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Der letzte Wunsch: Zu Hause sterben: Impulse für pflegende Angehörige
Der letzte Wunsch: Zu Hause sterben: Impulse für pflegende Angehörige
Der letzte Wunsch: Zu Hause sterben: Impulse für pflegende Angehörige
Ebook231 pages2 hours

Der letzte Wunsch: Zu Hause sterben: Impulse für pflegende Angehörige

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About this ebook

Angehörige zu pflegen, das ist mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden. Nur derjenige kann gut pflegen, der auch mit sich selbst pfleglich umgeht. Einfühlsam beschreibt die renommierte Psychotherapeutin die zentralen Lebensthemen (Alter, Gebrechlichkeit, Abschiednehmen, Sterben), Grundlagen der Gesprächsführung, die Bedeutung der Berührung und die Fragen der »Selbstpflege". Das alles mit Beispielen aus der Praxis und mit Anregungen für die pflegenden Angehörigen, zu eigenen Quellen und Ressourcen zu finden, damit diese anstrengende, mühevolle und auch sinnstiftende Arbeit gelingen kann.
LanguageDeutsch
PublisherKreuz Verlag
Release dateSep 25, 2014
ISBN9783451802492
Der letzte Wunsch: Zu Hause sterben: Impulse für pflegende Angehörige

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    Book preview

    Der letzte Wunsch - Monika Specht-Tomann

    Monika Specht-Tomann

    Der letzte Wunsch:

    Zu Hause sterben

    Impulse für pflegende Angehörige

    Impressum

    © KREUZ VERLAG

    in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014

    Alle Rechte vorbehalten

    www.kreuz-verlag.de

    Umschlaggestaltung: agentur IDee

    Umschlagmotiv: © Corbis

    E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services, Leipzig

    ISBN (Buch) 978-3-451-61280-0

    ISBN (E-Book) 978-3-451-80249-2

    Inhalt

    Einleitung

    Am Ende des Lebens

    Mit den Augen des Alters: Den Pflegebedürftigen verstehen und annehmen

    Verluste, Defizite, Einschränkungen: Vom Umgang mit Veränderungen am Lebensende

    Auseinandersetzung mit Vorstellungen, Wünschen und Hoffnungen zum Lebensende

    Pflege zu Hause: Belastung, Herausforderung und Chance

    »Ich will zu Hause sterben!«

    Bewusste Auseinandersetzung mit Fragen rund um die Betreuung und Pflege

    Erkennen, wann Hilfe nötig ist

    Begleitung und Pflege zu Hause – eine Herausforderung

    Sterbebegleitung als Lebensbegleitung

    Hospiz- und Palliativeinrichtungen

    Hilfestellungen, Impulse und Anregungen für pflegende Angehörige

    Erste Hilfe bei Belastungen

    Gespräche am Lebensende

    Die Lebensgeschichte im Mittelpunkt: Biografiearbeit

    Wortloses Da-Sein und heilsame Berührungen: Nonverbale Kommunikation

    Vom achtsamen Umgang mit sich selbst – Selbstpflege als Basis guter Begleitung

    Der eigenen Trauer Raum geben

    Die Burnout-Falle im Pflegealltag

    Kraftquellen für Pflegende

    Quellenverzeichnis

    Einleitung

    Immer mehr Familien müssen sich ganz konkret mit dem Thema Alter und Altwerden sowie mit den Herausforderungen einer Pflege im Alter auseinandersetzen. Auf dem Weg einer Begleitung »bis zuletzt« sind viele Hürden und Hindernisse zu bewältigen. Dies gilt vor allem ab dem Zeitpunkt, an dem sich der körperliche und geistige Zustand der alten Menschen verändert und Unterstützung, Betreuung und Begleitung notwendig werden. Wie kann dem Wunsch alter Menschen, bis zuletzt zu Hause bleiben zu können, zu Hause sterben zu dürfen, entsprochen werden, ohne in der Betreuung überlastet und überfordert zu sein? Was kann helfen, die Zeit der Pflege zu einer positiven Erfahrung für alle Beteiligten zu machen? Welche Unterstützungsangebote können den täglichen Betreuungsaufwand reduzieren?

