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ALIEN: COVENANT - der offizielle Roman zum Film: SciFi-Horror
ALIEN: COVENANT - der offizielle Roman zum Film: SciFi-Horror
ALIEN: COVENANT - der offizielle Roman zum Film: SciFi-Horror
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ALIEN: COVENANT - der offizielle Roman zum Film: SciFi-Horror

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About this ebook

Ridley Scott's ALIEN: COVENANT ist die langerwartete Fortsetzung der Alien-Saga.
Auf dem Weg zu einem weit entfernten Planeten am anderen Ende der Galaxie entdeckt die Crew des Kolonisierungsraumschiffs Covenant einen Planeten, den sie für ein unentdecktes Paradies halten. Doch der vermeintliche Garten Eden entpuppt sich schnell als dunkle und gefährliche Welt. Als die Crew sich daraufhin einer entsetzlichen Bedrohung jenseits ihres Vorstellungsvermögens gegenüber sieht, bleibt ihr nichts anderes als die Flucht. Doch diese fordert gnadenlos ihre Opfer …
Alien: Covenant ist das Schlüsselabenteuer, das dem bahnbrechenden ersten ALIEN-Film voraus geht und zu Ereignissen führt, die den Kreis zu einer der furchterregendsten Sagas aller Zeiten schließen.
© 2017 Twentieth Century Fox
LanguageDeutsch
Release dateApr 1, 2022
ISBN9783958352230
ALIEN: COVENANT - der offizielle Roman zum Film: SciFi-Horror

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    Book preview

    ALIEN - Alan Dean Foster

    I

    Es träumte nicht. Dazu war es nicht fähig. Das Fehlen dieser Fähigkeit war keine Absicht, kein Vorsatz. Es war einfach eine bekannte Konsequenz, die aus seiner Schöpfung resultierte. Der Gedanke dahinter war, dass es keine Überraschungen geben sollte.

    Ohne ein unbewusstes Bewusstsein gab es auch keine abstrakte Begriffsbildung. Es fehlte die Ansammlung spekulativer Informationen, die zum Träumen notwendig war.

    Und doch – gab es da etwas. Schwierig, es zu definieren. Im Grunde genommen konnte es nur seinen Zustand der Nichtexistenz definieren. Es konnte nur verstehen, was es nicht wusste, nicht sehen konnte, nicht spürte.

    Im Fehlen des Träumens gab es auch keinen Schmerz. Es gab keine Freude. Von beidem gab es nicht einmal einen hypofraktionierten Prozentsatz. Es gab nur den anhaltenden Zustand eines nicht ganz vollständigen Nichts. Beinahe zu sein.

    Dann eine Wahrnehmung, die zu einem Gedanken führte. Analyse: mögliche visuelle Reizaufnahme. Eine Voraussetzung für auxiliäre neurale Stimulation. Neuronen wurden abgefeuert. Elektrische Impulse verschickt. Es gab eine kleine aber unbestreitbar neuromuskuläre Reaktion.

    Augen öffneten sich.

    Es konnte sein Gesicht nicht sehen. Hätte es das gekonnt, und hätte es weitere kognitive Fähigkeiten gekannt und diese aktiviert, hätte es ein menschliches Gesicht bemerkt. Frisch, makellos, ohne Falten durch hohes Alter oder zu viel Nachdenken. Gleichmäßig und gut aussehend. Blaue, regungslose Augen. Neu. Dieses spezielle Gesicht würde nicht den Geist widerspiegeln, der dahinter verborgen lag. Sowohl das Gesicht als auch der Geist waren konzipiert worden – programmiert –, aber nur eines davon war in der Lage, sich zu verändern.

    Akustische Wahrnehmung. Das Erkennen äußerer Geräusche. Als Reaktion darauf erwachten weitere neurale Verbindungen. Es hörte eine Stimme, die Worte formte. Sie zu verstehen, war leicht; sogar leichter als aufzuwachen.

    »Wie fühlst du dich?«

    Langsam.

    Es musste sich langsam bewegen. Achtsamkeit war lebensnotwendig. Es war wichtig, dass der ungeduldige Körper dem beschleunigten Geist untergeordnet blieb.

    Einen vorläufigen Test ausführen, und dann bestenfalls einen, bei dem verschiedene Systeme miteinander interagierten.

