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Akzeptanz meines Sogewordenseins?: Reflexion über das Sosein eines Menschen
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Akzeptanz meines Sogewordenseins?: Reflexion über das Sosein eines Menschen
Ebook168 pages2 hours

Akzeptanz meines Sogewordenseins?: Reflexion über das Sosein eines Menschen

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About this ebook

Mit dem Inhalt dieses Buches möchte ich Sie dazu ermuntern, sich selbst, sowie ihre Mit- und Nebenmenschen von einer ganz anderen Warte zu sehen. Auf mich hat es sich sehr positiv ausgewirkt.
LanguageDeutsch
Release dateSep 29, 2011
ISBN9783837250749
Akzeptanz meines Sogewordenseins?: Reflexion über das Sosein eines Menschen
Author

Lothar Höhn

Von 1973 bis 2004 Vollzeitlehrer an einem Gymnasium in Frankreich, danach bis 2011 Teilzeitlehrer an einem Schweizer Gymnasium und schriftstellerische Tätigkeit. 1983 Promotion. Interessengebiete: Philosophie, Psychologie, Theologie, Politik.

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    Akzeptanz meines Sogewordenseins? - Lothar Höhn

    dafür!

    Ich bin geworden, wie ich bin

    Schüler, die meine Muttersprache erlernen wollen, sind dabei, die Konjugation der Hilfsverben „sein", „haben", „werden in den verschiedenen Zeiten zu lernen. „Ich bin, wie ich bin; du bist, wie du bist; er ist, wie er ist; sie ist, wie sie ist usw.. Der erste Teil des Satzes wird mit dem Partizip der Vergangenheit des Hilfsverbs „werden verlängert. Wir konjugieren gemeinsam: „Ich bin geworden, wie ich bin; du bist geworden, wie du bist; er ist geworden, wie er ist; sie ist geworden, wie sie ist etc.. In meinen Gedanken wiederhole ich den Satz: „Ich bin geworden, wie ich bin." Auf einmal halte ich inne. Der Aussagesatz will mich einfach nicht mehr loslassen. Er erfasst mein Innerstes. Habe ich mich nicht selbst zu dem gemacht, der ich bin? Habe ich vielleicht meine Schüler einen unsinnigen Satz konjugieren lassen, oder könnte sich hinter diesem anscheinend so banalen Satz doch eine hohe Weisheit verbergen? Es drängt mich innerlich, diesen berechtigten Fragen nachzugehen und eine für mich befriedigende Antwort zu suchen.

    Mir wird schnell klar, dass es hier um den eigentlichen Kern – den eigentlichen Inhalt des menschlichen Seins – geht und dass ich mich in diesem Zusammenhang mit so mancher philosophischen, theologischen, psychologischen und evolutionistisch-materialistischen Frage auseinanderzusetzen habe. Wodurch bin ich zu dem geworden, der ich bin? Wer oder was hat mich so gemacht, wie ich bin? Warum kann ich in diesem Moment nicht anders sein als ich bin? Wer oder was wird mich zu dem machen, der ich sein werde? Könnte mein Suchen nach einer Antwort auf diese Fragen zu einer ganz neuen Erkenntnis führen, die sogar mein bisheriges Denken bezüglich der „Eigenverantwortung eines Menschen für sein Sosein" und damit auch meine Einstellung zu meinem Nächsten, meinen Mitmenschen völlig umkrempelt? Mir wird bewusst, dass es sich um ein sehr heikles, aber auch um ein höchst interessantes Thema handelt.

    Wurzeln meines Soseins

    Im Uterus meiner Mutter vereinigten sich nach einem sexuellen Liebesakt meiner Eltern Samen- und Eizelle. Durch äußerst komplizierte Zellteilungen wurde ich im Mutterleib geformt. An einem bestimmten Tag erblickte ICH das Licht der Welt, als Säugling, der in diesem Augenblick weder etwas von dem ICH noch von dem Licht der Welt wusste – auch nicht von deren Dunkelheit. Bei meiner Geburt war mein Gehirn so ziemlich unbeschrieben – ja, ziemlich; denn es konnte wohl schon im Mutterleib ab einem gewissen Moment unbewusst akustische Informationen der Außenwelt wahrnehmen und speichern.

