Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft: 2. Interdisziplinärer Expert/innenworkshop der dvs am 12. Februar 2015 in Göttingen
Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft: 2. Interdisziplinärer Expert/innenworkshop der dvs am 12. Februar 2015 in Göttingen
Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft: 2. Interdisziplinärer Expert/innenworkshop der dvs am 12. Februar 2015 in Göttingen
Ebook224 pages2 hours

Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft: 2. Interdisziplinärer Expert/innenworkshop der dvs am 12. Februar 2015 in Göttingen

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

Spätestens seit der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung im Jahr 2009 ist das Thema Inklusion zu einer zentralen bildungs- und gesellschaftspolitischen Aufgabe geworden. Auch die Sportwissenschaft stellt sich der Thematik und muss Konsequenzen für Forschung, Lehre und Beratung von sport- und bewegungsbezogenen Handlungsfeldern ziehen. Der vorliegende Band bildet – vor dem Hintergrund des dvs-Expert/innen-Workshops 2015 – Ausschnitte der teildisziplinären und zum Teil widersprüchlichen Diskurse ab.
LanguageDeutsch
Release dateAug 29, 2017
ISBN9783880206564
Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft: 2. Interdisziplinärer Expert/innenworkshop der dvs am 12. Februar 2015 in Göttingen

Related to Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft

Related ebooks

Sports & Recreation For You

View More

Related articles

Reviews for Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft - Gudrun Doll-Tepper

    Autoren

    INA HUNGER, SABINE RADTKE & HEIKE TIEMANN

    Inklusion im Fokus der Sportwissenschaften. Zur Einführung

    Das Thema Inklusion ist spätestens seit der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung im Jahr 2009 zu einer zentralen bildungs- und gesellschaftspolitischen Aufgabe unserer Zeit geworden. Auch die Sportwissenschaft stellt sich dem Thema und muss Konsequenzen für Forschung, Lehre und Beratung von sport- und bewegungsbezogenen Handlungsfeldern ziehen. Waren es bis vor wenigen Jahren nur vereinzelte Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler, die sich im Austausch mit dem organisierten Sport oder mit anderen Fachdisziplinen dem Thema widmeten, so kann sich nunmehr kaum ein/e Sportwissenschaftler/in gänzlich der Thematik entziehen. Immer deutlicher sind Forderungen nach sportwissenschaftlicher Grundlagenforschung sowie angewandter Forschung im Bereich Inklusion zu vernehmen und werden Forschungsdesiderate konturiert. Zunehmend mehr Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftler sehen sich damit konfrontiert, dass sich ihre (zu beforschenden) Handlungsfelder unter der Rahmung „Inklusion" verändern bzw. – normativ gewendet – verändern sollen. Immer deutlicher wird der Anspruch wahrgenommen, dass sportwissenschaftliche Ausbildungsinhalte im Hinblick auf inklusive Anforderungen der späteren Settings angepasst und institutionelle Ausbildungsstrukturen selbstkritisch auf inklusive Ansprüche hin geprüft werden müssen. Dabei zeichnen sich innerhalb des wissenschaftlichen Diskurses – für eine interdisziplinäre scientific community nicht unüblich – kontroverse Debatten ab. Ziel des vorliegenden Bandes ist es, Ausschnitte ebendieses interdisziplinären Diskurses abzubilden.

    Widersprüchliche Auffassungen sind bereits mit der Verwendung des Begriffs „Inklusion vorprogrammiert und entzünden sich (implizit oder explizit) immer wieder an der Frage, ob mit der Wortnennung einem „engen oder einem „weiten Begriffsverständnis gefolgt wird. Während das sogenannte „enge Begriffsverständnis primär auf die Kategorie „Behinderung rekurriert und darauf abzielt, dass Menschen mit Behinderung oder personalen Förderbedarfen eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht werden soll, liegt dem „weiten Begriffsverständnis die umfassendere Idee zugrunde, dass prinzipiell alle Menschen – unabhängig von ihren soziodemografischen Merkmalen, ihren individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen und ihren Einstellungen und Lebenskonzepten – das Recht auf volle soziale Partizipation in der Gesellschaft haben. Daran schließt sich die Forderung an, dass entsprechende gesellschaftliche Grundvoraussetzungen für die Akzeptanz von Vielfalt und potenzielle Teilhabe aller geschaffen werden müssen. Mit Blick auf sport- und bewegungsbezogene Themen legen die jeweiligen Begriffsauslegungen somit einen unterschiedlichen personalen Fokus und verändern daraus folgend Dimensionen und Visionen.