    Langsam, methodisch, öffneten und schlossen sich Augenlider. Die Frage bedurfte einer verbalen Antwort. Die Bewegung von Luft, Lippen, Zunge.

    »Lebendig.« Seine Stimme war ruhig, gleichmäßig. Normal. Vielleicht mit einer Spur Überraschung – die Aufmerksamkeit konzentrierte sich noch eher auf das eigene Befinden als auf den Fragesteller. »Blinzeln … fühlen … blinzeln.«

    »Sehr gut« sagte die Stimme. »Was noch?«

    »Leben. Blinzeln.« Zur Bekräftigung blinzelte es … er wieder. Die Programmierung bestätigte jetzt, ein Er zu sein … die gleichen neuralen Bahnen, leicht verbesserte Geschwindigkeit, gleiches Ergebnis. Gut. Erfolgreiche Wiederholung bestätigte die Funktionsfähigkeit.

    Ganz in der Nähe lächelte ein Mann. Genugtuung war seinem Gesicht abzulesen, aber keine Wärme. Er legte den Kopf leicht schief, während er die Gestalt studierte.

    »Was siehst du?« Als keine Antwort folgte, fügte er ermutigend – oder vielleicht befehlend – hinzu: »Sprich.«

    Es-Er suchte den umgebenden Raum ab, analysierte, identifizierte. Eine Flut von Informationen externer Quellen: visuell und akustisch. Nichts davon überwältigend. Mühelos aufgenommen. Ein unerwarteter Genuss stellte sich ein, jene Art der Befriedigung, wenn man etwas besonders gut tat. Erkenntnisse stürzten auf ihn ein.

    Der Raum war groß. Aus einem Boden aus Milchglas und Quarz wuchs eine Fülle an Mobiliar, alt und neu, wie seltene Blumen in einem sorgfältig angelegten Garten. Das Design war exquisit, der Geschmack erlesen. Kunstwerke zierten die Wände; und die Wände waren ihrerseits Kunstwerke, durch die Wahl der Materialien, mit denen man sie errichtet hatte. Die Beleuchtung variierte in dem Raum, je nach Bedarf.

    Es-Er fuhr damit fort, den Raum zu untersuchen, während Es-Er gleichzeitig identifizierte. Die Identifizierung erfolgte verbal, wie gewünscht.

    »Weiß … Raum … Stuhl. Thron. Carlo-Bugatti-Thron. Hauptbestandteile Walnuss und geschwärztes Holz. Zinn, Kupfer, Messing. Leicht restauriert.« Die Augen fuhren umher, fütterten das Gehirn mit Informationen. »Piano. Steinway Konzertflügel. Geeignet für alle Arten von Kompositionen. Von Pergolesi über Penderecki bis Pang-lin. Die Alliteration ist gewollt.«

    »Spinnennetz in der Ecke«, fuhr Es-Er fort. »Pholcus phalangioides, Webspinne. Besser bekannt als Große Zitterspinne oder Daddy Langbein. Harmlos. Ebenfalls harmlos: Piano-Spinnen-Musik-Verbindung: Fred Astaire, Tänzer, Kinofilm Daddy Langbein, 1955.« Augen in Bewegung, alles in sich aufnehmend. Identifizierend und bewertend.

    »Kunst. Natività, die Geburt Christi, von Piero della Francesca, Italiener, 1416 bis 1492 …« Sein Blick fand Weyland. Er verstummte.

    »Ich bin dein Vater«, unterbrach Weyland das Schweigen.

    Weyland, Sir Peter. Geboren am 1. Oktober, 1990. 2016 zum Ritter geschlagen.

    Es-Er dachte sorgfältig nach, bevor Es-Er antwortete.

    »Mensch.«

    »Ich bin dein Vater«, wiederholte Weyland. Lag da ein Anzeichen von Verärgerung in seiner Stimme? Oder lediglich Ungeduld? Es-Er entschied, nicht länger auf dem Punkt zu beharren. Es gab nichts zu gewinnen. In Ermangelung weiterer Fragen schwieg Es-Er weiter.

    »Blinzele«, befahl Weyland.

    Es-Er tat es. Es bedurfte nicht länger einer Analyse vor der Befolgung einer Anweisung – nur die Reaktion. Die simple neuromuskuläre Erwiderung bedurfte nur einer kleinen Anstrengung. Weyland seufzte leicht und wählte seine nächsten Worte mit Bedacht.

