Ein kaltes Herz?: Der kleine Fürst 140 – Adelsroman
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Prinz Christian von Sternberg stand während der großen Pause mit verschlossenem Gesicht auf dem Schulhof, allein. Seine Mitschüler ließen ihn in Ruhe. Sie kannten ihn. Wenn er so aussah wie jetzt, wollte er mit niemandem reden, höchstens mit seiner Cousine Anna von Kant und ihrem Bruder Konrad, seinem Cousin.
Tatsächlich steuerten die beiden auch bereits auf ihn zu. Aber sie blieben stumm beieinander stehen, auch ihre Gesichter waren verschlossen. Vor allem bei Anna war das ungewöhnlich. Sie war sehr lebhaft, immer in Bewegung, und sie redete gern. Jetzt jedoch stellten sie und Konrad sich einfach zu ihrem Cousin und schwiegen.
Christian hatte schon als kleiner Junge den Beinamen ›der kleine Fürst‹ erhalten. Sein Vater war nach der Geburt des Kindes so stolz darauf gewesen, endlich Vater geworden zu sein, dass er seinen Sohn schon als Zweijährigen mit auf Reisen genommen hatte. Sie waren überall begeistert empfangen worden und hatten bald »der große und der kleine Fürst« geheißen. Der Name war Christian geblieben.
»Wir sollten nach der Schule den Hinterausgang nehmen«, sagte er jetzt, das Schweigen endlich brechend. »Bei mir ist ein Fotograf vor dem Klassenzimmerfenster aufgetaucht. Zum Glück hat unser Lehrer ihn sofort gesehen und verscheucht. Ich schätze mal, das wird grässlich nachher.«
»War es ja heute Morgen schon«, murmelte Konrad.
Anna stieß hervor: »Ich hasse sie!«
»Wen jetzt?«, fragte Konrad. »Die Fotografen?«
»Die auch. Aber ich meinte Frau Roeder, weil sie dieses Interview gegeben hat und weil jetzt alles wieder von vorn anfängt.«
Die beiden anderen nickten trübsinnig. Frau Roeder, genauer: Corinna Roeder. Sie war die Frau,
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Book preview
Ein kaltes Herz? - Viola Maybach
Der kleine Fürst –140–
Ein kaltes Herz?
Dabei ist die schöne Isabella heißblütig wie kaum eine andere!
Viola Maybach
Prinz Christian von Sternberg stand während der großen Pause mit verschlossenem Gesicht auf dem Schulhof, allein. Seine Mitschüler ließen ihn in Ruhe. Sie kannten ihn. Wenn er so aussah wie jetzt, wollte er mit niemandem reden, höchstens mit seiner Cousine Anna von Kant und ihrem Bruder Konrad, seinem Cousin.
Tatsächlich steuerten die beiden auch bereits auf ihn zu. Aber sie blieben stumm beieinander stehen, auch ihre Gesichter waren verschlossen. Vor allem bei Anna war das ungewöhnlich. Sie war sehr lebhaft, immer in Bewegung, und sie redete gern. Jetzt jedoch stellten sie und Konrad sich einfach zu ihrem Cousin und schwiegen.
Christian hatte schon als kleiner Junge den Beinamen ›der kleine Fürst‹ erhalten. Sein Vater war nach der Geburt des Kindes so stolz darauf gewesen, endlich Vater geworden zu sein, dass er seinen Sohn schon als Zweijährigen mit auf Reisen genommen hatte. Sie waren überall begeistert empfangen worden und hatten bald »der große und der kleine Fürst« geheißen. Der Name war Christian geblieben.
»Wir sollten nach der Schule den Hinterausgang nehmen«, sagte er jetzt, das Schweigen endlich brechend. »Bei mir ist ein Fotograf vor dem Klassenzimmerfenster aufgetaucht. Zum Glück hat unser Lehrer ihn sofort gesehen und verscheucht. Ich schätze mal, das wird grässlich nachher.«
»War es ja heute Morgen schon«, murmelte Konrad.
Anna stieß hervor: »Ich hasse sie!«
»Wen jetzt?«, fragte Konrad. »Die Fotografen?«
»Die auch. Aber ich meinte Frau Roeder, weil sie dieses Interview gegeben hat und weil jetzt alles wieder von vorn anfängt.«
Die beiden anderen nickten trübsinnig. Frau Roeder, genauer: Corinna Roeder. Sie war die Frau, die seit Monaten Kummer und Verzweiflung in ihr Leben brachte und offenbar gewillt war, es auch weiterhin zu tun.
Es schellte zum Ende der Pause. Urplötzlich tauchte ein Mann vor den drei Teenagern auf, hob seine Kamera und machte in schneller Folge mehrere Fotos. Doch schon wurde er von anderen Schülerinnen und Schülern umringt und abgedrängt.
Anna, Christian und Konrad bedankten sich bei den anderen und beeilten sich, das Schulgebäude zu erreichen. Sie wussten, das war nur ein Vorgeschmack auf das gewesen, was sie später, nach Schulschluss, erwartete.
