Sozial-emotionale Entwicklung fördern: Wie Kinder in Gemeinschaft stark werden
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Simone Pfeffer
Simone Pfeffer ist Diplom-Soziologin, Professorin an der Technischen Hochschule Nürnberg und dort in der Ausbildung von sozialpädagogischen Fachkräften tätig. Schwerpunkte in der Lehre und Forschung sind sozial-emotionale Kompetenz, Resilienz, Gewaltprävention und Medizin- und Bildungssoziologie.
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Book preview
Sozial-emotionale Entwicklung fördern - Simone Pfeffer
Simone Pfeffer
Sozial-emotionale Entwicklung fördern
Wie Kinder in Gemeinschaft stark werden
Impressum
Titel der Originalausgabe: Sozial-emotionale Entwicklung fördern
Wie Kinder in Gemeinschaft stark werden
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2012
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlagkonzeption und
-gestaltung
: Schwarzwaldmädel, Simonswald
Umschlagfoto: © stephanie phillips – iStockphoto
Fotos innen: Hartmut W. Schmidt, Freiburg
E-Book
-Konvertierung: epublius GmbH, Berlin
ISBN (
E-Book
): 978 - 3 - 451 - 80472 - 4
ISBN (Buch): 978 - 3 - 451 - 32383 - 6
Inhalt
Impressum
Einleitung
1. Was sind emotionale und soziale Kompetenzen?
1.1 Der Fähigkeitsbereich Emotionale Kompetenz
1.2 Der Fähigkeitsbereich Soziale Kompetenz
1.3 Sozial-emotionale Kompetenzen – weitreichende Bedeutung für alle Lebensbereiche
1.4 Die Entwicklung von sozial-emotionalen Fähigkeiten als lebenslanger Prozess
1.5 Einflussfaktoren in der Entwicklung emotionaler und sozialer Kompetenz
2. Sprache – Ausdrucksmittel von Gefühlen
2.1 Kommunikation findet auf mehreren Ebenen statt
2.2 Unsicherheit im Ausdruck zeigt sich auch im Sozialverhalten
Praxis-Anregungen zur Förderung
3. Empathie – sich in andere einfühlen können
3.1 Was ist Empathie?
3.2 Empathie in Elternhaus und Kindertageseinrichtung
Praxis-Anregungen zur Förderung
4. Streiten – unterschiedliche Interessen verhandeln
4.1 Verschiedene Sichtweisen auf Konflikte
4.2 Neun Stufen der Konflikteskalation und mögliche Lösungswege
Praxis-Anregungen zur Förderung
5. Freundschaft – ein Grundbedürfnis des Menschen
5.1 Positive und negative Erfahrungs-Kreisläufe
5.2 Voneinander und miteinander lernen
Praxis-Anregungen zur Förderung
6. Ängstliches Verhalten – auf der Suche nach Sicherheit und Geborgenheit
6.1 Angst als Entwicklungsaufgabe
6.2 Angststörungen bei Kindern
Praxis-Anregungen zur Förderung
7. Aggressives Verhalten – eine Aufforderung an die Lebensumwelt
7.1 Erklärungen für aggressives Verhalten aus psychologischer und soziologischer Perspektive
7.2 Entwicklungsverlauf und geschlechtstypische Unterschiede
Praxis-Anregungen zur Förderung
8. Emotionsregulation – Strategien und Möglichkeiten in der frühen Kindheit
8.1 Emotionsentstehung nach dem integrativen Prozessmodell
8.2 Strategien zur Emotionsregulation
Praxis-Anregungen zur Förderung
9. Förderprogramme – eine Auswahl
Literatur
Einleitung
Für Kinder wie Erwachsene gilt gleichermaßen: Freude, Liebe, Wut, Trauer, Glück – all diese und viele weitere Gefühle machen unseren Alltag lebendig und gestalten unsere Beziehungen. Wenn Gefühle außer Kontrolle geraten und uns überfluten, werden der Kontakt zu anderen und die Alltagsbewältigung problematisch. Dies gilt ebenso, wenn Gefühle kaum entwickelt und zu flach ausgeprägt sind.