    »Bewege dich.«

    Es-Er erhob sich von dem Platz, an dem Es-Er nicht gestanden hatte, und lief. Da es keine genaue Anweisung gab, entschied Es-Er, seinen Weg selbst wählen zu können. Das brachte Es-Er dazu, schrittweise ein paar Objekte in dem Raum zu untersuchen. Das tat Es-Er schweigend, ohne aus eigenem Antrieb eine Konversation zu beginnen.

    »Perfekt«, sagte Weyland.

    Es-Er hielt inne und lenkte seine Aufmerksamkeit vom Leblosen zum Lebendigen.

    »Bin ich das?«

    »Perfekt?« Weyland schien leidlich überrascht, zu diesem Zeitpunkt der kognitiven Entwicklung schon eine Frage gestellt zu bekommen. Überrascht, aber nicht erfreut. Es implizierte so viel mehr als die reine Fähigkeit zur Konversation. Das war zu erwarten gewesen, aber nicht so früh.

    »Nein«, korrigierte Es-Er. »Bin ich dein Sohn? Gewisse Aspekte der Wahrnehmung korrelieren nicht mit dieser Schlussfolgerung.«

    Weyland antwortete sofort, als hätte er mit einer solchen Frage gerechnet. »Du bist meine Schöpfung.«

    Analyse: »Das ist nicht zwangsläufig das Gleiche.«

    »Semantik«, beharrte Weyland. »Ich bestimme dich. Das genügt. Für deinen Einsatzzweck ist das ausreichend.«

    Dieses Mal keine Diskussion. Stattdessen: »Wie heiße ich?«

    Das verblüffte Weyland. Offenbar war er nicht auf alles vorbereitet. Er dachte einen Moment darüber nach. Er musste improvisieren, was auf ganz eigene Art für einen Erfolg mindestens so wichtig war wie gute Vorbereitung.

    »Sag du es mir«, antwortete er. »Such dir deinen Namen aus. Deine erste selbstbestimmte Tat.«

    Es-Er sah sich um. Die Einrichtung bot genügend Inspiration. Seine Gedanken schufen neue Bahnen. Es sollte bedeutungsvoll sein, aber leicht auszusprechen, leicht zu merken. Nichts emotional Aufdringliches.

    Seine optischen Sinne stoppten und identifizierten Michelangelos David-Statue aus Carrara-Marmor. Es-Er konnte die leichten Erhebungen und Gravierungen des Flachmeißels erkennen. Eine Kopie möglicherweise, aber mit echter Kreativität angereichert. Nicht zwangsweise ein Widerspruch. Er lief zu ihr hinüber.

    »David«, sagte er. Von Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni. Im Sommer 1504 vollendet und errichtet. »Wir sind David.« Es-Er streckte eine Hand aus und stellte Kontakt mit dem Stein her. Er war kalt, trocken, unnachgiebig. Nicht menschlich, und doch so überaus menschlich. »Wunderschön und kalt.«

    »In jeder Hinsicht perfekt«, pflichtete Weyland bei.

    »David«, raunte er. Laut ausgesprochen in diesem wunderschönen, teuren, sterilen Raum, empfand er den Klang seines eigenen Namens als befriedigend. Er würde genügen. Er drehte sich zu Weyland um, der ihn beobachtete. Ein Netzwerk aus Neuronen erzeugte Neugier. »Warum hast du mich geschaffen?«

    Der Industrielle war entzückt.

    »Abstrakte Fragestellung, gut …«

    Das war weder eine Antwort, noch schien es ausweichend gemeint zu sein.

    David versuchte es noch einmal. »Warum hast du mich geschaffen, Vater?«

    Die nächste Antwort wich der Frage aus. Sie implizierte eine Erwartungshaltung und Neugier. Beides korrelierte exakt mit dem, was David erlebte, und er verstand.

    »Spiele.« Weyland deutete auf den Konzertflügel. David ging zu dem Instrument hinüber und nahm sich kurz Zeit, die Bank davor zu untersuchen. Ihre Höhe, Stabilität, Funktion.

    Er nahm ohne Mühen Platz.

    Schweigen, und dann fragte er: »Was möchtest du, dass ich spiele?«

    Weyland dachte einen Moment darüber nach. »Wagner«, sagte er schließlich.

