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Bild und Text: VvAa Heft 1 / 2. Jahrgang (2017)
Bild und Text: VvAa Heft 1 / 2. Jahrgang (2017)
Bild und Text: VvAa Heft 1 / 2. Jahrgang (2017)
Ebook204 pages1 hour

Bild und Text: VvAa Heft 1 / 2. Jahrgang (2017)

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About this ebook

Die Interdependenzen der biblischen Bild- und Sprachwelt bei der Textproduktion und -rezeption werden in den Beiträgen dieses Heftes auf vier Ebenen betrachtet:
a.Bezug von sprachlichen Motiven zur materiellen Kultur,
b.Ausformung von Sprachbildern unter dem Gebot der Bilderlosigkeit,
c.Entstehung mentaler Bilder im Prozess der Rezeption von Texten,
d.Entdecken biblischer Texte und ihrer Deutungen in der Betrachtung der Zeugnisse der bildenden Kunst.
Diese Aspekte werden in Beiträgen von Christina Hoegen-Rohls, Peter Wick sowie einem gemeinsamen Artikel von Florian Lippke, Stefan Fischer und Thomas Wagner aufgenommen und ausgeführt.
Die hochschuldidaktische Umsetzung erfolgt in zwei Lehr-Lern-Beispielen. Rezensionen in hochschuldidaktischer Perspektive sowie ein Interview mit Michaela Bauks von der Universität Koblenz-Landau beschließen dieses Heft.
LanguageDeutsch
Release dateJun 19, 2017
ISBN9783772000102
Bild und Text: VvAa Heft 1 / 2. Jahrgang (2017)

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    Bild und Text - Narr Francke Attempto Verlag

    Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa)

    Jahrgang 2 – 2017, Heft 1

    Editorial

    Stefan Fischer und Thomas Wagner

    Die dritte Ausgabe dieser Zeitschrift behandelt das Thema Bild und Text. Bilder nehmen in der Gestaltung von Lehrveranstaltungen weiten Raum ein. Moderne Techniken ermöglichen einen schnellen Zugriff auf Bilder und deren Darstellung. Dies bietet Chancen für den Unterricht. Dabei lauern aber auch Gefahren: Visualisierungen können zu einer Überladung mit Bildern, auch mit Textbildern, führen, ohne dass es zu einer Reflektion über die einzelnen Bilder kommt. Die vorliegenden Beiträge stellen sich der Bilddidaktik auf einer grundsätzlichen Ebene, wie es dem Anliegen der Zeitschrift Verstehen von Anfang an entspricht. Sie gehen auf die Tagung Bild und Exegese: Die Interdependenz der biblischen Bild- und Sprachwelt als Aufgabe für die Exegese zurück, die vom 26.–29. September 2016 an der TU Dresden stattfand. Die Vorträge, Workshops und intensiven Diskussionen zeigten insbesondere Bezüge zwischen materialer Kultur und sprachlichen Motiven auf und fragten, wie das Bilderverbot sich auf die Sprachbilder von Gott auswirkt. Des Weiteren kam die Entstehung von mentalen Bildern bei der Lektüre biblischer Texte unter dem Einfluss der im Rezeptionsprozess entstandenen Zeugnisse in den Blick.

    Der erste Hauptbeitrag, der von seiner Länge her ein Doppelbeitrag ist, stellt das Ergebnis einer Kooperation da. Florian Lippke, Fribourg, sowie wir Herausgeber legen den Versuch vor, materiale, textliche und metaphorische Zugänge zur Bildwelt der Bibel methodisch miteinander zu verschränken. In ihm wird die Bandbreite exegetischer Arbeit mit Bild und Text sichtbar. Die daraus folgenden hochschuldidaktischen Konsequenzen werden in den weiteren beiden Hauptbeiträgen sowie in den Lehr-/Lern-Beispielen gezogen.

