Wie Angela Merkel politisch handelt: Musterbeispiel Energiewende
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Herausragendes Beispiel ist die Energiewende. Auch in der Flüchtlingskrise lässt sich das gleiche Handlungsmuster erkennen. Doch in der Flüchtlingskrise scheiterte Angela Merkel. Hier konnte sie den überparteilichen Konsens nicht erreichen. Auch stießen die schnell eintretenden negativen Folgen des Flüchtlingsstroms auf immer stärkeren Widerstand in der Bevölkerung.
Die Energiewende zeigt daher das klarste Grundmuster des politischen Handelns von Angela Merkel. Diese im Einzelnen daraufhin zu analysieren, ist Gegenstand dieses Buches.
Oberste Priorität hat für Angela Merkel, die CDU/CSU als stärkste politische Kraft mit dem Anspruch auf die Kanzlerschaft zu sichern, wenn möglich auszubauen. Dafür ist sie bereit, auch lange gehaltene Positionen ihrer Partei aufzugeben, wenn sich der Zeitgeist in ihrer Sicht gewendet hat. Nicht der Kampf für als richtig anerkannte Ziele ist ihre Maxime (was ja große Politiker ausmachen sollte), sondern die Anpassung mit dem Ziel des Machterhalts, des Machtausbaus. Negative Folgen lassen Angela Merkel kalt, wenn der Zeitgeist sie nur zu rechtfertigen scheint oder sie erst die weitere Zukunft belasten werden.
Hat Angela Merkel die Notwendigkeit zum Handeln erkannt, handelt sie schnell, überlegt und rücksichtslos. Wenn nötig, gelten ihr weder die EU noch die demokratische Kultur etwas. Ihr hierbei gezeigtes taktisches Geschick wie ihre Behandlung der Medien kann man nur als meisterlich bezeichnen.
Hans-Erich Kiehne
Der Autor ist Publizist. Er hat sich schon vielfältig mit politischen Themen beschäftigt, so in seinen Büchern 'Europa in der Krise' (2007), "Die USA und die multipolare Welt" (2009) und 'Armut und soziale Sichrung in Deutschland' (2013). In jüngster Zeit gilt der Schwerpunkt seines Interesses dem Handeln und Denken von Angela Merkel. In seinem vor einem Jahr veröffentlichten Buch hat der Autor Angela Merkels Flüchtlingspolitik untersucht ('Angela Merkels Flüchtlingspolitik - eine Bilanz des Versagens'). Das vorliegende Buch stellt am Beispiel der Energiewende das grundsätzliche Handlungsmuster und das zugrunde liegende Denkmuster für das politische Handeln Angela Merkels dar.
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Book preview
Wie Angela Merkel politisch handelt - Hans-Erich Kiehne
Inhaltsverzeichnis
Vorwort: Zum Buch
Die Energiewende
Die Ereignisse von Fukushima und die politischen Reaktionen im In- und Ausland
Die Geschehensabläufe in Fukushima
Die politischen Reaktionen in Deutschland
Der Atomausstieg im internationalen Umfeld
Bedingungen und Szenario für das Handeln Angela Merkels
Die Macht der „grünen" Ideologie
Der jahrzehntelange politische Kampf um die Atomenergie
Die Medien und die Fukushima Katastrophe
Das Handlungsmuster von Angela Merkel
Die Taktik
Die zugrunde liegenden Entscheidungsmotive
Die harten Fakten der Energiewende
Entwicklung von installierter Leistung (höchst möglicher Leistung) und Stromproduktion (tatsächlich erbrachter Leistung)
Netzausbau
Netzmanagement
Die Kosten
Fazit
Die Politikerin Angela Merkel
Literaturauswahl
Abkürzungsverzeichnis
Vorwort: Zum Buch
Die Energiewende in Deutschland gehört zu den wichtigsten und einschneidendsten politischen Entscheidungen der Kanzlerschaft Angela Merkels. Es ist ihr Werk. Angela Merkel wird oft als eine Politikerin beschrieben, die zögert, abwägt, die die Folgen abschätzt, wenig Emotionen zeigt, sich abzusichern sucht und dann ihre Entscheidung trifft. Zu diesem Bild passt so gar nicht, wie schnell und radikal Angela Merkel in der Energiewende entschieden und sich durchgesetzt hat. Umso wichtiger – und interessanter – ist es, das Handlungsmuster von Angela Merkel in der Energiewende zu studieren und damit die Politikerin Angela Merkel besser zu verstehen. Es hat wenig mit dem Bild gemein, das die Öffentlichkeit gern von ihr zeichnet.
