Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Achtung Satire!: Österreichische Musikzeitschrift 03/2017
Achtung Satire!: Österreichische Musikzeitschrift 03/2017
Achtung Satire!: Österreichische Musikzeitschrift 03/2017
Ebook250 pages1 hour

Achtung Satire!: Österreichische Musikzeitschrift 03/2017

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

"Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt", heißt es bei Joachim Ringelnatz. Zum Dampfablassen eignet sich dabei besonders die humoristische Form der Satire, die den menschlichen Verfehlungen sämtlicher Lebensbereiche den Spiegel vorhält. Auch in der Musikwelt begegnet sie uns, meist in textgebundenen Gattungen wie der Oper, der Operette sowie Kunst- und Kabarettliedern. Ist die Musik also überhaupt per se zu Satire fähig oder nur im Kontext anderer Kunstdisziplinen wie der Literatur, der bildenden Kunst oder dem Film? Und was kann genuin musikalisch sein an musikalischer Satire?
LanguageDeutsch
Release dateMay 31, 2017
ISBN9783990123874
Achtung Satire!: Österreichische Musikzeitschrift 03/2017

Related to Achtung Satire!

Related ebooks

Music For You

View More

Related articles

Reviews for Achtung Satire!

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Achtung Satire! - Hollitzer Wissenschaftsverlag

    IMPRESSUM

    Österreichische Musikzeitschrift (ÖMZ) | Jahrgang 72/3 | 2017

    ISBN 978-3-99012-387-4

    Gegründet 1946 von Peter Lafite und bis Ende des 65. Jahrgangs herausgegeben von Marion Diederichs-Lafite

    Erscheinungsweise: zweimonatlich

    Einzelheft: € 11,90

    Jahresabo: € 49,90 zzgl. Versand | Bestellungen: vertrieb@hollitzer.at

    Förderabo: ab € 100 | Bestellungen: redaktion@oemz.at | emv@emv.or.at

    Medieninhaberin: Europäische Musikforschungsvereinigung Wien (EMV)

    ZVR-Zahl 983517709 | www.emv.or.at | UID: ATU66086558

    BIC: GIBAATWWXXX | IBAN: AT492011129463816600

    Herausgeber: Daniel Brandenburg | dbrandenburg@oemz.at

    Frieder Reininghaus (verantwortlich) | f.reininghaus@oemz.at

    Redaktion: Johannes Prominczel | j.prominczel@oemz.at

    Judith Kemp | j.kemp@oemz.at

    Julia Jaklin (Assistenz) | j.jaklin@oemz.at

    Adresse für alle: Hanuschgasse 3 | A-1010 Wien | Tel. +43-664-186 38 68

    redaktion@oemz.at | inserate@oemz.at | www.oemz.at

    Werden Sie FreundIn der ÖMZ: Unterstützen Sie die Europäische Musikforschungsvereinigung Wien (EMV) oder ihren deutschen Partner Verein zur Unterstützung von Musikpublizistik und Musik im Donauraum e. V. (VUMD) | info@emv.or.at

    BIC: COLSDE33 | IBAN: DE07370501981930076995

    Verlag: Hollitzer Verlag | Trautsongasse 6/6 | A-1080 Wien

    Tel. +43-1-236 560 54 | office@hollitzer.at | www.hollitzer.at

    Coverbild: Gustave Doré: Heldensänger

    Grafische Gestaltung & Satz: Gabriel Fischer | A-1150 Wien

    © 2017 Hollitzer Verlag. Alle Rechte vorbehalten. Die Redaktion hat sich bemüht, alle Inhaber von Text- und Bildrechten ausfindig zu machen.

    Zur Abgeltung allfälliger Ansprüche ersuchen wir um Kontaktaufnahme.

    Gedruckt mit freundlicher Unterstützung von

    Liebe Leserinnen und Leser,

    Kurt Tucholskys Ausspruch, dass Satire alles dürfe, ist – bedauerlicherweise – seit jeher mehr Wunsch als Beschreibung der Wirklichkeit gewesen. Gerade da, wo sie ihre politische Stacheln ausfährt, wird auch heute oft genug versucht, ihr die Zähne zu ziehen – man denke nur an die noch immer schwelende »Böhmermann-Affäre« im Nachbarland. Zu den Waffen der Satire gehören Verkürzung und Übertreibung, mit denen sie (mitunter rüde) Klarheit schafft und explosive Wirkungen freisetzen kann. Ihren Spott haben die Mächtigen, Reichen und Schönen allemal gefürchtet. Denn es scheint, als wäre Satire häufig wirkungsmächtiger als andere Formen der Kritik. Lediglich den Hofnarren war es unter Umständen gestattet, Missstände auf humoristische Art beim rechten Namen zu nennen. Im Übrigen galt Satire oft genug als Sakrileg. Dies zog, wie im Fall von Frank Wedekind, empfindliche Strafen nach sich. Andere hielten ihre satirischen Werke daher von vorneherein lieber unter Verschluss – wie Dmitri Schostakowitsch den Antiformalistischen Rajok, der erst 1989, vierzehn Jahre nach seinem Tod, uraufgeführt wurde.