    Christina Hoegen-Rohls, Münster, wählt die Erzählung von David und Batseba aus 2Sam 11,1–27, und zeigt eine korrelative Bild-Textwahrnehmung auf. Die Segmentierung des Textes, die nach dem Satzzeichenprinzip, dem rhythmisch-intonatorischen Prinzip und dem Prinzip des finiten Verbs erfolgt, stellt bereits eine Visualisierung des Textes dar, welche das Leseverhalten beeinflusst. Sie verbindet diese Erzählung von David und Batseba mit deren Rezeption in Bildern von Franciabigio, Rubens und Rembrandt und weist nach, wie Visualisierungen unterschiedliche Pointierungen der Rezeption des Textes fördern. In diesen Wahrnehmungsprozess zieht sie Studierende, so dass diese den Text neu und facettenreich entdecken können.

    Peter Wick, Bochum, überlegt aus exegetischer Sicht, wie traditionelle Vorstellungen die Lektüre biblischer Texte beeinflussen. Er stellt an verschiedenen Beispielen dar, wie das Verständnis eines Textes durch mentale Bilder geprägt ist, die anderweitig erworben wurden. So wird etwa bei Martin Luther eine bildgesteuerte Exegese sogar zum hermeneutischen Prinzip, denn seine hermeneutische Formel ‚Was Christum treibet‘ führt zu einem bestimmten Bild von Christus als Erlöser, welches wiederum die Lektüre des Textes beeinflusst. Ausführlich setzt er sich mit Sprachbildern des Paulus auseinander und zeigt auf, wie diese sich überlagern. Mit Beispielen aus der Gegenwart verdeutlicht er, wie mentale Bilder unser Wirklichkeitsverständnis prägen und unsere Text- und Weltwahrnehmung beeinflussen. Er setzt dieses wiederum mit biblischen Texten in Verbindung und zeigt auf, wie diese etwa ein ganz bestimmtes Verhältnis von Einheit und Vielheit konstruieren.

    Zwei Lehr-/Lern-Beispiele führen die hochschuldidaktischen Umsetzungsmöglichkeiten weiter aus: Norbert Brieden, Wuppertal, wählt das Thema des kreativen Visualisierens als didaktisch-hermeneutischen Weg und zeigt dieses am Beispiel der Erzählung vom Goldenen Kalb (Ex 32) aus. Er stellt fünf Funktionen vor, welche eine Visualisierung besitzen kann.

    Alexander Schneider, Wuppertal, führt aus rezeptionsdidaktischer Perspektive einen exemplarischen Vermittlungsansatz zur Bildrezeption aus und wählt dazu John Everett Millais’ Ophelia (1851–52). Dabei legt er die Ikonik als methodische bzw. interpretatorische Klammer zugrunde.

    Die beiden Rezensionen nehmen zu unterschiedlichen Themen bibelwissenschaftlicher Hochschuldidaktik Stellung. Zum einen wird der Sammelband Iconographic Exegesis of the Hebrew Bible / Old Testament. An Introduction to Its Method and Practice, den Izaak J. de Hulster u.a. herausgeben, kritisch gewürdigt. Die zweite Rezension beschäftigt sich mit Annett Giercke-Ungermann/Sandra Huebenthal (Hg.): Orks in der Gelehrtenwerkstatt? Bibelwissenschaftliche Lehrformate und Lernumgebungen neu modelliert.

    Ein Interview mit Michael Bauks, einer der Begründerinnen des Internetportals wibilex.de, schliesst dieses Heft ab. Mit ihm blicken wir auf das folgende Heft voraus, das sich mit dem Thema Digital Humanities befassen wird.

    Die nächste Tagung wird vom 04.–07. September 2017 in Frankfurt zum Thema Spracherwerb stattfinden.

    Wien | Wuppertal Stefan Fischer und Thomas Wagner

    Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa)

    Jahrgang 2 – 2017, Heft 1

    Materiale, textliche und metaphorische Zugänge zur Bildwelt der Bibel

    Stefan Fischer, Florian Lippke und Thomas Wagner

    Abstract | The importance of the visual world for the development and understanding of mental images is reflected in various stages within this article. Starting with a closer look to the characteristics of Egyptian and Ancient Near Eastern art the authors reflect on methodological aspects of how to interpret the images in their original environment. The meaning of aspective rendering for visual art, the relevance of a form-critical investigation of images, and the transformation of visual images in mental images are described firstly methodologically, and secondly in their reference to specific objects and in their relation to biblical texts.