    Spätestens wenn die Vitalität und Aktivität der alten Angehörigen täglich nachlassen, tauchen bei den Betroffenen wie auch bei deren Angehörigen Fragen der Form der Begleitung auf. Diese Zeit ist für alle Familien eine schwierige Zeit, in der viele Entscheidungen getroffen werden müssen, angefangen von der Klärung finanzieller Unterstützungsmöglichkeiten bis hin zu einem effektiven Management aller notwendigen Betreuungsaufgaben. Es ist auch eine Zeit intensiver Auseinandersetzungen mit den eigenen Möglichkeiten und den persönlichen Ressourcen. Reichen diese aus, um den Wünschen und Bedürfnissen des pflegebedürftigen Menschen gerecht zu werden? Welche Form der Betreuung, Unterstützung und Pflege im Einzelfall auch zum Tragen kommt, so ist es für die Angehörigen in jedem Fall eine große Aufgabe, ein pflegebedürftiges Familienmitglied zu begleiten oder einem Sterbenden auf seinem letzten Lebensabschnitt nahe zu sein.

    Viele Menschen äußern den Wunsch, im Alter möglichst lange zu Hause bleiben zu können. Im Vordergrund steht dabei die Sehnsucht, den geliebten und vertrauten Lebensraum nicht verlassen und gegen Unbekanntes und Neues eintauschen zu müssen. Umfragen zeigen, dass sich dieser Wunsch, zu Hause zu bleiben, nicht nur auf die letzten Lebensjahre beschränkt. Vielmehr wünschen sich weit über 90 Prozent der Befragten, auch zu Hause sterben zu können. Der Wunsch, bis zuletzt im Kreis vertrauter Menschen zu leben und nicht alleingelassen zu werden, nimmt bei vielen alten Menschen einen zentralen Stellenwert ein. Doch nicht nur diese äußern den Wunsch nach Geborgenheit in einem vertrauten Umfeld, nach menschlicher Nähe und Zuwendung. Auch vielen Angehörigen ist es ein Anliegen, den alten Menschen ihrer Familie nahe zu sein und sie bis zuletzt nicht alleinzulassen. Diese Einstellung spiegelt sich auch in den Statistiken wider, die zeigen, dass die meisten pflegebedürftigen alten Menschen im familiären Umfeld von ihren Angehörigen betreut werden. In vielen Fällen wird die Begleitung von Töchtern und Schwiegertöchtern übernommen oder vom – meist selbst schon alten – eigenen Ehepartner. Doch auch dann, wenn sich die Familie oder der Betroffene selbst für eine Fremdbetreuung entschieden haben, bleibt es Aufgabe und Chance der Familienangehörigen, die letzte Lebensstrecke begleitend mitzugehen. Sie können dabei jene Aspekte der Betreuung intensivieren, die beim alten Menschen Gefühle der Vertrautheit und Geborgenheit aufkommen lassen und dazu führen, dass er sich trotz Fremdunterbringung »wie zu Hause« fühlen kann.

    Es ist und bleibt eine große Herausforderung, Menschen auf ihrer letzten Wegstrecke zu begleiten und ihnen körperliche Pflege, seelische Zuwendung und Geborgenheit zu schenken. Die Begleitung von schwerkranken, pflegebedürftigen oder sterbenden Menschen bedeutet für Angehörige wie für pflegende Fachkräfte die Konfrontation mit vielfältigen körperlichen und seelischen Veränderungen, mit Verfallsprozessen und schmerzlichem Abschiednehmen. Diese unmittelbare Betroffenheit bringt oftmals weggeschobene und verdrängte Gedanken an die eigene Vergänglichkeit, an das eigene Alt- und Schwachwerden und an den eigenen Tod an die Oberfläche. Pflegezeiten sind auf allen Ebenen des Lebens und Erlebens sehr intensive Zeiten und erfordern einen behutsamen Umgang mit den eigenen körperlichen und seelischen Kräften.

    Die Praxis zeigt, dass sich viele alte Menschen dann »zu Hause« fühlen, wenn sie eine nahe und gute Beziehung zu ihrer Hauptpflegeperson haben. Was einerseits hilfreich und gut ist, kann jedoch auf der anderen Seite auch oft zu einer großen Belastung werden – denn je näher einem der zu begleitende Mensch steht, desto stärker berührt das die eigene Seele. Gefühle der Angst, Trauer und Hilflosigkeit können eine lähmende Wirkung auf Aktivität und Entscheidungsverhalten haben. Pflegende Angehörige laufen häufig Gefahr, ihre eigene Betroffenheit und Dünnhäutigkeit zu übersehen, nehmen zu selten und meist zu spät Unterstützung und Hilfe an und rutschen dadurch leicht in den Zustand einer Überforderung, der auch als Burnout-Syndrom bekannt ist.