    Verhältnismäßig einfacher hatte es die Satire stets, wo sie allgemeinere gesellschaftliche oder auch künstlerische Zusammenhänge aufs Korn nahm. Doch sorgte auch hier z. B. der Krämerspiegel von Richard Strauss – als Abrechnung mit der Musikverlagsbranche – für böses Blut. Dass Satire gerade im Zusammenwirken oder besser: im ironischen Gegeneinander von Text und Musik entsteht, belegt nicht nur dieser Liederzyklus, sondern auch eine ganze Anzahl von Opern – von Florian Leopold Gassmanns L’opera seria über Verdis Falstaff bis hin zu Detlev Glanerts Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung. Doch auch Musikstücke ohne Worte können durch Kodierung und Kontextualisierung satirisches Potenzial entfalten.

    Bemerkenswert und aus heutiger Sicht verwunderlich erscheint die Tatsache, dass ausgerechnet das Kabarett, das wir in seiner gegenwärtigen Form als das Podium für satirische Darstellung kennen, in seiner Anfangszeit eher einen Bogen um diese Art des Humors machte und sich vielmehr der ernsthaften Darbietung von Kunst und Musik verschrieben hatte, wie das Beispiel von Wiens erster Brettlbühne Jung-Wiener Theater zum lieben Augustin zeigt.

    Zusätzlich zu dieser Ausgabe bieten wir Ihnen ein besonderes Highlight: Am 19. Juni, 19 Uhr, präsentiert Maria Goeth, die 2015 mit ihrer Arbeit über Musik und Humor promoviert wurde und nun als Redakteurin des Klassikmagazins Crescendo tätig ist, in den Räumen des Hollitzer Verlags (1080 Wien, Trautsongasse 6/6) ihren mit Musikbeispielen gewürzten Vortrag »Von singenden Laubsaugern und näselnden Sopranistinnen – Wie Komponisten ihre Hörer lachen machen«. Der Eintritt ist für Sie kostenlos; um Anmeldung wird bis zum 16. Juni unter redaktion@oemz.at (weitere Informationen unter www.oemz.at) gebeten.

    Wir freuen uns auf Ihr Kommen und wünschen bis dahin eine vergnügliche Lektüre. // Die Redaktion

    INHALT

    ACHTUNG SATIRE!

    Satire in der Musik oder die Kunst der bissigen Gleichzeitigkeit // Maria Goeth

    L’opera seria: Ranieri de’ Calzabigis Anleitung, wie man eine Oper nicht verfassen sollte // Konstantin Hirschmann

    Musikalisches ABC: Was man beim Anhören der Meister empfinden und sagen soll

    Mit gesenktem Sterz – hinterwärts: Richard Strauss als Satiriker im Liederzyklus Krämerspiegel // Hartmut Schick

    Tatütata oder Über den ließe sich eine interessante Oper schreiben: Frank Wedekind als Licht und Irrlicht einer satirischen Kultur // Frieder Reininghaus

    Der Fluch des Sängers // Hans Veigl

    Musikalische Satire im Sozialistischen Realismus: Schostakowitschs Antiformalistischer Rajok // Uta Swora

    Le Conservatoire // Eugene-Hippolyte Forest

    Angriff auf die Provinzialität // Detlev Glanert im Gespräch mit Fabian Schwinger

    Melancholische Opernsatire im Gewand der Chinoiserie? Kurt Schwertsiks Der lange Weg zur Großen Mauer // Peter Tiefengraber

    EXTRA

    Doblinger Musikhaus Zweihundert // Johannes Prominczel

    NEUE MUSIK IM DISKURS

    Zwei trojanische Neo-Lipizzanerinnen: Angélica Castelló und Mirela Ivičević // David Wedenig

    BERICHTE AUS WIEN

    Händels Oreste // Konstantin Hirschmann

    Clairs Stummfilm Paris qui dort mit Musik von Yan Maresz // Ralf Beer

    Rossinis Elisabetta Regina d’Inghilterra // Frieder Reininghaus

    Ur- und Erstaufführungen von Richard Dünser, Thomas Heinisch, Rebecca Saunders und Enno Poppe // Christian Heindl

    Catalanis La Wally // Judith Kemp

    Wagners Parsifal // Markus Hennerfeind

    BERICHTE AUS ÖSTERREICH

    Monteverdis Combattimento di Tancredi e Clorinda, Zemlinskys Der Zwerg und Dallapiccolas Der Gefangene in Graz // Ulrike Aringer-Grau

    85. Geburtstag von Balduin Sulzer in Linz // Johannes Prominczel

    Osterfestival Tirol // Walter Weidringer

    Osterfestspiele Salzburg // Natalie Stadler

    BERICHTE AUS DEM AUSLAND

    Bizets Carmen in Paris, Stauds Die Antilope in Köln, Czernowins Infinite Now und zur Zensur von Fuchs du hast die Gans gestohlen in Limburg // Frieder Reininghaus

