Psychose, was nun?: Schilderungen von persönlichen Erfahrungen und Einsichten aus psychotischen Episoden
By Linda Rose
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About this ebook
Linda Rose, Jahrgang 1973, schildert in ihrem Büchlein einen Abschnitt ihres Lebens. Nach einer Krebserkrankung und nach einer Therapie entstand ihre Vulnerabilität für Psychosen.
Persönliche Erfahrungen aus der Welt von Halluzinationen führten zu Einsichten, die sie mit diesem Buch gerne weitergeben möchte, um Betroffenen und deren Angehörigen zu helfen.
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Book preview
Psychose, was nun? - Linda Rose
Herausforderungen einer psychotischen Episode
Erarbeitet an der Leitfrage: „Sind Sie gefährdet, sich selbst etwas anzutun?"
Eine Schilderung eines Betroffenen.
Auf die Frage: „Sind Sie gefährdet, sich selbst etwas anzutun?", gibt es verschiedene kontextabhängige Antworten eines Menschen, der mit einer Psychose konfrontiert ist.
Unter Kontext verstehe ich die Phasen einer Psychose (siehe Abbildung 1: Übersicht Herausforderungen einer psychotischen Episode). Abhängig von der Phase, in der sich der Betroffene befindet, können verschiedene Ursachen zum Tod eines Menschen in einer psychotischen Episode führen.
Auf einem Zeitstrahl betrachtet, laufen die Phasen einer Psychose – aus meiner persönlichen Erfahrung als Betroffener und Beobachtung meiner Kollegen – wie auf meiner Übersicht geschildert ab.
Eine Psychose ist abstrakt und im „Idealfall emotionslos. Es bedarf einer immensen Kapazität, die Dinge zu „empfangen
, die einen in der Welt der Stimmen konfrontieren. Ich kann mich noch erinnern, wie ich „auf Sendung war, „empfing
und das Gehörte mit Schmerz, Wut, Angst, Trauer, Erstaunen, Entsetzen verarbeitete. Ich war Teilnehmer am freien Improvisationstheater. Über die Jahre hinweg, nach mehreren Episoden, wurde ich emotional benommen. Diese Benommenheit machte der Ratio freien Raum. Ich wurde zum Operngast, zu einem stillen Zuhörer und reflektierenden Kritiker, der über die kritischen Momente einer psychotischen Episode schreibt und Vorschläge erarbeitet, wie man Menschen in so einer misslichen Lage im Gespräch erreicht, um sicherzugehen, dass der Betroffene sicher ist, dass er überlebt. Ich schreibe aus notgedrungener Liebe zu diesem Phänomen, aus Mitmenschlichkeit meinen Kollegen gegenüber und schließlich aus dem nicht zu unterschätzenden Leidensdruck, der durch die Stigmatisierung durch die Mitmenschen – der Gesellschaft – ausgeht.
Das Verharren in einer Psychose an sich ist eine so enorme Herausforderung, dass die Umgebung eines Betroffenen gut daran tut zu lernen, in Liebe präsent zu sein und die Berührungsängste zu überwinden.
Nichts anderes wird vom Menschen in der Psychose verlangt, nur im potenzierten Ausmaß. Überlegen Sie mal: Das, worauf Sie sich tagtäglich verlassen, Ihre Gedankenwelt, bietet keinen Rückhalt mehr, um mit der Realität fertig zu werden, sondern fordert Sie heraus. Ein Mensch in einer Psychose geht durch die Hölle. Eine Hölle, die ihn von der Außenwelt isoliert. Eine Psychose ist etwas, was den Menschen Respekt abverlangen sollte, denn sie kann jeden treffen. Meiner Meinung nach ist ihr Potenzial zu töten enorm. Diesen Umstand möchte ich in einem ersten Schritt aus einer Innensicht heraus transparenter machen. Dann gehe ich, in einem zweiten Schritt, anhand eines von Dr. Marshall B. Rosenberg ins Leben gerufene Kommunikationsmodells, seinem Vier-Schritte-Modell der Gewaltfreien Kommunikation, auf die meiner Meinung nach sehr effektive Methode ein, einen Menschen in einer psychotischen Episode verbal zu erreichen und mit ihm lebensbereichernd zu kommunizieren.
Eine Frage, die ich an den Anfang stellen möchte: „Sind Sie gefährdet, sich selbst etwas anzutun?"
Versetzen wir uns in die Situation, Sie hören plötzlich eine Stimme in Ihrem Kopf (t0). Eine selbstständige Stimme. Eine fremde Stimme, deren Inhaber Sie nicht kennen. Es könnte Sie so irritieren, dass Sie auf die Frage mit Ja reagieren. Es könnte auch sein, dass Ihnen das schon früher passiert ist und Sie so schockiert über die Tatsache sind, dass es wieder passiert, dass Sie auf die Frage mit Ja reagieren. Sie zeigen intuitiv eine innerliche Abwehrreaktion (t0). Dazu kommt noch, dass man im seltensten Fall das Gehörte in die präsente Realität einordnen kann. Das irritiert zusätzlich. Häufig und leider nicht zu selten nehmen die Stimmen Bezug auf Ängste. Ja, ganze Angstwelten entstehen – eine Parallelwelt. In der Realität wissen Sie, wo Sie sich befinden, wer Sie sind, wer mit Ihnen spricht und was Sie sagen, aber daneben, ja daneben findet noch etwas anderes statt. Die Stimmen sprechen über Dinge, die in Ihnen etwas auslösen: weitere Ängste oder Schmerz, emotionalen Schmerz, Irritation, Wut, auf jeden Fall eine gewisse Ohnmacht und Hilflosigkeit. Sie möchten entkommen und deshalb reagieren Sie auf die Frage aller Fragen mit (t0):
„Ja, ich will den Stimmen in meinem Kopf ein Ende machen, ich verkrafte es nicht mehr!"
Oder:
„Ja, ich setze dem ein Ende und ich weiß, Tabletten würden helfen, aber ich will nicht der Mensch sein, den Tabletten aus mir machen."
Hat man die Tatsache ins Auge gefasst und verkraftet (t1), Stimmen zu hören, besteht die Möglichkeit, damit im Frieden zu sein und zu warten in der Hoffnung, es gehe wieder vorbei wie ein Sommergewitter. Mittlerweile, und ich blicke auf ein paar Jährchen mit diesem Phänomen zurück, setze ich mich hin, bleibe ruhig und versuche, mich in Liebe anzunehmen, so wie ich bin. Währenddessen höre