    Aufgrund meiner Geburt ist die Erde um einen Erdenbürger reicher geworden, einen Erdenbürger, der so existierte, wie er im Mutterleib geformt wurde, mit der Erbmasse bzw. unzähligen Erbanlagen seiner Eltern, Ahnen und Urahnen – und das bezieht sich nicht nur auf die äußere Gestalt und das spätere Aussehen, sondern auch zu einem Teil auf die charakterliche Entwicklung. Hätte ich schon meinen ersten Schrei bewusst in Worte fassen können, dann hätte ich allen, die mich in diesem Moment sahen, höchstwahrscheinlich zugerufen: „Da bin ich, wie ich geworden bin!" Gewiss wären solche Ausrufe bereits zu jeder Zeit meines Werdens im Mutterleib möglich gewesen.

    Meine Eltern, Verwandte, Freunde und Bekannte meiner Eltern versorgten mich, sie kommunizierten durch Gesten, Reden, Singen und anderem mehr mit mir. Ihre Weise von sprechen, ihr Zeigen von Gefühlen wirkten auf mich ein. Triebe veranlassten mich zu schreien, wenn es ein Unwohlgefühl gab. Die Weise, wie es befriedigt wurde, wurde in der im Gehirn dafür vorgesehenen Stelle registriert. Das Erinnerungsvermögen arbeitete immer mehr. Ich behielt Worte und Sätze im Gedächtnis. Allmählich begann ich mit den Worten, die ich verstand und den damit verbundenen Assoziationen in gewissen Bahnen zu denken. Je größer und verständlicher der Wortschatz wurde, desto mehr konnte ich geistig erfassen. Jede Information, die ich über meine Sinnesorgane erhielt, hat eine bleibende Spur hinterlassen, ob sie bewusst oder völlig unbewusst wahrgenommen worden ist und hat mit zu der Programmierung meines damaligen und sogar jetzigen Soseins auf irgendeine Weise beigetragen – das ist wahr – auch wenn mir dieses technische Wort in diesem Zusammenhang nicht gefällt und es eher in den Sprachgebrauch der Computerwelt gehört.

    Ich begann zunächst unbewusst und später bewusst, meinen mir zur Verfügung stehenden beschränkten Wortschatz zum Denken zu benutzen. Ich lernte, das ICH vom DU zu unterscheiden. Ein gewisser Wille – durch Triebe hervorgerufen – existierte schon lange vor dem entdeckten „ICH". Nun aber wurden die Willensäußerungen immer stärker. Meine Eltern, die wohl wie die meisten Eltern ein „braves Kind" haben wollten, versuchten, meine infantilen Gedanken und meine unentwickelten Triebe und deren Willen zu bändigen und in Bahnen zu lenken, die sie für richtig hielten und weil sie sich wohl von dem biblischen Spruch haben inspirieren lassen „wie man einen Knaben gewöhnt, so lässt er nicht davon, wenn er alt wird".

