oder träumte ich mit offenen Augen? Bemerkte er mich nicht …, wollte er es nicht oder erkannte er mich nicht? Fuß über Kopf, ohne zu wissen, was geschah, sprang ich so schnell auf, dass mein Stuhl mit einem Knall umkippte. Keiner achtete darauf, keiner hörte es, der Geräuschpegel war so laut, dass sich auch mein Rufen in der treibenden Narrenflut verlor. Mein Blick war einzig auf die Feder gerichtet, meine wichtigste Aufgabe war, so schnell wie möglich dorthin zu gelangen. Wie eine Ertrinkende ruderte ich. Und da! Er war es, Jonas war tatsächlich in ein und demselben Raum! Was für ein unglaublicher Zufall! „Rena, machte ich mir Mut, „du schaffst es, du erreichst ihn in diesem wild wogenden Meer von Narren!"

    Immer wieder tauchte der Kopf samt grünem Hut unter, doch die Feder schwebte wie ein Zeichen über der Menge. Endlich war ich nah dran, während Jonas mich immer noch nicht im Blick hatte. Blitzschnell klopfte ich ihm auf die Schulter „Da bin ich! Seine blauen Augen und sein Lächeln sagten mehr als alle Worte. „Schön, dass du da bist, wollen wir gleich tanzen? Es klang so selbstverständlich, als ob wir uns erst gestern voneinander verabschiedet hätten! Die Schmetterlinge in meinem Bauch flogen kreuz und quer. Das war wohl das berühmte Gefühl, das alle beschrieben, wenn sie von der großen Liebe sprachen. Und wie ich die Stimmung, die Berührung, das Tanzen und Lachen genoss und wie wir uns verstanden! Diese Zweisamkeit war traumhaft. Wir hatten einen stillen Platz für uns entdeckt und waren uns einig, dass wir uns wiedersehen wollten „Das wird uns dieses Mal nicht passieren, dass du, liebe Rena, wie ein Geist auf einmal entschwindest! rief Jonas begeistert, als wir unsere Adressen und Telefonnummern austauschten. Wie im siebten Himmel und voll Zuversicht kämpften wir uns auf die Tanzfläche zurück. Ich spürte die Gewissheit in mir, dass Jonas das Wunder der Liebe verkörperte und ausstrahlte. Aus unserer Glückseligkeit, aus der wir zeitverloren gar nicht mehr zurückkehren wollten, holten uns jedoch bald Inge und Werner: „Ab nach Hause! Ein Händedruck und eine innere Klarheit, dass wir uns ohne weitere Absprache am kommenden Wochenende treffen würden, verband uns wie in einem Traum. „Darf ich dich anrufen? „Ja, ich freue mich, flüsterte ich und schon verschluckte uns die Nacht. Jeder folgte seinem Weg.

    So begann meine erste und einzige große Liebe. Das mag sich für Dich, lieber Leser, altbacken anhören und Dir im oft schnellen Partnerwechsel unserer Zeit fremd vorkommen, doch ich möchte dieses einmalige Glück nicht missen. Liebeskummer war mein Leben lang ein Fremdwort.

    Gobi hatte recht und ich kann ihren Satz nur wiederholen: Jede Zeit hat ihre Stunde.

    Das Leben war wie eine Entdeckungsreise, ich fieberte schon dem Wochenende entgegen. Als Jonas mit seinem hellblauen VW Käfer mit dem Kreuz in der Heckscheibe pünktlich vorfuhr, hüpfte mir das Herz und mein Glück war vollkommen. Seit unserem ersten Kinobesuch wusste ich, dass Jonas „mich auch mit Ecken und Kanten" mochte.

