Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Krieg der Schrecken
Krieg der Schrecken
Krieg der Schrecken
Ebook153 pages1 hour

Krieg der Schrecken

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Da ist es wieder, das Geräusch. Im Finstern sucht sie nach mir, die Emperatriz, diese Kreatur, dieser tödliche, geflügelte Alptraum. In ihrem Bemühen, zu mir vorzudringen, tastet sie sich durch das silberne Leitungsgewirr der Klimaanlage.
Science Fiction eines kubanischen Autoren ist in Deutschland nicht sehr häufig. Aus dem Projekt "Rund um die Welt in mehr als 80 SF-Geschichten, das als Buch für 26,95 € zu haben ist (94 Autoren aus 41 Ländern) entstand dieses Taschenbuch und e-book.
LanguageDeutsch
Release dateMay 27, 2017
ISBN9783943948738
Krieg der Schrecken

Related to Krieg der Schrecken

Related ebooks

Science Fiction For You

View More

Related articles

Reviews for Krieg der Schrecken

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Krieg der Schrecken - Vlad Hernández

    Schrecke

    Die Emperatriz

    Da ist es wieder, das Geräusch. Im Finstern sucht sie nach mir, die Emperatriz, diese Kreatur, dieser tödliche, geflügelte Alptraum. In ihrem Bemühen, zu mir vorzudringen, tastet sie sich durch das silberne Leitungsgewirr der Klimaanlage. Ihre komplementäre Optik ist durch die Wärme der Rohre in meiner Umgebung behindert, daher versucht sie mich mit ihren Organen zur elektrischen Orientierung aufzuspüren. Mit geschlossenen Augen sehe ich sie vor mir: Insektoid, so etwas wie eine ungeheure schwarze Gottesanbeterin von zweieinhalb Metern Spannweite. Und sie kommt immer näher. Sie ist äußerst intelligent, und in ihrer Gerissenheit, die einer fremden Welt entstammt, ist sie mir haushoch überlegen.

    Vorläufig habe ich in den metallischen Eingeweiden der Escher Zuflucht gefunden, doch nun sitze ich auf meinem eigenen Schiff in der Falle. Von hier aus kann ich nicht einmal die Steuerung kontrollieren. Ich bin genauso blind wie die Emperatriz, die optischen Implantate zeigen mir nur die thermische Barriere, hinter der sich die Kreatur verbirgt; zarte Wärmewellen, die im Rhythmus der Bordsysteme tanzen und über einem Gewaber chromatischer Ausbrüche holografische Gespenster heraufbeschwören. Und da sind auch alfanumerische Codes, die mir verraten, dass ich chemisch abgetastet werde. Es ist die Emperatriz, die mich mit einem Strahl modifizierter Pheromone bombardiert, um meinen Willen zu brechen. Ich bete zu Gott, dass dies bei mir nicht funktioniert, immerhin bin ich keine von denen.

    Aber ich weiß, dass mein Widerstand zwecklos ist. Ich schinde nur Zeit. Mich rettet jetzt keiner mehr. Ich bin blind, hilflos und verloren; verloren seit dem Tag, an dem ich mich auf den Vertrag mit Kyle einließ.

    Kyle. Schöner, exotischer Kyle.

    Möge seine Seele in der Hölle schmoren.

    Dass ich mit dem Feuer gespielt habe, ist nicht das Problem. Ich habe mein Leben lang mit Feuer gespielt. Das Problem ist, ich war dermaßen verschossen in Kyle, dass ich nicht einmal gemerkt habe, dass es brennt.

    Es dürfte nicht einfach für ihn gewesen sein, mich zu finden. Ehrlich gesagt hat es mich schon gewundert, dass er durch das verzweigte Labyrinth von Strohmännern und Netzwerkprotokollen, in dem ich mich versteckt hielt, bis zu mir vorgedrungen ist. Er hat eine lange Kette von Zwischenhändlern, verteilt über fünf Sonnensysteme, abklappern müssen, um in mein Hauptquartier auf Gadiir zu gelangen.