    Jeder, der sich mit der Interpretation biblischer Schriften beschäftigt, kommt um einige Grundlagen nicht herum: Die Kenntnis der ‚Parameter‘ der biblischen Welt ist von besonderer Wichtigkeit.¹ Sowohl für die professionelle exegetische Arbeit, als auch für den privaten Bibelleser gilt: Wer die Bibel besser verstehen will, muss zuerst die Welt der Bibel kennen und verstehen. Dies gilt in historischer, kultureller, sozialer und realienkundlicher Hinsicht.² Erst die Kenntnis der antiken Tier- und Pflanzenwelt (z.B. spezifisches Wissen über Löwe, Bär, Schlange, Mandelbaum und Getreidesorten) ermöglicht ein Verständnis vieler prophetischer Bildworte (insbesondere bei Amos, Ezechiel oder Jeremia).³ Im gleichen Sinn hilft auch eine solide landeskundliche Orientierung, viele Erzählungen im Pentateuch oder in den Evangelien besser zu ver„orten. Wer einmal den Weg von Jerusalem nach Jericho abwandern durfte, weiß: Die Gluthitze im Wadi Quelt⁴ (zwischen Jerusalem und Jericho), der Weg durch die trockene Wüstenlandschaft und die Verlassenheit von aller Zivilisation sind prägend für diese Gegend. Und so wird ein Wanderer, der die judäische Wüste gut kennt, den folgenden Gleichnisbeginn mit anderen Augen lesen als der europäische Großstadtbewohner: „Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab. Unterwegs überfielen ihn Räuber. Sie nahmen ihm alles weg, schlugen ihn zusammen und ließen ihn halb tot liegen (Lk 10,30). Ein Verständnis der Verlassenheit und der Todesnähe steht dem Leser deutlich vor Augen, der mit den lokalen Gegebenheiten vertraut ist.

    Theologisch gewendet – und bei manchen Auslegern mit einer gewissen Prise Frömmigkeit angereichert – kann das Land, der (imaginäre aber auch der mit der Wirklichkeit in Bezug stehende) Raum, als ‚fünftes‘ Evangelium, als Schlüssel für die biblischen Texte verstanden werden.

    Heilige Schriften kreieren immer eine Welt, die durch den Text präsent ist. In diesem Sinne etablierte sich der Begriff der Textwelt⁶ gut. Jedoch kann an diesem Punkt beim Verstehensversuch nicht pausiert werden. Der Text weist immer auch eine Referenz auf. Diese Referenz gilt der antiken Welt, in der er produziert wurde. Archäologische, epigraphische, kulturgeschichtliche, ethnographische aber in besonderem Maße auch ikonographische Befunde spielen für diese Textreferenz eine große Rolle.⁷ Wesentlich ist für ein solches antikes Verständnis der Text- und Realwelten das Modell der verbundenen Kultursphären.

    Die antiken Hochkulturen (Ägypten, Mesopotamien, Anatolien) sowie die kenntnisreichen Vermittler zwischen ihnen (Phönizier, Philister, Aramäer, ostjordanische Gruppen, Israel und Juda in Palästina/Israel) haben an diesem kulturellen Kontaktnetz einen großen Anteil.⁸ Wenn Assyrer/Babylonier mit Ägyptern in Kontakt traten, so zogen sie stets durch den Bereich der sogenannten ‚Levante‘.⁹ Wirtschaftliche Interessen bildeten meist die Grundlage. Mit ihnen wurden aber auch die jeweiligen sozialen, religiösen und kulturellen Aspekte im Land präsent. Auf diese Weise kann man von Palästina/Israel als einem Reservoir der antiken Konzepte sprechen: Unterschiedliche Weltvorstellungen, Menschenbilder und theologische Grundlagen liegen zur Rezeption bereit. In dieser Hinsicht steht die Kultur Altisraels auf hohen zivilisatorischen Schultern. Texte und Bilder geben von dieser Tatsache Auskunft und liefern ein beredtes Zeugnis für Transformationsprozesse und aktualisierende Tendenzen. Antike theologische Positionen sind somit in einem ganz entscheidenden Maße abhängig von den natürlichen, materiell-zivilisatorischen und kulturellen Rahmenbedingungen – und können bei Vernachlässigung dieser Aspekte nicht umfänglicher verstanden werden. Die genannten Mechanismen bewirken, dass die Hebräische Bibel ihrem Charakter nach ein orientalisch-ägyptisches Buch ist, das durch viele Übersetzungsprozesse hindurch immer noch die alten Vorstellungen bewahrte.