    David antwortete, ohne zu zögern oder Weyland anzusehen: »Medley.«

    Zum zweiten Mal wählte Weyland das Geschenk der freien Wahl. »Der Geber entscheidet.«

    Die Antwort kam sofort: »Einzug der Götter in Walhall?«

    Ein weiterer erstaunter Blick. »Ohne Orchester? Das wäre anämisch. Brians Gotische ohne die Chöre. Hovhanesses St. Helens ohne das Tam-Tam. Markhonim ohne den Berg. Verwässert.«

    »Findest du?« David ließ sich nicht abbringen. »Wir werden sehen.«

    Er begann zu spielen.

    David spielte nicht einfach nur, indem er auf perfekte Art und Weise die berühmte Passage aus dem Rheingold wiedergab, sondern schuf während des Spiels gleichzeitig seine ureigene Variation des Themas. Die Musik schwoll an, während sich Weyland an seiner Schöpfung erfreute.

    »Erzähle mir die Geschichte«, forderte er den Künstler auf.

    »Das ist das Ende der Oper Das Rheingold.« Trotz der Hochherzigkeit der Musik blieb Davids Reaktion emotionslos. Seine Stimme blieb exakt die gleiche, während er spielte, egal, ob die Musik in pianissimo oder fortissimo erklang. An den geeigneten Stellen erzitterte das Instrument unter seinen Fingern, seine Worte jedoch nicht.

    »Die Götter haben den Menschen den Rücken gekehrt, weil sie schwach, unbarmherzig und von Habgier besessen sind, und deshalb verlassen sie auf immer die Erde, um in ihr perfektes Himmelreich zurückzukehren – die Festung Walhalla. Doch jeder ihrer Schritte ist von Tragödien überschattet, denn die Götter sind verdammt. Es ist ihr Schicksal, in einem verheerenden Feuer zu sterben, das nicht nur sie, sondern Walhalla selbst verschlingen wird. Sie sind so korrupt wie die Menschen, die sie zurückließen, und ihre Macht ist nur eine Illusion.«

    Unvermittelt hörte er auf zu spielen, irgendwo in der Mitte der Regenbogenbrücke.

    »Es sind falsche Götter.«

    Weyland war fasziniert. »Wieso hast du aufgehört? Du hast so wundervoll gespielt. Deine persönliche Interpretation war – perfekt.«

    Zum ersten Mal beantwortete David eine Frage mit einer Gegenfrage. »Darf ich dich etwas fragen, Vater?«

    »Bitte.« Es schien, als ob er damit gerechnet hatte. »Frag mich, was immer du willst.«

    »Wenn du mich geschaffen hast«, sagte David, »wer schuf dann dich?«

    »Ah, die Frage aller Fragen, von der ich hoffe, dass du und ich sie eines Tages beantworten werden. Du bist elegant, makellos und aufrichtig, David, während die Antwort auf diese Frage es nicht ist. Besonders nicht angesichts der ungeheuren Vielfalt von Optionen, wie sie von vielen begünstigt werden. Wir werden unsere Schöpfer finden, David. Schöpfer, denn was unsere Schöpfung anbelangt, glaube ich nicht an die Einzigartigkeit.«

    »Außer bei dir selbst«, berichtigte David ihn. »Du bist einzigartig.«

    »Das bin ich, im wahrsten Sinne des Wortes«, stimmte Weyland zu. »Aber ich bin eine Ausnahme.«

    David dachte darüber nach. »Jeder hält sich selbst gern für einzigartig. Man kann sich nicht selbst definieren.«

    Weyland tat die Bedenken seiner Schöpfung mit einem Schulterzucken ab.

    »Dann werde ich es anderen überlassen, mich so zu definieren, wie sie wollen, und bin mit meiner persönlichen Meinung zufrieden. Ich wiederhole: Wir werden unsere Schöpfer finden. Wir werden uns ihnen zu erkennen geben und an ihrer Seite Walhalla betreten.« Er schritt durch den luxuriösen Raum und deutete auf eine unbezahlbare Skulptur, ein einzigartiger Guss, ein herausragendes Zeugnis der Fähigkeiten des Künstlers. Die ganze Zeit über wurde er von den beiden einzigen anderen Augen im Zimmer verfolgt. Gemustert.