    Ich lerne die Wörter „gut und „böse kennen und weiß zunächst nichts, mit ihnen anzufangen. Erst durch persönliche Erfahrungen und Aufklärungen wird mir langsam – manchmal wohl auch plötzlich – klar, was ich lieber vermeiden sollte oder was wohlwollend aufgenommen wird. Beim Erforschen meines Soseins kommt mir eine Episode meiner frühesten Kindheit in den Sinn, die das etwas verdeutlicht. Eines Tages – ich muss ungefähr vier oder fünf gewesen sein – saß ich neben meiner Mutter und schaute ihr zu, wie sie mit ihrer Nähmaschine Kleidungsstücke anfertigte. Aus einem bestimmten Grund musste sie für eine kurze Zeit in ein anderes Zimmer gehen. Diese Gelegenheit benutzte ich, um das kleine Langschiffchen ihrer Maschine, das mich wahrscheinlich sehr beeindruckte, herauszunehmen, um es ein wenig zu untersuchen, es aber nicht mehr hineinbekam. Die Reaktion meiner Mutter machte mir klar, dass ich hier etwas getan hatte, was ich lieber hätte unterlassen sollen; aber nicht genug damit, ich erklärte ihr, gemäß meiner kindlichen und völlig undurchdachten Logik, dass mein zwei Jahre jüngerer Bruder, der zur Zeit fest schlief, plötzlich aufgewacht sei, dieses Schiffchen herausgenommen habe, wieder ins Bett gegangen sei und jetzt weiterschliefe. Das war eine erste aber auch offensichtliche Lüge. Meine Mutter muss in diesem Augenblick einen riesigen Schreck bekommen haben. Statt mich mit der ursprünglichen Rüge zufrieden zu geben, verschlimmerte ich damit alles noch mehr. Ich bekam, was damals noch so üblich war, eine Tracht Prügel. Damit wurde die Lüge bestraft. Für mich bedeutete es eine Erfahrung, die in mir eine tiefe Spur hinterlassen hat. Soweit ich mich erinnern kann, bekam ich noch bei einer anderen Gelegenheit Prügel. Dann wurde diese Art von Erziehungsmethode, die auch schmerzhaft für meine Eltern gewesen sein muss, unterlassen und mir wurden die allgemeingültigen Normen bei einem Fehlverhalten durch Erklärungen beigebracht. Wie dem auch sei, ich lernte auf diese Weise den Begriff „Lüge kennen und natürlich auch, dass ich nicht „lügen sollte.

    Jahre später fing ich Fliegen, die an einem Fenster rauf- und runterkrabbelten, und ich amüsierte mich dann damit, ihre Beinchen herauszuzupfen oder ihre Flügelchen zu entfernen. Das missfiel meiner Mutter sehr, und mit dem Sprichwort „quäle nie ein Tier zum Scherz; denn es fühlt wie du den Schmerz" versuchte sie, mich zu Verstand zu bringen – und das mit einem riesigen Erfolg; mir haben diese armen Tierchen auf einmal sehr leidgetan, und am liebsten hätte ich ihnen ihre Flügelchen oder Beinchen wieder anoperiert. Einen Mitleid erregenden Anblick bekam ich nun auch jedes Mal, wenn ich zu Leuten auf Besuch kam, die einen klebrigen Fliegenfänger an ihren Decken befestigt hatten und ich sah, wie die Fliegen festgeklebt waren und auf diese schreckliche Weise ihr Leben langsam vollendeten. So habe ich den Satz meiner Mutter beherzigt und nie wieder ein Insekt oder anderes Tier gequält, abgesehen davon, ob überhaupt das Schmerzempfinden der Insekten- und Tierwelt mit dem eines Menschen verglichen werden kann.

    Zweifellos hatte meine Mutter die Gelegenheit gut genutzt, um mir die zwei moralischen Werte von „nicht lügen und „nicht quälen zu vermitteln. Aus diesen beiden Erlebnissen ergeben sich aber auch Fragen, die eine Antwort verlangen. Warum sagte ich die Unwahrheit? Warum verstümmelte ich Fliegen? Bezüglich des Lügens war es wahrscheinlich eine völlig unüberlegte, aus der Triebwelt hervorgebrachte Blitzreaktion meinerseits gegenüber das strenge Auftreten meiner Mutter, mit der ich versucht hatte, mich zu schützen und in diesem Moment sicherlich nichts Schlechtes darin sah und auch nicht sehen konnte. Daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern, ob versucht wurde, mir zu erklären, warum die Wahrheit gesagt werden sollte. Wahrscheinlich hätte ich eine derartige Erläuterung in diesem Alter gar nicht verstanden und hatte es als etwas Selbstverständliches einfach zu akzeptieren. Das mit dem „Nicht-quälen-sollen" hat mir schon eher eingeleuchtet; denn schließlich kannte ich den Schmerz aus eigenen Erfahrungen; außerdem war ich da schon älter. Ich kann es mir auch nicht vorstellen, dass ich Tiere absichtlich gequält hatte. Der Grund dafür könnte ein gewisser Wissensdurst danach gewesen sein, wie diese Tierchen sich ohne Flügelchen oder ohne Beinchen fortbewegten oder verhielten. Auf alle Fälle leuchtete es mir ein, dass ich etwas Falsches getan hatte.