    Doch nicht nur im Hinblick auf das „enge oder „weite Begriffsverständnis entfachen kontroverse Debatten. Gleichsam kontrovers schließen sich Diskurse über verschiedene Auslegungen der jeweiligen Ansprüche, der interpretierten Potenziale und Grenzen von Inklusion an, und es divergieren entsprechend die wissenschaftlichen Positionierungen und empfohlenen Handlungskonsequenzen. Nicht immer geht es dabei nur um den akademischen Austausch von Perspektiven, Argumentationen und Positionen. Nicht selten wird dabei auch implizit um Überzeugungen von Gleichheit, Gerechtigkeit und um ‚richtige‘ Menschenbilder gerungen.

    Auch wenn das Thema ‚Inklusion‘ mittlerweile zu einem wichtigen gesellschaftspolitischen Thema innerhalb der Sportwissenschaft avanciert ist, wurden die Diskussionen bislang vornehmlich innerhalb der sportwissenschaftlichen Einzeldisziplinen geführt. Mit der Veranstaltung „Dabei sein ist (nicht) alles. Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft", welche die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) als 2. Interdisziplinären Expert/innen-Workshop am 12. Februar 2015 in Göttingen durchführte, sollte ein Zeichen gesetzt werden. Ziel war es unter anderem, über die Grenzen der disziplinspezifischen dvs-Sektionen hinweg einen Austausch über disziplinäre Perspektiven und kontroverse Standpunkte anzuregen und sich über sportwissenschaftliche Querschnittsaufgaben zu verständigen. Ein wesentlicher Teil der Beiträge, die auf dem Workshop gehalten wurden, ist in diesem Band zusammengefasst.

    Der Band beginnt mit einem einführenden Beitrag von Sabine Radtke (Paderborn) zum pädagogischen Inklusionsdiskurs im nationalen und internationalen Raum. Nach einem historischen Abriss der Entwicklungen im Schulwesen wird der Verlauf des Inklusionsdiskurses in der Fachdisziplin Adapted Physical Activity (APA) beleuchtet, der jahrelang weitgehend unbemerkt an der deutschsprachigen Community vorübergegangen ist. Abschließend wird eine Erklärung gesucht für die auffällig emotionale Reaktion, die das Stichwort „Inklusion" im aktuellen Diskurs in Deutschland nicht selten auslöst.

    Im zweiten Beitrag diskutiert Matthias Schierz (Oldenburg) Inklusion im Kontext von pädagogischer Professionalität und politischer Utopie und markiert die analytische Kategorie „Konfusion" nach Wilke (2014) als einen Horizont, vor dem Forschungsdesiderate und Herausforderungen der Sportpädagogik sichtbar werden. Der aktuelle Zustand der Inklusionsdebatte wird dabei in drei Varianten des Wortsinns von Konfusion (Vermischung, Verwirrung, Verlegenheit) analysiert.

    Im dritten Beitrag bringt Heiko Meier (Paderborn) die soziologische Sichtweise auf das Inklusionsthema ein und beschreibt zunächst das systemtheoretische Verständnis von Inklusion nach Luhmann (1984). Darauf aufbauend beschreibt er die kommunikative Adressierung von Personen über spezifische Rollen im Sport, überträgt die systemtheoretische Sicht von Inklusion und Exklusion auf die Organisationsebene des Sports und diskutiert diese vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskommission.

    Olaf Hoos (Würzburg) nimmt im vierten Beitrag die trainings- und bewegungswissenschaftliche Perspektive ein und skizziert dabei vor allem die im internationalen Raum bereits fokussierten Anwendungsfelder für Forschung und Lehre. Hoos zeichnet dabei ein umfassendes Bild vorliegender empirischer Studien und spricht abschließend Empfehlungen für eine naturwissenschaftlich geprägte Auseinandersetzung mit dem Inklusionsthema aus.