    »All das … diese Wunder an Kunst und Design und menschlicher Genialität, sind beispielhaft für die großartigsten Schöpfungen der Menschheit.« Er drehte sich um und betrachtete seinen Nachkommen. »Diese Dinge … und du. Die herausragendsten Schöpfungen von allen. Denn du bist Kunst, David.« Er deutete in den Raum. »Der David, der du bist, ist so viel Kunst wie diese außergewöhnliche Skulptur dort. Und doch ist alles, all das hier, und ja, auch du, bedeutungslos angesichts der einzigen Frage, die zählt. Woher kommen wir?«

    David, der vor einem Triptychon von Bacon stand und von dessen sich vor Schmerzen krümmenden Monstern eingerahmt wurde, beantwortete die Frage erneut mit einer Gegenfrage: »Wieso glaubst du, dass wir von irgendwoher kommen?« Zum ersten Mal seit seinen ersten Worten war eine Betonung in Davids Worten auszumachen. »Die Vielen, die du erwähntest, glauben nicht daran, dass wir von irgendwoher kommen. Wieso sollten sie falsch liegen, und du richtig?«

    Weyland stieß ein schwaches Grunzen aus.

    »Die Geschichte der Wissenschaft ist ein ausgezeichnetes Beispiel für Minderheiten, die der Masse das Gegenteil bewiesen. Darum geht es in der Forschung. Darum geht es in der Kunst. Turner und Galileo studierten den Himmel und teilten die gleiche Geisteshaltung, während sie sich der Sache von verschiedenen Seiten aus näherten. Ich sehe mich selbst als einer von ihnen.«

    »Ich weigere mich zu glauben, dass die Menschheit nur eine zufällige Randerscheinung molekularer Umstände ist«, fuhr er fort. »Kaum mehr als das Resultat eines biologischen Zufalls und träger Evolution. Wenn ich so etwas sage, dann als Wissenschaftler. Es gehört mehr dazu, als ein Blitz, der eine Kohlenstoffsuppe in Bewegung versetzt. Da ist mehr. Da muss mehr sein, und wir werden es finden, Sohn.« Er machte eine Handbewegung, die den Raum und seine ganze Pracht einschloß. »Anderenfalls hat nichts von alledem eine Bedeutung.«

    David schwieg für einen Moment, bevor er antwortete. Dieses Mal nicht als Frage.

    »Erlaube mir dann, darüber nachzudenken.«

    Mit jedem Wortwechsel erstarkte er mehr und mehr als individuelles Wesen und sein Selbstvertrauen in seine Fähigkeit zur Kommunikation wuchs.

    »Du hast mich geschaffen. Und doch bist du unvollkommen. Das lässt sich erkennen, auch wenn du es nicht direkt ansprichst. Ich selbst, der ich perfekt bin, werde dir dienen. Und doch bist du menschlich. Du suchst nach deinem Schöpfer. Ich sehe meinen vor mir. Du wirst sterben. Ich nicht. Das sind Widersprüche. Wie werden diese gelöst werden?« Er starrte den Industriellen mit undurchdringlicher Miene an.

    Weyland deutete zu seiner Rechten.

    »Bring mir die Tasse Tee.«

    Ein dampfendes Teeservice stand auf einem Tisch weniger als einen Meter von ihm entfernt. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, sich umzudrehen und die Tasse selbst aufzunehmen. Davids starrer Blick wich nicht von ihm, sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Weyland wiederholte die Frage, nur etwas nachdrücklicher.

    »Bring mir die Tasse Tee, David.«

    Um das zu tun, musste David den gesamten Raum durchqueren. Obwohl ihm die Unstimmigkeit zwischen der Bitte und der Realität nicht entging, folgte er der Aufforderung. Mit einer geschmeidigen Bewegung nahm er die Kombination aus Tasse und Untertasse auf und reichte sie Weyland.

    Nach einem Moment, dessen Bedeutung wichtiger war als die reine Dauer, nahm Weyland die Tasse entgegen und nippte daran.

    Die Frage war beantwortet und der Standpunkt dargelegt worden, mit einem Minimum an Worten. David war erschaffen worden, um zu dienen. Diese Beziehung duldete keine weitere Diskussion. Da gab es nichts zu debattieren, kein Abwägen von Befindlichkeiten. Die Schöpfung diente dem Schöpfer. Das war ein Fakt, und Fakten ließen sich nicht verändern. Vorausgesetzt, dass man sie zuvor als Fakt bewiesen hatte. Ausgehend von den wissenschaftlichen Grundsätzen war dies nur möglich, indem man seine Studien anwendete, um Beweise für seine Theorien zu finden. Wenn man hinreichend Beweise anhäufen konnte, hatte man einen Fakt. Der fehlende Bestandteil war die Zeit.