    Das Buch »Der letzte Wunsch: Zu Hause sterben« will pflegenden Angehörigen Informationen und Hilfestellungen anbieten, die sie in die Lage versetzen, die schwierige und belastende Pflegesituation möglichst gut zu bewältigen – zum eigenen Wohl wie auch zum Wohl ihrer Lieben. Im Mittelpunkt der Ausführungen steht die seelische Situation der am Pflege- und Begleitprozess Beteiligten. Was bedeutet es für den Betroffenen und seine Angehörigen, wenn Pflege und Begleitung notwendig werden? Welche Belastungen kommen auf die Familie zu, wenn sie sich für die Pflege eines Angehörigen entscheidet? Wie kann man liebevolle Begleitung anbieten, wenn man selbst tief betroffen ist? Wie kann man den Wunsch eines Pflegebedürftigen nach Vertrautem und Gewohntem entsprechen – auch wenn eine Begleitung zu Hause nicht mehr möglich ist? Welche Lebensthemen stehen am Lebensende im Vordergrund? Wie gestaltet sich die letzte Lebensstrecke? Der Prozess des Sterbens eines nahen Angehörigen kann starke Gefühle der Trauer, Wut oder Scham hervorrufen. Die Einsicht in das seelische Erleben dieses Prozesses kann den Betroffenen den Umgang mit diesen Gefühlen erleichtern.

    Auch bei den konkreten Anregungen und Impulsen steht der Umgang mit den Gefühlen, den seelischen und spirituellen Bedürfnissen der Betroffenen im Vordergrund. Mit Beispielen aus der Praxis soll versucht werden, auf häufig wiederkehrende Fragen pflegender Angehöriger Antworten zu finden.

    Wie finde ich die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz?

    Wie kann ich eine Überforderung meiner Familienmitglieder verhindern?

    Wie kann ich rechtzeitig bemerken, dass ich eine Auszeit brauche?

    Welche Informationen brauche ich, welche Organisationen, welche Menschen im Umkreis können mich entlasten?

    Wie kann es gelingen, dem Wunsch, bis zuletzt zu Hause bleiben zu können, gerecht zu werden?

    Was bedeutet dieses »zu Hause« und welche Ebenen körperlicher, seelischer und spiritueller Bedürfnisse wollen wahrgenommen und begleitet werden?

    Welche Kraftquellen können mich für die schwierige Aufgabe der Begleitung stärken?

    Viele verschiedene Bausteine tragen dazu bei, dass der letzte Lebensabschnitt in Würde gestaltet und gelebt werden kann. Besonders wichtig ist die Erfahrung intensiver menschlicher Zuwendung und Nähe. Dadurch kann dem Betroffenen das Gefühl vermittelt werden, angenommen zu werden und »zu Hause« zu sein. Auf Dauer kann das nur dort gelingen, wo Pflegende nicht nur mit ihren pflegebedürftigen Familienmitgliedern behutsam umgehen, sondern auch sich selbst und die eigenen Bedürfnisse wahr- und ernst nehmen. Gut begleiten und effektiv helfen zu können, ist nur dann möglich, wenn die Pflegenden auch mit sich selbst »pfleglich« umgehen. Dies kann umso eher gelingen, je offener über Schwierigkeiten und anstehende Probleme im Familien- und Freundeskreis sowie im Austausch mit Fachkräften gesprochen wird. Darüber hinaus können Informationen über seelische Prozesse und Impulse zur Gesprächsführung wichtige Hilfestellungen für die Bewältigung anstehender Probleme geben. Vielleicht kann es dann leichter gelingen, nicht nur die Last der Pflege zu spüren, sondern sich auch der sinnstiftenden Tätigkeit des Pflegens immer wieder einmal bewusst zu werden und Kraft aus den vielfältigen Erfahrungen des Pflegealltags zu schöpfen. Möge das Buch in diesem Sinne vielen pflegenden Angehörigen nützliche Anregungen geben und ihnen Mut machen, nach geeigneter Unterstützung zu suchen und gegebenenfalls Hilfe in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus soll es auch die Perspektive eröffnen, über die eigene Zukunft nachzudenken und sich mit den eigenen Wünschen und Gestaltungsmöglichkeiten am Ende des Lebens auseinanderzusetzen.

    Am Ende des Lebens

    Ende des Herbstes

    Ich sehe seit einer Zeit,

    wie alles sich verwandelt.

    Etwas steht auf und handelt

    und tötet und tut Leid.