    Wie immer war ich gut in Form und vor allem, was die Frisur betraf, der Mode einen Schritt voraus. Doch damit holte ich mir im dunklen Kino nicht gerade Pluspunkte. Kurzum, ich täuschte langes Haar vor, indem ich eine Halbperücke trug, die ich mit einem weißen Band fixiert hatte. Im Gefecht von Küssen, Schulteranlehnen und Pfefferminzbonbons verrutschte das Teilstück. Als das Licht im Saal wieder anging, kam Jonas’ dezente Frage, ob denn meine Haare außer Rand und Band seien? Er gesagt, ich getan: Ruck, zuck! nahm ich den Haarersatz vom Kopf und steckte ihn – ab damit – in die Handtasche. Wie eine nasse Maus mit weißem Band sah ich nun wohl gewöhnungsbedürftig aus. „Du unbekümmertes Wesen, da bleibt mir doch glatt die Spucke weg, kommentierte Jonas. Für mich war das kein Problem. Im Auto angekommen, rückte ich als angehende Friseuse entsprechend fingerfertig meine Haare zurecht. Ab diesem Treffen war ein zusätzlicher Begrüßungssatz geboren. „Bist du echt oder nur Ersatz? Bei jedem Wiedersehen hörte ich nun Jonas humorvoll die Frage stellen.

    Oft habe ich mich gefragt, was Liebe ist. Keiner hat mir bis jetzt eine genaue Antwort gegeben. Ich beschreibe Liebe immer so, wie ich sie aus meiner Kindheit und vor allem seit meiner Begegnung mit Jonas zu verstehen begann:

    Es gibt keine Schwierigkeiten, die sich nicht mit Liebe bewältigen lassen, keine Krankheit, die sich nicht mit Liebe heilen lässt, keine Tür, die sich nicht mit Liebe öffnen lässt.

    Es spielt keine Rolle, wie groß das Problem ist, wie hoffnungslos der Anschein, wie tief die Verwirrungen, wie schwerwiegend der Fehler.

    Mit Liebe lässt sich alles auflösen.

    Das war also mein Lebensmotto, ich war beseelt vom Glücksgefühl der großen Liebe. Menschen sprachen mich an, was mit mir passiert sei, ob ich im Lotto gewonnen habe? Lachen und Heiterkeit gehörten zu Jonas und mir und verfolgten uns auf Schritt und Tritt. Was die Zukunftspläne betraf, waren wir beide von der „schnellen Truppe. Wir spürten, dass unsere Liebe für eine Ehe reichte. Somit planten wir, unsere Verlobung mit unseren Familien am ersten Advent zu feiern. Alles sollte seine Ordnung und Richtigkeit haben. Noch heute klingt mir der alte Standpunkt in den Ohren, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde. „Mädchen, vergib dir deine Krone nicht! Bevor du dich ganz hingibst, solltest du wissen, ob es der richtige Mann zum Heiraten ist.

    Heute lache ich darüber, denn in der Zeit der Pille ist es etwas anderes. Doch in den Siebzigern wollte ich nicht unbedingt heiraten „müssen".

    Jonas kam für mich an erster Stelle, was er sagte oder tat, war für mich klar und durchdacht. Vielleicht lag es daran, dass er acht Jahre älter war. Wehe, meine Eltern wagten es, etwas gegen ihn vorzubringen. Da war ich sofort auf Hundertachtzig. Doch solche Anfälle nahmen meine Eltern Gerti und Reiner als deutlichen Beweis, dass ich Jonas ohne Wenn und Aber liebte. Jonas und ich gingen unseren Weg ohne große Hürden. Es war eine traumhafte Zeit. Die Hochzeit im Jahr 1973 war mit 140 geladenen Gästen der Höhepunkt. Wir tanzten, lachten und hatten Spaß. Sketche wurden vorgetragen, für das leibliche Wohl war gut gesorgt. Um vier Uhr morgens traten die letzten Gäste den Heimweg an. „Schön war´s, lustig war´s," und als endlich auch wir beide das Gasthaus verließen, klang der wundervolle Tag aus mit seinem neuen Morgen und dem in sich so runden Gefühl, dass jede Zeit ihre Stunde hat. Stolz saß ich im Auto und stellte mir vor, wie Jonas mich über die Türschwelle tragen würde, wie wir die Hochzeitsnacht genießen und, und, und. Das war jedoch nur in meinen Träumen gespeichert, denn ich hatte vergessen, dass wir erst einmal 20 Stufen bis zur Eingangstür bewältigen mussten. Jonas nahm mich an der Hand und wir erklommen wie ein schon lange verheiratetes Ehepaar Stufe um Stufe das gemeinsame Zuhause. Müde, aber glücklich schliefen wir ein. Was für ein Leben wartete auf uns!

    In den folgenden Wochen und Monaten holte uns der Alltag bald ein. Wir gingen, wie wir es als Schwaben gelernt hatten, fleißig zur Arbeit.