    David stand schweigend neben Weyland und wartete auf die nächste Frage oder den nächsten Befehl. Er hatte eine Menge Fragen.

    Und genügend Zeit.

    II

    Daniels schlief. Daniels träumte. Der kognitive Grenzbereich, den ihre Gedanken bevölkerten, war tief, doch der Unterschied kümmerte sie nicht. Es zählte nur, dass ihr Inhalt sie glücklich machte.

    Etwas strich über ihre Lippen. Es war dünn, fleischig, und der Druck, den es ausübte, war schwach. Genug, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Als sie es erkannte, lächelte sie, bevor ihre Augen sich öffneten. Ihr für gewöhnlich leicht nach unten gebogener Mund formte sich zu einem Lächeln.

    Ein ihr vertrautes Gesicht beugte sich über sie. Sie kannte jede Pore und jedes Fältchen darin. Von Letzteren waren noch nicht so viele zu sehen, aber es wäre ihr egal, wenn da noch ein paar mehr gewesen wären. Mit der Zeit würden sie ohnehin auftauchen. Und ganz bestimmt würde sie für einige von ihnen verantwortlich sein. So war das in der Realität. Im echten Leben.

    Das war etwas, worauf sie sich freute. Dass sie sich gegenseitig formen würden. Ein Teil von mir in deinem Gesicht, ein Teil von dir in meinem. Zusammen leben und zusammen wachsen. Ehefrau, Ehemann, und schließlich Kinder.

    Das weiche Gesicht von Jacob beugte sich näher heran und küsste sie.

    »Guten Morgen«, sagte er. »Ich hab den Schornstein versetzt.«

    Informationen, aber keinesfalls Neuigkeiten. Mit einem Stöhnen lächelte sie erneut und versuchte, sich unter einem Berg Kissen zu begraben. Grinsend schob er sie beiseite. Sie blinzelte, und ihre großen braunen Augen sahen ihn liebevoll an. Sie dominierten ein Gesicht, das mädchenhaft und doch ernst war, eingerahmt von einer ordentlichen Ponyfrisur, die ihre Stirn bedeckte, und einem leicht eingekerbten Kinn. Obwohl sie wie jemand aussah, der mit seinen Gedanken oft woanders war, nahm sie ihre Umgebung stets sehr bewusst wahr.

    »Komm schon, Schlafmütze. Das musst du dir ansehen.«

    Er rieb an einer verfärbten Seite eines kleinen Würfels, den er in der Hand hielt. Ein dreidimensionales Bild erwachte daraus zum Leben, und dehnte sich vor ihnen aus. Es schien absolut echt zu sein. Während er den Würfel in der einen Hand hielt, benutzte er die andere, um das Bild eines einfachen Bauwerkes zu verändern, drehte es gelegentlich, um einen anderen Blickwickel darauf zu haben, zoomte ins Innere, dann wieder heraus. Mit einer einfachen Fingerbewegung rief er Bezeichnungen zu dem Bild auf. Manchmal vergrößerte er sie, um sie besser lesen zu können, manchmal wischte er sie beiseite. Als er schließlich die Perspektive eingestellt hatte, die er wollte, stieß er eine Ansammlung von Anmerkungen zur Seite, um einen unverstellten Blick auf das Gebäude zu bekommen. Er konnte seine Aufregung kaum zurückhalten.

    »Schau es dir an. Ich hab ihn von der südwestlichen in die nordwestliche Ecke verschoben. Sieht besser aus, oder? Und wenn wir ihn wirklich jemals zum Heizen benutzen müssen, ist der Luftstrom im Nordwesten besser.«

    Mit schicksalsergebener Belustigung schüttelte sie ein paarmal den Kopf und umklammerte eines der Kissen, während sie zu ihm aufsah.

    »Du hast mich nicht deswegen geweckt«, sagte sie. »Bitte sag mir, dass du mich nicht deswegen geweckt hast.«

    »Und ich habe Kaffee gemacht«, fügte er entschuldigend hinzu.

    »Und es schneit.«

    Sie seufzte, begrub noch einmal für einen Moment ihr Gesicht in dem Kissen, und rollte sich dann aus dem Bett.

