Auswärts schlafen: Reisen mit Risiken und Nebenwirkungen
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Book preview
Auswärts schlafen - Max Scharnigg
Max Scharnigg
AUSWÄRTS
SCHLAFEN
REISEN MIT RISIKEN
UND NEBENWIRKUNGEN
Impressum
Titel der Originalausgabe:
Hotel Fatal. Reisen mit Risiken und Nebenwirkungen
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010
ISBN 978-3-451-30259-6
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Verlag Herder
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN (E-Book): 978-3-451-80192-1
ISBN (Buch): 978-3-451-06686-3
INHALT
Vorwort
I. Online BUCHEN, OFFLINE FLUCHEN
Im Internet sind alle Hotels schön – Bitte recht freundlich! Kleine Hotelzimmer-Fotokunde – Hauptsache Hochglanz. Über Hotels in Büchern – Pospischil: Was die Sterne sagen – Aller Lasten Anfang
II. SCHLAFEN FÜR FORTGESCHRITTENE
Mami hat jetzt Urlaub! Einakter an der Rezeption – Die Keycard – Das Haar im Zimmer – Wo ist das Bett? Navigation im Zimmer. – Die Bibel – Andere Länder, andere Betten. Nachtruhe für Fortgeschrittene – DAS ABC DES HOTELFRÜHSTÜCKS – Flurfunk und andere Störgeräusche
III. VON SAUNALANDSCHAFTEN UND ANDEREN FEUCHTGEBIETEN
Bahn frei, Bademantel! – Da ist Wasser in meinem Hotel! – Wie Sie richtig ins Schwitzen kommen: Sauna International – Der Fön – Nachdenkliches über Body-Lotion-Fläschchen
IV. DAS GEFALTETE ENDE DER KLOPAPIERROLLE
Der Gepäckbock – Stilgewitter: Von Filzfernbedingungen und organischen Haartrocknern – Der Umwelt-Gedenkaufkleber – Hauptsache Wandfarbe. Über Kunst im Hotel – Das gefaltete Ende der Klopapierrolle – Das Briefpapier – Allein auf weitem Flur – Die Info-Kladde – Stilvoll durch den Feueralarm
V. KLEINER SERVICE? GROSSER LUXUS!
Pospischil über die perfekte Hotelbar – Hilfe, Luxus? Ein paar sichere Anzeichen: – »Ich bin nackt, kommen Sie ruhig rein!« – Das Telefon – Kleckern in fremden Betten: Das Zimmerfrühstück – Die Schuhputzmaschine – Was gibt man hier? Vom Trinkgeldvermeiden
VI. Unmoralische Angebote und Hotelneurosen
Die Tee-Ecke – Die Minibar. Eine Charakterprüfung – Der Eiswürfelbereiter – Der kleine Hoteldiebstahl – Teure Taste? Die Tücken des Erwachsenenkanals – Unterwegs mit dem Hotelneurotiker
VII. HOTELS FÜR SPEZIALISTEN
Kleine Typologie der wichtigsten Hotelnamen – Hotels für Hunde, Kinder und andere Spezialisten – Sag zum Abschied leise: Rechnung bitte!
VIII. KURZ GEFASST: NÜTZLICHES & UNNÜTZLICHES
Hier wohnt der Promi! – Anregende Hotellektüre – Filmhotels, die man kennen und besuchen sollte
BildVORWORT
Seit ich eine eigene Wohnung habe, liebe ich Hotels. Schuld daran ist mein sehr schwach ausgeprägter Hang zum Aufräumen. Alle Wohnungen, in denen ich bisher wohnte, waren in kürzester Zeit übermöbliert, mit Büchern, Zeitungen von gestern, leeren Kartons, in denen sich Druckertreiber-CDs und Kabel mit exotischen Anschlüssen befanden, sowie mit alten Stühlen. Es ist mir unbegreiflich, wie Menschen sich in Wohnungen auf halten können, ohne diese fortwährend mit dem Treibgut unserer an netten Produkten so reichen Gesellschaft zu überfüllen. Ich beherrsche diese Kunst nicht und leide gelegentlich daran. Wenn es zu schlimm wird, gehe ich ins Hotel. Denn egal von welcher Güte es ist, ein Hotelzimmer ist immer aufgeräumter als meine Wohnung, es finden sich in ihm sagenhaft leere Tischflächen, freie Sitzgelegenheiten und kahle Wände. Die ersten Augenblicke in dieser Umgebung erlebe ich als etwa so erfrischend wie die Menschen in der Duschgelwerbung ihre Dusche unter einem Wasserfall. Ich aale mich regelrecht in der ordentlichen Unpersönlichkeit, wo keine Finanzamt-Briefe, volle Mülleimer oder zu reinigende Knoblauchpressen meine Ankunft herbeisehnen. Sobald ich den Reißverschluss meiner Tasche öffne, ist es mit der Erfrischung vorbei. Von mir bewohnte Hotelzimmer sehen nach wenigen Stunden wieder aus wie verwüstete Feldlager, deswegen wechsle ich spätestens nach drei Nächten das Hotel, um wieder einen neuen Kick zu kriegen. Mein schlimmstes Erlebnis war dementsprechend auch jenes Zimmer in einem deutschen Holiday Inn, das ich in Erwartung köstlicher Neutralität betrat, worauf ich mich aber in einem verwüsteten Feldlager eines anderen wiederfand. Eine Verwechslung der Rezeption, eine bleibendes Schockerlebnis für mich. Seitdem öffne ich die Zimmer mit geschlossenen Augen und warte, ob meine Nase den auf der ganzen Welt gleichen Geruch des Badreinigers findet, dann linse ich vorsichtig mit dem rechten Auge, bis ich das straffe Ende eines Bettuchs oder den parallel zur Tischkante geordneten Bleistift erahnen kann. Erst dann rausche ich mit Grandezza hinein.