Das so erfolgreiche Handlungsmuster hat Angela Merkel gleichsam als Blaupause in entscheidenden Punkten auch bei der nächsten großen Herausforderung ihrer Kanzlerschaft angewandt, der Flüchtlingskrise. Mit Stolz verwies sie auf den von ihr durchgesetzten Atomausstieg, als sie am 31. August 2015 auf ihrer Sommerpressekonferenz ihre Willkommenskultur verkündete und erklärte „wir schaffen das". Doch mit ihrer Willkommenskultur scheiterte Angela Merkel, anders als bei der Energiewende, weil sie zwei notwendige Voraussetzungen für den Erfolg nicht meistern konnte: Die negativen Folgen ihrer Willkommenskultur wurden sehr schnell offenbar. Den von ihr angestrebten parteiübergreifenden Konsens konnte sie nicht erreichen.
Das Handlungsmuster von Angela Merkels in der Energiewende lässt sich nur auf dem Hintergrund verstehen, wie ihn insbesondere die vorhergehende Ausbreitung der „grünen" Ideologie und die hierdurch beeinflussten politischen Strömungen geprägt haben. Die Medien spielten eine herausragende Rolle. Am 11. März 2011 explodierten drei Reaktoren des Atomkraftwerks in Fukushima. Angela Merkel riss das Gesetz des Handelns an sich. Nicht einmal vier Monate später waren Atomausstieg und Energiewende beschlossen.
Das Buch gibt einen Abriss der politischen Strömungen und Entwicklungen bis zum Zeitpunkt der Atomkatastrophe in Fukushima und zeichnet im Einzelnen das folgende Geschehen nach. Dazu gehört auch das internationale Umfeld. Zentral ist das Handeln Angela Merkels. Eine genaue Analyse erschließt das Handlungsmuster einer meisterhaften Taktik und einer klaren Strategie bei allzu willigen Mitspielern. Den Abschluss bildet ein zusammenfassender Blick auf die Politikerin Angela Merkel.
Ein solches Buch hat auch den Kern der Energiewende und deren heute erreichten Stand kurz darzustellen. Es ist dies die Ersetzung der Kernenergie durch erneuerbare Energien. Aus dieser Grundkonzeption erschließen sich Umwälzung und Risiken, die die Energiewende für Deutschland gebracht hat. Es zeigt das Maß der Verantwortung derer, die die Energiewende beschlossen haben. Abgeschlossen ist die Energiewende noch nicht. Das Versprechen preisgünstiger Energie haben die sich immer höher schraubenden Strompreise bisher konterkariert. Die Sicherheit der Energieversorgung gewährleisten bisher noch die einwandfrei laufenden Atommeiler. Das Kapitel „Die harten Fakten der Energiewende" geht hierauf näher ein.
I. Die Energiewende
Am 28. Oktober 2010 hatte der deutsche Bundestag gegen den heftigen Widerstand der Opposition die Regellaufzeit für Atomkraftanlagen von 32 auf 40 Jahre verlängert. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition erfüllte damit eines ihrer wesentlichen Wahlversprechen. CDU/CSU und FDP hatten die Laufzeitverlängerung im Bundestagswahlkampf 2009 zu einem ihrer maßgeblichen Wahlziele erhoben. Acht Monate später am 30. Juni 2011 beschloss derselbe Bundestag den Atomausstieg, indem er den 7 älteren Atomkraftwerken die