*
»Wollen Sie es sich nicht doch noch einmal überlegen, Isabella?«, fragte Baronin Sofia von Kant. »Wir kennen Ihre Eltern, und es wäre uns eine Freude, wenn Sie bei uns wohnen würden.«
»Ich kann mich den Worten meiner Frau nur anschließen.« Baron Friedrich von Kant stand mit dem Rücken zu einem der Fenster seines Büros, das unmittelbar neben der Eingangshalle von Schloss Sternberg lag. »Für uns ist es seltsam, dass Sie unten im Ort ein Zimmer genommen haben, und es ist auch ganz unnötig. Wie Sie wissen, haben wir eine ganze Reihe von Gästesuiten, keine ist im Moment belegt.«
Isabella von Wellingen war eine bildhübsche junge Frau mit braunem Lockenkopf und klaren blauen Augen. Sie trug Jeans, einen Pullover und derbe, nicht ganz saubere Stiefel. Nachdem der Baron geendet hatte, schüttelte sie nachdrücklich den Kopf. »Ich danke Ihnen noch einmal für Ihr freundliches Angebot, ich weiß es zu schätzen, aber wenn ich hier als Pferdepflegerin arbeite, kann ich nicht gleichzeitig im Schloss wohnen. Ich arbeite hier, ich bin kein Gast, und ich möchte auch nicht, dass es zu Missverständnissen mit meinen Kollegen kommt. Bitte, verstehen Sie das.«
»Wir verstehen es schon«, erwiderte die Baronin, »wir finden es nur schade.« Mit einem Lächeln setzte sie hinzu: »Wir haben nämlich gern Gäste.«
»Und ich wäre gern Ihr Gast, Frau von Kant, wirklich, das müssen Sie mir glauben. Aber ich möchte hier keine Sonderstellung einnehmen, das bringt nur Ärger.« Isabella stand auf. »Ich sollte zurückgehen, wir haben schrecklich viel zu tun. Bitte, seien Sie nicht böse auf mich. Meine Eltern verstehen mich auch nicht, aber ich kann nicht anders handeln. Für mich war es schon schwer genug, mich bei Ihnen zu bewerben, wo ich ja wusste, dass ich einen Startvorteil hatte, weil Sie meine Eltern kennen.«
»Hätten Sie nicht so gute Zeugnisse und Referenzen gehabt, hätten wir Sie nicht genommen, das garantiere ich Ihnen. In solchen Fällen nützen Beziehungen nur wenig. Sie kennen unseren Stallmeister ja mittlerweile, er ist unbestechlich und ziemlich streng.«
»Ich bin froh, dass Sie das sagen.« Zum ersten Mal während dieses Gesprächs zeigte sich ein Anflug von Lächeln auf Isabellas Gesicht. »Es ist nämlich kein schönes Gefühl, wenn man denken muss, dass man eine Stelle vielleicht ohne die Vermittlung der Eltern nicht bekommen hätte.«
»Sie wären überall untergekommen, Isabella, glauben Sie mir. Und nun gehen Sie, Sie können es ja offenbar kaum erwarten, zu den Pferden zurückzukehren.«
»Danke!« Die Erleichterung war der jungen Frau anzuhören, und im nächsten Moment war sie auch schon draußen. Sie sahen sie über den Schlosshof laufen, mit langen Schritten.
»Sie ist ein Glücksgriff, Sofia«, sagte der Baron, indem er seiner Frau, die sich neben ihn gestellt hatte, einen Arm um die Schultern legte. »Eine ungemein hübsche, sympathische, sehr engagierte junge Frau. Ich habe es gestern am Telefon ihrem Vater schon gesagt. Die Eltern sind natürlich auch froh, dass sie jetzt bei uns arbeitet. Dass sie nicht bei uns wohnen will, gefällt ihnen freilich so wenig wie uns.«
»Verständlich ist es schon«, meinte die Baronin nachdenklich. »Sie will, wie man so schön sagt, keine Extrawurst gebraten kriegen, sondern unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie alle anderen.«
»Du kennst doch Herrn Wenger«, lächelte der Baron. »Glaubst du im Ernst, er käme auch nur auf die Idee, sie anders zu behandeln, nur weil wir mit den Eltern bekannt sind?«
Sofia lachte leise. »Nein, eigentlich nicht«, gab sie zu.
Robert Wenger war der junge Stallmeister im Sternberger Gestüt, das Baron Friedrich in letzter Zeit stark ausgebaut hatte. Der Stallmeister war ein sehr fähiger Mann, gefürchtet wegen seiner Strenge, aber dennoch allseits geschätzt, weil er ein fairer Chef ohne Launen war. Und hatte jemand ein Problem, konnte er damit jederzeit zu Robert Wenger kommen und sicher sein, dass dieser sich Gedanken um eine Lösung machen würde.
»Ich würde sagen«, fuhr Sofia fort, »wir lassen das Thema auf sich beruhen. Wenn es Isabella wichtig ist, im Ort zu wohnen und so eine gewisse Distanz zu uns zu halten, sollten wir das akzeptieren.«
»Ich schätze, sie würde nicht einmal eine Einladung zum Essen annehmen, was ich schade finde. Gerade jetzt, wo wir ein wenig Ablenkung von unseren Sorgen gebrauchen könnten.« Das Gesicht des Barons verschloss sich.
Sofia lehnte sich an ihn, wobei sie ihm einen Arm um die Hüfte legte. Sie durchlebten schwere Zeiten. Im vergangenen Jahr war das Fürstenpaar von Sternberg bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Fürstin Elisabeth und Fürst Leopold von Sternberg hatten ihren fünfzehnjährigen Sohn, Prinz Christian, als Vollwaisen zurückgelassen. Christian war Sofias Neffe, Elisabeth war ihre Schwester gewesen.
Zum Glück lebten Sofia und Friedrich schon