    Alle unsere Freunde hatten schon Kinder. Das wollten wir natürlich auch. Da ich über den Eisprung genau Buch führte, war es anhand der Fieberkurve nur eine Frage des genauen Augenblicks. Es blieb trotzdem spannend. Schließlich klappte die Planung und im Jahr 1975 erblickte unser Goldschatz Ann Kathrin das Licht der Welt. Das Glück schien vollkommen. Man sagt so schön, gib deinen Kindern Wurzeln, solange sie klein sind, wenn sie größer und erwachsen werden, gib ihnen Flügel, damit sie selbständig werden. Ich wollte sehen, ob es nur eine Redewendung war. Auf jeden Fall, so dachte ich, lohnt es sich, wenn gute Gedanken gelebt werden.

    Unseren ersten gemeinsamen Urlaub verbrachten wir in einer Ferienwohnung im Allgäu. Mit einem neu erstandenen Tragegestell für Ann Kathrin ging es sofort in die Berge. Der Wettergott, unberechenbar wie immer, überraschte uns nach zwei Stunden mit Regen. Ann bekam davon nichts mit, in unserem speziellen „Rucksack saß sie sicher und geschützt, bis mitten am Tag der Sandmann zu ihr kam. Das war nun eine Herausforderung für uns junge Eltern, denn der Tragesitz stellte sich beim Schlafen als Fehlkonstruktion heraus. Ann Kathrins Kopf fiel entweder nach vorne oder zur Seite. „Aufgepasst, sagte ich zu Jonas, „jetzt brauchen wir Teamwork." Im Gleichschritt mit Jonas hielt ich Anns Kopf. Der Verkäufer hörte als Lohn für seine schlechte Beratung bestimmt seine Ohren klingen! Doch es stellte sich auch in dieser Situation heraus, dass wir selbst auf engen Pfaden den Dreh für ein gutes Miteinander kannten.

    Als Ann Kathrin, schon älter, zu Fuß mitmarschierte, bekam das Tragegestell eine neue Aufgabe. Bei Gemeinschaftstouren mit Freunden diente es als Getränketräger. Die Ausflüge mit einem Grillfeuer waren immer Höhepunkte, nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Erwachsenen. Es folgten Kegelausflüge nach Rom, Athen und Istanbul. Die Kinder blieben unterdessen bei den Großeltern. So konnten Jonas und ich richtig entspannen. Nicht nur Städtereisen, sondern auch erlebnisreiche Skiausflüge gehörten dazu. „Rena, du kleine Pistensau", nannten mich meine Freundinnen. Es war großartig, den ganzen Tag mit den Männern die Pisten zu erobern, mit einem Hüttenschwung zwischendurch. Meistens waren die Frauen dann ebenfalls nachgekommen. Wir erlebten eine Zeit voll Leichtigkeit und Ausgelassenheit, die uns in unsrer Jugend in die Wiege gelegt war. Lachen erfüllte den Hüttenraum, oft schien dabei mein Körper in eine andere Welt zu schweben. Solche Momente vermittelten Vertrauen und Sorglosigkeit, wie sie Freundschaft mit sich bringt.

    Diese Form der Beziehung ist ein besonderes Gut, sie wächst langsam, und wenn sie das wahre Wunder von Geben und Empfangen erlebt, ist sie ein großes Geschenk und eine Fülle des Lebens.

    Eine wunderbare Geschichte, die ich Dir dazu empfehlen kann, ist Vera Zingsems preisgekröntes Märchen „Das Geheimnis der Sonne"¹, das von der Begegnung eines Mistkäfers und eines Schmetterlings handelt.

    Freunde gehen durch dick und dünn. Eine gute Ehe hat dabei etwas mit der Freundschaft gemeinsam: Sie befähigt, ohne viele Worte, dem Lebenspartner Wünsche von den Lippen zu lesen.

    Was ist der tiefere Sinn, dass dieses Buch seinen Anfang nahm? Warum sitze ich nun schon den dritten Tag auf der Gartenbank, ziehe intensiv die frische Luft ein und betrachte den blauen Himmel, an dem genau über mir ein Adlerbussard kreist?