    REZENSIONEN

    Bücher, CDs

    DAS ANDERE LEXIKON

    »Mit einem mächtigen Ausbruch der Heiterkeit enden!« // Judith Kemp

    NEWS

    Alles neu macht der Mai

    ZU GUTER LETZT

    Second Hand-Shops allerorten Die fortschreitende Historisierung des Musiktheaters // Frieder Reininghaus

    Vorschau

    THEMA

    Jean-Jacques Grandville, Notengemälde, um 1840, abgedruckt in: Karl Storck, Musik und Musiker in Karikatur und Satire, Oldenburg 1910

    Satire in der Musik oder die Kunst der bissigen Gleichzeitigkeit

    Bedarf es immer eines Textes, um Satire in der Musik zu schaffen? Kann Musik aufgrund ihres hohen Abstraktionsgrades und damit ihres Mangels an konkreten Bedeutungsinhalten nicht nur sehr unbeholfen parodistische Wirkungen generieren? Und was ist Satire überhaupt? Maria Goeth

    Die Beantwortung der letzten Frage ersparen sich beinahe alle Musiklexika, indem sie den Begriff »Satire« gar nicht erst behandeln. Eine Ausnahme macht das Österreichische Musiklexikon, das einen längeren Eintrag zu »Satire/satirisch« anbietet, nur um gleich im ersten Satz klarzustellen, dass sich Satire im Grunde genommen gar nicht exakt definieren lässt: »In der Musik fehlt eine genaue gattungsmäßige Bestimmung der Satire zugunsten der durch besondere Kompositionsweisen erzielten satirischen Prägung oder Färbung unterschiedlicher Gattungen; eine strenge Trennung von der Parodie ist nicht immer möglich.«¹ Leider hilft auch die Literaturwissenschaft nicht erschöpfend weiter. Satire sei keine Gattung, sondern eine Bezeichnung für »von aggressiv-ironischer Rhetorik geprägte ästhetische Werke«², für die »abwertende Darstellung von Personen, Ständen, politischen Positionen, sozialen Verhaltensweisen oder Weltanschauungen mit ästhetischen Mitteln«³. Nun, was die beiderseits betonte »ästhetische« Komponente betrifft, sollte Musik ja geradezu prädestiniert sein zur Satirenbildung, ist sie als Kunstgattung doch per se Gegenstand der Lehre vom Schönen.

    Komplizierter als mit der Ästhetik verhält es sich mit den von den zitierten Autoren eingeforderten Elementen der Parodie oder Ironie, die ihrerseits eng mit den Sphären des Humors in Verbindung stehen. Dass Musik – auch ohne Text – humoristisch sein kann, dürfte inzwischen einigermaßen unstrittig sein. Ihre Möglichkeiten dazu sind mannigfaltig: Sie reichen vom humoristischen Einzelton wie Haydns vielbeschworenem Paukenschlag – eigentlich einem Tutti-Schlag – in seiner Sinfonie Nr. 94, bis hin zu humoristischen Großwerken wie Mozarts rund zwanzigminütigem Sextett Ein musikalischer Spaß, das diverse gängige Spielfehler von Laienmusikanten parodiert. Musik bietet einen reichhaltigen Fundus an Manipulationsmöglichkeiten zur Humorproduktion, sofern man musikalischen Humor als aktive Strategie von Komponisten versteht, ihre Hörer potenziell zum Lachen zu bringen.

    Komische musikalische Effekte

    Neben dynamischen Effekten wie bei Haydn erfreuen sich beispielsweise auch folgende – auf einzelne Elemente der Musik bezogene – Methoden musikalischer Humorkonstruktion⁴ großer Beliebtheit: Was den Rhythmus betrifft, so lässt sich vor allem mittels dessen stolpernder, torkelnder Anlage der Eindruck von Trunkenheit, Unbeholfenheit oder Unvollkommenheit vermitteln, wie etwa im Menuet alla zoppa (Menuett auf hinkende Art) aus Haydns 58. Sinfonie oder der Imitation watschelnder Enten in Emmanuel Chabriers Villanelle des petits canards. Hinsichtlich der Klangfarbe eignen sich insbesondere solche Instrumente oder Spielweisen von Instrumenten für humoristische Wirkungen, die Assoziationen an (minderwertige) außermusikalische Klänge erwecken, etwa an Tierlaute wie Eselsgeschrei, an Störungen der menschlichen Stimme wie Krächzen oder Röcheln oder an Körpergeräusche wie Rülpsen, Husten oder Furzen – etwa auf dem Fagott imitiert. Melodisch können kontextabhängig insbesondere unerwartet große Sprünge und Pausen – letztere zum Beispiel in Lückentextliedern – komisch wirken; auf die Harmonik bezogen sind es geschickt platzierte Dissonanzen. Schließlich kann auch musikalische Form lustig sein, etwa indem einzelne Melodiefloskeln ähnlich einer Schallplatte mit Sprung immer und immer wieder stupide und ohne Weiterentwicklung wiederholt werden, einzelne Töne überlange Dehnung erfahren oder sich bestimmte Formteile in ihren Proportionen mit ihrer Umgebung

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1