    Manfred Wegner (Kiel) nimmt im fünften Beitrag die sportpsychologische Perspektive ein und will damit „den Blick für die unterschiedlichen Voraussetzungen, die im Umgang mit und in der Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung in ihrem Erleben, Denken und Handeln festzustellen sind" (S. 79), schärfen. Unter Betonung des Prozesscharakters von Inklusion verweist er dabei auf Möglichkeiten und Grenzen, in denen die Interaktion im inklusiven Kontext gelingen oder auch misslingen kann, und bilanziert Konsequenzen für sportpsychologische Forschung und Beratung.

    Im sechsten Beitrag geht es Johannes Verch (Berlin) um diskurs- und gesellschaftsanalytische Überlegungen zum Thema „Inklusion als Exklusion. Hierbei nimmt er eine primär sportphilosophische Sichtweise ein und formuliert Plädoyers und Fragen zum gegenwärtigen Inklusionsdiskurs, den er pointiert als „neue Heilsformel bezeichnet.

    Gudrun Doll-Tepper (Berlin) stellt im siebten Beitrag sowohl historische Entwicklungen als auch gegenwärtige Perspektiven aus Sicht des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) dar. Dabei werden einerseits die Aktionen des DOSB im Nachgang der UN-Behindertenrechtskonvention, andererseits ausgewählte in der jüngsten Vergangenheit in Deutschland durchgeführte Forschungsprojekte zum Thema aufgeführt. Abschließend formuliert Doll-Tepper exemplarische Fragestellungen im Kontext von Inklusion, die sich aus DOSB-Perspektive für eine wissenschaftliche Bearbeitung eignen.

    Der Band schließt mit dem Abdruck des dvs-Positionspapiers „Inklusion und Sportwissenschaft", das im Jahr 2015 von 16 Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum entwickelt wurde. Mit vorliegendem Positionspapier nimmt die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) zur aktuellen Inklusionsthematik aus fachwissenschaftlicher Perspektive Stellung und zeigt in konturierender Weise den Verantwortungsbereich der interdisziplinären Fachgesellschaft und ihrer Mitglieder auf. Dabei wird das Thema ‚Inklusion‘ als eine wichtige Querschnittaufgabe für alle sportwissenschaftlichen Fachdisziplinen erachtet.

    SABINE RADTKE

    Zum pädagogischen Inklusionsdiskurs im nationalen und internationalen Raum. Grundlegende Entwicklungsschritte im Bildungswesen sowie im Bereich des Sports

    1Einleitung

    Als Ausgangspunkt für die Inklusionsdebatte auf breiterer gesellschaftspolitischer Ebene im deutschen Sprachraum wird – ungeachtet der weit länger dauernden Entwicklungen im internationalen Raum – gemeinhin die Verabschiedung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) im Dezember 2006 durch die Vereinten Nationen (Resolution 61/106 der Generalversammlung der UNO) sowie die daran anschließende Ratifizierung der Konvention in Deutschland im März 2009 genannt (BGBl. II, 2008, S. 1420). In Fachkreisen wurden mit der Inkraftsetzung der UN-BRK mitunter große Hoffnungen auf einen umfassenden gesellschaftlichen Veränderungsprozess verbunden, wie beispielhaft die Aussage des Vorstands der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft beweist:

    „Durch Inklusion wird es zu einem langwierigen und fundamentalen Wandel im Denken und Handeln unserer Gesellschaft kommen […] Wir können das Jahr 2010 als das Jahr des Eintritts in die Dekade der Inklusion sehen und der damit verbundenen breiten gesellschaftlichen Umsetzung vieler Ziele und Erwartungen. Es wird […] zu einem langwierigen und fundamentalen Wandel im Denken und Handeln in unserer Gesellschaft kommen" (Imhäuser, 2014, S. 10f.).