    Die Natur mit ihren vier Elementen begeistert mich seit jeher. Der Blick, den der Adler zur Erde wirft, vermittelt mir, wie sich Freiheit und Leichtigkeit zu jeder Zeit anfühlen. Diese Ruhe lässt meine Finger über die Laptop-Tasten fliegen.

    Auf der nahen Wiese geht ein Fuchs auf Beutejagd. Die Raben, die gerade im feuchten Morgengras ein paar Würmer ergattert haben, suchen schnell das Weite.

    Es ist wieder still – und genau in diesem Moment sinkt ein Laubblatt von der neben mir stehenden Buche auf meine Tastatur herab. Lächelnd nehme ich es und lege es auf die unterste Seite meines Notizblocks zum Pressen. In meiner Vorstellung sehe ich das Blatt schon als Lesezeichen in einem meiner Bücher. Meine Vision beginnt sich zu realisieren.

    Es ist nicht schwer, in dieser Art mit allen Sinnen die Welt zu entdecken. Tauch daher mit ein in den Lebensstrom! Lass uns sehen, welche Erlebnisse Wunden zurückgelassen haben. Vielleicht sind lediglich Narben vorhanden, die uns noch daran erinnern. Das Leben sorgt ganz von selber für Höhen und Tiefen.

    Komm, lass uns weitergehen!

    Kapitel 3

    Das Projekt „Eigenheim"

    Jonas hatte mit seinem Vater ein eigenes Geschäft eröffnet. In den ersten drei Jahren bedeutete es viel Arbeit und wenig Freizeit. Doch Jonas war ein außergewöhnlicher Mann. Wo er zupackte, war die Arbeit gut gemacht. Es schien alles glatt zu laufen, die Aufträge versprachen Erfolg. Walid, der Vater von Jonas, beschloss, ein Werkstattgebäude mit Garagen zu errichten. Das hieß, neben den im Alltag anfallenden Kundenaufträgen auch in der Freizeit oder bis spät in die Nacht bei Scheinwerferlicht zu hämmern, zu bohren und Kabelkanäle zu verlegen.

    Es dauerte nicht lange, bis ich bei Jonas immer häufiger ein eigenartiges Husten bemerkte. Da ich genauso wie meine Schwiegermutter auf natürliche Heilmethoden und Homöopathie schwor, setzten wir auf Schmalzwickel und Hustensaft mit Efeuextrakt. Doch das Keuchen nahm nicht ab. Ein Zeichen, zum Arzt zu gehen! Doch auch dessen Medikamente bewirkten keine Linderung. Im Gegenteil! Jonas bekam zusätzlich ein Abszess, wieder halfen die Hausmittel nicht und der Facharzt ordnete einen operativen Eingriff an, um den Entzündungsherd zu entfernen. Schlag auf Schlag folgte und wir kamen nicht zur Ruhe. Denn der Husten rührte von einer verschleppten Lungenkrankheit. Jetzt waren Liebe, Freundschaft und eine Portion hoffnungsvoller Gedanken gefragt. Jonas kam zur Erholung ins Sanatorium. Vorsichtig versuchten uns die Ärzte die Tests und weitere Untersuchungen, die uns in Atem hielten, zu erläutern, bis sich bei der Diagnose Tuberkulose bestätigte, zum Glück noch im Anfangsstadium und heilbar. Die ganze Familie wurde auf Erreger untersucht, wir waren alle gesund samt unserem Goldschatz Ann Kathrin. Ich sah meinen sonst so lebensfrohen Mann das erste Mal weinen. Das ging mir sehr nah.

    In unseren dreieinhalb Jahren Ehe waren wir noch nie getrennt. Jetzt sollte es auf ein halbes Jahr für die anstehende Heilung geschehen. Da mein Immunsystem auf den Test gut reagiert hatte, konnte ich Jonas wenigstens besuchen: Da leuchtete im Raum die Sonne auf trotz strömendem Regen! Wir brauchten die Aufmunterung, spürten die Kraft und Achtsamkeit in unserem täglichen Miteinander, ob am Telefon oder beim Besuch in der Klinik.

    Jonas hatte plötzlich viel Zeit zum Nachdenken. Das veränderte unseren weiteren Lebensweg. Mein Mann ahnte, dass das Leben im Haus seiner Eltern für unsere junge Familie so nicht mehr weitergehen konnte.

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