    Und dann war es auch ziemlich beunruhigend, dass der Deal überhaupt auf diese Weise an mich herangetragen wurde, denn seit über zwanzig Jahren pflege ich solche Dinge selbst einzufädeln. Ich bin in dieser Hinsicht extrem wählerisch. Nur so konnte ich mich in der gefährlichen Welt des illegalen Handels dermaßen breit machen, wobei ich meine Geschäfte immer auf die Lücken im interstellaren Beziehungsgeflecht beschränkt habe. Der Schlüssel zu meinem Erfolg war die Meute von Spürhunden, die ich zu den Planeten und Habitaten der Föderation ausgesandt habe. Sie jagten nach interessanten Informationen, um potentielle Goldfasane aufzustöbern, die es dann zu erbeuten galt. Bis zu diesem Augenblick war mein Überleben immer davon abhängig gewesen, blitzschnell und mit relativ kleinen Gewinnspannen zu operieren, so dass ich den Titanen der Schattenwirtschaft nie in die Quere kam. Wenn du keinen störst, bist du sozusagen unsichtbar, das ist das Erste, was du lernst.

    Ich hatte mir unter dem Deckmantel einer Tarnfirma namens Max Enterprises – spezielle und allgemeine Problemlösungen ein kleines Reich geschaffen und war durch die doppelten und dreifachen Subsysteme, mit denen ich jede meiner Aktionen absicherte, bestens vor den föderalen Autoritäten geschützt.

    Nichtsdestotrotz hatte sich Kyle bis zu mir durchgeschlagen, unter Umgehung meines Netzwerks. Daraus schloss ich messerscharf auf seine Brillanz. Allein die Tatsache, ihn hier in meinem Büro auf Gadiir vor mir zu haben, sprach dafür, dass er verteufelt diskret, geschickt und überzeugend sein musste. Meine erste Reaktion ist grundsätzlich und immer Misstrauen, aber meine Agenten versicherten mir, er sei kein Bulle, also hörte ich mir an, was er zu sagen hatte.

    Ich streite nicht ab, dass mich seine fremdartige Schönheit vom ersten Augenblick an fasziniert hat. Mit jeder seiner Bewegungen sandte er hochemotionale Botschaften aus; er verkörperte eine Kombination aus Genugtuung und dunkler Besessenheit, die etwas in mir zum Schwingen brachte. Damals meinte ich, ihn aus klugem Abstand zu betrachten, mit jener distanzierten Coolness, wie sie im Geschäftlichen normalerweise herrscht; aber mein Unterbewusstes war ihm von Anfang an verfallen.

    Kyle war groß und hager, seine extreme Blässe und die scharfen Züge wiesen ihn als typischen Bewohner der Erial-Welten aus, aber seine Kleidung stammte aus der Gegend von Zentauri. Dunkles, glattes Haar fiel ihm wie ein schwarzseidener Mantel auf die Schultern und kontrastierte mit dem Blau seiner Augen, ein himmelfarbenes Flammengezüngel um die Pupillen herum, das immer heller wurde, bis es sich als kieselgrauer Ring im weißen Oval verlor. In diesen Augen pulste ein ansteckender Taumel, der ihnen, bei aller Beherrschtheit, einen solch drängenden Ausdruck verlieh, dass mir Angst und Bange wurde, während sie mich zugleich unwiderstehlich anzogen.

    Da saß er also, seltsam und magnetisch, jonglierte mit Worten, entwickelte voller Überzeugungskraft seine Argumentation – und schlug mir das Geschäft des Jahrhunderts vor.

    Als Erstes erzählte er mir seine Geschichte. Er sei in einer föderativen Festung in einem der Systeme des Sirius aufgewachsen und Genetiker geworden. Er habe über den von der Renaissance der Bioingenieurskunst ausgelösten Pandora-Effekt geforscht und die längste Zeit seines Lebens in hochgeheimen Militärlabors genomische Hybride zusammengebastelt, sei viele Jahre lang von Projekt zu Projekt gesprungen, bis er schließlich an der wissenschaftlichen Front im Kampf gegen die Schreckeninvasion gelandet sei.