    Zweifellos war die UN-Konvention der entscheidende Impuls dafür, dass sich das Thema Inklusion innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit in Deutschland zu einem Gegenstand des öffentlichen Interesses entwickelt hat. Auch Hinz (2011, S. 23f.) weist darauf hin, dass die Bedeutung der UN-BRK für die öffentliche Wirkung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Der Aussage des Zitats entsprechend, sind im Nachgang der UN-Konvention im öffentlichen Raum Aussagen formuliert worden, die einen gesellschaftlichen Umbruch in Aussicht stellen. Dabei wurde die Vision einer offeneren Gesellschaft entwickelt, die einen wertschätzenden Umgang mit Heterogenität pflegt und Vielfalt als eine Chance begreift. Inzwischen ist die Begeisterung über die Chance zur Inklusion teilweise der Ernüchterung gewichen. So ist beispielsweise von „Begriffs-Wirrwarr (Amrhein, 2011. o. S.) und „babylonischer Sprachverwirrung (Wocken, 2011a, S. 59) die Rede, oder es wird behauptet, das Modewort Inklusion ersetze lediglich den bekannten Integrationsbegriff. Insgesamt ist zu konstatieren, dass die vielstimmige und kontrovers geführte Debatte um Inklusion in Deutschland nicht selten Abwehrreaktionen provoziert(e), die zuweilen stark emotionalen Charakter aufweisen.

    Sowohl im theoretischen Diskurs als auch in der praktischen Umsetzung ist zu beobachten, dass Inklusion im Kontext der UN-BRK tendenziell auf das Recht der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft von Menschen mit Behinderung reduziert wird. Zweifellos ist das Thema Inklusion auf nationaler und internationaler Ebene aktuell eine zentrale Fragestellung auch der Fachdisziplin Sonderpädagogik (vgl. Bürli, Strasser & Stein, 2009). Hinz (2003, S. 27) betont, dass die starke Fokussierung der Inklusionsdebatte auf die UN-BRK mit der Gefahr einhergeht, dass Inklusion „zu einer Frage von Beeinträchtigung zu werden [droht], für die in erster Linie die Sonderpädagogik zuständig ist; es gehe jedoch „im langjährigen Diskurs um nicht weniger als den Umgang mit Differenz insgesamt. Die Tatsache, dass sich Inklusion demzufolge auf sämtliche in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft bestehenden Heterogenitätsdimensionen, wie zum Beispiel Ethnie, Religion, Schicht- und Milieuzugehörigkeit, Alter, Geschlecht und sexuelle Orientierung, beziehen muss (vgl. Prengel, 2006), gerät in der aktuellen Diskussion nicht selten in den Hintergrund. Im englischen Sprachraum, in dessen Fachkreisen seit über drei Jahrzehnten über Inclusion und Inclusive Education diskutiert wird, wird vor der Verengung der Inklusionsthematik auf die Kategorie Behinderung dezidiert gewarnt: Nur die Berücksichtigung einer Vielzahl an Heterogenitätsdimensionen werde dem Konzept Inclusion gerecht (vgl. Booth, 2008; Ainscow, Booth & Dyson, 2006; Black-Hawkins, Florian & Rouse, 2007). Inklusion ist als ein Querschnittsthema zu verstehen, das demzufolge im Schulwesen nicht nur die Sonderpädagogik und im organisierten Sport nicht nur den Behindertensport betrifft. Und gleichermaßen ist der Inklusionsdiskurs in der Disziplin Sportwissenschaft in allen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen zu führen.

    Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, einen Überblick über zentrale Entwicklungen des pädagogischen Inklusionsdiskurses im internationalen Raum zu geben. Dabei geht es nicht darum, die Unterschiede zwischen dem in der Soziologie verwendeten systemtheoretischen Inklusionsbegriff (vgl. dazu den Beitrag von Heiko Meier in diesem Band) und dem pädagogischen Inklusionsbegriff zu diskutieren (vgl. dazu Radtke & Tiemann, 2014). Stattdessen liegt der Fokus der Betrachtung auf dem pädagogischen Inklusionsbegriff, der Grundlage für die in der Originalversion der UN-BRK verwendeten Termini Inclusion und Inclusive Education ist und in der internationalen Sonder- und Heilpädagogik seinen Ursprung fand.