Gefühle sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens und der Umgang mit ihnen ist eine alltägliche Herausforderung. Obgleich es eine »emotionale Grundausstattung« gibt, hängen unser gefühlsmäßiges Erleben und unser Umgang mit Gefühlen in starkem Maße davon ab, was wir von klein auf in unserer Umgebung erfahren und gelernt haben.
Besonders wichtig für Kinder sind die ersten Bezugspersonen, zumeist die Eltern und andere Familienangehörige. Aber auch andere Menschen wie ErzieherInnen, LehrerInnen, Nachbarn und Freunde begleiten die Kinder beim Aufwachsen und beeinflussen durch ihr Verhalten deren Entwicklung. Sie sind Vorbilder sowohl im Umgang mit den eigenen Gefühlen als auch in der Beziehungsgestaltung zu anderen.
Darüber hinaus leben wir in einer bestimmten Kultur, die über Werte und Normen den Gefühlsausdruck und soziale Umgangsformen prägt. Hierbei spielen unterschiedliche regionale und ethnische Hintergründe eine wichtige Rolle, was deutlich wird, wenn man zum Beispiel Vorstellungen über den Ausdruck von Gefühlen und über angemessenes Sozialverhalten bei Menschen vergleicht, die im asiatischen Raum oder im nordeuropäischen Raum leben. Eine Kultur steht immer in einem bestimmten gesellschaftlichen, politischen und zeitgeschichtlichen Zusammenhang. Mittelalterliche Umgangsformen unterscheiden sich etwa deutlich von heutigen kulturellen Praktiken.
Daher dürfen der Umgang mit Gefühlen und das Sozialverhalten nicht nur individuell betrachtet und einer einzelnen Person zugeschrieben werden, sondern auch die Lebensbedingungen und Ideale einer Zeit und Gesellschaft formen den Umgang miteinander. Unsere heutige Gesellschaft basiert auf demokratischen Idealen von Menschenwürde, gegenseitigem Respekt und Toleranz. Verschiedene Meinungen dürfen nebeneinander bestehen, eine friedliche Konfliktlösung ist die Norm, Schwächere werden per Gesetz geschützt. Fähigkeiten wie Selbstständigkeit, moralisches Urteilsvermögen, Verantwortungsgefühl und kommunikative Fähigkeiten sollen entwickelt werden. Diese Fähigkeiten werden für ein demokratisches Miteinander benötigt.
Die Entwicklung der emotionalen und sozialen Kompetenzen in der Kindheit stellt dafür eine wichtige Grundlage dar.
1
Was sind emotionale und soziale Kompetenzen?
Welche Fähigkeiten beinhaltet die emotionale Kompetenz?
Welche Fähigkeiten umfasst die soziale Kompetenz?
Wie ist die Bedeutung von emotionalen und sozialen Kompetenzen inverschiedenen Lebensbereichen einzuschätzen?
Wie werden diese Fähigkeiten entwickelt? Welche Faktoren beeinflussen die Entwicklung?
Wegen des engen Zusammenhangs von emotionalen und sozialen Fähigkeiten wird häufig auch von sozial-emotionalen oder sozio-emotionalen Kompetenzen gesprochen (vgl. Petermann u. a. 2008). Zum genaueren Verständnis sollen zunächst aber die Fähigkeitsbereiche einzeln beleuchtet werden.
1.1 Der Fähigkeitsbereich Emotionale Kompetenz
Allgemein gesprochen bezeichnet emotionale Kompetenz die Fähigkeit, mit Gefühlen und Bedürfnissen umgehen zu können – für sich allein und im Zusammensein mit anderen.
Emotional kompetente Kinder können – in altersentsprechener Ausprägung – vielfältige Gefühle unterscheiden; sie können ihre Gefühle angemessen ausdrücken und regulieren und die Gefühle anderer Menschen erkennen und verstehen. Zu den Bereichen, in denen Kinder emotionale Fertigkeiten entwickeln, gehören nach Franz Petermann und Silvia Wiedebusch (2008, S. 14)
der eigene mimische Emotionsausdruck
das Erkennen des mimischen Emotionsausdrucks anderer Personen
der sprachliche Emotionsausdruck
das Emotionswissen und
-verständnis
die selbstgesteuerte Emotionsregulation.