    Denn wir haben Krieg. Der dauert jetzt schon fünfzehn Jahre, und es ist der verheerendste Krieg, den die Menschheit je geführt hat. Der Feind ist eine mächtige außerirdische Zivilisation, die plötzlich im Gebiet der Föderation auftauchte und auf ihrem Weg Schiffe und menschliche Habitate zerstörte. Diese Wesen erwiesen sich als tödliche Gegner, denn obwohl sie technisch so hochentwickelt scheinen wie wir, ist ihre Grausamkeit unverständlich, und die unerbittliche destruktive Gewalt, die sie über unsere Welten entfesseln, zeigt ihre absolute Entschlossenheit, die menschliche Spezies auszumerzen. Sie walzen alles nieder, sie machen niemals Gefangene. Keinem scheint es in all diesen Jahren gelungen zu sein, mit ihnen zu kommunizieren, aber es heißt, dass die Invasoren einen religiösen Kreuzzug gegen unseren territorialen Expansionismus führen, der damals gerade Fahrt aufnahm. Die Xenologen und Soziologen faselten etwas von Primärem Kulturschock, doch das war alles reine Spekulation. Irgendwie und gerade noch rechtzeitig lernten wir die schwerste Lektion unserer Geschichte. Zum ersten Mal war ein wahrhaft unberechenbarer Feind aufgetaucht, extrem grausam, ohne jegliches Interesse an Verhandlungen oder Koexistenz. Mit dem einzigen Ziel unserer völligen Ausrottung. Es kostete uns Millionen von Menschenleben und mehrere Kolonien, bis wir das begriffen hatten, aber wir nahmen den Kampf auf und taten alles, was wir konnten, um sie zu stoppen.

    Seit zehn Jahren gelingt es uns allmählich, sie zurückzudrängen. Laut aktuellen Nachrichten von der Flotte hat es die Föderation geschafft, dem Krieg die entscheidende Wende zu geben. Wir sind dabei, in ihre Gebiete einzufallen, die verlorenen Systeme zurückzuerobern, die Sphäre des menschlichen Herrschaftsgebiets auszudehnen. Vermutlich haben wir es nur deshalb noch nicht geschafft, sie völlig zu besiegen, weil wir so wenig über sie wissen.

    In irgendeiner Welt, ich weiß nicht mal ihren Namen, sind unsere Truppen gerade mit diesen arganosilikoiden Xenomorphen beschäftigt; aber zum Glück liegt die Front weit von unserem Sektor der Föderation entfernt. Im Lauf der Jahre hat der Konflikt beträchtlich an Bedeutung verloren. Gadiir kreist 17 Lichtjahre von der Cygnus-Kapitale, Richtung unterer Spiralarmbogen, um den Roten Riesen Swaink. Hier ist der Krieg gegen die Schrecken inzwischen etwas, das sich in weiter Ferne abspielt und kaum noch jemanden aufregt, ein Ereignis in einer wilden Ecke der Grenzregion, fernab der wichtigen zivilisierten Systeme und selbst jenseits der äußersten Welten unserer Sphäre.

    Jedenfalls hatte da jemand, mitten in irgendeinem Scharmützel – vielleicht im Weltraum, vielleicht auf jener Welt, wo die Truppen gerade miteinander kämpfen, ich weiß es nicht – großes Glück gehabt: Den Militärs war es gelungen, eine Emperatriz zu schnappen, die sie nun gefangen hielten.

    Eine Schrecken-Emperatriz sei die höchstentwickelte Lebensform, mit der wir es in der gesamten Menschheitsgeschichte je zu tun gehabt hätten, erklärte mir Kyle. Eine Art biologisches Mischwesen, dessen Untersuchung tausende neuer Forschungszweige hervorbringen würde.

    Allem Anschein nach haben die Xenomorphen, diese Geschöpfe von überaus fremdartiger Gestalt, eine Technologie entwickelt, die vollständig organisch ist. Ihre gesamte Zivilisation ist in autonomen Schwarmkolonien organisiert und besteht aus extrem spezialisierten Kasten mit einem schutzherrschaftlichen Paar im Zentrum eines jeden Staates. In diesem Paar, Emperatriz und Imperator genannt, sehen die menschlichen Exobiologen die wichtigsten Repräsentanten ihrer Art. Sie beherrschen das Gefüge der mächtigen planetarischen Clans. Von sozialen Schichten bei den Schrecken ist die Rede: Ammen, Krieger, Arbeiter – eine komplizierte Strukur, zusammengesetzt aus Kasten ursprünglichen Typs und aus Unterarten, die per technoevolutiver Manipulation in den Jahrhunderten ihrer interstellaren Ausbreitung erschaffen wurden.

    Die Emperatriz, betonte Kyle und klang dabei sehr überzeugend, sei ein Schlüsselelement für unser Verständnis davon, wie die Gesellschaft der Schrecken funktioniert. Durch sie könnten wir etwas über die Grundlagen ihrer Sprache und über ihre

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1