    Schriftgeschichtlich lässt sich dieser Prozess von den komplexen Schriften der Hochkulturen (in Keilschrift und Hieroglyphen) hin zum genial vereinfachten System der Konsonantenschriften nachzeichnen.¹⁰ Bildlich zeigen die Rezeptionen von pharaonisch-ägyptischer und assyrisch-babylonischer Kultur das Zusammenkommen und die Überlappungen der imperialen Mächte in der biblischen Welt an.¹¹ Und auch inhaltlich lässt sich dieses Modell bestätigen: Wenn im Buch Deuteronomium Phrasen verwendet werden, die im Wortlaut an die assyrischen Vasallenverträge anknüpfen, dann birgt dies eine Einsicht über die theologisch-ideologischen Einflüsse auf die biblische Welt in sich.¹² Solche Verträge wurden in den Stadtzentren ausgestellt und die Schriftkundigen wurden damit konfrontiert. Eine Umformulierung des assyrischen Inhalts auf das Verhältnis zwischen Israel und seinem Gott stellt eine solche religiöse theologische Transformationsleistung dar. Den beschriebenen Facetten kommt man allerdings nur bei konsequenter Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden historischen Quellen auf die Spur.¹³ Neben Texten gehören darum auch Bilder, archäologische Erkenntnisse und kulturwissenschaftliche Einsichten zum Interpretationsprozess hinzu.

    Teil 1: Methodische Annäherung

    Aspektive – die Ausdrucksform Ägyptens und des Alten Orients

    Präzision und Konstellation

    Wenn das Verhältnis zwischen Texten und Bildern erforscht wird, so ist eine grundlegende Aussage immer häufiger als Ausgangspunkt in der Diskussion präsent: „Die Stärke des Textes ist die (historische) Präzision – die Stärke des Bildes ist die Konstellation."¹ Dies ist an einem einfachen Beispiel nachvollziehbar: Ein Text kann in beliebigem Maße historisch präzisieren. Datumsangaben und umfangreiche Details zur genauen Bestimmung sind ohne größeren Aufwand schriftlich integrierbar. Diese Präzision kann sehr weitreichend umgesetzt werden: In einem Roman wäre es möglich, jedem einzelnen Kopfhaar eine Bezeichnung zuzuordnen, zum Beispiel durch Namensgebung. Gleiches ist bei einem Bild nur sehr viel schwieriger durchführbar. Ein Bild besitzt immer auch Detailgrenzen, die nicht beliebig über- oder unterschritten werden können. Demgegenüber hat das Wort einen entscheidenden Mangel, wenn es um die Abbildungen von Verhältnissen zueinander geht. Eine Abbildung kann sehr gut verdeutlichen, wie zwei dargestellte Elemente zueinander im Verhältnis stehen. Dieses Verhältnis wird als Konstellation bezeichnet. Ein weiteres Beispiel kann dies verdeutlichen: Die extremste Form eines komplexen Konstellationsbildes ist ein Stadtplan.² Hier werden auf jedem Zentimeter zahlreiche Verhältnisse unterschiedlicher Objekte zueinander festgehalten. Das Verhältnis einzelner Häuserblöcke, die Winkel,

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