Was beinhaltet ein »kompetenter Umgang« mit Gefühlen?
Welche Fähigkeiten müssen für einen »kompetenten Umgang« mit Gefühlen entwickelt werden? Carolyn Saarni benennt in ihrem Modell der emotionalen Kompetenz acht Schlüsselfähigkeiten, die von Kindern im Lebensverlauf entwickelt werden. Sie begreift ihr Modell als unabgeschlossen, das heißt, es kann durch weitere Fähigkeiten ergänzt werden (Saarni 2002; Petermann/Wiedebusch 2008).
Schlüsselfähigkeiten der Emotionalen Kompetenz (nach Saarni)
1. Eigene Gefühle und Bedürfnisse wahrnehmen und einordnen
Körpersignale spüren und zuordnen Gefühle voneinander unterscheiden
Achtsam in Bezug auf die eigenen Empfindungen sein
Bewusst über den eigenen emotionalen Zustand sein.
2. Den mimischen und gestischen Gefühlsausdruck von anderen Menschen erkennen
Den Gefühlsausdruck eines anderen Kindes oder eines Erwachsenen einordnen
Verschiedene Ausdrucksformen und Intensitäten der aktuellen Gefühlslage wahrnehmen
Achtsam mit anderen sein
Körpersprachliche Signale im Rahmen der bekannten Kultur »lesen«
3. Gefühle nonverbal und verbal ausdrücken
Die eigenen Gefühle nach außen angemessen mitteilen
Über mimische und gestische Ausdrucksformen verfügen
Über sprachliche Ausdrucksformen wie ein umfassendes Emotionsvokabular verfügen
Ausdrucksregeln der eigenen Kultur kennen
In Bezug auf interkulturelles Lernen: Ausdrucksregeln von anderen Kulturen kennen.
4. Die Fähigkeit zur Empathie
Die Perspektive eines anderen Kindes oder Erwachsenen übernehmen
Sich in die Situation eines anderen Kindes oder Erwachsenen einfühlen
Mitgefühl empfinden.
5. Zwischen innerem Erleben und äußerem Ausdruck eines Gefühls unterscheiden
Wissen, dass der äußere Ausdruck eines Gefühls nicht mit dem tatsächlich empfundenen Gefühl übereinstimmen muss
Gefühle verbergen können
Gefühlsausdruck gezielt steuern.
6. Mit negativen Emotionen und Stress umgehen, Emotionen selbstgesteuert regulieren
Wissen, dass Gefühle veränderbar sind
Gefühle hervorrufen und aufrechterhalten können
Deren Intensität und Dauer kontrollieren können
Impulskontrolle entwickeln
Sich beruhigen können
Wut, Angst, Trauer und Stress bewältigen
Sich entspannen können
Ressourcen zur Verfügung haben.
7. Bewusstsein darüber, dass zwischenmenschliche Beziehungen von der emotionalen Kommunikation bestimmt werden
Erkenntnis, dass Gefühle je nach Interaktionspartner unterschiedlich mitgeteilt werden
Wissen, dass die Mitteilung der eigenen Gefühle interpersonale Konsequenzen hat
Verschiedene Arten von Beziehungen unterscheiden (Freund, Mutter, Vater, Erzieherin …)
Die emotionale Kommunikation darauf abstimmen.
8. Die Fähigkeit zur emotionalen Selbstwirksamkeit
Das eigene emotionale Erleben wird akzeptiert
Negative Emotionen wie Wut oder Angst werden toleriert, aber nicht als überwältigend erfahren
Aktives Bemühen, eine problematische Situation zu lösen
Die Kinder gehen davon aus, eine Situation gestalten zu können
Sie haben das Gefühl einer relativen Kontrolle über das eigene emotionale Erleben in dem Sinne, dass sie es meistern und sich selbst dabei achten
Die Kinder haben ein gutes