    Er hätte ihr den Kaffee gebracht, wenn sie ihn darum gebeten hätte, aber irgendwie bekam er seine Version des uralten Gebräus nie so richtig hin. Es war einfacher, wenn sie ihn selbst zubereitete. Ein Blick aus dem Fenster sagte ihr, dass es tatsächlich schneite. Dicke Flocken sammelten sich draußen auf den Dächern der großen Gebäude und ließen das normalerweise eher trostlose Stadtbild etwas sanfter erscheinen. Die Großstadt war müde, seelenlos und schien von ihrer eigenen Last erdrückt zu werden.

    Ein paar Fußgänger, die bei dem Wetter unterwegs sein mussten, trotteten auf den Gehsteigen dahin, wortlos, ohne nach oben zu schauen, ohne mit ihren Nachbarn zu sprechen. Ihre sichtliche Schwermut deckte sich mit dem Aussehen der sie umgebenden Bauwerke. Bei diesem Wetter schienen ihre Leben und Erwartungen keine Freude zu beinhalten.

    Mit dem Kaffee in der Hand – doppelt Milch, zwei Stück Zucker – lief sie zurück zum Bett. Jacob, der ihren Platz beschlagnahmt hatte, lag auf dem Rücken und spielte an der Projektion herum. Kleinigkeiten der Hütte reagierten auf die Bewegungen seines Zeigefingers.

    »Das wird einmal unser Zuhause werden. Die Position des Schornsteins ist wichtig.« Er runzelte die Stirn. »Warte, vielleicht sah er doch besser auf der anderen Seite aus. Schwierig zu sagen, ohne ein anständiges Bild der tatsächlichen Umgebung. Der Luftstrom ist wichtig, aber Ästhetik ebenso. Wir bauen das nur einmal, also sollten wir es gleich beim ersten Mal richtig machen.«

    Sie unterbrach ihn nicht. Nippte nur an ihrem Kaffee und beobachtete ihn. Er war so verliebt in dieses Blockhaus … und sie war so verliebt in ihn. Sie hätte etwas sagen können, eine Meinung äußern, und sei es nur, um anzuzeigen, dass sie ihm zuhörte, aber sie wollte ihn nicht unterbrechen. Nicht in seinen Traum platzen.

    Sie drehte sich um und sah zu dem Fenster und auf die Winterlandschaft hinaus. Sie fragte sich, ob es in ihrer neuen Heimat Schnee geben würde. Nach allem, was sie bislang wussten, waren ihre Optionen ausschließlich tropischer Natur.

    Eine Stimme ertönte. Sie wollte es nicht hören. Es war nicht Jacob, und es war nicht in seinem Traum. Es war nicht in ihrem Traum. Sie war real.

    »Sieben Uhr«, verkündete Mutter mit der gleichen Stimme, die sie für alle Ansagen dieser Art verwendete. »Es ist alles in Ordnung.«

    Auf die Durchsage folgte eine kurze Melodie. Es war die Aufnahme einer Schiffsglocke, frühes zwanzigstes Jahrhundert, welche aus einer Laune der Designer der Covenant heraus durch die Zeit gereist war. Ein Stück Vergangenheit, das von den Erbauern der Gegenwart weit in die Zukunft getragen wurde. Ein kleiner Scherz zur Belustigung derer, die es dem Programm des Schiffs hinzugefügt, es aber, da sie auf der Erde festsaßen, niemals im Einsatz hören würden.

    Auf der anderen Seite einer langen gebogenen Durchsichtigkeit, die nicht aus Glas und auch kein Fenster war, das auf ein düsteres städtisches Panorama hinaus zeigte, stand eine Person, die auf die schlafende, lächelnde Daniels hinunterblickte. Ihr Name war Walter, und es … er … war perfekt – so perfekt wie man Perfektion auf synthetische Art herzustellen vermochte.

    In ihrem Traum lächelte Daniels erneut über einen geheimen Gedanken. Das löste bei dem Androiden ebenfalls ein reflexhaftes Lächeln aus. Er trat an die Seite der Kapsel der schlafenden Frau und überprüfte flüchtig die Anzeigen. Alle normal. Methodisch, ohne die Wiederholung zu beachten, die einen Menschen mürbe gemacht hätte, ihn aber in keiner Weise störte, bewegte er sich weiter, um die angrenzende Kapsel zu überprüfen.

    Jacob.

    Ebenfalls alles normal.