Seitdem ich mich intensiver mit Hotels beschäftige, ereilen mich rund um die Uhr Anrufe und E-Mails von Bekannten und nahezu Unbekannten, die von mir ein »perfektes Hotel« für ihre Urlaube, Konfirmationen oder Flitterwochen in Erfahrung bringen wollen. Sie glauben, es gibt ein perfektes Hotel, weil die Reisemagazine und Lifestylehefte voll mit Häusern sind, die als perfekt angepriesen werden. Aber, sage ich dann den Fragenden, das perfekte Hotel gibt es natürlich nicht. Es ist unmöglich. Ein perfektes Hotel wäre ein Haus mit nur einem Gast (damit die anderen nicht stören), auf dessen individuellen Vorlieben es rund um die Uhr eingeht, ohne ihm dabei nur ein einziges Mal das Gefühl zu geben, er müsste sich fremden Abläufen wie Zimmerreinigungszeiten, Frühstücksbüffetzeiten oder einer Check-out-Time unterordnen. Es müsste überhaupt ohne Namen, Personal und Zimmernummer in Erscheinung zu treten, unsichtbar sein und auf Stelzen herumwandeln. Der Gast eines perfekten Hotels müsste sich darin so frei bewegen können als wäre er, ja, als wäre er Zuhause. Deswegen und obwohl es mit Udo Lindenberg und einigen anderen ein paar prominente Gegenbeispiele gibt, glaube ich, dass Hotel auch immer nur in Abgrenzung zur eigenen Wohnung funktioniert. Nur wer weiß, wie es daheim ist, kann ein Hotelzimmer schön finden. Genau wie das Reisen nur dann Spaß macht, wenn man auch den Stillstand kennt.
Diese letzte Weisheit ist nicht von mir, sondern vom weitgereisten Pospischil. Ich weiß nicht, ob Pospischil sein Vor-, Nach- oder überhaupt richtiger Name ist. Ich treffe ihn nur gelegentlich, weil er in meinem Hinterhof wohnt, in einem kleinen Häuschen neben den Mülltonnen. Der weitgereiste Pospischil sagt, er wäre schon überall gewesen und hätte alles gesehen, deswegen mache es ihm nun gar nichts aus, neben den Mülltonnen zu wohnen. Hin und wieder verschwindet er für ein paar Wochen und sobald er wieder da ist, lauert er mir auf, wenn ich meinen Müllsack versorge, und wir gehen eine halbe Stunde spazieren. Unter uns gesagt, glaube ich, der alte Pospischil ist ein bisschen ein Aufschneider. Aber er kennt sich aus und redet sich jedes Mal so nett in Rage, wenn er von seinen Reisen erzählt. Deswegen darf er auch in diesem kleinen Reisebuch gelegentlich zu Wort kommen.
»Ein gutes Hotel«, sagt der weit gereiste Pospischil und fasst sich andächtig ans Ohrläppchen, »ein gutes Hotel ist ein lebender Organismus. Ich spreche nicht von all den wackligen, efeuverdeckten Landgasthöfen, die ich in romantischer Anwandlung buchte, nicht von den geduckten Stadthotels, in die ich gebucht wurde und die eingezwängt waren in eine Lücke, die einst eine Bombe aushob. Ich meine nicht diese hygienischen Airport-Hotels mit den Business-Lounges, nicht die überbelichteten Luxus-Ressorts auf irgendwelchen Inseln, von denen man ständig liest, und nicht die viel zu kleinen Designhotels, in welchen man seinen Mantel nicht auf hängen kann und wo der Kaffee aus der Wand kommt. Ich meine«, sagt der weit gereiste Pospischil und hat jetzt die faltigen Augen fast ganz geschlossen, »die solitär stehenden, großen Häuser. Diese letzten Oasen blank gewienerter Gastlichkeit, ruhende Dinosaurier randvoll mit Kronleuchtern und Pagen und Silberbesteck. Ein solches gutes Hotel, wenn es wirklich noch