    Rainer Maria Rilke

    Mit den Augen des Alters: Den Pflegebedürftigen verstehen und annehmen

    Was kann Pflegenden helfen, die Welt aus der Sicht der Pflegebedürftigen sehen zu lernen? Was kann helfen, die Verhaltensweisen besser zu verstehen oder zu deuten? Und wie kann es gelingen, die Veränderungen des Alters nicht nur unter dem Vorzeichen eines Defizits zu sehen? In diesem Zusammenhang kann es hilfreich sein, bestimmte Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung von Menschen zu kennen. Im Laufe des Lebens stehen immer wieder Entwicklungsschritte an, die zu Veränderungen führen. Wie werden soziale Kontakte gepflegt, wie nimmt man sich und seine Umwelt wahr, welche Empfindungen und Einstellungen hat man wesentlichen Lebensfragen gegenüber, wie geht man mit den eigenen Kräften um und wie viel Energie steht zur Verfügung? Während diese Prozesse in der Jugend immer mehr Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten gewährleisten, stehen im Alter andere Dinge im Vordergrund.

    Ob sich pflegebedürftige Menschen voller Vertrauen in pflegende Hände begeben oder misstrauisch reagieren, hängt in vielen Fällen nicht so sehr von der Beziehung zur Pflegeperson ab als vielmehr von Erfahrungen, die weit zurückreichen. Für Pflegende kann diese Sichtweise vielleicht hilfreich sein, um die Lebensgeschichte des pflegebedürftigen Angehörigen in ihrer Gesamtheit zu verstehen und das aktuelle Verhalten besser einordnen zu können. Auch lässt sich so die Frage leichter klären, wo der alte Mensch gerade in seinem augenblicklichen Erleben steht und mit welchem Lebensabschnitt seiner Geschichte er besonders in Kontakt ist.

    Die Vorstellung, dass das Leben sich wie ein Bogen von der Geburt bis zum Tod darstellen lässt, verweist auf »aufsteigende« und »absteigende« Tendenzen in der Entwicklung jedes Einzelnen. Dabei geht es durchaus nicht nur um ein Mehr an Aktivität, Können, Wissen, Fähigkeiten, sondern um Entwicklung und Veränderung. In der Anpassung an die unterschiedlichen Aufgaben jeder Entwicklungsstufe und der Überwindung spezieller Umbruchssituationen liegt die eigentliche Leistung der persönlichen Lebensgeschichte.

    Wenn sich der Lebensbogen neigt, tritt der alte Mensch in jene Phase ein, die auch mit dem Begriff »Greisenalter« umschrieben wird. Häufig ist dies der Lebensabschnitt, in dem die meisten Menschen der Pflege bedürfen. Der persönliche Umkreis, in dem sich soziale Kontakte abspielen, bleibt oft auf Betreuer, Pfleger und Begleiter beschränkt – ob zu Hause, in einem Heim oder einem Krankenhaus. Der alte Mensch muss sehr viele Verrichtungen rund um seine ureigensten Wünsche und Bedürfnisse an andere abgeben – das fällt oft sehr schwer und stellt eine große seelische Belastung dar. Nach und nach treten immer mehr körperliche Alterserscheinungen auf. Es ist mühsam, Arme und Beine zu koordinieren, das Sprechen wird langsamer und viele Dinge, die früher leicht und wie selbstverständlich erledigt werden konnten, werden zu unüberwindbaren Hürden. Manchmal treten auch Wesensmerkmale verdichtet bis überzeichnet hervor, die man für diesen Menschen als typisch bezeichnet hat. Aus einer sparsamen Frau kann eine geizige alte Frau werden, aus einem überschäumend temperamentvollen Mann ein wütend-aggressiver alter Mann, aus einer schüchternen Frau eine alles erduldende alte Frau. Ein Begleiter drückte das in einem Gespräch so aus: »Ich hatte das Gefühl, ganz zum Schluss hat sich ihr Wesen in gewissem Sinn vollendet.«

    Was sich schon Jahre zuvor als Auseinandersetzung mit den großen und kleinen Abschieden des Lebens angedeutet hatte, findet nun im bewussten Zugehen auf den Tod seine Fortsetzung. Eine aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt wird immer seltener, die Menschen ziehen sich mehr und mehr in ihre innere Bilderwelt zurück und durchleben oft weit zurückliegende Dinge zum wiederholten Mal. Vieles, was früher wichtig war, wird gut erinnert und bekommt in der Erinnerung neuen Glanz. Demgegenüber fällt alles, was im Augenblick erlebt wird, jedoch rasch ins Vergessen.

    Den Gedanken, dass menschliches Leben in verschiedenen Abschnitten verläuft und wir immer wieder

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