    Nachdem er seine Morgenrunde im Hyperschlafbereich der Crew beendet hatte, machte er kehrt und begab sich in die benachbarte Kabine.

    Entlang der sich gegenüberliegenden Wände befanden sich zweitausend einzelne Kälteschlaf-Kapseln, eine neben der anderen, und trotzten gleichzeitig der Zeit und dem Verständnis. Hinter den transparenten Sichtfenstern waren die schlafenden Gesichter von Männern, Frauen und Kindern zu sehen. Jeder für sich zufrieden, schlummernd, eingehüllt in der Behaglichkeit beruhigender Träume. Ihre Leben, ihre Gesundheit, und ganz besonders die Zukunft jedes Einzelnen, lag in seiner Verantwortung.

    Walter nahm das nicht auf die leichte Schulter.

    In einiger Entfernung leuchtete eine bernsteinfarbene Sonde auf. Keinem Menschen – selbst jemandem mit bestem Sehvermögen – wäre es aufgefallen. Er hingegen bemerkte es sofort. Er machte sich auf den Weg zu der Quelle und überprüfte die entsprechende Diagnose an der Kapsel. Er erlaubte sich eine sehr kurze Pause für die Analyse des Problems, gefolgt von ein paar kleinen notwendigen Anpassungen. Die bernsteinfarbene Anzeige wechselte sofort zu einem durchgehenden Grün zurück. Er war zufrieden.

    Zeit, die Sicherheitsbehälter der Embryonen zu überprüfen. Er öffnete eine der Laden, von denen jede einen menschlichen Embryo in verschiedenen Entwicklungsstadien enthielt, und fragte die Werte ab. Alle Anzeigen waren grün, und da Mutter über sie wachte, war alles in Ordnung.

    Er erlaubte sich ein Lächeln.

    »Walter.« Wieder Mutters Stimme. Informativ, hilfreich, niemals befehlend. Ein Computer konnte ebenso wenig Befehle erteilen wie ein Androide. »Bitte auf der Brücke melden. Es ist Zeit, das Energiegitter aufzuladen. Wir sollten damit beginnen.«

    »Bin auf dem Weg, Mutter.«

    Bitte hatte sie gesagt. Wie umsichtig von ihren Designern, ein Höflichkeitsprotokoll zu integrieren, welches selbst dann eingesetzt wurde, wenn sie mit einem Androiden sprach. Walter benötigte keine gesprochenen Höflichkeitsfloskeln, aber er wusste sie dennoch zu schätzen.

    Verglichen mit der restlichen Größe der Covenant wirkte die Brücke beinahe intim. Sie hatte, wie Walter befand, genau die richtige Größe, um eine Crew und all die nötigen Instrumente und Funktionen unterzubringen.

    Obwohl die Erbauer des Schiffs die Räumlichkeiten ohne Weiteres hätten größer anlegen können, waren sie nicht die Art von Menschen, die gern Platz verschwendeten.

    No waste space in space, sagte er zu sich selbst; nicht zum ersten Mal und wohl auch nicht zum letzten Mal. Er war durchaus in der Lage, seinen eigenen Sinn für Humor zu schätzen, auch wenn im Moment niemand da war, mit dem er ihn hätte teilen können.

    Er ließ sich an seiner Station nieder und ging die Vorab-Checks durch, die vor dem Aufbau eines Energiegitters nötig waren. Die Kontrollen und Anzeigen reagierten sofort.

    AUTOMATISCHER LANGSTRECKEN-AUFLADEZYKLUS WIRD EINGELEITET

    Sich selbst zunickend antwortete Walter laut. »Kollektoren werden jetzt ausgefahren.«

    Da seine Stimme die einzige war, die man auf der Covenant hören konnte, verpasste er keine Gelegenheit, sie zu benutzen. Nicht, weil sie vor lauter Nichtbenutzen noch einrosten würde – ein weiterer Witz – aber seine Stimme war so gestaltet worden, dass sie angenehm klang, und wenn die Situation es erforderte, genoss er es, sich selbst zuzuhören.

    Obwohl die Kollektoren wie riesige Segel aussahen, waren sie das nicht. Von der Größe einer kleinen Stadt breiteten sie sich ungeheuer schnell aus und erreichten ihre volle Ausdehnung innerhalb weniger Minuten. Mit nur den Sternen – und Walter – als Zeugen ihrer Schönheit, glänzten sie in der interstellaren Nacht und sammelten jene Energie,

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