    Der Beitrag ist in zwei Teile untergliedert: Der erste Teil widmet sich den Entwicklungen in Theorie und Praxis im Kontext von Inklusion im Schulwesen. Zunächst werden für das deutsche Schulwesen die zentralen Schritte von einem exklusiven zu einem in Teilen integrativen Schulsystem skizziert (Abschnitt 2). Anschließend wird die Entwicklung des internationalen Inklusionsdiskurses am Beispiel der Länder Kanada, USA und Großbritannien beschrieben (Abschnitt 3). In Abschnitt 4 werden zentrale Beschlüsse auf der Ebene der Vereinten Nationen, die den Inklusionsdiskurs beeinflusst haben, aufgeführt und der Beginn des Inklusionsdiskurses im deutschen Sprachraum beschrieben (Abschnitt 5). Der zweite Teil des Beitrags widmet sich dem Bereich des Sports und dem Verlauf des Inklusionsdiskurses in der sportwissenschaftlichen Fachdisziplin Adapted Physical Activity (APA). Das Fachgebiet APA entwickelte sich seit den 1950er Jahren im angloamerikanischen Raum zu einem Fachgebiet, das vor allem an sportwissenschaftlichen Instituten von US-amerikanischen und kanadischen Universitäten, aber auch beispielsweise im asiatischen Raum vertreten und anerkannt ist. Diese Entwicklung auf internationaler Ebene hinterließ in Deutschland bislang keine nennenswerten Spuren, und nur ein kleiner deutschsprachiger Expertenkreis ist bis heute in der internationalen APA-Fachcommunity vertreten. In Abschnitt 6 dieses Beitrags wird deutlich, dass die Diskussion um Inklusion, wie sie aktuell vor allem in den sozialwissenschaftlich orientierten Disziplinen der deutschsprachigen Sportwissenschaft zu beobachten ist, in überraschend ähnlicher Weise bereits vor Jahrzehnten im internationalen Raum geführt wurde.

    Mit dem siebten Abschnitt erfolgt der Schritt in die Gegenwart. Es wird der Widerstand gegen Inklusion thematisiert und eine Erklärung gesucht für die auffällig emotionale Reaktion, die das Stichwort „Inklusion" im aktuellen Diskurs in Deutschland hervorruft. Im achten Abschnitt schließt der Beitrag ab mit der Formulierung von Thesen zum aktuellen sportbezogenen Inklusionsdiskurs.

    2Das deutsche Schulwesen: Von der Exklusion im 18. Jahrhundert zur Integrationsbewegung in den 1970/80er Jahren bis in die Gegenwart

    In der Phase der Exklusion, die in Europa bis mindestens Ende des 18. Jahrhunderts andauerte, waren Kinder und Jugendliche mit Behinderung von jeglichem Schulbesuch ausgeschlossen (vgl. im Folgenden Eberwein, 1995). In der Phase der Separation wird ihnen zwar das Recht auf den Schulbesuch zugesprochen, jedoch erfolgt dieser separiert vom allgemeinen Schulwesen in Sondereinrichtungen. Die Anfänge des Sonderschulwesens in Europa finden sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Errichtung erster dauerhafter Bildungseinrichtungen für Gehörlose und Blinde in Paris, Wien, Leipzig, Berlin. Das damalige Verständnis von Behinderung war medizinisch orientiert und wies eine Defizitorientierung auf. Behinderung wurde auf biologische Zusammenhänge reduziert und damit einzig dem Individuum zugeschrieben. Laut Gräf (2008, o. S.) wurde „diese Denkform […] auch für die Sonderpädagogik und das Begriffspaar „normal/anormal konstitutiv. Die „Zwei-Gruppen-Theorie ist mit Normierungen und Kategorisierungen verbunden, die „als Legitimation für eine Aussonderung der so Stigmatisierten aus allgemeinpädagogischen Bemühungen und für eine Absonderung in spezielle Einrichtungen dient:

    „Die staatlicherseits eingeführte allgemeine Schulpflicht erforderte in den Volksschulen ein Mindestmaß

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1