    Als Kinder spielten wir „Räuber und Gendarm". Es bereitete mir einen Riesenspaß, meinen Spielkameraden etwas zu stehlen und sich vor demjenigen, der der Gendarm war, zu verstecken oder wenn ich der Gendarm war, den Dieb zu fangen. Jetzt frage ich mich ab, ob ich ein Dieb geworden wäre, wenn mir nicht die liebevolle Erziehung meiner Eltern zuteil geworden wäre oder konnte die Freude am Stehlen bereits durch das Schlüpfen in die Gendarmenrolle, die ich zeitweise spielte und die mir damals ebenfalls sehr gefiel, in meinem Innern keine Wurzeln schlagen?

    Wenn die Großmutter, die Mutter meines Vaters, zu Besuch kam, spielten mein Bruder und ich gern das Würfelspiel „Mensch-ärgere-dich-nicht mit ihr. Nun weiß ich nicht mehr, wer auf den Gedanken kam – mein Bruder oder ich – bei den Holzwürfeln, die mein Bruder und ich benutzten, die Seite von der „eins ein wenig anzubohren, sie mit Blei zu füllen, damit der Würfel beim Wurf den schwereren Teil nach unten zog und die sechs Punkte oben sichtbar wurden. So gewannen mein Bruder und ich regelmäßig. Unsere Großmutter, der wir unsere Würfel natürlich nicht zum Spielen gaben, nannte sie schließlich „Beschisswürfel und das nicht zu unrecht. Doch woher kam bei uns die Lust zu betrügen? Wollten wir unserer Großmutter nur einen Schabernack auswischen oder nur wissen, wie sie reagiert? Wollten wir mit unseren „Sechsen ihr gegenüber protzen oder nur das Spiel gewinnen? Irgendeinen Grund muss es gegeben haben. Doch woher kamen wiederum die noch tiefer liegenden Gründe? Welche Assoziationen spielten hier ihre Rolle? Warum haben wir nicht, als dieser Gedanke aufkam, gesagt: „Das machen wir nicht, das ist Betrug! Warum habe ich als Kind und mit anderen Spielkameraden Freude daran gehabt, mit Katapult sowie Pfeil und Bogen Krieg zu spielen und den feindlichen Spieler, wenn er gefangen wurde, zu fesseln? Warum hatte ich mich mit anderen daran amüsiert, bei Leuten zu klingeln und dann schnell wegzulaufen und Ähnliches mehr? Warum habe ich einmal einem etwa gleichaltrigen Mädchen, das wahrscheinlich wegen einer hinter sich gebrachten Kinderlähmung hinkend lief, „du hinkst ja wie ein Schwein! zugerufen. Sie hatte mir doch nichts angetan, außerdem kannte ich sie nicht. Zu diesem Zeitpunkt muss ich 11 oder 12 gewesen sein. Ich glaube, wenn ich ihr später, als ich vernünftiger war, nochmals begegnet wäre, hätte ich mich für diesen Fehltritt und für das Leid, das ich ihr zugefügt hatte, reumütig entschuldigt.

    Wenn ich meine Kindheit überdenke und so manches getan habe, was ich als gereifter Mann nicht mehr machen würde, stelle ich mir doch die berechtigte Frage, wo das alles seine tieferen Ursachen gehabt hat; denn auch als Kind musste ich doch nicht unbedingt lügen, betrügen, Leute ärgern, mich an Spielen erfreuen, die etwas mit Krieg und Stehlen zu tun haben. Und wenn nicht alles in die richtigen Bahnen gelenkt worden wäre und die Lebensumstände ganz anders

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